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MsdmfferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbester I Postscheck: Dresden 2840 Freitag, den 15. Juli 1S27 Nationale Tageszeitung für die ^andwkrtsthast, M.»<8S.SL W»ch°»dla« für Wilsdruff ». u«g««»d 3«FaUr heherer Dewalt, Krieg oder sonstiger Brttieb«»Sr»n,tn besteht k-i»«»s,r»ch a»f Lieferung »er Aettnng oder Kürjing de« Be,«g,preise». — Rücksendung eingesondter Slstriststücke erfolgt nur, »e»» Port» beiliegt. Nr.163. — 86 Jahrgang Telegr Adr : »Amtsblatt« Wilsdrnff - Dresde« «»,««,««Et«: bi» 8gespulte»« «„».eile 20 Rpsg., di« 1,«spalte»« Zeile der «Ultlichen »etonntin-chu»,«» « «»ich» Pf«u>«, >*r Zgesp^teue «,kl»»kz«il« i» t-Mch«» Teil« 1 «eich»»«». «»chw-is»ng»,ebühr 20 «eich»pse»»ige. Pa» geschrieben« Lrscheimlup»« tage und Plagnorschniche» werden »ach «»glicht»«, «?Lrnfvre<ber: Ami Wilsdruff Nr. 6 berüksichtigt. «u,et^W» -»nodmebi.-orm.IVUbr. L«t Vr«-«,r» . Für di« Richtigkeit b» durch F«r»r»s übermittelte» Au,«!,«» übernehmen wir keine Garantie. Jeder Ra battanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Kla,eei»,e,»gen»erd«,»»hod«rderAnftrag,eberinKo«lu>r,,«rüt. Ln^dgenuihmenall,Vermittlu»gLst«llen«»t,e^». Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannsch^ft Meißen, des Amts ¬ gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Der tote Kutisker. Der wegen seiner Prozesse bekanntgewor dene Kaufmann Iwan Kutisker ist in der Berliner Charite an einer Lungenembolie plötzlich gestorben. Noch einmal beschäftigten der Name und die Gestalt Iwan Kutiskers einen Augenblick hindurch die deutsche Öffentlichkeit; vierundzwanzig Stunden, bevor er durch die Berufungsinstanz das Urteil hören sollte, ist der Tod dem irdischen Richter zuvorgekommen. Eine Lungen entzündung hatte dem Leben des Angeklagten ein rasches Ende bereitet. In der Verhandlung, die am Donnerstag nun den Schlußstrich unter den Prozeß zog, hat der Ge richtsarzt darauf hingewiesen, daß die Verhandlung selbst, vor allem die Art, wie die Ärzte über sein Befinden ur teilten, an dem Tode Kutiskers keinerlei Schuld trage, weil eine derartige Lungenentzündung auch durch einen nur leichten Erregungszustand ausgelöst werden kann. Es wäre also unsinnig, behaupten zu wollen, daß seine Unterbringung in der Berliner Charitd, die Überwachung durch Gerichtsbeamte und die Erklärung der Ärzte, er sei verhandlungsfähig, den Tod veranlaßt hätten. Immer hin wird dieses Ereignis, das außerhalb der menschlichen Berechnung lag, trotzdem die Erinnerung daran auf frischen, daß bekanntlich der frühere Reichspostminister Dr. Höfle, der wegen seiner Geschäfte mit den Barmats in Untersuchungshaft genommen worden war, im Gefäng nis durch Unvorsichtigkeit seinen Tod gefunden hat. Kutisker, die Barmats, Holzmann und wie sie alle heißen — es ist eine langeNeihe von unerfreu lichen Gestalten, die die Produkte der deutschen In flation gewesen sind. Kutisker, der kleine Ausländer, der deutsch nur radebrechend konnte und dessen Bildung so gering war, daß er kaum zu schreiben imstande war, hat es verstanden, in dem Deutschland der Infla tion, in das er mittellos hineingezogen war, Millio nen zu verdienen. Der gewandte Mann verstand es, in den großen Verkauf hineinzukommen, den Deutschland mit seinem Kriegsgerät auf Befehl der Entente veran stalten mußte. Und die Millionen, die er dadurch ver diente, hat er dann in deutschen Banken und Industrie- Werken angelegt, hat es leider auch erreicht, daß die Preu ßische Seehandlung, also die Staatsbank, ihn wie andere seinesgleichen weitgehend unterstützte und — ihm und an deren seinesgleichen dadurch zum Opfer fiel. Der Tod Kutiskers hat dem Prozeß ein Ende gemacht; der Prozeß vermochte nicht, restlose Aufklärung über all die Vorgänge herbeizuführen, die mit dem Namen Kutisker verknüpft sind. Der groteske Tanz der Millionen konnte im Hinblick auf Schuld oder Unschuld der Betei ligten nicht mehr in aller Vollständigkeit enthüllt werden. Gleichzeitig läuft der Barmat-Prozeß, demgegenüber die Verhandlung gegen Kutisker nur eine Kleinigkeit darstellt. Auch hier kommt es weniger auf die Namen und die Persönlichkeiten der Beschuldigten an, sondern der Prozeß ist weit darüber hinaus eine Methode, das Geschehen in der Inflationszeit und während des Jahres nach Stabilisierung der Währung aufzuhellen. Dort ge lingt es in mühseliger Arbeit, werden die Schleier von zahllosen Vorgängen hinweggezogen und das deutsche Volk erfährt zu feinem Entsetzen, was alles sich damals ereignet hat. Mit tiefem Erschauern blicken wir alle auf den Sumpf zurück, durch den wir Jahre hindurch gegangen sind, ohne von der Gefährlichkeit unseres Weges eine Ahnung zu haben. Iwan Kutisker, den das Gericht in der ersten Instanz zu fünf Jahren Zuchthaus verur teilt hatte, bedeutet nur einen Teil dieses Sumpfes. Müh seligste Arbeit bedeutete die Trockenlegung dieses wüsten Gebietes. Mehr als nur wirtschaftlich war die Gefahr ungeheuer, daß das deutsche Volk in diesem Sumpfe ver sank; seine Seele war in Gefahr, unterzu gehen, ein Opfer von Mächten zu werden, von denen Kutisker nur ein Teil war. Auf der Anklagebank saßen ja nicht nur er, sondern neben ihm hohe Beamte, die den Lockungen des Goldes erlegen waren, des Goldes, das damals ia einen besonders heißbegehrten Wert darstellte,, weil es m so geringer Menge vorhanden war. Nach Golde drangt, am Golde hängt doch alles, ach wir Armen! Dreses Wort Goethes erhielt damals einen noch besonders tiefen, tragischen Sinn. Aber wir haben die Kraft behalten, uns von diesem faszinieren den Gold innerlich zu befreien und die Schuldigen, die Nutznießer unserer moralischen Zerrüttung zur Verant wortung zu ziehen. Deswegen bedeutete der Prozeß Iwan Kutiskers einen Teil innerer Reinigung und das Opfer, das dabei, durch ein tragisches Geschick verursacht, auf der Strecke blieb, wird hingenommen werden müssen. Wenn die kommenden Geschlechter die Geschehnisse in jener dunkelsten Zeit deutscher Geschichte nachlesen, so werden sie auch auf den Namen dieses Mannes stoßen, dessen plötzlicher Tod ihn verhindert hat, Sühne leisten zu müssen für das, was er am deutschen Volke gesündigt hat, das ihm Gastrecht gewährte, dessen Not er aber be nutzte, um selbst zu gedeihen. Durch den Sumpf sind wir hindurch, in dem Iwan Kutisker und andere seiner Art üppig gediehen sind, und wir haben nur eine Bitte an das Schicksal, daß uns nämlich Gleiches nimmermehr be- schieden sein mag. Vertrauen zu Deutschland. Sie Zmanzkonserenz in Amerika. Erklärungen Dr. Schachts. R ichsbankprästdent Dr. Schacht weilte dieser Tage zu einer Konferenz der Notenbanken in Newyork. Nach etwa zweiwöchigem Aufenthalt hat er Amerika wieder verlassen. Vor seiner Abreise nach Deutschland empfing Reichsbankpräsident Dr. Schacht Vertreter der deutschen Presse im Generalkonsulat, um kurz über die Themen und das Ergebnis der Besprechungen in Amerika zu berichten sowie gewisse irrtümliche Darstellungen über die Kon ferenz zu berichtigen. Bei den Leitern der großen Noten banken habe sich, so sagte Dr. Schacht, die Gepflogenheit entwickelt, alljährlich zusammenzukommen, um gemein same Jnteressenfragen zu besprechen. Eine besonders er freuliche freundschaftliche Note erhielt die diesjährige Zu sammenkunft durch die Beteiligung Rists, des Vizegouver neurs der Bank von Frankreich. Dr. Schacht führte aus: „Keinerlei politische Fragen wurden erörtert, insbesondere nicht, wie vielfach behauptet wurde, die Reparationsfrage oder die Stabilisierung des französischen Franken. Im Mittelpunkt der Erörterungen stand die Frage der Goldverschiffungen, wobei die Mittel und Wege beraten wurden, die Verschiffungen auf ein unbedingt notwendiges Maß zu beschränken, zu vereinfachen und zu verbilligen. Irgendwelche Vereinbarungen sind nicht ge troffen worden, es ist jedoch anzunehmen, daß künftig in höherem Maße als bisher eine gegenseitige Verständigung der großen Notenbanken bei Goldverschiffungen statt finden wird.* Eingehend sei auch die Frage der Kauf kraft des Goldes besprochen worden, wobei ange sichts der Natur dieses Problems die Erörterungen sich zunächst mehr auf theoretischer Grundlage bewegten. Schließlich sei auch das Problem der Diskontraten er örtert worden, wobei als selbstverständlich festgestellt 3mer »eie ilmetter- n. Ein neuer Wolkenbruch bei Liebltackt. Donnerstag nachmittag zwischen 1 und 2 Uhr ist über Lieb- stadt und das obereSeide Witztal abermals ein Wolken bruch niedergegangen, der eine Flutwelle von 1 bis 1^ Meter Höhe hatte. Die Pirnaer Feuerwehr sowie die im Unwettergebiet arbeitende Reichswehr wurden alarmiert. Glücklicherweise erwie sen sich die zuerst eingetroffenen Meldungen, die von einem neuen schweren Unglück sprachen, als nicht zutreffend. Personen sind nicht verunglückt, der Sachschaden ist nicht allzu erheblich. Die Feuer wehr und die Reichswehrmannschaften konnten schon in den spä teren Nachmittagsstunden wieder zurückgezogen werden. Hierzu berichtet der sofort nach Liebstadt entsandte Bericht erstatter der Telunion: Schon in i Heidenau und weiter dann in Pirna war die Einwohnerschaft alarmiert, da das Bürgermeister amt in Liebstadt einen Hochstand des Seidewitzbaches von etwa Weieinhalb Meter signalisiert hatte. Daß diese Meldung nicht übertrieben war, zeigte sich bereits kurz hinter Pirna, wo der Seidewitzbach die umliegenden Wiesen zu einem großen Teil überschwemmt hatte und mit erheblicher Geschwindigkeit talwärts schoß. Immerhin erkannte man doch sofort, daß der Stand des Wassers gegen den in der Unglücksnacht am letzten Freitag erheb lich zurückgeblieben war. Wie die Bewohner von Liebstadt er zählten, war in den frühen Nachmittagsstunden ein schweres Ge witter mit stärksten Niederschlägen zur Entladung gekommen. Von dem Seitenhainer Berg her ergoß sich in Meterhöhe eine Flut welle in das Städtchen, die ihren Weg durch die Kirchgasse nahm, eine neue Ueberflutung brachte und den bereits vorhandenen Schaden noch vergrößerte. Es muß als ein Glück betrachtet wer den, daß von den drei Bächen, die in Liebstadt den Seidwitzbach bilden, nur der Molchgrundbach diesmal die großen Wassermassen mit sich führte. Wenn auch die Flut, ebenso schnell, wie sie gekom men, wieder zurückgefallen war, so wurden doch u. a. auch meh rere Brücken des Seidewitzbaches nach Göppersdorf zerstört. Wieher ein Todesopfer. Der in der 3. Nachmittagsstunde am Donnerstag auch über hem Dorfe Thürmsdorf (unweit der Elbe bei Bärenstein-König stein) niedergegangene Wolkenbruch hrtt dort nach einer bisher amtlich noch nicht bestätigten Meldung ein Menschenleben ge fordert. Weiter wird gemeldet, daß die Rahn-Mühle unter Was ser steht und noch ein weiteres Haus gefährdet erscheint. würde, daß das eigene Bedürfnis und die Interessen des jeweiligen Landes für die Gestaltung der Diskontpolitik der Notenbanken maßgebend sein müßten. Darüber hinaus sei jedoch eine engere gegenseitige Fühlungnahme und Verständigung im Interesse aller Beteiligten denkbar. Aus eine Frag : erklärte Dr. Schacht, daß Dawes-Plan und Eisenbahnbo:>s während der Besprechungen mit keiner Silbe erwäl ck wurden. Die Frage der Eisenbahn bonds sei ein Problem, das nicht außerhalb des Rahmens des Dawes-Planes akut werden könne. Dr. Schacht der trat persönlich die Auffassung, daß der Dawes-Plan alle Möglichkeiten vorsehe. Es sei deshalb unrichtig, von einer Revision zu reden. In Frage komme vielmehr zu gegebener Zeit eine Ergänzung des Planes durch die Ausfüllung der noch offenen Punkte, nämlich die endgültige Entscheidung über Transfer und die Festsetzung der Höhe der Gesamtzahlungen. Abschließend bat Dr. Schacht, die Gesamtarbeft der Notenbanken, welche sowohl der Wirtschaft der einzelnen Länder wie auch der Weltwirtschaft zugute kommen, nicht als politische Aktion zu betrachten, an welche sensationelle Schlußfolgerungen zu knüpfen wären, vielmehr sei der artige Zusammenarbeit als erfreulicher Beweis zunehmender internationaler Wirtschaftsbeziehungen durch sachliche Berichterstattung zu fördern. Dr. Schacht erklärte zum Schluß nochmals: „Ich habe in Amerika nichts gewollt, habe mit keiner Bank über Anleihen ver handelt oder gesprochen. Ich habe jedoch festgestellt, daß man Deutschland großes Vertrauen ent gegenbringt." Dies Gefühl sei noch stärker als anläßlich seines letzten Besuches im Jahre 1925. Es herrschte all gemein das Gefühl der Sicherheit und die Überzeugung, daß die Deutschen nichts unternehmen, was finanziell un vernünftig wäre. Man glaube an Deutschlands Selbst kontrolle. Wmffer-KMstroOn kocbwaller im SöltzlGtsI. Auerbach i. V. Am Mittwoch ging über die hiesige Ge gend ein schweres Unwetter nieder, von dem besonders die Ge meinde Ellefeld heimgesuchl wurde. Das Hochwasser vernichtete das Regulierungswerk der Göltzsch. Die an den Ufern aufge schichteten Bretterreihen wurden weggerissen, die neuerrichteten Dämme zur Umleitung des Eöltzschlaufeg weggespült. Auch das Stadtgebiet von Auerbach wurde schwer betroffen. Die obere Decke der Fallensteiner Straße wurde weggespült. Das Wasser drang vielfach in Keller und Wohnungen. Ueberschwemmungen im Gebiet von Klingenthal und Markneukirchen. Klingenthal, 14. Juli. Im Gefolge von am heutigen Morgen im Gebiet von Schöneck und Zwotental niodergegange- ncn wolkenbruchartigen Regengüssen ist in den von dieser Gegend ausgehenden Tälern mehrfach große Ueberschwemmung einge treten. Im Laufe der Zwota waren die Talwiesen in Zwota und Unterklingenlhal weithin überschwemmt. Mehrfach ist das Wasser auch in die Häuser eingedrungen. In Gunzen bei Markneukirchen wurde der Mühlendeich von dem Hochwasser zerrissen und das Wasser ergoß sich auf die Seemannsche Mühle, die geräumt wer den mußte. In den Räumen stand das Wasser so hoch, daß es wieder zum Fenster hinauslief. Auch ein erzgebirgischer Ort betroffen. Stollberg i. Erzgeb., 14. Juli. In der vergangenen Nacht ist in dem Ort Gablenz ein schweres Gewitter mit wolken bruchartigem Regen niedergegangen, der schwere Verwüstungen anrichtete. In kurzer Zeit trat der Gablenzer Bach über die Ufer, die von den Wassermassen unterspült wurden. Felder, Gärten und Ställe wurden verschiedentlich überschwemmt. Die Brücken, die über den Bach führen, konnten dem Wasserdruck nicht standhalten. Millionenschaden in Burkersdorf und Hart mannsdorf. Burgstädt. Der durch das Unwetter am Sonnabend in Burkersdorf bei Burgstädt angerichtete Schaden ist vorläufig aus 1 Millionen Mk. ermittelt worden. Der Verkehr von Burkers dorf und Heiersdorf nach Crossen und Lunzenau dürste auf lange Zeit unterbrochen sein, da sämtliche Brücken weggeschwemmt bzw. zerstört wurden. 25 Personen konnten mit Mühe dem sicheren Tode entrissen werden. Der Gemeinderat zu Burkersdorf beschloß die Einsetzung eines Hilfskomitees. In Hartmannsdorf beträgt der an den Straßen angerichtete Schaden mehrere Millionen Mark.