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Gerade in diesem Augen- "lm gewinnen einige Reden poli- tischer Führer, die am Sonntag an « verschiedenen Stellen gehalten wur ¬ den, besondere Bedeutung. Von einer unterrichteten Persönlichkeit des in nenpolitischen Lebens wird uns dazu geschrieben: Der Wiederzusammentritt des Reichstages hat vielleicht das Signal dafür gegeben, daß führende Männer der Regierungsparteien sich über unsere politische Lage äußerten. Dabei sind Erklärungen über das Verhältnis der Regierungsparteien zueinander durchaus nicht ver mieden worden. Besonders ist es Dr. S t r e s e in a n n ge wesen, der in Oeynhausen auf dem Vertretertag der Deutschen Volkspartei als Außenminister Versuche von ausländischen Presseorganen zurückwies, die deutsche Außenpolitik des Kabinetts Marx als durchaus nicht von dem Willen aller Regierungsparteien getragen zu be zeichnen. Stresemann erklärte mit deutlicher Bezugnahme auf Kundgebungen in Deutschland, die insbesondere an die Tradition der alten Armee anlnüpfen, daß diese Tem peramentausbrüche durchaus nicht den Gang der deutschen Außenpolitik in eine andere Richtung abdrehen könnten und im übrigen im Hinblick auf die ganze bedrängte Lage Deutschlands verständlich seien. Das Ausland könnte da für sorgen, daß der Grund für diese Temperamentaus brüche beseitigt würde. Auch in der Frage eines Ost- locarno verweist Dr. Stresemann auf die bekannten Richtlinien, auf die sich ja die Regierungsparteien vor ^Mffung der Koalition geeinigt haben. Es ist also nicht so sehr die Außenpolitik selbst, die Dr. Stresemann zum eigentlichen Kern seiner Rede machte, sondern es ist das Verhältnis der deutschen Regierungs parteien zueinander, das ja selbstverständlich Gegenstand von Sprengversuchen der Opposition ist, das aber doch fester erscheint, als diese Opposition und das Ausland wohl denken. Demgemäß ging ir. Rostocker Rede der Führer der größten Koalmonspartei, nämlich Graf Westarp, breiter auf die Innenp olitik ein. Wenn die Koalitionspolitik selbstverständlich auch immer eine Kompromißpolitik bleiben müsse, so habe die jetzige Koali tion ihren scharf antisozialdemokratischen Kurs deswegen einschlagen müssen, weil sie von der Sozialdemo kratie selbst dazu gezwungen worden sei. Als Beispiel hiezu führte er die Politik der Preußenregierung in der Frage des Finanzausgleichs an. Es sei der preußi schen Regierung die Möglichkeit gegeben, mit Hilse ihrer Stimme im Reichsrat sehr leicht Mehrheitsbeschlüsse des Reichstages unwirksam zu machen, weil zahlreiche Mit glieder diese Reichsrats von den einzelnen sozialistischen Länderregierungen in ihrer Haltung bestimmt werden. Auch in der Justiz und in der inneren Verwaltung ist der Einfluß der Reichsregierung ein geringer, kann auch durch die Maßnahmen politisch anders gerichteter Länder regierungen leicht unwirksam gemacht werden. Die Worte, die dann der deutschnationale Führer gegen die Sozial demokratie richtete, gingen nicht an der Tatsache vorbei, daß das Zentrum im Reiche mit der Rechten, in Preußen aber mit der Linken zusammengehe; das verbreite Un klarheit auch über die Art, wie im nächsten Jahre der große W ahlkampf bei der Reichstags neuwahl geführt werden solle, überhaupt stelle sich in den Ländern immer mehr heraus, daß eine Verbindung der Mitte mit der Linken fast eine Unmöglichkeit darstelle. Schließlich faßte Graf Westarp seine Ausführungen in eine Kampfansage gegen die Sozialdemokratie zusammen, wofür er auch bisher widerstrebende Parteien zu gewinnen hofft. Dabei müsse von den Deutschnationalen als der stärksten Koalitionsparte. immer das in den Vordergrund gestellt werden, was alles einige. Dieses Einigende bezeichnete ferner der Vorsitzende der Deutschen Volkspartei, Dr. Scholz, in einer Rede, die ebenfalls in Oeynhausen gehalten wurde, als eine aus den letzten Monaten entspringende erfreuliche Tatsache, be schränkte sich aber darauf, dies lediglich hinsichtlich unserer außenpolitischen Linie darzulegen. Er sprach mit einer gewissen Zurückhaltung über unsere derzeitige außen politische Lage; stärkere internationale Interessen, wie sie sich um China und Albanien zusammenballen, haben die deutsche Frage zurückgedrängt, — um so mehr ist es unsere Pflicht, unsererseits alles zu tun, um außenpolitisch wieder vorwürtszukommen, um immer wieder darauf hinzu weisen, daß die Räumung des besetzten Gebietes am Rhei n nicht ein Entgegenkommen bedeutet, sondern daß wir ein Recht darauf haben. Selbstverständlich dürfe die Erfüllung der Verpflichtungen, die nach dieser Richtung hin die Alliierten uns gegenüber haben und auf die wir energisch verweisen, nicht erkauft werden durch Zugeständnisse im O sie n. Hier berührt sich Dr. Scholz deutlich mit den Ausführungen Dr. Stresemanns und ge wissen Sätzen aus einer Rede, die vor kurzem der deutsch nationale Justizminister Hergt in Beuthen machte; ge rade diese sind ja von der Opposition als Ausdruck ge wisser Meinungsverschiedenheiten im Kabinett bezeichnet worden. Auch Handelspolitisch sind wir nach der Ansicht RW Mm nemger Wtzmg gefordert. Arne SerbaMungen w'i Frankreich. Dr. Rieth wieder bei Briand. Die deutsch-französischen Verbandlungen, die Mitte voriger Woche in der Fraae der Rheinlandräumung ein- aeleitet worden waren, sind fortgesetzt worden. Wie die französische Presse zu melden weiß, aber erst jetzt bekannt wird, bat der französische Außenminister Briand am Frei tag abermals den deutschen Botschaftsrat Dr. Rieth empfangen; außerdem sind noch Besprechungen für die nächsten Tage vorgesehen. Die letzte Unterredung ist nach französischen Blättermeldunaen der Initiative Briands zu- zuschrsiben, der den Wunsch hatte, die Verhandlungen, die zwischen Deutschland nnd Frankreich über die verschieden artigsten Probleme geführt worden sind, fortzusetzen. Der ost als offiziöses Sprachrohr benutzte „Vetit Varisien" weist über die lebte Unterredung noch nähere Angaben zu machen. Danach hat Dr. Rieth erklärt, daß eine Herabseü,, ng der Besabungstruppen im Rhein land um 25WO Mann den in Locarno gemachten Zu sagen entsprechen würde. Wenn die Alliierten von sich aus diese Herabsetzung vornehmen würden, wäre das ein Beweis dafür, daß sie dem G-üst der damals abgeschlosse nen Verträge treu blieben. Französischerseits wendet man ein, dast man ja bereits eine sehr bedeutende Her- abscünnq vorgenommen hat und dast die Umgruppierung der Einheiten in den großen Zentren die alln-rte Besamung für die Bevölkerung der Koblenzer und Mainzer Zone bereits erleichtert hat. Nichtsdestoweniger besteht, so sagt das Blatt weiter, die deutsche Regierung dar auf, und hi-rfür ist der neue Besuch Dr. Rieths der Beweis, dast die von ihr gewünschte Kerabsrüung dnrchgeführt werde. Die deutsche Regierung verheimlicht jedoch nicht, dast sie ihre Forderungen nicht immer darauf beschränken werde und daß die Forderung nach voll kommener Räumung des Rhsinlandes gestellt werden würde, sobald Deutschland nach Ausführung der letzten Entwaffnungsklauseln sich für berechtigt Halts« werde, sich auf Artikel 431 des Versailler Vertrages ru berufen. Die Enttäuschung von Locarno. Auf dem Parteitag des rheinischen Zentrums in Köln sprach der Vorsitzende der Reichstagsfraktion, Geheimrat von Guärard, über das Zentrum in der neuen Reichs regierung. Die an Locarno und Genf geknüpften Wünsche seien stark enttäuscht worden. Auf die völlige Räumung und die baldige Rückkehr des Saar landes zu Deutschland hätten wir ein gutes Recht. Das Saarland werde wirtschaftlich verelenden, wenn es bis 1935 von uns getrennt bleibe. Wir können unmöglich die ungeyeuerticye Grenzziehung im Osten abermals garantieren und uns der Möglichkeit berauben, auf friedlichem Wege eine Änderung herbeizuführen. Wir erwarten von der Reichsregierung, daß sie in der Räu mungsfrage entsprechend handelt. Reben dem „Fiasko von Locarno" steht das Fiasko der Abrüstungskonferenz. Wir wünschen auch die Erörterung des Dawes-Planes und der Neparationsfrage. Die Verlängerung des Nepublikschutzgesetzes bezeichnete der Redner als die dringlichste Arbeit nach Wiederzusammentritt des Reichs tages. Er sehe im übrigen keine Krisenluft. Irr Stillstand in der Lacarnvpolitik. „Deutschlands Schuld " London, 9. Mai. Englands Heilung bei den Rhemland- verhündlungen wurde heute dem Vertreter der Telegraphrn-Union von offizieller Seite in der Weife umschrieben, daß nach eng lischer Auffassung die Voraussetzungen für die Räumungsver handlungen heute denkbar ungünstig seien, da sich die an Locarno geknüpften Erwartungen nur teilweise erfüllt haben. Die Schuld hieran lreffe nicht England und auch nicht Frankreich, sondern in der Hauptsache Deutschland. Während England alles getan habe, was man von ihm auf Grund drr Locorncpolilik erwarten konnte, würde ein Blick auf die Liste der alliierten Forderungen zeigen, wie wenig dagegen Deutschland bisher getan habe. Wohl sei nicht zu leugnen, daß der Wille des Ausgleiches in Deutschland gewachsen sei. Aber praktisch seien die deutschen Leistungen durch aus unbefriedigend gewesen. Die Ostbefeftigungen werden hierbei ' als akutes grosses Beispiel angeführt. Englischerseits wurde ' darauf hmgcwiefen, daß England seine Besotzungsarmee aus 9000 Mann herabgesetzt hätte. Eine weitere Herabsetzung sei : nicht möglich, weil sonst die unerläßlich: AusbDungsmögllch- kclt für des B<atzungskoutiugent unterbunden werden würde. Belgien sei Englands Beispiel gefolgt. In drr Besatzungsfrage könne Frankreich nach eigenem Ermessen handeln. England habe s auf Frankreich keinerlei Einfluß. Die englische Auffassung in der Rheinlondfrags geht dahin, daß nicht die Alliierten, sondern Deutschland mit seinen Locarno-Konzessionen im Rückstand: fei. In Anbetracht der Ereignisse im fernen Östen und der wieder ausgerollten Schuldenkontroverse in Amerika scheint man im iibri- ! gen in London in der Rheinlandfrage noch viel Zeit zu haben. Der Bericht drs diplomatischen Korrespondenten des Daily Telegraph, nachdem in Paris eine Truppenherabfetzung von 25 009 Mann erwogen werden würde, wird auch als den Tat- < fachen weit vvrausgeeilt bezeichnt. In Paris sei der ganze Fra- j genkrmlrx nur ganz allgemein behandelt worden. von Dr. Scholz mcyOrecht vorwärtsgekommen, da Ver träge gerade mit unseren beiden Nachbarn im Westen und Osten noch nicht zum Abschluß gelangt sind. Nach einer Darlegung des Verhältnisses der Deutschen Volkspartei zu einer Reihe innenwirtschaftlicher und innenpolitischer Fra gen, wobei er immer wieder die Notwendigkeit des Kom promißcharakters der Innenpolitik betonte, stellte er zum Schluß noch einmal die Gemeinsamkeit der außenpolitischen Richtung fest, die durch das Bekenntnis der Deutschnatio nalen zu ihr ebenso bewiesen werde wie die innenpolitische Gemeinsamkeit durch das Bekenntnis dieser Partei zur Verfassung. Und Dr. Scholz schloß mit der Versiche rung, daß die Deutsche Volsparter im jetzigen Reichs kabinett, dem regierungspolitischen Ausdruck dieser Ge meinsamkeit, weiter mitarbeiten wolle. So durchklingt diese drei Reden nicht nur ein einheit licher Ton, sondern es kommt in allen dreien auch der feste Wille der Parteien zum Ausdruck, auf absehbare Zuknnft hinaus an der jetzigen Einheit festzuhalten. Ser Reichspräsident in Wilhelmshaven. Besuch der Marineanlagen. Reichspräsident von Hindenburg ist in Begleitung des Staatssekretärs Dr. Meißner, des oldenburgischen Ministerpräsidenten von Finckh, des Oberpräsidentcn Noske, des oldenburgischem Stoatsrats Ahlhorn und des Majors von Hindenburg, aus Oldenburg kommend, am Montag in Wilhelmshaven emgetroffen. Auf dem Bahn hof erfolgte ein Empfang durch den Reichswehrminister Dr. Geßler, den Chef der Wärmeleitung, Admiral Zenker, den Stationschef, Vizeadmiral Bauer, den Festungs kommandanten sowie die Oberbürgermeister von Wil helmshaven und Rüstringen. Vor dem Bahnhofsgebäude war eine Ehrenkompagnie aufgestellt, deren Front der Reichspräsident, der Marschalluniform trug, abfchritt. Hierauf fuhr der Reichspräsident, von der Bevölkerung herzlichst begrüßt, zur nahen Evangelischen Gar nison kirche, durch die ein kurzer Rundgang unter nommen wurde. Die Stadt ist festlich geschmückt. Rach einer Autofahrt, bei der die Kaiser-Wilhelm- Brücke, die Einfahrten 1, 2 und 3. die Schiffslieaevlätze im Nordhafen und die Marinewerft berührt wurden, besuchte der Reichspräsident die Kaserne am Mühlenweg, wo die Marineteile des Standortes einschließlich der Besatzungen der ortsanwesenden Schiffe und Fahrzeuge der Reichs- Hindenburg bei den Oldenburger Kindern. marine, die berangezogenen auswärtigen Truppenteile des Stationsbefehlsbereichs und Krieger- und Marinevereine Paradeaufstellung genommen hatten. Der Reichspräsident schritt dir Front ab und nahm den Vorbeimarsch entgegen. Sodann begab sich der Reichspräsident zum Ehren- friedhof, wo ein Kranz niedergelegt wurde. Rach kurzem Besuch beim Stationschef wurde dem Reichspräsi denten im Offiziersheim eine größere Anzahl höherer Offiziere und Marinebeamteu voraestellt. woran sicb «in