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Stürmische Bürgermeisterwahl in Chikago. Die englischen Blätter berichten aus Chikago, daß dort bei der Bürgermeisterwahl nicht weniger als 5000 Polizisten mit Panzerwagen und Maschinengewehren aufgeboten waren. Trotzdem kam es zu zwei Bombenattentaten und Entführung einer Anzahl Personen, darunter zweier Richter, die als Wahlagenten aufgetreten waren, sowie zu anderen Arten von Einschüchterungen. Gewählt wurde zum drittenmal mit starker Mehrheit William Hale Thompson. Lunte Tageschronik. Krossen. JnNeurehfcld wurde ein junger Mann aus einsamer Straße von mehreren jungen Leuten überfallen und erstochen. Der Hauptbeterligte an dieser Bluttat, ein Schiffer, wurde verhaftet. Breslau. Der Breslauer Zoo, der in der In flationszeit aus Geldmangel geschlossen werden mußte, soll jetzt wieder eröffnet werden. Leobschütz. In dem Dorfe Leisnitz bei Leobschiitz sind an einem Tage zu verschiedenen Zeiten fünf Scheunen mit sämt lichen darin befindlichen Erntevorräten, Erntegeräten, Wagen usw. den Flammen zum Opfer gefallen. Man vermutet Brand stiftung. Hannover. In Ahrenfeld erschoß der 17jährige Land wirtssohn Vogels beim Spielen mit einem Gewehr seinen 14jährigen Bruder. Heidelberg. Als auf der Landstraße zwischen Heppenheim und Bensheim zwei Personenkraftwagen in schneller Fahrt einander überholen wollten, verfingen sie sich mit den Rödern und überschlugen sich mehrcremal. Zwei Insassen waren sofort tot, sechs andere Mitfahrende erlitten schwere Verletzungen. Basel. Am Comersee stürzte sich ein Arbeitsloser mit seinen beiden Kindern im Alter von acht und zehn Jahren ins Wasser. Alle drei ertran ken. Rom. Die „Tribuna" berichtet aus Sizilien, daß mehr als 100 verdächtige Personen verhaftet wurden, darunter auch ein Notar aus Vicaruzzi, der als einer der Führer der Maffia bezeichnet wird. Warschau. Die Warschauer Polizei hat eine Bande von 20 Betrügern verhaftet, die von dem Vertrieb gefälschter amerikanischer Schecks lebte. Aus dem Gerichtssaal. Fünf Jahre Zuchthaus für einen ReichswehrangehSrigcn. Von dem Stettiner Schwurgericht wurde der 22jährige Reiter Satz vom Reiterregiment 6 in Pasewalk zu fünf Jahren Zucht haus und Ausstoßung aus dem Heere verurteilt. Saß hatte im Januar seine Braut, die sich nach zweijähriger Verlobung von ihm trennen wollte, erschossen und dann auf sich selbst einen Schuß abgegeben, durch den er schwer verletzt wurde. DaS Urteil gegen die Raubmörder Hamechers. Im Prozeß wegen des Raubmordes an dem Kaufmann Hermann Hamccher fällte das Hamburger Schwurgericht folgendes Urteil: Der Angeklagte Karl Griesinger-Stuttgart wird wegen Raubes mit Todessolge, Diebstahls und schwerer Urkundenfälschung zu dreizehneinhalb Jahren Zuchthaus Gesamtstrafe verurteilt, der Angeklagte Hans Kaphammel-Halle wegen derselben Verbrechen zu zehneinhalb Jahren Zuchthaus. Der Angeklagte Johann Roth-Hamborn wird sreigesprochen. Berurteilung in der westdeutschen Kohlenschiebcraffäre. Das Schöffengericht in Duisburg hat in dem Prozeß gegen Beamte des Essener Kohlensyndtkates und zahlreiche Kauf leute aus Duishurg in der bekannten Angelegenheit der Kohlenschtebungen jetzt sieben Angeklagte wegen Diebstahls und Hehlerei zu Gefängnisstrafen bis zu sechs Wochen und Geldstrafen bis zu 100 Mark verurteilt. „ Verurteilung wegen Hochverrats. Der Arbeiter Hans Holtz aus Lübeck wurde vom vierten Strafsenat des Reichs gerichts wegen eines Vergehens nach Z 7 des Nepublikschutz- gesetzes (Vorbereitung zum Hochverrat)) zu einem Jahr Zucht haus und 100 Mark Geldstrafe verurteilt. Holtz, der Ab teilungsleiter des Roten Frontkämpferbundes war, hatte im November v. I. Zersetzungsschriften unter Reichswehrsoldaten verteilt. Spiel and Sport. Der Reichspräsident Ehrenvorsitzender des Deutschen Osftziersechtturniers in Dresden. Für das vom 27. bis 29. Mai im Künstlerhaus zu Dresden stattfindende 2. Deutsche Offiziersfechtturnier hat Reichspräsident von Hindenburg den Ehrenvorsitz übernommen. . Die „6000 Kilometer der Industrie", die vom Auto mobilklub von Deutschland in diesem Jahr geplante große Leistungsprüfung für Tourenwagen, ist vom A. v. D. wieder abgesagt worden, da die Automobilindustrie die Beteiligung abgelehnt hat. Ebenso wird sich die Industrie, wie weiter bekannt wird, auch gegenüber der Veranstal- tung der Reichs- und Alpenfahrt 1927 des A. D. A. C. verhalten. Am Olyurpm-VorüsreitungSkursus für Lang- und Mittelstreckenläufer, den der Verband Brandenburgischer Athletikvereine in der Zeit vom 25. bis 30. April durch führt, nehmen insgesamt 41 Läufer teil, darunter 14 ans der Mark. Die Franentagnng des Deutschen Schwimmver- vandes in Erfurt findet am 15. April statt, nicht, wie von feiten des Schwimmverbandes zuerst bekanntgeaeben wurde, am 8. April. Als Handballmcister der sieben Landesverbände der Deutschen Sportbehörde sind ermittelt worden: Süd: S. V. 98 Darmstadt; West: Polizei Remscheid: Nord: Polizei Hannover; Rordost: Schupo Danzig; Branden burg: Polizei Berlin; Mittel: Polizei Halle; Südost: Polizei Oppeln. Der Jockei G. Archibald gestorben. Wie aus New market gemeldet wird, ist Jockei George Archibald plötzlich gestorben, nachdem er noch am gleichen Nachmittag im Sattel tätig war. Archibald, von Geburt Amerikaner, kam vor dem Kriege nach Deutschland an den Stall des Frei- Hern S. ,A. v. Oppenheim, für den er mit außergewöhn lichem Erfolge geritten hat. * vermischtes » z Samuel Heinicke, der Begründer des deutschen Ta«b- stummenunterrichts. (Vor 200 Jahren geboren.) Taub stumme und Gehörlose aus allen Teilen Deutschlands hatten sich dieser Tage in Leipzig zu einer Gedenkfeier für den Begründer des deutschen Taubstummenunterrichts, den am 10. April 1727 zu Nautschütz bei Weißenfels geborenen Samuel Heinicke, zusammengesunden. Aus ein fachsten Verhältnissen hervorgegangen, hat Heinicke, der viele Jahre lang Soldat war und den Siebenjährigen Krieg mitgemacht hatte, seinem Leben ein hohes Ziel ge steckt und die Taubstummen einem menschenwürdigen Da sein entgegengeführt. Zu denen, welche ihn förderten, ge hörten Klopstock und Cramer. Er wurde Lehrer, dann Kantor in Hamburg-Eppendorf und baute eine bewun dernswerte Methode für die Unterweisung von Taub- stummen aus. Im Jahre 1778 eröffnete Heinicke, nachdem der Kurfürst von Sachsen ihn in sein Vaterland zurück berufen hatte, in Leipzig die erste deutsche Taubstummen anstalt. Heute besitzt Deutschland allein 73 Taubstummen anstalten. Auch um das Volksschulwesen hat sich Heinicke große Verdienste erworben. Er war einer der ersten, die dem Schulschlendrian des 18. Jahrhunderts energisch ent gegentraten und namentlich die damalige Buchstabier methode bekämpften. Seine Bücher, vor allem seine Schilderungen der Lehrerbildung und des Lehrerlebens im 18. Jahrhundert, haben kulturhistorischen Wert. In Leipzig und in Hamburg-Eppendorf sind dem ausgezeich neten Manne Denkmäler errichtet worden. — „Stimmrecht für Backfische". In England haben Frauen, die älter sind als dreißig Jahre, das aktive und passive Wahlrecht. Nun möchte man das Frauenstimm recht auch auf jüngere Damen ausdehnen: Einund- zwanzigjährige schon sollen es hohen. Die öffentlich« Meinung aber und gewisse Parlamentarier sind dann« durchaus nicht einverstanden und man hat spöttisch das Wort „Stimmrecht für Backfische" geprägt, obwohl auch der bekannte „stärkste Mann" nicht behaupten kann, daß ein Fräulein von 21 Jahren oder gar von „schier dreißig" ein Backfisch sei. Die englischen Frauen im jugendlichen Alter von „bis dreißig" ärgern sich denn auch furchtbar über die Verspottung, und ein Frauen verein, der sich „Junge Suffragette" nennt, hat bereits an den Ministerpräsidenten Baldwin einen geharnischten Protest gerichtet und Genugtuung verlangt. Der Dichter des „Ben Hur". (Zum 100. Geburts tage.) Vor hundert Jahren, am 10. April 1827, wurde zu Brookville in Indiana Lewis Wallace geboren. Er ist be rühmt geworden durch seinen historischen Roman „Ben Hur", der in der Folgezeit eines der meistgelesenen Bücher der Weltliteratur geworden und neuerlich als Film durch zahllose Kinos Europas und Amerikas gezogen ist. Dabei verdient dieser Roman „aus der Zeit Christi" seinen Ruhm keineswegs, denn Wallace bleibt auf der Oberfläche und dringt nicht in den Geist der von ihm geschilderten Zeit ein. Noch oberflächlicher als „Ben Hur" sind die anderen Romane des Amerikaners, der von Beruf Jurist war und im amerikanischen Bürgerkriege zum General major aufstieg. Nach dem Kriege widmete sich Lewis Wallace der Politik: er wurde Gouverneur von Utah und war dann vier Jahre lang amerikanischer Gesandter in Konstantinopel. Im Jahre 1905 ist er gestorben. _ Das Wasser der deutschen Gesandtschaft in Wien. Die deutsche Gesandtschaft in Wien hatte Ärger mit ihrem Wasser, und dis Gerichte mußten sich einmifchen. Während bis zu einem gewissen Zeitpunkt in der Gesandtschaft täglich nur zwei Kubikmeter Wasser verbraucht wurden stieg der Verbrauch ganz plötzlich auf 33, ja sogar aus 40 Kubikmeter pro Tag, so daß man auf den Gedanken kommen konnte, die ganze Gesandtschaft schwelge in Leitungswasser. Die Ursache des unheimlichen Wasser verbrauchs konnte zunächst nicht festgestellt werden. Eines Tages aber machte man die Entdeckung, daß ein Ab sperrungshahn undicht geworden war und daß durch diesen das Wasser vergnügt ins Wesenlose abfloß. In zwischen war aber die Wasserrechnuug eingetroffen, und es ergab sich, daß die Gesandtschaft für das „Mehr-Wasser" 1396 Schilling zahlen sollte. Dagegen lehnte sie sich aus mit der Begründung, daß sie für den undichten Wasser hahn nicht verantwortlich sei und daß das Wasserwerk den Fehler hätte merken und abstellen müssen. Schließlich brachte man heraus, daß der Wasserhahn durch Werg ge sichert gewesen war, daß aber die Ratten, von denen es in der Gesandtschaft einige hundert geben soll, die Wergum hüllung aufgefressen hatten. Trotzdem sah sich der Ver- waltungsgerichtshof, der den Fall zu entscheiden hatte, nicht veranlaßt, die der Gesandtschaft vorgelegte W^sser- rechnung zu kürzen. Wir werden also die 1396 Schilling an Wien zu zahlen haben. Ostertagung des Evangelischen Rcichselternvundcs. De, Evangelische Reichselternbund (Reichsverband Evangelischer Ellern- und Volksbünde), der als die Grotzorganisatton der Elternbewegung in achtzehn Landes- und Provinzialver- -bänden zirka 4000 Ortsgruppen zählt, tritt am Osterdienslag in Hildesheim zu seiner großen Tagung zusammen. Die herannahende Entscheidung über das Reichsschulgesetz im Zu sammenhang mit der veränderten schulpolitischen Lage gibt der Ostertagung des Elternparlaments in diesem Jahre ihr be sonderes Gesicht. Im Mittelpunkt der Aussprache steht das Thema: „Slaatsautorität und Gewissensfreiheit", über das der bekannte Rechtslehrer an der Universität Greifswald, Pro fessor Dr. Holstein, referieren wird. Den Bericht über die schulpolitische Lage erstattet l-w. H i n d e r e r - Berlin. — Der zweite Verhandlungstag ist Fachsitzungen über die Fragen: höheres Schulwesen, Elternbeirat, Kirche und Schule, sowie Berufsschulen gewidmet. Den Beschluß des Reichsellerntages macht eine öffentliche Kundgebung in der Stadthalle, bei der der bekannte Jugendführer Universitätsprofessor Wilhelm Stähltng-Münster über „Jugend und Älter" sprechen wird. s kunakunk-programm j Rundfunk Leipzig (Welle 365,8), Dresden (Welle 294). Freitag, 8. April. 4.30: Konzert. Dir. Hilmar Weber. S 6.05: Aus neuen Büchern. D 655: Prof. Dr. Stein: „Die Lage Ler Genossenschaften." D 7.20: Dir. Jannott: „Die Haftpflichtver sicherung — ein Schutzbündnis." <2 8.15: Alte Musik. Mstw.: Lotte Ramin-Petersen (Gesang), Leo Schwartz (Moline), Günthel Ramin (Cembalo). Händel: Chacome (G-Dur). — Pergolesi: Präludium für Violine und Cembalo. — Steffani: Arie der Se< miamia aus „Alavico". — Kuhnau: „Der Streit zwischen David und Goliath", aus „Musik. Vorstellungen einiger bibl. Historien in 6 Sonaten auf dem Claviercembaio zu spielen": 1. Das Pochen und Trotzen des Goliath. 2. Das Zittern der Israeliten und ihr Gebet zu Gott bei dem Anblicke dieses abscheulichen Feindes. 3. Du Herzhaftigkeit Davids, dessen Begierde, dem Riesen den stolzen Mut zu brechen, und das kindliche Vertrauen aus Gottes Hilfe. 4. Die zwischen David und Goliath gewechselten Streitworte, und den Streit selbsten, dabei den Goliath den Stein,in die Sirne ge schleudert, und er dadurch gefällst, und gar getötet wird. S. Die Flucht der Philister, ingleichen wie ihnen die Israeliten nachjagen, und sie mit dem Schwerte erwürgen. 6. Das Frohlocken der Israe liten über diesen Sieg. 7. Das über dem Lobe Davids von den Weibern chorweise musizierte Konzert. 8. Und endlich die allge meine in lautem Tanzen und Springen sich äußernde Freuds. — Händel: Arie aus „Ottone". — Veracini: Sonate für Violim und Cembalo. — Händel: Arie aus der Oper „Admeto". — I. S Bach: Chromatische Phan!. und Fugs für Cembalo. S 10.15: Funkbreitl. Freitag, 8. April. Beilin Welle 484, 566. 3.30: Anni Juliane Richert: Der Stil der reifen'Frau. * 4.00: Dr. Rud. Wegner, Leiter des Berliner Planetariums: Optische Erscheinungen in der Atmosphäre. 4- 4.30—6.00: Kapelle Gebrüder Steiner. H 6.25: Dr. Ä. Schirokauer: Welt- kulturen im Spiegel ihrer poetischen Formen (Die germanische Dichtsorm). H 6.55: Prof. Dr. Ph. Stein: Das deutsche Ge nossenschaftswesen. 4- 7.20: Dr. med. Leo Jacobsohn: Die Bedeutung des Rundfunks für den Gesunden und Kranken. * 7.45: Oberreichsanwalt i. R. Pros. Dr. Ebcrmayer, Leipzig: Das künftige deutsche Strafgesetzbuch (Strafe und Strafvoll zug). * 8.15: Rud. Kastner: Einführung zu dem nachfolgenden Orchesterkonzert. * 8.30: Klaviervorträge. Winifred Christie. * 9.15: 200 Jahre Orchestermusik. Dirigent: Pros. Arnold Schönberg. Pelleas und Melisande, sinfonische Dichtung Op. 5 von Schönberg. Berliner Funkorchester. Die Fra« des Adjutanten Roman von Fr. Lehne 11. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Seine Lobpreisungen waren nicht ganz nach Cö lestines Geschmack. Sie verzog den Mund und dachte, die Männer sind doch alle gleich — ob alt, ob jung — auf ein hübsches Gesicht fällt jeder rein! „War außer dir noch jemand unten Jolautha?" fragte sie dann. „Ja, Tantchen, der Leutnant mit einem seiner Kameraden!" Tante Cölestine schlug mit der Hand auf den Tisch — so heftig, daß die Teller und Gläser klapperten. „Dacht ich's doch!" Verwundert blickten die beiden anderen auf die Erregte. „Was hast du denn, Tine? fragte der Vater. „Na, das ist doch klar! Tie wollen sich für den ver schuldeten Leutnant unsere Jolantha kapern!" ...Verschuldet? Der Leutnant? Weißt du denn das so genau, Tine?" „Na, alle Leutnants sind verschuldet." „Stimmt, Tine! Kenne ich aus eigener Erfahrung," schmunzelte der Oberstleutnant. „Und der Reinach ist s so sicher wie das Amen in der Kirche. Die ganze Familie steckt ja bis über die Ohren in Schulden, beim Metzger, beim Bäcker und so weiter. Daß unser Vögelchen Geld hat, das haben die da unten bald herausgekriegt. Als wir eingezogen waren, haben sie uns über die Achsel angeschaut und nicht mal auf unseren höflichen Gruß gedankt — und nachher auf einmal diese übertriebene Liebenswürdig keit! Sie hatten gewiß gedacht, ich sei 'ne Wirtschaf terin oder Köchin — und jetzt meinen sie, sie können und unser Vögelchen wegfangen!" „Es fragt sich nur, Tantchen, ob das Vögelchen sich auch wegfangen läßt! Dazu gehören zwei! Und ich habe noch immer gewußt, was ich will!" „Aber der Benno — so heißt er ja wohl — ist ein hübscher Juuge! — Ich hab' ihn einigemal gesehen — da kommt er, die Mütze so recht schief und unter nehmend auf dem Ohr, die Augen funkelnd vor Über mut uud Leichtsinn, und ihr jungen Mädel —" Jolantha lachte herzlich auf. „Wenn das deine Sorge ist! Ich bin doch keine sechzehn Jahre mehr, daß ich mich in den ersten besten Leutnant vergaffe, bloß weil er ein hübsches Gesicht und blaue Augen hat! Nein — so bin ich nicht — und wenn es dich be ruhigt, will ich dir die heilige Versicherung geben, daß mir der hübsche Benno gar nicht imponiert, so sehr er sich auch aufspielt! Da ist mir sein Freund, der Oberleutnant und Adjutant Altorf viel lieber!" Der Oberstleutnant horchte auf. „Wie sagtest du — Altorf?" „Ja, Großpapa." „Ob der wohl ein Sohn von Peter Heinrich Altorf von Groß-Labau ist? — Weißt du zufällig, wo er her ist?" Jolantha verneinte lächelnd. „Ich weiß es nicht, Großpapa. Ich weiß überhaupt nichts von ihm — nur eben, daß er existiert. Er hat wenig gesprochen, macht aber einen gediegenen Eindruck." „Hm — wenn hier ein Sohn von meinem alten Kriegskameraden lebt, so —" „Ich kann ja Leonie Reinach fragen, Großpapa." „Das wirst du hübsch bleiben lassen, Kind!" ent gegnete der Oberstleutnant. „Selbst ist der Mann! Wenn du gegessen hast, schreibst du an ihn." „Ich, Großpapa?" Ein Helles Rot huschte über ihr Gesicht. „Ja, du — und ich diktiere." „Aber, Papa, das geht doch nicht! Bedenke ,einem wildfremden Menschen!" warf Cölestine ärgerlich ein. „Das wird sich zeigen! Wenn's wirklich der Sohn von meinem alten Kriegskameraden ist, mit dem ich zusammen so oft dem Tod ins Auge gesehen, so ist er mir nicht wildfremd." „Altorf gibt es mehr, und so auf den bloßen Na men hin —" „Deshalb eben schreibt das Kind. — Seid ihr fer- , tig? — Also Mahlzeit! — Tine, deine Ganslebern waren großartig, doch fürchte ich —" er rieb sich die. Magengegend und stand dann schwerfällig auf — „gib mir lieber doch 'nen Kognak." „Aber Papachenl" „Ja, ja, bloß einen! — Also, Vögelchen, mach' dich bereit zum Schreiben." Jolantha setzte sich an den Schreibtisch, nahm einen Briefbogen und wartete, was der Großpapa sagen würde. Es war ihr peinlich, ja fast aufdringlich er schien es ihr, an den fremden Offizier zu schreiben. Aber der Großpapa handelte oft so impulsiv. Der alte Herr sann einen Augenblick, paffte dann aus seiner Pfeife einige mächtige Züge, die ihn in eine dichte Rauchwolke hüllten und diktierte: „Sehr geehrter Herr v. Altorf! Wenn Sie etwa ein Sohn von Peter Heinrich Altorf von Großlabau sind, wäre es mir sehr erwünscht, Ihre Bekanntschaft zu machen und ich bitte Sie gelegentlich um Ihren Besuch, «m den Sohn meines alten Kriegskameraden kenne» zu lernen." — „So, Vögelchen, bist du fertig? Nun noch die Unterschrift. Amalie kann den Brief gleich noch in den Kasten stecken. Bin wirklich neugierig, ob er es ist." . iFortsetzuna folat.»