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MsdmfferAgebla« Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in "er Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 NM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 NM., bei Postbestellung ^trag. , , . ...» . gebühr. Einzelnummern 15Rpfg.AllePoftanstalten JBO MLNvlaH 2BilSokU^ u. UmababNÄ Postboten und unsereAus. tragerund Geschäftsstellen — - — —— nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. 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Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff» Dresden Postscheck: Dresden 2640 S0NNadeNd, -kN 30. Juli 1027 Reiche Leute und schlechte Musikanten Nutznießer der Dawes-Tribute. — Vom Turnlehrer zum Millionär. — England in Nöten. — Gesinnungslumperei. Herr Morgan, der ungekrönte König von Amerika, hat sich wieder einmal nach Europa eingeschisft. Er reist, wie es sich bei einem solchen Manne von selbst versteht, in Geschäften, ohne der Welt jedoch auch nur andeutungs weise zu verraten, welche Pläne es sind, die er diesmal in Paris oder London zu betreiben gedenkt. Nach Berlin wird er ja wohl seine Schritte nicht lenken, sonst könnte man nur zu leicht auf den Verdacht kommen, er halte jetzt den Zeitpunkt für erreicht, sich ein mal unsere Deutsche Reichspost etwas näher an zusehen, die, wie man nach gewissen geheimnisvollen, anscheinend aus der Umgebung des Reparationsagenten stammenden Nachrichten annehmen muß, die Aufmerk samkeit der amerikanischen Bank- und Jndustriemagnaten in nachgerade beängstigender Weise auf sich gelenkt hat. Die Herren Nutznießer unserer Dawes-Tri bute scheinen an den Millionenleistungen der Deutschen Reichsbahn noch nicht genug zu haben; sie möchten ihre Hand in ähnlicher Weise auch auf unsere Postverwaltung legen, um so, auf geraden oder auf Umwegen, ein ein trägliches Absatzgebiet für ihre elektrische Klein- und Feinindustrie zu gewinnen. Dabei muß man sagen, daß es den Amerikanern nach gerade wirklich gut genug geht. Ergibt sich doch aus der soeben veröffentlichten neuen Zusammenstellung der Steuereingänge des letzten Etatsjahres die einigermaßen tröstliche Tatsache, daß 207 amerikanische Steuerzahler ein Jahreseinkommen von über eine Million Dollar besitzen, eine Rekordzahl, die nicht einmal während der Blütezeit der Kriegsgewinne im Jahre 1916 erreicht worden ist. Und sieben von diesen 207 Auserwählten können sich sogar eines Einkommens von über fünf Millionen Dollar rühmen; darunter die beiden Brüder Rockefeller und der Schatzsckretär Mellon in eigener Person, der zu den größten Bankhcrren der Neuen Welt gehört. Neben ihnen aber auch ein ganz neuer Mann namens Wentz, der bis vor kurzem noch als biederer Turnlehrer sein Brot verdiente, durch glückliche Spekulationen aber in den neu erschlossenen Olfeldern von Oklahoma über Nacht mit an die Spitze der amerika nischen Dollarkönige aufgerückt ist. Steht es aber so mit der Vermehrung des amerikanischen Reichtums, so sollte man wohl billigerweise von den Wirtschaftsführern drüben verlangen dürfen, daß sie ihre begehrliche Hand nicht noch nach Vermögensquellen ausstrecken, die wirk lich nicht gerade zu ihrer Bereicherung geschaffen worden sind. * Wesentlich anders sind die Zahlen beschaffen, die der englische Schatzkanzler über die Wirtschaftslage des Königreiches jüngst im Unterhaus bekanntgegeben hat. Danach zu urteilen, besteht auch für Großbritannien die Notwendigkeit der Einfuhrminderung und der Ausfuhr steigerung — genau so wie für Deutschland, das bekannt lich schon in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres einen Einfuhrüberschuß vor» zwei Milliarden er lebt hat. In England sieht man kein anderes Mittel zur Abhilfe als die weitere Einführung von Schutzzöllen, z. B. für die Textilindustrie, und die Gewährung von Staatshilfen für eine umfassende Reorganisation der Eisen- und Stahlindustrie, nachdem bekanntlich der eng lische Bergbau schon mit Hunderten von Millionen Staatsgeldern gespeist worden ist, um aus der Kohlen krisis der Nachkriegsjahre langsam wieder zu normalen Arbeitsbedingungen zurückfinden zu können. Jetzt heißt es, die englische Handelsbilanz sei nicht nur ungünstig, sondern schlechter als je zuvor, und wenn die gegenwärtige Entwicklung anhalte, werde England seine großen Auslandsgeschäfte, die eine der stärksten Ein nahmequellen für das britische Volk gewesen seien, nicht länger fortsetzen können. Selbst ein so optimistisch ein- gest'elltet Fachmann wie Lloyd George stellte fest, daß der Überschuß des englischen Handels dahin sei — ein Ge ständnis, das gewiß nirgends mit größerer Genugtuung vernommen wurde als in Moskau, wo man förmlich danach lechzt, diese Hochburg des internationalen Kapita lismus zertrümmern zu können. Wenn England wirklich beim Scheitern der Genfer Friedenskonferenz es zu einem Wettrüsten mit Amerika kommen lassen sollte, so besteht schon jetzt kein Zweifel darüber, wer in diesem Kampf den kürzeren ziehen wird. Während England in tage langen Luftmanövern festzustellen sucht, ob seine Flugzeugwaffe zur Abwehr eines feindlichen General angriffs ausreicht, werden in Amerika schon Pläne für die Aufnahme eines regelmäßigen Passagierluftverkehrs mit Europa geschmiedet. Mehr und mehr befestigt sich der Eindruck, daß England den Höhepunkt feiner ge bietenden Machtstellung überschritten hat; kein Wunder, wenn die Russen entschlossen bleiben, aus dieser Tatsache in ihrer Weise die entsprechenden Folgerungen zu ziehen. -ü Da sind unsere lieben Nachbarn, die Franzosen, doch von anderem Schrot und Korn. Sie stieren heute wie ehedem durch das berühmte „Loch der Vogesen" — das es feit dem Äesttzwechsel in Elsaß-Lothringen natür- Neun Notenkrieg mit Frankreich. Oie Wahrheit über Orchies. Französisches Eingeständnis der Greueltaten. Zwischen Deutschland und Frankreich ist ein neuer Notenkrieg entbrannt, der zwar nicht offiziell von Re gierung zu Regierung, sondern mehr von der Öffentlichkeit der beiden Länder geführt wird, die sich hierfür allerdings von offiziösen Quellen durch geeignetes Material unter stützen läßt. Der Kampf geht um die Wahrheit über die Vorgänge, die sich im September 1914 in dem fran zösischen Orte Orchies abgespielt haben. Der französische Ministerpräsident Poincarö hat bekanntlich in seiner letzten Sonntagsrede wieder heftige Angriffe gegen die deutsche Kriegführung gerichtet und als Beispiel hierfür an geführt, daß die Ortschaft Orchies von den deutschen Sol daten dem Erdboden gleichgemacht worden ist. Von deutscher offiziöser Seite ist daraus hingewiesen worden, daß die Zerstörung von Orchies als Strafe dafür aus geführt wurde, daß deutsche Soldaten in diesem Orte in grauenvoller Weise ums Leben gebracht worden sind. Dieser deutschen Behauptung tritt jetzt wieder die offiziöse französische Havasagentur entgegen, die zwei Berichte über die Vorgänge in Orchies veröffentlicht. Der eine Bericht stammt vom Bürgermeister dieses Ortes, der zugibt, daß von französischen Soldaten auf eine deutsche Role-Kreuz-Autokolonne ge schossen worden sei. Er stellt aber gleichzeitig die kaum glaubwürdige Behauptung auf, daß von diesen Autos aus auf französische Posten geschossen worden sei. Weit wichtiger für die Berechtigung der deutschen Strafexpedition nach Orchies sind die Ausführungen eines gewissen Trochon, die ebenfalls von Havas veröffentlicht werden, der unumwunden zugibt, daß Strolche der schlimmsten Sorte, von denen nach seiner Meinung keiner aus Orchies war, die Leichen der deutschen Soldaten aus geplündert und verstümmelt haben. Die Darstellung dieses Zeugen bestärkt in Berliner diplomatischen Kreisen den Eindruck, daß man auch in Frankreich einzugestehen beginnt, daß seitens der Fran zosen Verbrechen begangen worden sind, die das Vor gehen der deutschen Truppen rechtfertigen. Die tierische Verstümmelung deutscher Verwundeter wird als Tatsache zugegeben. Und wenn man „Strolche schlimmster Sorte" für diese Greueltaten verantwortlich macht, so ist das für die Zusammenhänge vollkommen belanglos. Poincars aber hat sich mit seinem neuen An griff gegen Deutschland ins eigene Fleisch geschnitten. lich gar nicht mehr gibt — nach Deutschland herüber, als wenn nur von dort lind sonst nirgends in der Welt ihnen Unheil kommen könnte. Einen Handelsvertrag mit Deutschland? Aber ja, warum nicht! Aber deutsche Konsuln etwa in Straßburg und in Metz, deutsche Kauf leute etwa in Tanger und Marakesch? Ganz unmöglich. Wo bleibt da die Sicherheit Frankreichs, die über allen Verträgen, über allen Forderungen nach Gleich berechtigung steht und stehen muß, solange die Erde nicht zusammengestürzt ist! Und wenn die deutschen Flieger keinen Hehl daraus machen, daß sie den brennenden Wunsch haben, ihren amerikanischen Kameraden einen Gegenbesuch abzustatten, dann findet sich ein französischer Schmutzfink, der sich hinsetzt und in einem Pariser Blatt der Befürchtung Ausdruck gibt, es könnte den deutschen Piloten mit ihren vorbereitenden Meldungen wohl darum zu tun sein, den Abflug der französischen Flieger nach Amerika zu beschleunigen, ohne daß diese ihre Vorberei tungen zu Ende geführt haben, d. h. also: sie in den Tod zu treiben, um so eine gefährliche Konkurrenz aus ebenso billige wie scheußliche Weise einfach loszu werden! Daß eine solche Gesinnungslumpe : die nach barlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Frank reich notwendig vergiften muß, scheint in Paris nicht weiter Bedenken gegen ihre Veröffentlichung erzeugt zu haben; hat doch auch Herr Poincarö sich nicht gescheut, abermals einen Streit mit uns vom Zaune zu brechen über Dinge, die immer wieder aufzurühren nur einem Manne in den Sinn kommen kann, der keinen Frieden will und keine Verständigung, sondern ewigen Zank und Streit unter den Nationen. Man wird, solange Herr Poin- carö und seine Leute am Ruder sind, diesen Tatbestand zur Kenntnis nehmen — und sich auch anderwärts dar auf einrichten müssen. Dr. Sy- Abbruch der Genfer Mrinekonserenz? Englands vorletztes und allerletztes Wort. Die Delegierten der Genfer Marinelonferenz haben nach der großen Pause die Erörterungen wieder ausgenommen mit dem Ergebnis, daß die Krise, die bisher nur schleichend war, letzt akut geworden ist. Der britische Marineministcr Bridge man gab den anderen Delegationen Kenntnis von den „letzten Vorschlägen" der britischen Regierung, die in ihren Haupt punkten den auf Grund der britisch-japanischen Verständigung formulierten Anträaen cntsvrecben. .Hu einer Einiouna konnte Englands Außenpolitik. Rheinland, Rußland, Reich der Mitte. Das Britische Unterhaus hat sich bis zum 8. November vertagt. Vor der Vertagung aber gab es noch eine große außenpolitische Debatte, in der Cham berlain und sein Staatssekretär Locker Lampson das Wort nahmen, um auf eine Rede des Arbeiterpartei- lers T r a v e l y a n, in der verschiedene kitzlige Fragen angeschnitten worden waren, zu antworten. Obwohl Locker Lampson erst an zweiter Stelle sprach, sei feine Ant wort vorweggenommen, denn es handelte sich dabei u m unsere eigene Sache. Der Staatssekretär erklärte, daß zwar die Schleifung der Befestigungen an Deutschlands Ostgrenze ordnungs mäßig erfolgt sei, andere die Abrüstung Deutschlands be treffenden Forderungen der Alliierten aber noch nicht völlig erledigt seien. Bevor dies nicht geschehen sei, könne nicht gesagt werden, daß die Abrüstung vollständig fei. Was die Besetzung des Nheinlandes angehe, so sei sie eine Ga rantie für die Ausführung des Versailler Vertrages, und die Räumung dieses Gebietes sei abhängig gemacht von Deutschlands Erfüllung seiner Vertragsverpflichtungen im allgemeinen und nicht nur derer, welche sich aus die Ab rüstung beziehen. Vor dieser Erklärung seines Staatssekretärs hatte Chamberlain selbst sich über Rußland und China ge äußert. Er verwahrte sich gegen die Unterstellung, daß England gegen die Sowjetregierung Ränke schmiede, und ließ durchblicken, daß eine Wiederaufnahme der diplo matischen Beziehungen zur Sowjetunion durchaus nicht ausgeschlossen wäre, falls die Sowjets sich den üblichen diplomatischen Bräuchen anpassen wollten. In Bezug aus China betonte er, daß die britische Regierung bereit sei, über neue Verträge zu verhandeln, sobald man sich einer chinesischen Regierung gegenübersähe, die ihren Verpflichtungen nachzukommen in der Lage wäre. Was übrigens dis die Rheinlandräumung betreffende Erklä rung Lampsons betrifft, so wird von deutscher zuständiger Stelle erwidert, daß über Abrüstungsfragen zwischen Deutsch land und den Alliierten keine Streitpunkte mehr bestehen, da die Abwicklung gewisser Restpunkte termin mäßig genau festgesetzt sei und auch termin mäßig verlaufe, so daß die Rheiylandräumung mit diesen Dingen absolut nicht in Zusammenhang gebracht werden könne. man jedoch nicht gelangen, da der Führer der amerikanischen Delegation Elnwnnde geltend machte, sich aber bereit erklärte die englischen Vorschläge dem Präsidenten Coolidge zur Kenntnis zu bringen, so daß die amerikanische Delegation in der auf den 1. August anbernumten Vollversammlung in der Lage sein würde, die endgültige Stellungnahme ihrer Ne gierung darzulegen. Die Pessimisten in Gens behaupten nun, daß die Konferenz nach der Vollversammlung „in Schönheit sterben« werde, da sie zum Scheitern verurteilt sei. Die Amerikaner erklären, daß die Annahme der englischen Vorschläge der britischen Kriegsflotte eine Übermacht zur See vertraglich garantieren würde. Sie machen vornehmlich Bedenken wegen der Zuteilung von nur 12 Kreuzern von 12 000 Tonnen geltend, da Amerikas Bedürfnisse eine größere Zahl dieser Kriegs schiffe erforderten. Nun wird aber von anderer Seite angedeutet, daß Eng lands „letztes Wort" noch nickt sein allerletztes sei und daß die britische Delegation, um die Konferenz vor einem Mißerfolg zu retten, in zwölfter Stunde vielleicht noch einen neuen Vorschlag unterbreiten werde. Dieser Vorschlag werde eine vorläufige Regelung der britischen Kreuzcrfrage zum Gegenstand haben. Die nächsten Tage werden hierüber Klar heit schaffen. Kundgebungen zum Schulgesetz. Freunde und Gegner. Der Reichsverband evangelischer Eltern- und Volksbünde, der Mitglieder der verschiedensten politischen Parteien in sich schließt, hat zu dem Ent wurf eines Reichsschulgesetzes Stellung ge nommen und einstimmig eine Kundgebung beschlossen, in der er die endlich erfolgte Vorlage des Entwurfes be grüßt. „Der Entwurf," so heißt es in der Kundgebung, „gewährleistet die organische Weiterentwicklung unseres Schulwesens auf Grund der Gewissensfreiheit und des Eltcrnrechtes unter unbedingtem Festhalten an der staat lichen Schulhoheit. Eine reichsgesetzliche Regelung des deutschen Schulwesens ist bei unseren kulturellen Ver hältnissen heute nur auf dieser Grundlage erreichbar..." Ganz im Gegensatz zu dieser Kundgebung, in der der Wunsch ausgesprochen wird, daß der Unsicherheit im deut schen Schulwesen ein Ende bereitet werde, hat der Hanptausschuß des Deutschen Lehrervereins schärfsten Einspruch gegen den Entwurf erhoben. Die