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Nachweisungsgebühr 2V Reich-pfennige. Bor, geschriebeneTrscheinungs- —. - - tage und Ptatzvorschriften werden nach Möglichkeit KerNspreMek: AMt WilSdrUN Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahm« bisvorm.IV Uhr. > Für die Richtigkeit der durch FcrnrufübermitteltcnAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Radatianspruch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingczog en werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen ni hmen alle Bermiltlun gsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr 175. — 86. Jahrgang T-legr Adr: .Amtsblatt- Wilsdrnff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Freitag, den 29 Jnli 1927 Orchies. Es wird genug Deutsche geben, die mit einer achsek- zuckenden Gebärde sagen: „Ach, laßt doch den Pomcars reden, was er will; man kennt ihn ja!" Ein Standpunkt, der manches für sich hat, aber doch nicht immer ganz richtig ist, nämlich dann, wenn besagter Herr Poincars allzu dick aufträgt und man ihm in aller wün schenswerten Deutlichkeit sein Lügengewebe zerstören kann. Und außerdem haben wir allzu schmerzlich die Wahrheit des Sprichwortes erfahren müssen: Verleumde nur tüchtig, denn hängen bleibt immer etwas. Das tat Poincars in seiner letzten Sonntagsrede, als er die Deutschen beschuldigte, das Örtchen Orchies mutwillig, grundlos, aus reiner Lust am Zerstören niedergebrannt zu haben. Jetzt veröffentlicht die deutsche Regierung einen Bericht über die dortigen Vorgänge, der den Vor zug hat, sich auf die Aussagen zweier fran zösischer Geistlicher stützen zu können; ein Vor zug, weil ja Poincars die eidlichen Aussagen beteiligter Deutscher ablehnen würde. Und daraus geht nun hervor, daß am 23. September 1914 eine deutsche Kcankentrans- portkolonne unter dem Roten Kreuz, also durch diese Fahne geschützt, sich Orchies näherte, dort aber von fran zösischen Soldaten und Zivilisten unter Feuer genom men wurde. Eine Strafexpedition wegen dieses Völkerrechtsbruches scheiterte, die Truppe ließ ver wundete und unverwundete Gefangene in den Händen der Franzosen. Stärkere Kräfte, die dann eingesetzt wurden, fanden das Städtchen fast ganz verlassen, aber 21 Leichen von deutschen Soldaten vor, die in grauen hafter Weise verstümmelt waren. Ob die Täter französische Soldaten oder ortsansässige Franktireurs waren, ließ sich nicht feststellen; der Ortsgeistliche be hauptete, daß Turkos die Schuldigen gewesen seien. Uber das Städtchen wurde wegen dieser Greueltaten das ver diente Schicksal verhängt: es wurde zerstört. So ist der Hergang, wie ihn französische Zeugen be eidet haben. Der Pfeil flog auf den Schützen Poincarö mit der nötigen Schnelligkeit zurück. Und da verlangt er von uns, wir sollten all die Greuelmärchen de- und weh mütig als Wahrheit anerkennen, die er der Welt auf- tischen will. Als Wahrheit auch anerkennen, daß wir am Kriege schuld sind — während gerade jetzt wieder ein mal aus neutralem Munde bewiesen wird, wie die En tente jeden Versuch, den Krieg zu beenden, zum Scheitern gebracht hat, ehe nicht Deutschland und seine Verbündeten am Boden lagen. Dabei hat man ja in London und Paris nichts mehr gefürchtet, als daß Rußland, das so furchtbare Opfer hatte bringen müssen und am Ende seiner Kräfte stand, einen Separatfrieden ab schließen könnte; jeder Versuch, einen solchen herbeizu führen, mußte daher den Friedenskeim ohne weiteres zerstören. Beim Begräbnis des früheren Schweizer Bundes präsidenten, Hoffmann, hat der jetzige Präsident der Schweiz, Motta, erzählt — und das wurde zur Sensa tion —, wie im Juni 1917 der in Petersburg weilende Schweizer Nationalrat Dr. Grimm geglaubt hat, ein Friedens! üftchen zu verspüren, und darauf hin den damaligen Außenminister Hoffmann bat, ihm die deutschen Friedensbedingungen zu übermitteln. Der deutsche Gesandte in Bern hat diese dem Schweizer Bundespräsidenten sofort zur Kenntnis gegeben, eine chiffrierte Depesche ging an die Schweizer Gesandtschaft nach Petersburg zur Weitergabe an Dr. Grimm — aber dis Entente verschaffte sich eine Abschrift und entzifferte die Depesche, die diese Friedensbedingungen enthielt. Mit großem Hallo wurde nun Dr. Hoffmann von der Entente beschuldigt, er Versuchs einen Separatfrieden zwischen Rußland und den Mittelmächten herbeizuführen. Beschwerdenote gingen nach Bern, Dr. Hoffmann reichte sein Nücktrittsgesuch ein, kurz, dadurch, daß alles in die Öffentlichkeit gedrungen war, wurde der Friedens keim gleich in seinen ersten zarten Trieben zer treten. Das Morden ging weiter und Rußland mußte neue Hunderttausende opfern. Das ist gewiß nur ein Steinchen in dem großen Mosaikbilde, das wir Deutschen an die Stelle jenes Bildes stellen wollen, das von Poincars und den ihm Gleichgesinnten gemalt wird. Die Geschehnisse, die erst jetzt am Grabe Dr. Hoffmanns mitgeteilt wurden, liegen ja — das soll auch nicht vergessen werden — nur einen Monat vor der deutschen Friedenresolution. Sie war nicht die erste, sie blieb ebenfalls erfolglos — aber die Entente wird den Beweis niemals erbringen können, je den Versuch gemacht zu haben, dem Völkerringen Einhalt zu tun. Und da verlangt Poincars von uns, wir sollten uns als Friedensbrecher und als Übeltäter in jeder nur denk baren Form hinstellen! Er wird es uns vergeblich ver bieten, mit den geringen Mitteln, über die wir verfügen, auf schärfste gegen diese Beschuldigungen vorzugehen. Beatty legt sein Amt nieder London. Der Admiral der Flotte Karl Beatty scheidet von seinem Posten. Er hat das Amt des Ersten Seelords ungewöhnlich lange, fast acht Jahre, verwaltet. Sein Nach folger ist Admiral Sir Charles Madden. MWMcr Mkmstieg der kölschen Mtschast Deutscher Arbeitswille. Minister Hergt über Deutschlands Wirtschaftslage. Die deutsche Wirtschaft hat noch immer sehr schwer zu kämpfen. Zwar ist die Zahl der Arbeitslosen gegen über dem Vormonat wieder um ein beträchtliches ge sunken, doch dürfte ein allzu großer Optimismus dessent wegen nicht angebracht sein. Diesem Gedanken gab auch Reichsjustizminister Hergt in einer Rede Ausdruck, die er bei der Begrüßung schwedischer Journalisten in Berlin im Namen der Reichsregierung hielt. Dem oberflächlichen Beobachter bietet sich, so führte der Minister ungefähr aus, scheinbar das Bild einer neuen Blüte un seres Landes dar. Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, daß das deutsche Volk noch immer einen steilen Weg mühevollen Wiederaufstiegs zurückzulegen hat. Unser Ausfuhrhandel reicht noch bei weitem nicht aus, um unsere auswärtigen Zahlungsbedürfnisse zu decken. Nur mit größter Mühe ist es gelungen, die Finanzen noch einmal zum Ausgleich zu bringen, und für die Zukunft ergeben sich schwere Bedenken. Die Landwirtschaft, beson ders in den östlichen Provinzen, der gewerbliche und kauf männische Mittelstand, der das Opfer der Papiermark- entwertung geworden ist, und die aus ihrer Lebensarbeit verdrängten Ausländsdeutschen befinden sich immer noch in empfindlicher Notlage. Um so mehr mutz man den Arbeitswillen würdigen, der sich im ganzen deutschen Volke regt, um die Wunden zu heilen und Wohlstand und Gesittung nicht nur in un serem Lande, sondern der Menschheit überhaupt, zu för dern. Dieser Arbeitswille zeigt sich auch in der Entwicke lung der inneren Potktik, wo immer mehr das Bestreben sich durchsetzt, für die großen Aufgaben der Zeit in fried lichem Ausgleich der Gegensätze praktische Lösungen zu finden. Man kann nicht sagen, daß das Ausland, als Ganzes genommen, dem deutschen Volke die Durchsetzung dieses Arbeitswillens erleichtert hat. Um so mehr gelten die deutschen Sympathien einer Nation, die, wie die schwedische, auch in den Jahren des Unglücks für Deutsch- land immer freundschaftliches Verständnis bekundet hat. Ostpreußens kulturelle Aufgabe. Dem Studium der Wirtschaftslage Ostpreußens gilt die Ostpreußenfahrt des Reichsverbandes der Industrie. Bei einem Empfang In Marienburg gab Oberpräsident Wolkenbrüche und Sturm in ganz Deutschland. Wasserschäden in In- und Ausland. Nord-, Mittel- und Westdeutschlanad wurden nach der schwülen Hitze der letzten Tage wieder einmal von starken Gewittern heimgesucht, die an vielen Orten Sach schäden zur Folge hatten. Blitz, Hagel und Hochwasser wüten in diesem Sommer ärger als je zuvor und ver nichten Hab und Gut der friedlichen Bewohner. So entstand aus dem Gute Pongreß (Mecklenburg) durch Blitzschlag ein Großseuer, das ein großes Wohn gebäude einäscherte und damit vier Familien ob dachlos machte. Da die Familien, dem Arbeitcrstande angehörend, gegen Feuer nicht versichert waren, haben sie schweren Mobiliarschaden erlitten. In der Nähe von Boitzenburg entwurzelte eine Windhose mehrere alte Bäume, deckte Dächer ab und warf Wagen um. über Hamburg und Umgegend, der holsteinischen Westküste und Lübeck gingen schwere Unwetter nieder. Stürme und Wolkenbrüche richteten große Schäden an. In Ham burg wurde 280 mal die Feuerwehr zu Hilfe gerufen, um Straßen und Keller auszupumpen und umgestürzte Bäume aus dem Wege zu räumen. Durch Blitzschlag auf dem flachen Lande brannten zwei Bauern häuser vollständig nieder. Auch über Lüneburg wütete ein Wirbelsturm, der Bäume entwurzelte und mehrere Dächer abdeckte. Eine Frau wurde von einem Windstoß in die Höhe gehoben und mehrere Male her umgeschleudert. Sie erlitt jedoch nur leichte Verletzungen. Ein schweres Gewitter verursachte ferner in der Umge bung von Salzwedel schwere Biltzschlöge, denen mehrere Scheunen zum Opfer fielen. In der Gegend von Neuß ging ein starkes Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen und Hagelschlag nieder. Die Unterführung am Bahnhof und verschiedene Straßenteile standen ganz unter Wasser. Nußgrotze Hagelkörner bedeckten die Dächer. Am schlimmsten hat der Hagel in den Ortschaften Stttrzelberg und üdesheim gewütet. Die Ernte wurde vernichtet. Mindestens ebenso schweren Schaden hatte Holland durch das Unwetter zu beklagen. Die Provinzen Fries land und Gelderland hatten mehrere Windhosen zu verzeichnen. Eine Reihe Bauernhöfe wurden schwer be- Siehr ein eindringliches Bild von der Notlage gerade dieses Teiles Deutschlands. In seinen Ausführungen hob der Oberpräsident hervor, daß auf dem exponierten Posten, den Ostpreußen im Interesse ganz Deutschlands zu be haupten habe, Wirtschaftsfragen gleichzeitig nationalpoli- tische Fragen allerersten Ranges seien. Der Oberpräsident erinnerte daran, daß Polen seine Ansprüche auf Ostpreußennochnichtaufgegeben habe, so daß sich für Ostpreußen die zwingende Notwendigkeit ergebe, für die ostpreußische Wirtschaft in intensivster Weise zu sorgen, um die Widerstandskraft der Provinz zu erhalten und zu stärken. Dieses schöne Land, so schloß der Ober präsident seine Ausführungen, der Wildnis abgerungen durch deutscher Männer Blut und Arbeit, ist deutsch und muß deutsch und stark erhalten werden um jeden Preis. Sie Seeabriifiung in der Schwebe. Konflikt England —Amerika. Im Britischen Unterhaus gab Chamberlain zur Genfer Seeabrüstungskonserenz eine Erklärung ab, in der er betonte, daß der K l e i n e - K r cu z e r - T y P bei der geographischen Lage des britischen Weltreiches eine Le be ns Notwendigkeit darstelle. Nach Auffassung der Regierung dürfte es nicht schwierig sein, zu einer vorläufigen Lösung in der Frage des Kreuzer baues zu kommen. Großbritannien könne jedoch einer solchen Lösung nicht den Anschein einer endgültigen grundsätzlichen Lösung geben, die als Präzedenzfall be trachtet werden könnte. Chamberlains Vorschlag würde praktisch darauf hin auslaufen, daß England, die Vereinigten Staaten und Japan ihr bis zum Jahre 1931 gehendes Kreuzerbau programm vertraglich festlsgen. Da aber wegen der Tonnage und vor allem wegen der Bewaffnung der leichten Kreuzer zwischen der britischen und der ameri kanischen Delegation weitgehende Meinungsverschieden heiten bestehen, dürfte selbst über ein zeitlich beschränktes Äauprogramm eine Einigung nur schwer zu erzielen sein. In den Vereinigten Staaten hat denn auch Chamberlains Rede eine sehr ungünstigen Widerhall gefunden, und es wird in Washington die Auffassung vertreten, daß keine Möglichkeit mehr zu bestehen scheine, die Konferenz vor einem Schiffbruch zu reiten. schädigt, zahlreiche Bäume entwurzelt. Mehrere Gehöfte wurden vom Blitz getroffen und brannten vollständig nieder. Von einer Ammoniakfabrik wurde das Dach ab gedeckt. Endlich sei noch hervorgehoben, daß Vorderindien furchtbare Überschwemmungskatastrophen meldet. Allein in den Dörfern in der Nähe der Stadt Baroda, nördlich von Bombay, sind infolge eines Dammbruches eines über füllten großen Staubeckens über tausend Menschen in den reißenden Fluten umgekommen. Das Küstengebiet zwischen Kalkutta und Rangoon hat außerordentlich ge litten. Zahlreiche Menschen sind ertrunken, große Vieh herden sind von den Fluten fortgerissen und die Baum wollernte ist sehr gefährdet. Die Stadt Rangoon ist voll kommen überschwemmt. Man rechnet damit, daß die Wiederherstellung der durch die Regengüsse zerstörten Eisenbahndämme Monate in Anspruch nehmen wird. Flugunfälte und Zlugexperimenie. Ein Flieger ins Wasser gefallen. Ein eigentümliches Flugunglück ereignete sich in der Nähe von dem norwegischen Kriegshasen Horten am Oslofjord. Zwei Flugbote der Marine manövrierten. Der eine der Flieger, der niedcrgehen sollte, übersah dabei einen Dampfer aus dem Fjord. Die Maschine stürzte auf das Schiff nieder und zerschellte dabei. Der Flieger selb st stürzte ins Wasser, blieb aber unverletzt. Auch von der Besatzung und den Passagieren kam niemand zu Schaden. Ein eigenartiges Flugexperiment wird Chamberlin demnächst unternehmen. Er wird vom Deck des „Levia than" (ein früheres deutsches Schiff) aufsteigen, wenn sich der Dampfer noch 20 Meilen von der Küste entfernt befindet. Durch den Versuch soll erwiesen werden, ob es möglich wäre, eventuell einen Flugzeugdienst zwischen den einzelnen O z e a n d a m p f e rn im Meere herzustellen, oder ob in bestimmter Entfernung von der Küste die Postsachen sowie auch einige Passagiere rascher als bisher befördert werden könnten Die Dornier-Flugzeugwerke kündigen den Trans atlantik-Passagierflugverkehr bereits für 1928 in amerika nischen Zeitungen an. Auf Apparaten, die mit 12 Motoren ausgerüstet sind (Chamberlin hatte auf der Columbia nur zwei) sollen 100 Passagiere Platz haben und über den At lantik befördert werden können.