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Noch einer hatte sich von seinem Sitz erhoben — Doktor Hillard. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er auf Fer nando de Sera... „Nun kenn ich den edlen Don", sagte er, sich wieder setzend, leise zu Fred Blanford. „Mein Gedächtnis hat endlich eingeschnappt. Ich habe unseren Klubgenossen schon einmal als Lassowerfer bewundert. Da machte er dasselbe Ge sicht, lachte ebenso." „Ah! Erklären Sie " „Vor ungefähr zehn Jahren war ich als Arzt einer unserer südamerikanischen Gesellschaften zugeteilt. Wir wurden viel eingeladen und waren unter anderem einige Male bei einem der reichsten Grundbesitzer, einem gewissen Carlos Tavares, zu Gaste, den wir auch auf seiner Estanzia besuchen mußten. — Ein netter Abend. Die Gauchos führten uns ihre Reitkunst- stücke und Tänze vor, Wettkämpfe wurden veranstaltet, und hierbei zeichnete sich einer mit Namen Matteo besonders aus. Ein gewandter, verwegener Bursche, der alle seine Kameraden übertras. Dieser Matteo wurde später Verwalter auf der Estanzia, mißbrauchte aber das Vertrauen, das ihm sein Herr schenkte. Er beging Unterschlagungen, und als Tavares Verdacht schöpfte und nach dem Rechten sehen wollte, ermordete er ihn und ent floh mit einer großen Geldsumme. Man konnte seiner nicht habhaft werden; er soll sich nach Bolivien gewandt haben." „Und Don Fernando —?" „Ist dieser Matteo! Der Gaucho war in ihm erwacht, als er den Gaucho in der Manege sah. Damit hat er sich verraten. Er mag in Bolivien wirklich Minenbesitzer geworden sein, kann sich seinen jetzigen Namen gekauft haben. Aber der Mord an Carlos Tavares ist noch ungesühnt!" Und er ist es noch. Matteo wurde in Haft genommen und an sein siidamerikanisches Heimatland ausgeliefert. Kaum drü ben angekommen, gelang es ihm, wieder zu flüchtig zu werden. Endlos ist die Pampa, undurchdringlich sind die Wälder — man hat nichts mehr von ihm gehört. - Hu» Sem «erlchtslssl j Cm gemütliches Zuchthaus. Der Zuchthausskandal in 'N Schlesien beschäftigt das Brieger Erweiterte Schösfen- ' ^Achtzehn Insassen des Brieger Zuchthauses und ein großer Teil der im Dienst tätigen Beamten, an der Spitze der ^trafanstaltsdirektor, sind jetzt wegen Betruges, Diebstahls, Urkundenfälschung und Erpressung vor dem Richter. Mit Hilfe von etwa zehn Beamten haben achtzehn Zuchthäusler seit dem Dezember 1923 in der Versandabteilung des Zuchthauses -oaren kistenweise verschoben. Ein Strafanstaltssekretär hat unter anderem einem „leitenden" Zuchthäusler in der Vcrsand- hbtcilung Zivilsachen geliehen und mit ihm Gastwirtschaften >n Brieg besucht. Achtzig Zeugen sind zu dem Prozeß geladen, der einige Tage das Gericht beschäftigen wird. Zuchthausurteil wegen Eisenbahntransportgefährdung. Bor dem Erweiterten Schöffengericht in Bamberg hatte sich der schon mehrfach vorbestrafte 20jährige Bauernknecht Friedrich Bauer aus Walsdorf wegen eines Verbrechens der vorsätzlichen Eisenbahntransportgefährdung zu verantworten. Der Angeklagte halte aus der Nebenbahnstrecke Strullendorf- Ebrach am 11. Dezember v. I. einige Schienenschrauben ge lockert, eine Schraubenmutter zwischen die Schienen geklemmt und ein Winkeleisen in der Richtung gegen den von Strullen dorf hcrannahendcn Zug gestemmt. Durch eine zufällig in entgegengesetzter Richtung fahrende Dräsine wurde das Hin dernis rechtzeitig bemerkt und ein Zugunfall verhütet. Das Gericht erkannte gegen Bauer aus eine Zuchthausstrafe von einem Jahr sechs Monaten und drei Jahren Ehrverlust. Verurteilung französischer Kommunisten. Vier Kommu nisten sind vom Strafgericht in Cherbourg wegen anarchistischer Propaganda in der Marine zu je zwei Monaten Gefängnis verurteilt lvorden. Überraschende Wendung in einem Kindesmordprozeß. Vor dem Schwurgericht in Landshut hatte sich die 23jährige Schlossermeisterstochter Nöckl aus Obersüßbach zu verant worten, die beschuldigt war, ihr Kind gleich nach der Geburt getötet zu haben. In der Verhandlung gestand die Ange klagte, daß ihre Mutter die Mörderin des Kindes sei. Die Mutter habe Hebammenöi- Jte geleistet und nach der Geburt das Kind erstickt und im Ofen verbrannt. Auf Grund dieses Geständnisses sprach das Gericht die Röckl frei. Ihre Mutter, die bereits wegen vorsätzlicher Brandstiftung ein Jahr Zucht haus verbüßt hat, wurde in das Gefängnis einaelieiert. Der erste Berliner Altenprozctz. Ein Vorspiel zu den dem nächst zur Verhandlung gelangenden großen Moabiter Akten diebstahlsprozessen bildete die Anklage gegen den Justizbcamten Paul vom Amtsgericht Berlin-Mitte, gegen den der schwer wiegende Zuchthausparagraph 349 des StrGB. zur An wendung gelangte. Paul unterschlug Anträge und Zahlungs befehle, denen Geldscheine und Briefmarken beigelegt waren. Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen schwerer Urkundenvernichtung in Verbindung mit Aktenunterschlagung zu einem Jahr drei Monaten Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust. Auf die Strafe wurden ihm fünf Monate der Untersuchungshaft angerechnet. Zum Tode verurteilt. Das Magdeburger Schwurgericht verurteilte den landwirtschaftlichen Arbeiter Fritz Fuhr, der aus der Landstraße Burg—Stegelitz eine Frau ermordet hatte, zum Tode und zu dauerndem Ehrverlust. Papst Pius H. Nach fünfjährigem Pontifikat. ö!m 22. Januar 1922 starb Papst Benedikt XV., -er im September 1914 erwählt, während der ganzen Kriegs, zeit auf dem päpstlichen Stuhl gesessen hatte. Unmittel, bar nach seinem Tode trat das Kardinalskonklave zur neuen Papstwahl zusammen, aber zwei Wochen später erst, am 6. Februar 1922, konnte mit dem „Uubowus pa- pam!" (Wir haben einen Papst) der Welt verkündet wer. den, daß der Stuhl Petri nicht mehr verwaist sei. Gewählt war 'Acyrues Nam, Erzbischof von Mailand, der, als er am 12. Februar gekrönt wurde und den Papstthron be stieg, den Namen Pius XI. annahm. Fünf Jahre sind seitdem verflossen, und Papst Pius XI. hat sich in diesem Lustrum durch sein friedfertiges, versöhnliches Wesen die hohe Achtung auch der andersgläubigen Menschen errun gen. Dank seiner klugen Politik haben in der letzten Zeit die Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem Staate Italien viel von ihrer früheren Spannung verloren. Wiederholt besprochen wurden des Papstes mündliche und schriftliche Auslassungen über die zunehmende Verwahr losung der Sitten und über die Verirrungen der Frauen mode. Lumen, Sport unü Spiet ) Handball. Die Wilsdruffer Mannschaft fährt morgen Sonn tag nach Meißen, um das Rückspiel gegen die Lcmdespo-lizei- schule auszutragen. Schwerlich wird es den Wilsdruffern ge lingen, den Sieg für sich M buchen, da Meißen wohl Ker noch bessere Kräfte verfügt, als wie hier spielten. Anwurf -2 Uhr Landespolizeischule Meißen. . „Dke 6800 Kilometer der Industrie", eine inter nationale Tourenwaqenprüfung durch Deutschland des A. v. D-, Kartell, A. D. A. C., R. d. A., findet in der Zeit vonl 18. bis 24. Juli statt. Die Fünferbobmeisterschaft von Deutschland, die auf der Bobbahn von Brückenberg nach Krummhübel unter Teilnahme von 13 Bobs zum Austrag kam, gewann Bob Fram IV des Sauerländischen Bob- und Autosportklubs (Lenker Hauptmann Zahn-Braunschweig, Bremser Völkel- Krummhübel) in 2:25,9 vor Bob 13 des Krummhübeler B. C. und Bob Schwarz-Weiß-Rot des Herrn Hachmann. Das Los entschied den zweiten Platz für Bob 13 (von Nevlinsky, Wentzel), den dritten für Bob Schwarz-Weiß- Rot (Hachmann, Averdam), da beide Bobs in gleicher Zeit eingekommen waren. Rund 300 Nennungen zu den Deutschen Skimeister schaften vom 11. bis 14. Februar in Garmisch-Parten kirchen sind aus dem Riesengebirge, dem Erzgebirge, Thüringen, Bayern, Deutsch-Böhmen, Österreich abge geben worden. 200 Meter Brust in 2:49,7 schwamm Erich Rade macher im Training in Magdeburg, eine Zeit, die be weist, daß er sich augenblicklich „in Form" befindet. Zslands Eol-nnnen. Bekanntlich wurden vor einigen Jahren in Middalen (Is- kand) zwischen Reykjavik und Thingvellir nennenswerte Eold- funde gemacht. Anfangs suchten norwegische Unternehmer aus den Middalminen Gold zu gewinnen und hoben zu diesem Zweck ein paar Stollen im Fundgebiet aus, aber bald darauf wurden die gesamten Grabungen unterbrochen. Inzwischen hatte sich ein deutsch-holländisches Konsortium die Eigentums rechte aller Landstreifen im Minenfeld, die es erlangen Konnte, verschafft und versuchte nun im Laufe des letzten Sommers eine systematische Ausbeute der fraglichen Minenfelder vorzunehmen. Unter Leitung von Professor Keilback und Ingenieur Wierig wurden 7 Minengänge bis zu einer Tiefe von 100 Meter vor getrieben, Vorarbeiten, die sich als recht kostspielig erwiesen. Doch ist nach Ansicht von Professor Keilback der Goldreichtum der Middalsminen groß genug, um trotz der hohen Unkosten noch erhebliche Reingewinne aus diesem Unternehmen zu er zielen. Nach vorsichtiger Berechnung wird die Menge des gold haltigen Quarzes in diesem Gebiet auf ungefähr 80 000 Tonnen geschätzt, während andere Angaben sogar die doppelte Summe nennen. Da die Gewinnung des Goldes aus den Quarzadern bisher mit großen Schwierigkeiten verknüpft war, hat es nicht an Stimmen gefehlt, die die Rentabilität dieser Minen überhaupt in Zweifel zogen. Immerhin dürften diese Bedenken angesichts der bisher erzielten Ergebnisse kaum aufrecht erhalten werden können. Dagegen wird deutscherseits betont, daß eine weitere Ausbeute der Minenfelder nicht bei den jetzigen hohen Arbeits löhnen, die in Island bestehen, gewährleistet werden kann, da sie teilweise 50 Prozent über den deutschen Löhnen liegen. Entscheidend für den Fortgang des gesamten Unternehmens im Frühjahr wird es sein, ob entweder die Löhne dementspre. chend verringert werden können, oder die Gefellschaft die Kon zession erhält, deutsche Arbeitskräfte hinüber zu schaffen. Bis her hat sich die isländische Regierung dagegen gesträubt, aus ländischen Arbeitern die Einwanderungserlaubnis in größerem Umfange zu erteilen. V. i * vermilcbtes » j Bünden Witt Büren haben. Das Bündnerland war in der Schweiz bis vor wenigen Jahrzehnten das eigent liche Bärenland, die Heimat der echten, wahren, wilden Bären, die zuletzt namentlich noch in den zerklüfteten mächtigen Jagdgründen des Unterengadins ihr drolliges Spiel trieben. Um die Wende des Jahrhunderts aber hat ein leidenschaftlicher Jäger aus Schuls dem letzten Bündner Bären elend den Garaus gemacht. Die Bündner möchten aber für ihr Leben gern wieder Bären haben und meinen, daß Bern von seinem Bärenreichtum ihnen etwas abgeben könnte. In Bern gibt es bekanntlich den be rühmten Bärengraben, wo die Bären unter behördlicher Aufsicht leben. Bünden ist nun der Ansicht, daß einige von diesen nur halb zivilisierten Berner Bären dem Schweize rischen Nationalpark überliefert werden und in den Wäl dern, Schluchten und Abgründen des Schutzgebietes sich fortpflanzen und vermehren könnten, damit der wilde Bär in der Schweiz nicht ganz aussterbe. Die Naturschutz- parkkommission wird dringend ersucht, aus das Programm ihrer nächsten Beratung als Glanznummer zu setzen: „Be völkerung des Nationalparks mit Bären." - Jeder sein eigenes Denkmal. Der Engländer Bent ham will ein merkwürdiges Verfahren zu Verewigung der körperlichen Hülle von Verstorbenen entdeckt haben. * HomiiisnrOmon von OtsrisZ von Nonsisin * bv »-»- ».6.8. 27 Gerda atmete auf, wenn es sie auch schmerzte, so lange warten zu müssen. Der Kaufherr hatte ihren Stimmungswechsel beob achtet und drohte ihr lächelnd mit der Hand, so daß sie unwillkürlich errötete. Auch Wilhelmintje sah es und ihre Neugierde erwachte. „Ich will Ihnen Ihr Zimmer zeigen, ich denke, Sie nehmen es dicht neben dem meinen." Sie winkte einem der malaiischen Diener, daß er vor ihnen herging und die Türen öffnete, denn sie war nicht gewöhnt, auch nur den kleinsten Handgriff zu tun, und sie gingen ins Haus. „Laß nur dem Fräulein Zeit, zum Diner Toilette zu machen." Da mischte sich der Papa ein. „Freuen Sie sich, Kind, heute lernen Sie Reistafel kennen." Sie hatte ein großes, schönes Zimmer, das wie alle einen direkten Eingang vom Garten aus und einen Verandavorbau besaß. Sonst war es ganz europäisch, nur überladen und ohne feinen Geschmack eingerichtet. Wilhelmintje wies auf die Tür zum Nebenzimmer. „Dort wohne ich." Gerda suchte ihr für ihr freundliches Willkommen zu danken, aber die junge Holländerin betrachtete sie noch immer wie ein Rätsel. So waren doch die Eltern noch nie zu einer Gouvernante gewesen oder zu einer Gesell schafterin. „Wo haben denn die Eltern Sie gefunden?" „In Hannover." „So sind Sie Ihnen Wohl besonders empfohlen?" „Gar nicht. Ich habe mich auf ein Zeitungsinserat gemeldet." Wilhelmintjes Gesicht wurde länger. „Woher kennen Sie denn Herrn Hollenkamp?" „Mein Vater war auch Maler und Herr Hollenkamp war sein Schüler, er hat viel bei uns verkehrt." Plötzlich ging ein Leuchten des Verstehens über ihr Gesicht. „Sie sind wohl die Braut des Herrn Hollenkamp?" „Aber nein." Sie wurde über und über rot. ' „Doch, doch, jetzt weiß ich es bestimmt." „Aber ich versichere Ihnen —" „Versichern Sie nichts, denn es wäre eine Lüge. Herr Hollenkamp hat ja vor einem Jahre einmal vierzehn Tage bei uns gewohnt. Und da war ich einmal in seinem Zimmer, wie er einen Ausflug nach Buitenzorg machte. Da stand auf dem Tisch eine Photographie — natürlich, das waren ja Sie. Aber natürlich." „Aber nein, das kann ja höchstens ein Bild meiner Mutter gewesen sein." „Ihrer Mutter?" Nein, wirklich, da Sie es doch gesehen haben. Er hat sich "für meine Mutter interessiert und ich hoffe, es wird noch einmal ein Paar." „Hollenkamp und Ihre Mutter? Das ist doch unmög lich. Ihre Mutter ist doch eine alte Frau." „Erlauben Sie, meine Mutter ist 35." „Ach ja, wir leben hier ja in den Tropen, da rechnet man anders. Da bin ich mit meinen sechzehn Jahren schon bald eine alte Jungfer und wenn man erst fünf unddreißig ist — in Europa soll ja das anders sein." „Sie sind in einem Alter und passen so gut zusammen." Gerda sprach voller Eifer, als müsse sie die abwesende Mutter verteidigen. Wilhelmintje zuckte die Achseln. „Mag sein, aber schade ist es doch. Sie paßten viel besser zu ihm. Fünfunddreißig und siebzehn oder acht zehn, das nennt man hier passend. Nun gleichviel. Es freut mich, daß Sie da sind und daß Sie aus guter Familie sind. Wir wollen Freundinnen werden!" „Von ganzem Herzen. Ich bin ja so glücklich, daß Sie mich alle so freundlich aufnehmen." Gongschläge klangen durch das Haus. „Herrgott, nun haben wir doch die Zeit verplaudert und Sie sind noch nicht fertig. Schnell machte sich Gerda zurecht und die beiden Mädchen gingen gemeinsam in das große, durch Eiskübel künstlich kühl gehaltene Speisezimmer. Hier waren außer dem alten Ehepaar ein paar der hervorragendsten An gestellten des Kaufherrn versammelt und auch ein paar Damen in großer Toilette. Gerda fühlte, wie sie in ihrem einfachen Kleidchen abstach, aber Mevrouw nickte ihr wohl wollend zu. „Das freut mich, daß Sie sich mit Wilhelmintje schon verstehen." „Ich denke, wir werden Freundinnen, Mama." Diese Worte regelten auch gleich das Verhalten der anderen zu Gerda. (Fortsetzung folgt.)