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MMM Tageblatt Da« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshanptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Noflen. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. die 8oetpaUen« Raumzelle 20 Doldpfenm,, Lie 4 gespaltene Zeile der amllichenBedanntmachungcn 4VWolL- pscnnig, die s gespaltene Reklame,eile IM textlichen Telle 100 Goldpfennig. Rcchweifungsgebühr 20 Goldpsennig. Dor. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 durch Fernruf üdermillellcn Anzeigen Ldernehnicn wir Keine Garantie. Jeder Rada,tanspruch rrlischn w^enn der Be^/ä durch Klage eingezogen werdenmußoderder Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, r Wk. zuzüjlich Abtraci- " gebühr. Einzelnummern NuRWM- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend «ellungen entgegen. Im Fall- hüherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Detri-d-störung-n besteht kein Anspruch aus Li-f-rung »«r Zeitung oder Kürzung d» Dezugsprcises. - Rücksendung -ingcsandtei Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto b«,liegt. Nr. 31. — 86. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« W11Sd kUff - D LL Sd kN Postscheck: Dresden 2640 Montag,den 7.Februar 1827 „Volk ohne Raum!" Über die nächsten Aufgaben der neuen Regierung und des Reichstags wird uns von parlamentarischer selte geschrieben: . Gewiß, Politik muß und wird sein, wenn sich Der artige Auseinandersetzungen abspielen, wie das jetzt rm Reichstag geschah; aber gerade die beiden größten Parteien der neuen Negierungskoalition, die Deutsch- uationalen und das Zentrum, haben durch ihre Redner auch darlegcn lassen, was sie an praktischer Arbeit zu leisten gedenken. Daß diese praktische Arbeit vor allem wirtschaftlicher und sozialpolitischer Natur sein wnd, darauf deuten die Ausgaben hin, vor die der Reichstag 'n den nächsten Tagen gestellt sein wird. Während über die Fortführung der Sozialpolitik der Zentrumsabgeord nete und Führer der Christlichen Gewerkschaften, Dr. Ztegerwald, sprach, hatte sich der Redner der Deutschnationalen, Dr. Lejeune-Jung, hauptsäch lich den wirtschaftspolitischen Problemen zugewandt, die ja auch einen breiten Raum in der Regierungsbildung eingenommen haben. Er nahm dabei ein Wort auf, das vielleicht zum Schlagwort der Zukunft werden wird, weil es den tiefsten Untergrund unserer wirtschaftlichen Not des Augenblicks bildet: V o l k o h n e N a u m Die Aufgabe der neuen Negierung wird es starker denn je sein, dem deutschen Volke Raum zu schaffen sur die Arbeit im Wirtschaftsleben, das eingeengt worden ist durck die zwingende Notwendigkeit der Nationalisierung und dadurch die Frage der Arbeitslosigkeit zur brennendsten Frage des Augenblicks gemacht hat. Hier treffen sich die wirtschaftlichen und die sozialpolitischen Ziel setzungen? weil die sozialpolitischen Voraussetzungen trotz aller schönen Theorien letzten Endes immer daran ge- knüpst sind, daß die wirtschaftliche Produktion der Träger der Sozialpolitik ist und daß es den Ast, auf dem man sitzt, «bzusägen heißt, wenn man der Wirtschaft untragbare sozialpolitische Lasten auferlegt. Außerdem — das hat schon die Regierungserklärung entwickelt — betrachtet die Wirtschaft die Sozialpolitik keineswegs als eine Über flüssigkeit, als eine unproduktive Last, sondern sie weiß, daß es volkswirtschaftliche Notwendigkeit ist, namentlich einen qualifizierten Arbeiterstamm über die Zeiten wirt schaftlichen Rückgangs hinüberzureiten. So wird es Aufgabe der neuen Regierungskoalition sein, an die Arbeit zu gehen, um die Sozialpolitik der wirtschaftlichen Entwicklung der Gegenwart anzupassen. Die große Masse des deutschen Volkes, die in einem harten Kamps um ihr Brot steht, wird weniger die parteipoli tischen Auseinandersetzungen als diese künftige Arbeit der neuen Regierung mit kritischem Auge verfolgen. Auf der einen Seite gilt es, wie der Abg. Dr. Lejeune-Jung «usführte, die Bedeutung des Binnenmarktes nicht zu verkennen, auf dem die Steigerung der deutschen Güter- erzeugung namentlich im Bereich der Urprodukte und hier wiederum vornehmlich durch Steigerung der land wirtschaftlichen Produktion die Hauptrolle spielt. Monopolistischen Gebilden, die in der Ausbeutung des deutschen Marktes ihre Aufgabe erblicken, will die Re gierung entgegentreten und man hat darin wohl die An kündigung einer neuen Kartellgesetzgebung zu betrachten, weil alle wirtschaftlichen und sozialpolitischen Maßnahmen eben unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles stehen müssen. Der jüngste Bericht des Deutschen Handels- und Ge werbekammertages hat wieder darauf verwiesen, wie außerordentlich schwierig die gegenwärtige Lage des Handwerks und des Einzelhandels ist. Auch hierauf ist man in den wirtschaftlichen Debatten des Reichstages emgegangen. Die Regierung wird gerade auf diesem Gebiete allerhand Aufgaben in großer Fülle finden, .wobei namentlich die.kreditpolitischen Schwierig keiten eine besondere Rolle spielen werden. Man möchte beinahe sagen, daß dies »n das Gebiet der Sozialvoiiti, hineingrcift, also der staatlichen Fürsorge für ei^ schaftlich schwachen Stand, weil leider schon längst n chi mehr das Wort zutrisft, daß das Handwerk einen goldenen Boden hat. Die sozialpolitischen Aufgaben der nächsten Zukunft sind die Arbeitslosenversicherung und eine gesetzliche Gesamterfassung der Arbeiterschutzgesetzgebung; vor allem harrt die Arbeitszeitfrage einer baldigen Losung. Alles aber darf nur behandelt werden unter dem Gesichtspunkt einer möglichst hohen Produktivität der deutschen Gesamtwirtschaft. Wir können den Opti mismus, mit dem der Generalagent der Neparatiynskom- mission in seinem Bericht die Zukunft der deutschen Wirt schaft betrachtet, nicht teilen, weil der wichtigste Teil dieser Wirtschaft die deutsche Arbeitskraft ist, die in viel zu hohem Maße brachliegt. Sie wieder der deutschen Güter- erzeugnug dienstbar zu machen, ist Vie Hauptaufgabe nicht bloß der deutschen Wirtschaft, sondern vor allem der neuen Regierung, und wenn ihr dies gelingt, dann hat sie das erfüllt, was in erster Linie von ihrer neuen Arbeit zu verlangen ist. Herriot über Frieden und Völkerbund. Paris, 7. Februar. Bor der Völkerbundsliga in Lyon ^arte Herriot mit Bezug aus Deutschland, Frankreich Hobe nie bi Volk ins Elend bringen wollen, bas arbeite, um in Frieden ^ben. Schiedsgericht, Sicherheit und Abrüstung seien die Ziele, erstrebt werden mühte». Vie Not üer Lanägememaen. Beschlüsse des Deutschen Landgemeindetages. Der Vorstand des Deutschen Landgemeindetagcs hielt in Berlin eine Sitzung ab. Die Verhandlungen erstreckten sich hauptsächlich aus die für die Landgemeinden gegenwärtig wich tigsten Fragen des Finanzausgleichs, des Wohnungsbau programms, der zukünftigen Gestaltung der Hauszinssteuer, der Bildung des endgültigen Reichswirtschaftsrats, des Arbeitsschutzgesetzes und anderes mehr. Zum Wohnungsbauprogramm wurde eine Ent schließung gefaßt, in der es heißt: Der Deutsch: Landgemeindetag erachtet es für eine der dringlichsten Aufgaben von Regierung und Parlament, alle Kraft an die planmäßige Beseitigung der Wohnungsnot zu setzen. Zu diesem Zweck ist eine verstärkte Bautätig keit zu fördern, durch die in möglichst naher Zeit der Fchl- bedarf an Wohnungen beseitigt wird. Da die beschleunigte Durchführung eines Wohnungsbauprogramms lediglich auf privatwirtschaftlicher Grundlage einstweilen möglich ist, mutz auf alle Fälle die öffentliche Hand an der Lösung dieser Aus gabe noch solange Mitwirken, als der Privatkapitalmarkt noch nicht in der Lage ist, seine Aufgaben auf diesem Gebiet zu lösen. Dem Fortschreitcn des Wohnungsbaues muß auch der durch Angleichung der Alt- nud Neumietcn zu fördernde Abbau der Wohnungszwangswirtschaft schrittweise fol gen, damit in absehbarer Zeit normale Verhältnisse im Woh- nungs- und Bauwesen hcrbeiegführt werden. Bei den Beratungen über den Finanzausgleich kam die einheitliche Ansicht zum Ausdruck, daß die Landgemeinden trotz sparsamster Wirtschaft vor dem Ruin stehen. Sie müssen deshalb zum provisorischen Finanzausgleich 1927 fordern, daß zu der Garantie der Einkommen- und Körperschaftssteuer die besondere Umsatzsteuergarautie im bisherigen Umfange bestehen bleibt. Die Not der Landgemeinden ergibt sich deutlich aus der Reichsstatistik, wird übrigens auch in der Begründung zu dem Gesetzentwurf des Finanzausgleichs von der Reichsregie rung selbst anerkannt. Daß unter diesen Umständen alle zurzeit fließenden Sie u er gu eilen erhalten bleiben müssen, ist eine selbstverständliche Forderung. Dies gilt insbesondere auch für die Getränke st euer, auf die von den Gemeinden nicht verzichtet werden kann. Ministerium zu überlassen. Weiter liegen Wünsche' »<s Zentrums vor, die Leitung der Kulturabteilung »es Reichsministeriums des Innern zu bekommen. Der bis herige Inhaber dieser Stelle, der Staatssekretär Schulz, wird voraussichtlich bald aus seinem Amte scheiden. Wegen des Übergangs dieses wichtigen Referates an d»s Zentrum sind allerdings, insbesondere in volksparteilicheu Kreisen, Bedenken vorhanden. * Dr. Curtius' 50. Geburtstag. Neichswirtschaftsminister Dr. Curtius vollendet am Montag, den 7. Februar sein fünfzigstes Lebensjahr. Dr. Julius Curtius ist in Duisburg geboren. Nach Ab schluß seiner juristischen Studien, die ihn auch nach Paris führten, und der praktischen Vorbereitungszeit ließ er sich in seiner Vaterstadt als Rechtsanwalt nieder. 1911 wandte er sich in Heidelberg staatswissenschaftlichen Arbei ten zu, die er nach dem Kriege wieder aufnahm. Seit 1921 war er als Rechtsanwalt am Kammergericht in Berlin tätig. Dem Reichstag gehört Curtius als Mit glied der Deutschen Volkspartei seit 1920 an. Keine Aenabstimmung in Eupen-Malmedy „Ein für allemal belgisches Gebiet." Die belgische Regierung hat dem Gouverneur von Lüttich ihre Antwort auf den Wunsch der Presse von Eupen-Malmedy, eine zweite, unbeeinflußte Volksabstim mung in dem annektierten Gebiet abzuhalten, überwiesen. In dieser Antwort wird darauf hingewiesen, daß Eupen Malmedy mit der nach dem Versailler Vertrag abgehaltenen ersten Volksabstimmung „ein für allemal belgisches Gebiet" geworden sei, zumal der Völkerbundrat die erste Volksabstimmung ratifiziert habe. Llrlaubsaniriii Or. Giresemanns. Veränderungen in hohen Beamten stellen. Reichsminister des Auswärtigen Dr. Stresemann hat einen mehrwöchigen Erholungsurlaub angetreten. In seiner Vertretung führt Staatssekretär Dr. v. Schubert die Geschäfte des Auswärtigen Amtes. Nach der endgültigen Erledigung der Negierungs frage werden in nächster Zeit wahrscheinlich noch einige Veränderungen in hohen Beamtenstellen einiger Ministe rien vorgenommen werden. So sind zurzeit Bestrebungen im Gange, der Wirtschaftlichen Vereinigung einen S t a a t s s e k r e t ä r v o tt e n im Wirtsckafts- Giraßenkämpse in porio. Der Auf st and noch nicht beigelegt. Aus Lissabon erfährt „Exchange", in Porto seien heftige Stratzenkämpfe zwischen den Aufständischen und den Regierungstruppen ausgebrochen. Der Handels minister, der seinerzeit von den Revolutionären gefangen wurde, konnte entfliehen. In Lissabon selbst soll voll kommene Ruhe herrschen. Nach einer offiziösen Havasmeldung aus Lissabon ist der Aufstand in Porto tatsächlich noch nicht beigelegt, da die Aufständischen sich im Zentrum der Stadt ver schanzt hätten und die Negierung die zivile Bevölkerung fchoncn wolle. Starke MW Wer der Regierung. Vertrauensvotum sürKMetiKm. 235 gegen 174 Stimmen. (264. Sitzung.) 68. Berlin, 5. Februar. Die große politische Aussprache im Anschluß an die Regie rungserklärung wurde fortgesetzt. „ Abg. Dr. Stegerwald (Ztr.) besprach zunächst die Vor gänge bei der Regierungsbildung und wandte sich gegen die sozialdemokratische Behauptung, daß eine Große Koalition möglich gewesen wäre. Diese Möglichkeit Hütte trotz aller Ver suche nicht mehr vorgelegen. Es sei schließlich keine andere Losung als die gegenwärtige Regierung übriggeblieben. Sie ser. weder der Führung nach noch in der Besetzung der wichtigsten Ministerien eine Rechtsregierung. (Zustimmung beim Zen trum, Widerspruch links.) Die Bezeichnung der neuen Regierung als Bürgcrblock sei unzutreffend. .7,". --ieduer betonte dann die Bereitwilligkeit der Deutsch- christlichen und bodenständigen Kräften wichtigste sei es im Augenblick, die verantwortlichen Mitarbeit an der Nur auf diese Weise könne zeige in lH, ^5" Besitz beseitigt werden. Deutschland wahren eine Entwurzelung der großen ch'der/s Land. Die Politik der nächsten Jahre müsse deshalb eine Ausgletchsvolftik sein, auch auf dem Ge- bwte der Schule. Das deutsche Volk wolle die Bekenntnis schule. Das ginge aus den Elternbeiratswahlen hervor. Das Zentrum wolle nicht, daß auf die jugendlichen Schüler der ungläubige religionslose Lehrer losgelassen werde. (Lebhafte Zustimmung im Zentrum.) Der Redner forderte dann weit gehende Unterstützung der Landwirtschaft, die möglichst kaufkräftig gemacht werden müsse. Von der neuen Koalition werde sicherlich keine schlechtere Sozialpolitik gemacht werden als von der Großen Koalition. Vor der Reichstagsneuwahl müsse der Reichstag noch die Arbeitslosenversiche rung, das Arbeitsschutzgesetz und das Übergangs gesetz zur Regelung der Arbeitszeit erledigen. Mit den Sozialdemokraten würde das Zentrum in der Sozialpolitik ein gutes Stück Weges znsammenaeben können. Seine Re- mrcmungen gegentivcr der neuen Koalition lägen nicht auf dem sozialpolitischen, sondern auf dem staatspolitischen Ge biete. (Beifall im Zentrum.) Abg. Stöcker (Komm.) richtete heftige Angriffe gegen den Rcichsinncnminister v. Keudell, der keineswegs unpar teiisch seines Amtes walten werde. Das Kabinett des Bürgcr- blocks werde sicherlich nach innen und nach außen eine Politik der stärksten Reaktion machen. Der Redner fragte schließlich, warum sich der Minister von Keudell nicht zu der Tatsache äußere, daß auf seinem Gute eine Abteilung der Olympia monatelang Kriegsübnngen abgchalten habe. Abg. Keder (Völk.) erklärte, die Ausfprache zeige denselben Tiefstand wie die Regierungserklärung. Das Ergebnis sei: es wird fortgewurstelt. Als der Redner die Ausführungen des Abgeordneten vonGuörardals verlogen bezeichnete, wurde er zur Ordnung gerufen. Lebhafte Auseinandersetzungen. Abg. Landsberg (Soz.) kam nochmals auf die Vorwürfe gegen den Minister von Keudell zurück. Dieser habe Wohl die Flugblätter der Kapp-Regierung in seinem Kreise Ver trieben, nicht aber die Verordnungen der rechtmäßigen Reichs regierung. (Zurufe rechts: „Die war ja ausgerückt.") Herr von Keudell habe, als der Kreisvcrtrauensmann des Land- arbeitcrvcrbandcs für den Generalstreik Propaganda machte, ihn in das Bureau eines Mühlenbesitzers kommen lassen und ihm eröffnet, daß sich die neue Regierung Kapp schon mit der alten Regierung geeinigt und sie ersetzt habe. Der Vertrauens mann des Landarbeiterverbandes solle sich in das unvermeid liche Schicksal fügen, wie er, Keudell, cs im November 1918 getan habe. Weiter hätte er dem Vertrauensmann gedroht, bei weiterer Tätigkeit für den Generalstreik ihn in Schutzhaft nehmen zn lassen. (Dauernde stürmische „Hört!-Hört!"-Rufe links.) Im übrigen sei die gestrige Darstellung des Reichs ministers nicht richtig, denn tatsächlich hätten bewaffnete Zivi listen an der Besetzung der Brücke in Zäckcrick teilgcnommcn. (Erneute „Hört!-Hört!"-Rufe links.) Reichsmininister des Innern v. Keudell verwies aus seine gestrigen Ausführungen, daß er auf Anfrage beim Regierungspräsidenten in Frankfurt den Auftrag erbaltcn