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Wilsdruffer Tageblatt : 27.07.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192707279
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19270727
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19270727
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-07
- Tag 1927-07-27
-
Monat
1927-07
-
Jahr
1927
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 27.07.1927
- Autor
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L tZ Nr. Ll Gej , I' kassenk Gefall: Na Dor ,2 d«i Dcsc 2 «W. , ISRpfg. trag er ui ftellung! der Zeit! Das gerii Der rechte Grit!. Skizze von M. A. v. Lütgendorff-München. In breitem, goldigem Strahl flutete die Sonne in das Labo ratorium herein, lag grell leuchtend auf den weihgetünchten Wänden und umspielte alikernd die Gläser. Schalen und Avva- freulic Woche Eigen wenig fürsor von i über l gegen, zahlen Julihi Zahl stützur 545 09 E Wirk aber sänge: hier ij lich lä sorge; schon gunc arbeit werde gang werde der rund also „ rund Ausd: auf ei immer befind alle A die w werde, Pflege und a mangc in An mit 1l maßen in De, V muß r faltig losen, l«ßt, z aber, Mann rekruti tracht Wiede: Teil ? Lande ziehen gebiet lich sir in Bei Berück daß d zeit et A der I: Pflege, hinein gung sonder Hierbe schäft werdet Indus nach Wand> beschrc einen sich di schnell, Verfüc mehret losenzi tende zur A auch i die Zi komme wicklm Beschä farengeschmetter über den Hof hinwegtönte, wenn er zu krähen begann. Und er krähte etwas mehr als nötig war. Bill und Massi-interessierten sich alsbald sür diesen neuen Hahn außerordentlich, aber keineswegs in freundschaftlicher Weise. Irgendetwas an dem exotisch aufgetakelten Gockel reizte sie zum Widerspruch. Noch mehr aber ärgerte es sie, daß der Hahn sie mit einer geradezu unerträglichen Arroganz be handelte, nachdem er gemerkt hatte, dah er hinter seinem hohen Drahtgitter vor ihnen leidlich sicher war. Sowie die beiden Hunde sich in der Nähe des Hühnerhofs blicken liehen, plusterte er sich auf, sträubte sein grellbuntes Gefieder und überschüttete sie mit beleidigenden Invektiven, die selbst eine alte Nachteule schließlich aus der Ruhe gebracht hätten. Nun kümmere ich mich gewöhnlich grundsätzlich nicht um die Privatstreitigkeiten meiner Haustiere; aber eines Tages wohnte ich zufällig einer merkwürdigen Szene bei, die sich an dem Drahtgitter des Hühnerhofs abspielte und die mich ver anlaßte, meine sonstige Zurückhaltung aufzugeben. Der Hahn krähte und kollerte wieder einmal in seinen frechsten Tönen, während die beiden Hunde zornig dazwischen blafften. Da ich im Laufe der Jahre mir einiges Verständnis für die Ausdrucksweise meiner Tiere angeeignet hatte, entnahm ich dem'erregten Wortwechsel etwa folgendes: „Kockeroko", kollerte der Hahn hochmütig. „Ihr lieder liches Landstreichergesindel! Wer seid ihr denn, dah ihr über haupt mit mir zu reden wagt? Ich verbitte mir eure plumpen Vertraulichkeiten! Ich bin auf der letzten Geflügelausstellung prämiiert worden und habe keine Lust, mich mit ein paar her gelaufenen Kötern zu unterhalten." „Dann halte doch den Schnabel und laß uns in Ruhe, du buntscheckiger Harlekin", bellte Maffi aufgeregt. „Uebrigene sind wir hier im Hause länger als du!" „Dann wundert es mich, daß ihr nicht schon längst wieder abgeschafst seid," krähte der Hahn. „Wenn ihr aber etwas von mir wollt, dann kommt doch herein zu mir! Aber ihr könnt ja nicht mal über das Gitter springen. Ihr könnt nur auf dem Bauch herumkriechen, wenn der Herr euch mit der Peitschk droht." Maffi zappelte vor Wut. „Warte, du Kümmeltürke,' knurrte er und wollte mit einem Anlauf gegen das Gitter am springen. Aber Bill, als der Aeltere und Erfahrenere, hielt ihn zurück. „Das hat keinen Zweck, Maffi, das Gitter ist zu hoch. Wenn wir dem Burschen ans Leder wollen, müssen wir uns unter dem Zaun hindurch ein Loch buddeln und durchkriechen. Anders geht es nicht." Das leuchtete Masst ein, und während jenseits des Zaunes der Hahn weiter schimpste, begannen die beiden Hunde dies seits mit rasendem Eifer im Boden herum zu kratzen, daß der Sand ihnen zwischen den Hinterbeinen durchflog. Bis hierhin hatte ich mir die Geschichte ruhig mit angesehen, aber nun wurde die Sache bedenklich. Schnell trat ich aus meiner Deckung hervor und ging aus die beiden Hunde zu, die erschrocken von ihrer Buddelei abließen. „Laßt mal die Dumm heiten," rief ich energisch, indem ich das Loch wieder zutrat. „Was sind das überhaupt für Sachen! Ihr werdet euch doch von dem albernen Flederwisch dadrin nicht aufbringen lassen!" Sie schienen durchaus nicht meiner Meinung zu sein, und Bill bsMnn eine längere Rede, in der er mir die Impertinenz des Hahns mit entrüsteten Worten schilderte. Nach einer aber maligen Mahnung aber siegte die Vernunft. Beide trollten mit einem drohenden Blick auf den Hahn ab, der sich natürlich nicht enthalten konnte, ihnen noch ein paar Injurien wie „Flohsäcke" usw. nachzuschreien... Einige Zeit lang beobachtete ich meine beiden Hunde miß trauisch, aber sie schienen sich meine Warnung zu Herzen ge nommen zu haben. Gelegentlich lungerten sie wohl um das Drahtgitter herum, ließen sich aber in keinerlei Streitereien mehr ein, obwohl die Arroganz des Hahns eher zu- als ab genommen hatte. So schlief allmählich auch mein Mißtrauen wieder ein, ob wohl ich mir eigentlich hätte denken können, daß ein anständi ger Hund solche Ehrenkränkungen, wie der Hahn sie ihnen zu gefügt, nie und nimmer vergessen kann. Und in der Tat dachten Bill und Maffi garnicht daran, großmütig zu vergeben; sie warteten nur eine Gelegenheit ab, dem frechen Lümmel eins auszuwischen, und hatten ihren Plan, wie ich bald sehen sollte, in allen Einzelheiten bereits fertig. Eines Spätnachmittags saß ich mit meiner Frau friedlich auf der Veranda, als im Hühnerhof plötzlich ein ungeheurer Spektakel ausbrach. Gekreisch, Gegacker und Geflatter, ein paar wütende Blaffer meiner Hunde, und dann ein jammer volles Hilfegeschrei des Hahns. Aufspringen, einen Stock ergreifen und hinüber nach dem Hühnerhof, war das Werk eines Augenblicks. Meine Frau in Heller Verzweiflung hinter mir. Ein unbeschreiblicher Anblick bot sich uns auf der Unglücks stätte. Die Hennen hockten in Todesangst skandalierend aus dem Dache. Bill und Masst aber, die irgendwie in das Reich des Federviehs eingebrochen waren, hatten den unverschämten Orpington zu fassen bekommen, hielten ihn mit den Pfoten fest auf den Boden gedrückt und übten an dem Wehrlosen ih: schreckliches Rachewerk aus. So empörend diese Missetat auch war, — die Art der Be strafung, die die Hunde ihrem Beleidiger zugedacht hatten, ließ mich vor Verblüffung inne halten. Gewöhnliche Hunde hätten den Hahn einfach totgebissen; Bill und Maffi aber begnügten sich damit, ihrem Feinde nach allen Regeln der Kunst die schönen schwarzgrünen — Schwanzfedern auszurupfen, daß sie nur sc in der Luft umherflogen! Sie rupften ihn mit blindem Eifer, in der instinktiven Erkenntnis, daß man diesen eitlen Burschen nichts Härteres antun könnte, als wenn man ihn seines kost barsten Schmuckes, sozusagen der wallenden Insignien seine: Würde beraubte. Meine Frau wehklagte zwar laut auf bei diesem grotesken Anblick, ich selbst aber konnte mir nicht helfen; ich lachte, daß die Hühner vor Schrecken hochauf flatterten. Bill und Masst entwichen wie der Blitz durch die offene Tür und verschwanden im Garten. Der entwürdigte Hahn aber lag mit kahl gerupftem Bürzel wimmernd im Sande und war im Bewußtsein der ihm angetanen Schmach, die nie wieder gutzumachen war, unfähig sich zu erheben. Er war eine rettungslos gefallene Größe.?. Was soll ich noch berichten? Der so übel zugerichtete Orpington-Hahn war nicht mehr zu gebrauchen und wanderte in den Kochtopf. Bill und Maffi ließen sich zwei Tage lang nicht sehen. Als sie vom Hunger getrieben endlich wieder auf tauchten, nahmen sie die paar Iagdhiebe mit philosophischer Er- gebung hin und dann gingen sie in die Küche und holten sich die Knochen des Hahns, die ihnen gut zu munden schienen. Sie stammten zwar von ihrem ärgsten Feinde, doch über das Grab hinaus kannten auch Bill und Maffi keinen Groll, eine Tugend, die ja allen großen Naturen gemeinsam ist. Der Hahnenkampi. ... Humoreske von A. Stamer-Hamburg. Zugegeben: Bill und Maffi, meine beiden Hunde, sind ein paar löchere Gesellen, Aber es wäre entschieden übertrieben, wenn man ihnen die alleinige Schuld an der Katastrophe zu messen wollte, die sich neulich auf unserem Hühnerhof zugetra gen hat. Der Orpington-Hahn trug zumindest einen ebenso großen Teil der Verantwortung für das Ereignis, dessen Opfer er wurde, denn es war — rund herausgesagt — einfach eine Ehrenfrage für Bill und Maffi, dem unverschämten Feder vieh einmal gründlich eins auszuwischen. Ich hätte es an ihrer Stelle genau so gemacht... Die Sache war nämlich die: Unser bisheriger Hoshahn, ein dunkelsedriger, netter alter Herr, mit dem die Hunde sich aus gezeichnet vertragen hatten, war von meiner Frau pensioniert und durch einen prächtigen, farbenschillernden Orpington-Hahn ersetzt worden, dessen Stimme wie ein herausforderndes Lan- raie, öle in dichtem, ^scheinbar regellosem Durcheinander die Tische bedeckten. Walter Schütz, der junge Forscher, trat zum Fenstertisch, nahm ein Glasröhrchen und hob es in die Höhe. Eine trüb- durchsichtige Masse süllte das glänzende kleine Rohr. „Da seht! — Nun habe ich die Bakterien endlich doch be kommen. Und ganz unversehrt. Nicht der kleinste Sprung im Glase." — Er betrachtete das Gläschen, dann legte er es wieder auf den Tisch zurück. — „Himmel, wenn es mir gelänge! Wenn es mir wirklich gelänge!" — Und er atmete tief auf, wie be nommen von dem ungeheueren Ziel, das er vor sich sah. Die beiden anderen, Doktor Stefan, der Kollege, und Helene Möbius, die Studentin, blickten schweigend auf das kleine Glas, das eine Welt von Verderben in sich schloß. Dann hob das blonde Mädchen den Kopf und ihr voller ernster Blick traf den tief Erregten. „Ich bin nicht ängstlich, Doktor, aber nur mit diesen Bak terien sollten Sie nicht arbeiten! Warum denn gerade Pest bakterien? Mit diesen furchtbarsten aller Lebewesen!" „Weil ich diese Geißel der Menschheit einmal mit anderen Methoden bekämpfen will, als es bisher geschah. Ich bin auch auf dem richtigen Wege, das fühle ich. Und Angst? — Liebe Kollegin, darf uns Angst ein Ziel rauben?" Jetzt lachte Stefan, der seinen finsteren Blick nicht von den Beiden gelassen hatte, laut auf. „Was wollen Sie, Kollegin? Jeder packt eben sein Glück, wo er es findet. Einer glaubt es bei seinen Pestbakterien zu finden — vielleicht, vielleicht auch nicht — und ein anderer bei einem schönen Mädchen. Es kommt freilich immer auf den rechten Griff an, mit dem man zupackt." „Unsinn — wer spricht jetzt davon!" Sie runzelte die Brauen und wandte ihm jäh den Rücken. Aber auf dem Ande ren ruhten ihre Augen in warmer Sorge, als sie zur Tür tre tend, noch halblaut sagte: „Lassen Sie die Hand davon, Doktor, ich bitte Sie. Es gibt ja auch noch andere Ziele. Viele andere lockende Ziele!" — Andere lockende Ziele! Walter lächelte versonnen vor sich hin. Seit Tagen hörte er die Worte immer und immer wieder, hörte die weiche besorgte Frauenstimme und fühlte den warmen bittenden Blick. Aber durfte er deshalb von seinem Ziel ab irren? — Seine Hand griff nach dem Glasröhrchen, das noch immer uneröffnet vor ihm lag. Ja, dieses Ziel, das lockte und riß an ihm mit aller Macht, das mußte erreicht werden. Und konnte erreicht werden, wenn man ihm nachstrebte In un ablässiger Arbeit. — Dann aber? Eine Blutwelle schoß ihm zum Herzen und ließ es schlagen in starkem, hastigen Pochen. Wie der sah er das blonde Mädchen vor sich. War denn das nicht ein Ziel, das viel heißer lockte als alles andere aus der Welt? Seine Finger preßten das feine Glas zwischen sich. War es denn auszudenken, daß die Arbeit gelänge, die lang durch- grübelte. und dann im Triumph des Erfolges der Geliebten entgegen zu treten mit leuchtenden Augen — ja, war denn das überhaupt auszudenken? Er achtete nicht, daß er das Glasröhrchen noch immer zwischen den Fingern hielt, daß sein jagendes Blut den Griff fester und fester machte. Da — auf einmal ein Splittern, zart, kaum zu hören, aber fühlbar in einem stechenden Schmerz. Und als er hinblickte, halb noch in Gedanken, sah er, daß ein spitzer Splitter aus dem Glase herausgebrochen war, so daß seine Haut die klebrige Feuchtigkeit der Gelatinemasse fühlte. Und an der Stelle, die die Glasspitze getroffen hatte, saß ein Blutstropfen, halb überdeckt mit der ausgetretenen Bakterienkultur. Jetzt erkannte er die Gefahr, und in starrem Schreck erhob er sich. Aber er verlor seine Ruhe nickt und legte das zer brochene Röhrchen vorsichtig in ein Gesäß, daß er sogleich mit einer desinfizierenden Flüssigkeit übergoß. Ja, nun stand es wohl schlimm mit ihm! Die Bakterien hatten den schnellsten Weg gefunden, ihn zu vernichten: sie waren in sein Blut ein gedrungen. Gab es aber nicht doch Rettung? — Freilich, die Hoffnung war gering genug, auch wenn man unverzüglich zu helfen versuchte. Da öffnete sich die Türe. — Nun ihre Stimme: „Störe ich, Doktor?" Er antwortete nicht. Sollte er sie erschrecken? Gerade sie? Aber sie fühlte sofort ein Besonderes. „Was haben Sie, Doktor?" —Sein verstörter Blick haftete einen Augenblick auf dem Gefäß mir dem zerbrochenen Gläschen und seiner Hand. Sie folgte ihm und verstand. „Um Gotteswillen! Sie haben sich infiziert!" Er versuchte ein Lächeln. — „Das wird nicht so schlimm sein. Es ist ja auch erst im Augenblick geschehen. Da läßt sich schon noch Helsen." Und wieder lächelte er. Denn ein seliges Staunen überfiel ihn jetzt, trotz aller Erregung. Ein Staunen, weil er sah, daß der Blick des Mädchens in verzweifelter Angst auf ihm lag. — „Warten Sie! Ich telephoniere sofort dem Professor! Es ist sicher nicht zu spät." Schon war sie zur Tür hinaus und eilte den langen Treppengang entlang. Da ver trat ihr Stefan den Weg. „Wohin so eilig?" — „Schütz hat sich infiziert mit den Pest bakterien!" — Stefan zuckte zusammen. „Das ist ja ganz un möglich! Beruhigen Sie sich doch!" — Er wollte sie bei der Hand fassen, aber sie entriß sich ihm hastig. — „Lassen Sie mich. Ich muß zum Fernsprecher! Es mutz ihm doch sofort Hilfe ge bracht werden!" Stefan lachte hart auf. „Hilfe? Die kann ihm nur einer bringen und das bin ich. Kommen Sie." — Er nahm sie fest bei der Hand und fast willenlos folgte sie ihm... Was hatte er vor? Im Laboratorium saß Walter vor seinem Arbeitstisch, regungslos wie in tiefes Sinnen verloren. Ihm war, als läge er in einem schweren Traum. Kounte ihm das Schicksal Tod und Verderben schicken zugleich mit der Offenbarung dieser ihn beglückenden Frauenliebe? Da trat mit schnellem Schritt Stefan auf ihn zu. — „Kopf hoch, Kollegs, und vor allem: Verzeihung! Sie sind nämlich nicht infiziert! Denn ich habe ihre Pestbakterien, weil ich Ihnen den Erfolg nicht gönnte, ja, und noch etwas anderes nicht gönnte... vernichtet und an ihre Stelle ein ebensolches Röhr chen mit einer harmlosen Wasserbakterienkultur gelegt. Die haben Ihnen keinen Schaden getan. In guter Absicht geschah es nicht, aber ich glaube, daß es in diesem Falle doch der rechte Griff war!" — Sein Auge suchte mit bitterem Blick das blonde Mädchen. Dann verließ er den Raum. Und zwei Menschen hielten einander umschlungen, weinend und lachend und wunschlos glücklich. heitere Ltmfchau. Stolz lieb ich den Spanier, . . . Ein Bettler sitzt auf der Landstraße nach Madrid und streckt einem vorübergehenden Fremden die geöffnete Hand entgegen. „Schämen Sie sich nicht," fragt dieser empört, als er den kräftigen Menschen nichtstuend herumlungern sieht, „ein Kerl wie Sie könnte doch Wohl Arbeit finden!" — „Mein Herr," erwidert der Bettler mit dem Stolz des echten Kastiliers, „ich habe Sie um Geld, nicht um gute Ratschläge gebeten!" Kindermund. „Gelt, das macht dir Spaß, auf meinen Schultern zu reiten? ..." — „Ach, weißt du, lieber Onkel, ein richtiger Esel wäre mir lieber." Sommer in Florenz. Von Kurt Münzer. Florenz im Sommer! ... ' Wir stehen in dem staubigen, rauchigen Bahnhof, von dem die Wege in die Wunderstadt führen sollen. Glutäugige junge Kerle raufen sich um das Gepäck: der Stärkste trägt es davon. Und mit einem Herzen, das sich vor der nächsten Stunde fürchtet, ! treten wir hinaus auf die Straße, die uns in eine kleine, : schmutzige Landstadt zu versetzen scheint. - Die Sommersonne brennt auf das heiße, trockene Pflaster, ! die Luft flimmert, der unendlich hohe Himmel ist von einer nie j gesehenen lichten Bläue. Schon der nächste Schritt führt in versunkene Schönheit und § vergangene Zeit hinein. Wir wandern die Straße zum Dom hinab, da grüßen von rechts die marmornen Arkaden der Santa t.Maria Novella, der gotischenDominikanerkirche, in der Ghir- -landajo seine köstlichen Fresken des Marien- und Iohannes- Lebens malte. ! Es ist still in dieser frühen Morgenstunde. Kaum sieht man .mehr als die Männer vom Lande, die die Blumen ihrer Gärten szum Verkauf in die Stadt bringen. Sie tragen sie in großen Körben. Die Rosen überfluten alles. Sie allein scheinen wie jUnkraut zu wuchern. Nur der scharfe Nelkenduft wagt sich noch f hervor. ' Der Mai war die Zeit der gelben Rosen, der zarten, rosig ^angehauchten, der schweren Maröchal-Niel. Dann verdrängt sie -die rote Rose. Sie blüht in Florenz röter, dunkler, vielblättri- zger, größer, duftender, als je ein Auge im Norden sie sah. Drei Won ihnen in der Hand gehalten, sind ein Niesenstrauß. Und -sie haben ein langes schönes Leben. Eine einzige erfüllt den -größten Raum mit ihrem Duft. Und für wenige Saldi erhält "man mehr von ihnen, als zwei Arme zu tragen vermögen. Die Straßen alle duften. Und dort erhebt sich der Dom, der Riesenbau aus buntem Marmor mit seinem Glockenturm, der schwindelnd hoch in die blaue Luft steigt, umkreist von den weißen Tauben, die in seinen Nischen nisten. Gegenüber steht das Baptisterium, die kleine achteckige Taufkirche, die älteste Kirche der Stadt. Antike Säulen tragen die Innenkuppel. Dort steht das Becken, über dem Dante getauft wurde. Wir treten in den Kühlen, dunklen Dom. Die ersten Beter knien an den Pfeilern. Die Luft ist von Weihrauch schwer. Und dann jener kurze Weg von Minuten vom Dom zum -Platz der Signoria, der durch eine Welt der Kunst führt, an dem ! schönsten, anmutigsten Profanbau der Gotik vorbei, am Bigallo, stn dessen Loggia die Findelkinder ausgestellt wurden, vorbei am i Orsanmichele, dem alten Heiligtum der wundertätigen Maria, in dessen Nischen die Renaissance-Geschichte der Plastik ver körpert steht, hin zum Rathausplatz, auf dem eine eherne Platte die Stelle weist, auf der Savonarola vom Feuer verzehrt wurde. Zwischen dem Palazzo Vechio und der alten Loggia bei -Lanzi öffnen sich die Bogenhallen der Uffizien, des Museums von i Florenz. An ihrem Ende geht der Blick durch ein Triumphtm hindurch über den grünen, rauschenden Arno hinweg auf die -jenseitige Stadt. Zwei Zypressen ragen dunkel aus dem Dach sgewirr Mpor. Und das Grün der Boholigärten krönt diese ?HLgelstadt. Zur Linken schimmert San Miniato zwischen Zy pressen und ragt der David des Michelangelo in die heiße Luft. Wenige Fremde suchen dir Stadt in dieser Jahreszeit auf. Nur die ansässigen Ausländer bringen den internationalen Ton fin das müßige, gesangreiche Leben der Florentiner. Sie haben -ihre Teestuben, die nur des Nachmittags geöffnet sind, und dort lihre Stelldicheins. Dann ist die Straße voll von Automobilen, seidene Mäntel rascheln, der Tee fließt in Strömen. Die schlan ken, blassen, vornehmen Florentinerinnen sitzen dabei, sie lieben die fremden Sitten. Und doch ist Florenz nur in diesen Tagen wahrhaft ita lienisch, in diesen Tagen, wo es einen duftenden, lebendigen Nosenmantel um seine ewig jungen Schultern geschlungen hat, wo es Glut atmet und nur die Kühle Zuflucht seiner Kirchen bietet. In den Abendstunden füllen sich die Cascinen, der Tiergarten von Florenz. Der Korso nimmt seinen Weg durch die Lorbeer alleen. Zwischen den Hügeln wird es lebendig. Fiesole träumt auf seiner blumenvollen Höhe und steht noch im Licht, wenn dic riesenhafte Domkuppel schon in Dämmerung versunken ist. Am Abend ist Musik im Lass am Platz Vittorio Emanuele. -Zehn Schritt weiter klingt andere Musik aus dem Rietirante. Dazwischen lustwandelt das Volk, das sein Leben hingibt für Musik. Erst jetzt wird es kühl, und bis tief in die Nacht währt das Treiben, Singen und Lärmen. Aber der deutsche Träumer sucht die Einsamkeit der stillen Dassen. Er wandert an den schweigenden alten Palästen vor bei, die von der Größe toter Jahrhunderte schauern. Aus allen ;Türen klingen Mandolinen und Liebeslieder. Von den Hügeln weht der Duft der Rosen und des Lorbeers in die Stadt. , Am stillsten ist es an den Uferstraßen des Arno. Der schnelle Aluß glänzt im Schein des Mondes. Die Sterne flimmern durch die Helle Luft. Vom Wasser herauf weht ein kühler Hauch. Da klingt es aus der Tiefe der Straße. Es sind die Haufen der Straßensänger, die vor den großen Hotels singen. In den Aenstern lehnen die Fremden, lauschen dem Quartett, in dem rn üblicher Weise ein Mann die Sopranstimme singt. Die Ge sänge mischen sich. „Funikuli!" ruft ein junges deutsches Mädchen hinab. „Santa Lucia!" befiehlt ein Herr. Und die Sänger singen mit Leiden schaft, Geldgier und unermüdlichem Eifer. Am Ende der Straßen beginnt das Gehölz der Cascinen. Dort sangen im Mai die Nachtigallen. Jetzt ist es still. Nur die Bäume rauschen, und das Wasser zieht. Der romantische Deutsche fühlt sein sehnsüchtiges Herz ver- Mmmen. Er liebt die Nacht, „des Tages schöneren Teil", er atmet in Florenz, er hört den Arno rauschen und aus der Stadt die Gesänge herübertönen ... Ja, es gibt eine Seligkeit auf Erden: Florenz in Rosen! Und morgen blüht ein neuer Tag auf hinter den Hügeln von Settignano, und das Wunder Fiorenzas erwacht zu neuer Uner- Möpslichkeit. KiFIm heimischen fiercl z UnterbaMmgrbeNsge rum „üNK«inMrr csgeblstt" — Amtsblatt.
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