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Wilsdruffer Tageblatt 2. Blatt.—Nr. 129 — Sonnabend, den 4 Juni 1927 VNrMZrnL. Abend vor Pfingsten . . . Durchs Stäbchen zieht Feiertagskündender Glocken Lied. Türme und Dächer in Gold getaucht, Alles friede- und traumüberhaucht. Rotdorn quillt überm Gartenlor — Gucken dort nicht zwei Blauaugen vor? Streut nicht ein munteres Händepaar Schelmisch mir rosige Bluten aufs Haar? Ob keine Stimme sich hören läßt: „Gatt z»m Gruß, und ein sonniges Fest!" Schatten senken ihr Nachtgewanü — Heimwchgedenken ruht auf dem Land . . , Elly Wagner. Bsm heiligen Geist. Pfingstbetrachtung 1927 von Alexander v. Gleichen-Rußwurm. „Und es geschah schnell ein Brausen vom Himmel als eines gewaltigen Waides und erfüllte das ganze Haus, da sie saßen." Mit diesen Worten leitet die Apostelgeschichte die Er zählung vom Pflngstwunder ein. Zu Ostern stieg der erlöste Leib des Heilandes gen Himmel, zu Pfingsten kommt der Geist herab, um die gefesselte Seele frei zu machen, ein tief bedeut sames Wechselspiel zwischen Himmel und Erde, oder — um sich mit den Worten heutiger Gedankenströmung auszudrücken — ein WeUerleben, ein Zeichen kosmischer Zusammenhänge. Wir sind eingebettet in das All, unlösbar verbunden mit dem, was wir als Himmel über uns sehen, undenkbar ohne Sonne, ohne die Strahlen, die hin und her gehen zwischen den Planeten. Dieser Gedanke ruft zur Größe auf, stimmt aber auch zur escheidenhcit; zur Gröhe, damit wir uns richtig einstellen in die überwältigende Gesamtheit aller Dinge, das heißt, den Platz, auf dem wir stehen, so gut als möglich ausfüllen; zur Beschei- denheit aber, damit wir uns und diesen Platz richtig ein- scyatzen ohne Ueberhebung und Wichtigtuerei. Wer das Brau sen der Pfingstbotschaft vernimmt, gehört zu denen, die das Leben von innen erfassen und der geheimen Zeichen wissend lauschen, die das All dem einzelnen Lebendigen zu erkennen gibt, die „Gottes Stimme" sind nach religiöser Offenbarung. Den Pfingststurm des heiligen Geistes erleben jene, die um ihren inneren Sinn die Dinge befragen und alles nach seiner mystischen Idee ausmirken lassen. Wer sind diese, wer hört den gewaltigen Wind und öffnet ihm sein Wesen? — Nach der Apostelgeschichte waren es die Jünger, die plötzlich unter dieser Suggestion standen ... die sich fürchteten, ehe der Bann gebrochen war. Wir sollten alle die Stimme vernehmen und uns nicht mehr fürchten, wir wollen schauen, teilhaben am Wunder; Suggestion ist ein land läufiger Begriff, niemand leugnet mehr die Einwirkung des stärkeren Geistes auf den Schwächeren. Ist aber nicht der göttliche Geist, wenn er das ganze Haus erfüllt, der stärkste Einfluß, in den wir geraten können? Und der Beste? Der Strahl oder die Helle des Göttlichen nimmt dem allzu Irdischen die ver derbliche Macht, gibt Weisheit an Stelle aufgestapelten Wissens, gibt Güte an Stelle von Neid und Bosheit, läßt unter Suggestion des großen allgemeinen Willens den kleinen Eigenwillen verstummen. Aber die Mehrzahl der Menschen lebt nun einmal gern '.nd fast ausschließlich in den nüchternen Bezirken eines rechne rischen und materiell ausgebildeten Verstandes, besten Falles einer mit verstandsmätzigen Mitteln forschenden und dem äußeren Leben dienenden Wissenschaft. Die heutige Mensch- ' wlssensstolz und ohne Gemütstiefe, vertrauend auf körper- liche Kraft und eingelernte Notwendigkeiten einer durchaus praktisch eingestellten Daseinsversorgung, hat sich in ihrem ganzen Wesen zu sehr von den Höhen instinktiv wahrzu nehmender Geheimnisse abgewandt, um, trotz ihres Licht- und Tonnenhungers, ein Wunder innerlich ohne weiteres zu er leben. Deshalb sucht sie das Wunder im Sichtbaren, in der Natur, will es fassen, sucht es zu erklären und streift dadurch den leuchtenden Schein des Lichtes ab. Die Rückkehr zur Natur ist gewiß ein gangbarer Weg, den Geheimnissen des Lebens und ihren kosmischen Zusammenhängen näher zu kommen, und wer tyn geht, löst sich leichter vom Materialismus als einer, der stecken bleibt in den Interessen des eigenen Alltags. Seit alters war Pfingsten für die germanischen Völker ein hohes Fest der Naturfreude und der Verjüngung, frischer Lebens mut wurde geschöpft aus dem Erwachen der Pflanzenwelt und regte an zu frohem Schaffen, stand doch das gesamte Schaffen mit der Natur in innigem Zusammenhang. Ueber diese Verjüngung hinaus hat das Christentum sein Fest der Sisgesmacht des schaffenden Geistes geweiht und da mit verkündet, daß über dem Körperlichen, dem Sichtbaren lnd Greifbaren ein höheres Element antreibt und wirkt, das über der irdischen Gemeinschaft eine höhere, eine geistige Sen Menschen über sich selbst erhebt. Sie führt aus dem Neben einander der Dinge und Erscheinungen zum Ineinander, zum Durchdringen und weist von der Materie weg auf jenes Außer irdische, das wir ewig nennen. Insofern ist es das Pfingst wunder, von dem Rudolf Eucken sagte, daß es „alles Zusam menstreben der Menschen begründet, veredelt, vertieft, ja über haupt erst möglich macht." Um diese Wirkung zu üben, darf das Pfingsterlebnis aber nicht nur im Verstand zur Betrach tung oder Symbolisierung kommen, sondern muß sich um setzen in Gemütswerte, in lebendige Empfindung, in Seelen kräfte. Der Verstand ist ein Kritiker, ein zersetzender Geist, der allzu gern und leicht der materialistischen Weltanschauung sich zuneigt — und hat nichts mit jenem Geist zu tun, der „mit ge waltigem Wind das Haus erfüllt", die Seelen aufrüttelt und bewegt. Dieser Geist, der Pfingstgeist, vertreibt die voreiligen Schlüsse des Verstandes, die zumeist regieren und abweisen, er verscheucht die Gleichgültigkeit, die Teilnahmslosigkeit, die Stumpfheit, die sich wie Mehltau auf frisches kräftiges Wachs tum legen. Unsere Zeit ist eine Zeit des Kampfes, und in jede Fest freude klingt dadurch etwas wie Kampfruf, etwas, das hinaus, das vorwärts treibt und der Sache eine Fessel nimmt. Was fesselt die Seele, was bindet sie fest an den Alltag mit seinen oft allzu kleinlichen und unsere Kraft abnutzenden Sorgen? Es ist die Gleichgültigkeit gegen das Große und Hohe, das Unterschätzen jedes geistigen Wertes, die Absage an das Ge müt, wenn es Forderungen stellt. Der Kampfruf des Pfingst festes heißt: „Werft diese Gleichgültigkeit ab, seht das eigene Leben an als verbunden mit dem anderen, mit der Natur, mit der Welt, beteiligt euch —nicht nur in Mitfrsude und Mitleid — sondern in fruchtbarer Mitarbeit, dem Gemüt sein Recht zu geben und den Tag nicht nach seinem Geldgewinn, sondern nach seinem inneren Gewissen einzuschätzen. Dann folgt der Pfingst freude die richtige Anwendung der Pfingstlehre, "die auf gegen seitigem Verständnis beruht und den wahren Sinn des Ge botes erkennen läßt: „Gehet hin und lehret alle Völker!" Denn jeder richtige Kampfruf ist ein Ruf zum Frieden. Frieden erwächst nur aus gegenseitigem Verstehen in der Fa milie, in den sozialen Schichten, in den Parteien, zwischen den Völkern. Dieses Verstehen muß erkämpft werden durch Weg- raumen jener inneren Hindernisse der Gleichgültigkeit und Stumpfheit, die den Geist verschließen, durch Ausreißen von Neid und Bosheit, den treuen Gefährten materialistischer Welt anschauung. Der Pfingststurm fegt die Luft rein für den Frie den, der von der Seele, vom Gemüt eines jeden Einzelnen ausgehen muß, die Welt zu umfassen. So wird die Ausgießung des heiligen Geistes zu einem Reinigungsfest, an dem sich die Seele von den Schlacken körperlicher Dienstbarkeit reinigt und also befreit die Oberherrschaft in der Dreiheit unseres Lebens, Seele, Körper und Geist, antreten kann. Sind dies auch ernste Worte, die in die Festfreude tönen, sie stören sie nicht, denn wahre Freude ist ernst, ist still und von gehaltenem Maße wie der Engelreigen Fra Angelicos in blühendem Frühling. In sich gekehrt und abgewandt vom lauten Treiben, läßt der Einzelne die Pfingstbotschaft auf sich wirken, damit er gesammelt und von der Erkenntnis des ge botenen gemeinsamen Strebens sich als Glied der großen Kette fühlen, geben und betätigen kann, die den Menschen an seinen Mitmenschen, das Volk an seine Mitvölker, die Erde an die anderen Weltkörper bindet . . . und strahlt jedes einzelne Glied der großen Kette in Hellem Gold, dann ist die ganze Kette golden und von höchstem Wert. Diese Auffassung der Gemeinsamkeit verkündet das Gleichnis von der Rede in frem den Zungen. Kraft, Liebe, Zucht. 2. Tim. 1, 7: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und Liebe und Zucht. Pfingsten ist der Geburtstag der Christenheit. Ge burtstage im Alter der Reife sind Tage der Selbstbesin nung. Man legt sich die Frage vor: Hast du aus deinem Leben gemacht, was du nach Gottes Willen daraus machen sollst? Wir müssen uns da buten vor zwei Reblern: vor der satten Genügsamkeit, die selbstgewiß „ja" antwortet, aber auch vor der feindseligen Verurteilung, die „nein" ruft. Beides ist halb Wahrheit, halb Irrtum. Es ist un verkennbar. daß ein neues Regen des Gei st es durch die Welt geht, zum Tei! in wilder Gärung, so daß es nicht immer leicht ist, zu unterscheiden, was da echter Christengeist ist und was nicht. Da aeben uns die Worte von Paulus, die oben sieben, einen sickeren Maßstab zur Prüfung Es ist ein Geist nickt der Furcht, sondern der Kraft. Wo im einzelnen oder im Gesamtleben Furcht und Kleinmut. Mattigkeit und Zagen herrschen, da ist auf keinen Fall Gottesgeist. Ängstliche, matte, faule Leute kann und will Gott für sein Werk nicht aebranchen. Aber wo Kraft. Frische, Tatkraft sind, da kann Gottes Geist wirken. Er kann — aber es ist nicht sicher. Denn es gibt auch eine Kraft, die nicht aus Gott ist: die robe Kratt, die nur an fick denkt, die nicht aufbaut, sondern schließlich doch mehr zerstört. Es gehört noch ein Zweites dazu: das ist die Liebe. Kraft ohne Liebe wird leicht Gewalt, wird leicht Roheit. Das aber ist das Kennzeichen ck r i st - lichen Geistes, daß seine Kraft untrennbar ver bunden ist mit der Liebe. Wo der Geist herrscht, daß man alles tut für die an dern, daß man nichts anderes will als dienen in voller Hingebung, nichts für sich, alles für die, in deren Mitte man hineingestellt ist, für Familien, Beruf, Gemeinde, Volk — da wirkt Gottes Geist. Und noch eins muß dabei sein: das ist die Zucht. Wo Unzucht und Zuchtlosigkeit in den Sitten herrschen, wo man sich selbst nicht in die straffe Zucht der persönlichen Sauberkeit, der Lauterkeit und Wahrhaftigkeit, der unerbittlichen Pflichttreue nimmt, da ist sicher nicht Gottes Geist, maa robuste Kraft oder Weiche Gutmütigkeit vorhanden fein. Wo aber dies Dreifache sich auswirkt. Kraft und Liebe und Zucht: da ist Gottes Geist am Werke. Da ist die Gemeinschaft, die einst zu Pfinastsn sich gebildet hat. auch beute noch lebendia. Unsere Auf- aabe aber in dieser zum Teil verzweifelten, weitbin so lieblosen und zuchtlosen Welt ist es, unser Leben zu führen nicht im Geist der Furcht, sondern der Kraft und Licbe und Zucht. Gott helfe uns dazu! ?. H. P. DaslandNirisKafWeMliowtionW^ Beratungen im agrarischen Enqutzteausschuß. Im Unterausschuß für Landwirtschaft des Enqueteaus- schnsscs fasste nach Beendigung der Debatte über das land wirtschaftliche Me l i o r a t i o n s w e s e n der Vor sitzende das Ergebnis dahin zusammen, daß die Kulturbau- ämtcr ausgebaut werden müssen, daß in den Landwirtschaits- schnlen mehr geschehen müsse, daß jeder Kreis einen Wiesen- bänmeister austelleu solle und daß sich über die Bürgschafts leistungen die Provinzen und Kreise verständigen sollen. Im Unterausschuß für Geld-, Finanz- und Kreditwesen kam die F r a g e d c r E r n t e f i n a n z i c r u n g zur Sprocke. Es wurde darauf hingewiesen, daß, obwohl die früher vor handenen recht beträchtlichen Eigcnkapitalicn des Getrcidehan- dels seit der Inflationszeit jchlen, die Verhältnisse in der Nachkriegszeit noch nicht so zu einer normalen Bewegung zu- ruckqckehrt sind, daß man von einem regulären saisonmäßigcn Kreditbedarf für die Zwecke der Erntcbcwcgung in den letzten Monaten des Jahres sprechen kann. Besonders für 1928 haben sich insofern ganz besonders gelagerte Verhältnisse ent wickelt, als in diesem Jahre die aus dem Pfandbriefabsatz zu- fließenden sehr beträchtlichen Mittel von den Landwirten zur Finanzierung der Ernte verwandt werden konnten, so daß eine Erweiterung der Pcrsonalkredite für diese Zwecke gar nicht in Frage kam. Im Gegenteil zeigte sich im Spätjahr eine Ent lastung der landwirtschaftlichen Kreditinstitute, die auf der Um wandlung.der kurzfristigen in langfristige Schulden beruhte und den Saisonbedarf gewissermaßen überdeckte. Dagegen machte sich in der Nachkriegszeit ein ausgesprochener Saison bedarf für die Finanzierung des Düngcmittcl- bcdarfs im Frühjahr geltend, der 1927 etwa doppelt so stark gewesen sein dürfte, als in der Vorkriegszeit. Sie Schäden der LlnwetierkaiüffroShe. Staatliche Hilfe. Der Tornado, der über ganz Nordwestdeutschland ge wütet hat, richtete allerorten schweren Schaden an. Die preußische Regierung .hat dem Reaierunasvräsidenien von kriSLirick -An ^OMSN VON Voikqsncz k1sr-i<Sn VLUL LLL-».rcÄrzzcnllr^ ov Lest-v^lU/tS-o; kiciLiL Iv- (21. Fortzegung., ,:-i „Da mögen sich die Berlinerinnen in Acht nehmen. Sie haben ja auch sechs reizende Töchter." „Majestät! Ich glaube, der Rittmeister wird sich um Berlins schöne Damen wenig kümmern." „Wie meinen Sie das, Baron?" „Haben Ew. Majestät noch nicht bedacht, daß der Ritt meister ein ganz anderer sein kann, als er hier vorgestellt wird." „Ich verstehe Sie nicht ganz, Baron." „Majestät wollen bedenken, daß Seine Majestät der König ihn ganz besonders huldvoll behandelt. Schwarzkoff sagt, daß er beinahe familiär mit dem Rittmeister verkehre." „Weiter, sprechen Sie weiter!" sprach die Königin erregt. „Beinahe familiär. Ferner, Majestät, exeriert ihn der König selbst ein. Warum tut er das? Warum läßt sich die Persönlichkeit, die sich Friedrich von Augsburger nennt, einexerzieren? Ein Rittmeister braucht das doch nicht. Der kennt doch das Militärische. »Deutlicher, Baron. Ich verstehe Sie noch nicht." »Majestät, das Einexerzieren Nehmen Majestät an, daß der Rittmeister österreichischer Offizier ist." „Oesterreichjscher Offizier! Ich fange an, Sie zu begreifen. Sie meinen, der König erstrebt eine Verbindung mit Oester reich?" „Vielleicht, Majestät. Vielleicht! Jedenfalls besteht die Mög lichkeit, daß der Rittmeister in Wirklichkeit ein Prinz, viel leicht der Kronprinz von Oesterreich ist." Dis hohe Frau stand fassungslos aus. „Wilhelmine soll Kaiserin von Oesterreich werden? Nie!" „Majestät! Ich bitte um Verzeihung. Es sind nur Ver- mutungen, Möglichkeiten, Hypothesen." „Es ist gut, Varon! Ich danke Ihm. Spricht man in Berlin viel über den — Herrn von Augsburger?" „In allen Häusern, Majestät." „Sie geben morgen ihm zu Ehren ein Festmahl, Baron?" „Ja, Majestät! Ich habe mir untertünigst erlaubt, die königliche Familie cinzuladen. Es wird auch getanzt." Die Königin seufzte. „Wie würde sich Wilhelmine treuen. Ah Baron, wir sind schlimmer als Knechte dran. Man müßte versuchen den König zu bewegen. Vielleicht wird er Herrn von Augs burger zuliebe seine Genehmigung erteilen." In dem Augenblicke klopfte es. Die Hofdame der Prin zessin Wilhelmine, Fräulein von Sonnsfeld, ein hübsches, srischfröhlichss Menschenkind, trat ein. „Majestät wollen gütigst verzeihen. Prinzessin Wilhel mine ist ganz fassungslos — ich bin's nicht minder. Der König hat soeben durch Schwarzkoff den Besuch des Fest mahls bei Herrn Baron von Metzingen gestattet. Er wird selbst daran mit teilnehmen." Entgeistert sah die Königin auf deu Baron. „Also doch —", murmelte sie. „Oesterreich," vollendete der Varon. Eine Halbs Stunde später hatte Prinzessin Wilhelmine verweinte Augen. Friedrich Augsburger jaß an der Tafel und ließ dis Liebenswürdigkeiten der Baronin über sich ergehen. Zerstreut gab er Antwort. Ihm gegenüber saßen die Töchter des Barons. Nicht mehr puppenhaft wie am Vortage, sondern lebhafter. Sie hoben die Augenlider, nick der Rittmeister sah des öfteren in die Augensterne der jungen, schönen Mädchen. „Gnädigste Frau Baronin haben mir bis heute Ihre Töchter noch nicht oorgestellt," sagte der Rittmeister plötzlich Die Baronin lächelte geschmeichelt. „Marie, meine Aelteste." „Marlene." Unwillkürlich wiederholte er es. Das Er lebnis des Abends klang in ihm nach. „Theodora." »Ilse." „Elfriede." „Senta." - — „Anneliese." Das war die Jüngste, die vielleicht neun zehn Jahre zählte. „Sie sind alle ein Jahr auseinander," sagte die Baronin. Mutterstolz verschönte das grobe, derbe Gesicht. „Die Damen hängen gewiß sehr aneinander?" „Zu sehr," scherzte sie. „Das ist auch der Grund, warum meine Töchter noch alle beisammen sind." „Das hatte mich, offen gestanden, gewundert, Frau Baronin" „Wir haben auch so wenig Verkehr. Ich möchte meine Töchter alle in guten Händen wissen. Natürlich standes gemäß." Augsburger merkte, daß Marlene das Gespräch peinlich war. Er lenkte es geschickt auf allgemeine Gebiete und sah zu seinem Vergnügen, wie die Mädchen langsam auftauten und aus ihrer Schüchternheit heraustraten. Er zog sie in seiner selbstverständlichen, liebenswürdigen Weise ins Gespräch, und als der Baron von der Audienz bei der Königin zurückkam, sah er zu seinem Erstaunen, daß die Tafelrunde eine außerordentlich belebte war. Friedrich Augsburger erzählte. Die Mädchen hingen an seinem Munde, lauschten still verzückt seinen farbfrohen Schilderungen einer anderen Welt Augsburger sprach von Oesterreich. „Sie sind ein Tausendkünstler, Herr Rittmeister," strahlte der kleine dicke Kammerherr. „Wissen Sie auch, daß die Majestäten morgen abend zu unserem Feste ihr Kommen zugesagt haben?" Die Nachricht verwirrte die Familie völlig. „Das sagst du so ruhig, Theodor," sagte die Baronin vorwurfsvoll. „Bedenke doch, wie wir in Verlegenheit kommen. Seit Jahren ist Majestät nicht mehr in unserem Palais zu Gaste gewesen. Wie müssen wir Majestät empfangen, wie bewirten?" „Liebe Konstanze, diese Schwierigkeiten sind leicht besei tigt. Freuen Sie sich nicht, Herr von Augsburger, daß Sie von dem König so ausgezeichnet werden?" „Ich, lieber Baron? Die Auszeichnung gilt doch be stimmt Ihrem Hause und nicht mir " „Uns! Da kennen Sie den König schlecht, Herr von Augsburger." „Ich verstehe nicht, Herr Baron, welches Interesse der König an mir nehmen könnte." „Der König schätzt Sie ganz außerordentlich, er zeichnet Sie in jeder Hinsicht aus. Das wissen wir. Warum das wissen nur Sie selbst, Herr Rittmeister." „Sie irren, Herr Baron, ixh weiß es auch nicht." (Fortsetzung solgt.)