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Die Weihe des Ehrendenkmals für die gefallenen Kadetten. Am Sonntag fand in Lichterfelde die Ein weihung des Ehrendenkmals für die im Weltkriege ge fallenen 3000 Kadetten statt. An der Feier nahmen teil Reichspräsident v o n H i n d e n b u r g als Ehrenvorsitzen der des Reichsbnndes ehemaliger Kadetten, Reichswehr- Minister Dr. Geß! er, Vertreter der Reichs- und Staats- behörden, zahlreiche aus dem Kadettenkorps hervorge- qangsne Offiziere, darunter bekannte Heerführer aus dem Weltkriege, und Vertreter der Reichswehr. In einer Feier in der Kirche der ehemaligen Hauptkadettenanstalt wurde das „Goldene Buch" geweiht, in das die Namen der im Weltkriege gefallenen ehemaligen Kadetten eingetragen sind. Lerchenfund in Lichtenberg. In der Deutschmeister straße in Berlin-Lichtenberg wurde ein Mjähriges Mäd chen tot aufgefunden. In einer benachbarten Straße fand sich eine männliche Leiche. Bisher konnten die Perso nalien der beiden Leute noch nicht festgestellt werden. Verhängnisvolle Trunkenheit eines Chauffeurs. Auf der Herrnkrugchaussee in Magdeburg rannte ein Per sonenkraftwagen gegen einen Baum und wurde voll ständig zertrümmert. Der Kaufmann Albert Gerbig aus Magdeburg wurde derartig schwer verletzt, daß er nach kurzer Zeit starb. Seine Frau und der Maurer Weese- meyer wurden ebenfalls lebensgefährlich verletzt, während der Chauffeur des Wagens mit leichten Verletzungen vavonkam. Der Chauffeur, der betrunken war, wurde festgrnommen. Großer Fehlbetrag im Stadtctat Dt.-Eylaus. Da in Dt.-Eylau der städtische Etat 1926 mit einem Defizit von 257 000 Mark abschließt, haben die städtischen Kollegien beschlossen, 300 A zur Grundvermögenssteuer und 550 A zur Gewerbesteuer, gleichmäßig von Ertrag und Kapital, zu erheben. Für Straßenpflasterungsarbeiten müssen noch 350 000 Mark aufgebracht werden. Todessturz zweier Kinder. In Hamburg stürzten zwei Spielgefährtinnen aus dem Fenster, das sie heimlich geöffnet hatten, während die Eltern in der Küche weilten. Das eine Kind war sofort tot, während seine Spielge- kän^tin im Krankenhaus starb! Schwerer Unfall bei dem Wiener Motorradrennen. Bei dem großen Motorradrennen in der Umgebung Wiens wurde der bekannte Wiener Meisterfahrer Rupert Kar ner von dem oberösterreichischen Fahrer Auracher ange fahren. Während Karner nur unbedeutende Verletzungen erlitt, wurde Auracher vom Rad geschleudert und trug einen Schenkelbruch sowie schwere Kopfverletzungen davon. Die Frau erschossen — den Freund schwer verletzt. Im Mirabellgarten in Salzburg verletzte der Wiener Speditionsbeamte Tonische seine Frau durch mehrere Revolverschüsse tödlich und deren Freund durch drei Schüsse schwer. Dann erschoß er sich selbst. Das Motiv der Tat ist darin zu suchen, daß Frau Tomsche sich mit ihrem Freund nach Scheidung ihrer Ehe verheirater wollte. Überfall auf den Erzbischof von Athen. An dei Kathedrale in Athen überfiel ein Friseur aus Kreta den Erzbischof von Athen, Konstantin Karayannidys, zerzauste ihm den Bart, zerstach ihm mit einer Schere die Lippen und verletzte ihn auch an den Händen schwer. Als die Anhänger des Friseurs auf den Erzbischof eindrangen und ihm zuriefen, daß das die Strafe für die Einführung des neuen Kalenders sei, verhaftete die Polizei den Friseur und dessen Anhänger, die fast gelyncht worden wären. Der Flug Kairo—Kapstadt beendet. Der Flug einer Abteilung englischer Militärflugzeuge von Kairo nach Kapstadt und zurück erreichte soeben sein Ende. Die Flieger hatten Kairo am 30. März verlassen und sind Wieder im Flughafen von Heliopolis gelandet. Die zu rückgelegte Strecke beträgt 11 000 Meilen. Bunte Tageschronit Paris. Wie Havas ans Loriga (Portugal) berichtet, wütet in der dortigen Gegend eine heftige Typhusepi demie. Zwei Ärzte, die bei der Behandlung von Typhus- tranken angesteckt wurden, sind gestorben. Rom. Der Berliner Kammersänger Carl Cleving er nt: naye von Groyeto einen Auwunfall und wurde dabei nebst seiner Gattin ziemlich schwer verletzt. Stockholm. Die Minenboote der schwedischen Flotte haben im ersten Quartal dieses Jahres nicht weniger als sechs Minen in der Ostsee aufgesunden und unschädlich gemacht. Stockholm. Sven Hedin telegraphierte nach Stockholm, daß er seine Reise mit chinesischem und mongolischem Geleit angetreten habe. Bis jetzt befände sich alles Wohl. Die Reise dauer sei auf zwei Jahre berechnet. Rewyork. Der deutsche Meisterschwimmer Ernst Bier- lölt er ist in Newyork angekommen. Höchstleistungen bedeuten die Zeiten von Poseidon-Leipzig in der Freistilstaffel 3X200 Meter mit 7:13 und 4X20Ü Meter mit 9:51,8, eine neue deutsche Höchstleistung die von Magdeburg 96 in der 3X100 - Meter - Freistilstaffel mit 3:11,2. f Huriailmk-Programm ^piet onv Gpori. ,. Der Deutsche Olympische Ausschuß hielt in Berlin eine Sitzung ab. Zur Frage der Amateurgarantie hat der Deutsche Futzballbund beschlossen, eine Regelung erst nach den Olympischen Spielen vorzunehmen. Als einheitlicher Anzug für die Teilnehmer an den Olympischen Spielen wurde der zweireihige blaue Anzug mit besonderer hell grauer Hose gewählt. Der Deutsche Reichsausfchuß wird die Kosten für Transport, Unterkunft und Verpflegung der Teilnehmer an den Olympischen Spielen tragen. Der Olympische Kongreß 1929 soll nach Berlin eingeladen werden. Hertha schlägt Holstein. Der Fußballklub Hertha Ber lin schlug Holstein in glänzendem Spiel 4 : 2. Die wichtigen ruderen Ergebnisse lauten bisher: München—Leipzig ;: 0 und Nürnberg—H. S. V. 2 :1. Der Wettlauf Potsdam—Berlin. An dem dies- sährigen Stafettenlauf Potsdam-Berlin beteiligten sich 31 Sportvereine. Das Rennen machte der Deutsche Sport klub (D. S. C.), der die Rekordzeit 59 :00,8 für diesen Lauf aufstellte. Froitzheim schlägt Moldenhauer. In Wiesbaden schlug der Altmeister im Tennisspiel, Froitzheim, den viel jüngeren aussichtsreichen Rivalen Moldenhauer. An den Wiesbadener Wettkämpfen nimmt auch Fräulein Außem (Köln) teil. Einen neuen deutschen Rekord im 100-Meter-Frei- stilschwimmen stellte Heinrich-Leipzig bei dem Schwimm- klubkampf Poseidon-Leipzig gegen Magdeburg 96 in Leipzig mit der Zeit 1:1 auf. Die bisherige Höchstleistung hielt der Kölner Derichs mit 1:1.5. Neue europäische Rundfunk Leipzig (Welle 365,8), Dresden (Welle 294). Rönigswüsterhausen. Dienstag, 24. Mai. 12: Lektor Grander E. v. Eyseren: Französisch für Schüler. K 3: Anni Macke: Fundort« des Volksmärchens und Lesung holsteinischer Volksmärchen. « 3.40: Wetter- und Börsenberichte. » 4: Prof. Dr. Ziehen: Wie kann dar Elternhaus die häusliche Schularbeit unterstützen? S 5: Een.-Sup. Dibelius: Die evangelische Kirche und die Kultur der Gegenwart. » 6: Min.-Dir. Dr. Bumke: Der Entwurf des Strasoollzugs- gesstzes. S 6.30: G. v. Eyseren, Alfieri: Spanisch f. Anfänger. S 6.55: Dr. Mersmann: Das deutsche Kunstlied bis Schubert. « 7.20: Prof. Hirschberg: Erinnerungen eines Bücherfreundes. Mittwoch, 25. Mai. Berlin Welle 484, 566. 13.30—14.00: Glockenspiel der Parochialkirche, Berlin. 4? 15.30: Ola Alsen: Bekanntschaften. 4- 16.00: Prof. Dr. C. Fries: Neueste Entdeckungen über das alte Griechenland. 4- 16.30: Jugcndbühne (Unterhaltungsstunde). Die Funkprinzcssin Margarete Sladek erzählt: 1. Der Riese Puck auf dem Früh lingsfest der Elsen. 2. Goldkinder. 4- 17.00—18.00: Russische Kammermusik. Barmas - Quartett: Prof. Jssay Burmas (1. Violine). K. Knaak (2. Violine), O. Kluft (Viola), F. Dechert (Cello). 4- 18.30: Pros. Dr. F. L. Hörth: Einsührung zu der Übertragung aus der Staatsoper am 26. Mai. 4-19.05: Dr. Kurt Huldschiusky: Die Rachitis und ihre Bekämpfung. 4- 1S.30: Dr. H. Falkenfeld: Sokrates und seine Bedeutung sür die Gegenwart (Sokrates, der Erzieher). H 20.00: Chefredakteur Georg Bernhard, M. d. R. W. R.: Der Mensch in der Volks wirtschaft (Die Seele des Arbeiters). * 20.30: Geh. Justizrat Prof. Dr. Ed. Heilfron: Rechtsfragen des Tages. 4- 21.00: Zwei Sendcspiele: „Susannens Geheimnis." Intermezzo in einem Teil von Enrico Golisciani. Deutsch von Max Kalbeck. Musik von Ermanno Wolf-Ferrari. Danach: „Dorothea." Operette in einem Teil von I. Offenbach. Leitung: Cornells Bronsgccst. Dirigent: Selmar Mevrowitz von der Berliner Staatsoper. 4- 22.45: Bunte Stunde. Mitwirk.: Balalaika- Orchcstcrvercinigung 1921, Willi Weiß (Tenor), Ludwig Ruth (Saxophon), Hans Reimann. Am Flügel: Ben Gevsel. Eins Berliner Firma hat nach amerikanischem Muster ein großes Reiseauto bauen lassen, das innen als Waren haus eingerichtet ist. Das rollende Kaufhaus, mit dem man von Ort zu Ort fahren nnd besonders die von den Bahnstrecken entfernt gelegenen Orte besuche,» kann, licht auf einem Fahrgestell mit einem besonders langen Achsen stand von 6000 Millimetern. Das Innere gleicht einem Das rollende Kaufhaus. Laden mit Tischen, Regalen, Schranken nnd Stühlen und bietet annähernd 20 Personen Platz. An der Außenseite des Wagens sind Lchaukästen angebracht, die die Gegen stände enthalten, die das Auto mit sich führt. Die das Kaufhaus begleitenden Verkäufer haben auch Gelegenheit, im Innern des Wagens zu übernachten, dessen Äußeres unser Bild zeigt. krieciriÄr (in f«^^enirisnizcfier»llOmsn vr>n^!f<zsn<; Nsr-Icsr, vrmskL LLc«7rLc«vrr»vvLca-v^Li^s c»nciLiLr. ,3. Forrjegung.: iNachüruck verboten., „Verstehe Euch, mon eher amil" Immer sympathischer wurde der junge Schmied dem großen Philosoph. „Für den großen Dienst, den Ihr mir habt erwiesen, nehmt diese hundert Gulden. Nehmt sie. ziert Euch nicht Logiert Euch im Städtchen ein und bleibt noch zwei Tage. Geht in den „Grünen Kranz". Sagt, der Voltaire bezahlt olles. Lebt die zwei Tage wie ein Graf." Kopfschüttelnd iah Friedrich Augsburger den „Mosjö" an. „Warum soll ich mich aufhalten?" „Bleibt zwei Tage da junger Freund. Ich will Euch dem Kronprinzen varstellen. Mon dieu, man kann nie wissen, zu was es ist gut. Ihr habt mir einen großen Dienst erwiesen, den ich Euch nie vergesse." „Ach was, Monsieur, macht's nicht gar !o schlimm." Voltaire lachte. ..Seid nicht zu bescheiden, junger Freund, das ist nickt out. Aber tut mir den Gefallen " „Wenn ich Euch damit einen Gefallen tu'. Monsieur, dann will ich mich für zwei Tage einlogieren und leben wie ein Graf." „Tut's, mein Bester!" Mit einem Händedruck trennten sich die beiden Männer — der eine ein anerkannter Geistesfürst von häßlichem Acußeren, der andere ein geradherziger Deutscher von wahr haft apollonischer Erscheinung. Eine gute halbe Stunde schritt Friedrich Augsburger aus, i bis er das kleine, freundliche Städtchen Rheinsberg erreicht hatte. Voltaires Wunsch entsprechend, quartierte er sich im „Grünen Kranz" ein, wo er aufs beste ausgenommen wurde. Seine Schönheit war ihm auch hier ein guter Empfehler. Der Wirt und seine Leute wetteiferten, dem Fremden zu Diensten zu sein. Rach dem Abendessen lieh sich der Wirt mit jeinem Gast in ein Gespräch ein. ! „Gedenken Euer Gnaden längere Zeit in meinem Hause zu wohnen?" „Ich bin kein Euer Gnaden, lieber Wirt. Ich bin ein Schmied aus Jlsleben und habe den Herrn Voltaire nach Rheinsberg gebracht." Der Wirt schlug die Hände zusammen. „Soll man's glauben? Jeder hält Euch für den feinsten Kavalier." Friedrich lachte hell auf. „Sieht denn keine, auf mein Kleid?" „Euch schaut man ins Gesicht und — beim alten Thorne- mann — da guckt man nicht mehr aufs Gewand. Seid ein verteufelt hübscher Bursche." „Redet nicht solchen Schnack, Herr Wirt", sagte Friedrich unwillig und goß sich ein Glas Rotwein ein- Auf einen Zug leerte er es. Da tauchte ein holdseliges Frauenantlitz vor ihm auf. „Anna Maria," flüsterte er vor sich hin. In seine schönen Augen trat ein feuriger Glanz, daß des Wirtes Tochter Agnes verwirrt ob der Schönheit des Mannes den Blick züchtig senkte. „Anna Maria, Fürstin von Leuchtsnburg." Zierliches Wesen voll Harmonie und königlichem Anstand m jeder Geste. Rassige, dunkle Augen, voll Hoheit, Sehn sucht und sanfter Melancholie. „Anna Maria," flüsterte der Schmied. „Anna Maria, Fürstin von Leuchtenburg." Da öffnete sich die Tür. Lustige Böhmerlandmusikanten traten ein. „Mit Verlaub. Herr Wirt. Haben's Bedarf für vier > gute Musiker? Geig', Viol', Cello und Horn. Jst's recht, Herr Wirt? Wir applizieren eine hervorragende Musika." „Hab' heut' keine Gäst' nicht, Leute." „Aber, was wollen's, Herr Wirt! Sitzt dort ein nobler , Herr, ein feiner Herr, wird uns geben etwas zu trinken, Menn wir machen Musika." Er stellte sich als Führer der kleinen Truppe vor den jungen Schmied hin und schwenkte die zerlumpte Mütze. „Würden Euer Gnaden eine gute Musika hören wollen?" Friedrich Augsburger nickte. „Spielt los- Wenn ihr was könnt, dann soll's mir auf 'nen Gulden nicht an kommen. Einen Gulden! Wie das klang! Hurtig wurden die Instrumente ousgepackt. und nach weniger als zwei Minuten erklang ein flotter österreichijcher Ländler voll Schmelz und Feuer durch die leere Gaststube. Mit geschlossenen Augen lauschte der Schmied. Sein Blut floß rascher und er empfand eine nie gekannte wohlige Süße. Die Stube füllte sich. Die flotte Musik zog Gäste an. Die sahen einander an und fragten sich: Wer ist der schöne, junge Mann, der dort still für sich beim Weine sitzt? Der Wirt zog vielsagend die Brauen hoch und zuckte die Achseln. Ein Musikstück löste das andere ab. Die Stimmung stieg von Stunde zu Stunde. Eben war ein Walzer vorbei, als« die Musikanten ein Lied anstimmtsn: „Wer sagt mir, wo mein Vaterhaus, Wer nennt mein Vaterland?" Der junge Schmied tauschte verzückt. Sein Lieblingslied. Und wie die Musikanten den zweiten Vers beginnen, oa steht er ungestüm auf, reißt sein Glas in die Höhe und singt. Wie flüssiges Gold dringt es ihm aus der Kehle. Wie Heller Jubel steigt es aus ihm, daß alle den Atem anhalten und lauschen. Apollo singt! Als er geendet hat, ist es einen Augenblick totenstill !m Gastzimmer. Dann bricht es los. Die Gäste schreien und trampeln vor Freude. Ungestüm drängen sie zu dem Sänger und stoßen mit ihm an. „Ihr seid ein gottbegnadeter Sänger!" ruft ihm der Bürgermeister von Rheinsberg zu Ein Gläserklingsn, wie es seit Jahren nicht war, wird laut. Der Wirt kann kaum die selige Gästeschar befriedigen. Er beschließt, den Musikanten auch einen Gulden zu geben. Die Uhr schlägt Mitternacht. Und noch immer lachen die fröhlichen Zecher. Da klappern schwere Stieseln vor dem Wirtshause. Flüche erschallen. Die Tür wird aufgerissen. Ein mittelgroßer, korpulenter Mann mit derben, fast' bäuerischen Zügen, in einem einfachen, preußischen Waifen- rock, steht im Rahmen der Tür und schaut zornig auf die fröhliche Schar. „Himmeldonnerwetter! Verdammtes Lotterpack! Wollr ! ihr euck noch House Ackeren!" ^Fortsetzung fc'7' '