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MMfferAgMN Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, 2 Mk inssialird Abtraos . . gebühr. Einzelnummern l5P>,. «ll-Postanfwlikn Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P-stboiknundunineAu«- trLger «nd DrlkdÄisftcllrn ' - ————^—— nehmen zu leder Zeit Be« »ellunaen enlaeoen. ^m KnUe höherer Dewal», Krieg oder ionftiger B-lriedsstörungen distehl Hein Anspruch aus Lteserung »er Zeitung oder Kürzung de» D-zug-preise». - AL-Ksendung -ingcs-ndter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die8gelpalteneRaumzeile20Go!dpfennig, die 4gehaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Gold- pfennig, die 3 gespaltene Aeklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Sicchweisungsgel ühr 20 Goldpfennig. Bor- geschriebene Erscheinungs- tage und Platzvorschriften »oerden nach Möglichkeit Ami Ä?N9drUss Nk. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm. 1V Uhr «» — -- ..... — — -— Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir Kerne Garantie. Jeder Rabatranipruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 23. — 86. Jahrgang. Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff- Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag den 28 Januar 1927 Die neue Ministerliste. Warum Geheimpolitik? Von besonderer politischer Seite wird uns unterm 27. Januar geschrieben: Die selbstverständliche Begleiterscheinung jeder Re gierungskrise ist die — Indiskretion. Was man in fest ver schlossenen Zimmern, was man in kleinstem Kreise be sprochen und verabredet hat, — plötzlich steht alles in irgendeiner der Zeitungen einer Partei, die bei den Be sprechungen gar nicht zugegen war. Die Entrüstung ist dann grenzenlos, zumal derartige „Ausplauderei" oft von recht erheblichem Einfluß auf die weitere Entwicklung der Dinge zu sein vermag. In die jetzige Regierungskrise platzte nun ebenfalls eine solche Veröffentlichung hinein und auch sie häufte neue Schwierigkeiten auf den Weg. In einigen Berliner Linkszeitungen wurden die durch Vereinbarungen zwischen den verhandelnden Parteien, dem Zentrum und den Deutschnationalen, angeblich erzielten „Richtlinien für die künftige Regierungspolitik" veröffentlicht, jene Grund lagen nämlich, die von vornherein zum Gegenstand der Besprechungen gemacht waren. Die Veröffentlichungen stellten einen Umriß der wichtigsten Punkte dar, in denen sich die künftigen Regierungsparteien noch nicht einig oder über die sie sich in noch nicht ausreichender Weise klar waren, ferner enthielten sie Vereinbarungen, die ihren Niederschlag in der Regierungserklärung finden sollten, waren also geboren, mitten aus dem Lauf der Verhandlungen heraus, ohne etwas Endgültiges darzu stellen. Und diese „Richtlinien" wurden nun veröffentlicht gegen den Willen der V e r h a n d l u n g s- führer. Diese Ausplauderei hat große Erregung, ja Entrüstung hervorgerufen. Auch erschien sofort ein a m t - liches Dementi, das kurz erklärte: Die beabsichtigte amtliche Bekanntgabe der in den Ver handlungen des Herrn Reichskanzlers mit den Parteiführern festgestellten Vorschläge über Richtlinien einer künftigen Regierungspolitik, die übrigens nicht alle für ein Regie rungsprogramm in Betracht kommenden Fragen umfassen, konnte noch nicht erfolgen, weil noch nicht sämtliche in Be tracht kommenden Fraktionen ihre Zustimmung zu den Er klärungen der Parteiführer gegeben haben. Alle über den Inhalt der Vereinbarungen erfolgenden Veröffentlichungen können nicht als authentisch angesehen werden. Soweit gut. Aber wenn der Leser, dem die Indis kretion versetzt wurde, weiß, daß die „Richtlinien" noch nichts Endgültiges darstellen, daß sie ferner noch ergänzt, erläutert und in manchen Punkten abgeschwächt werden, so gewinnt er an Hand dieser „Richtlinien" ein Bild da von, wieweit die Verhandlungen fortgeschritten sind. Da ist z. B. die Streitfrage der „republikanischen Staatsform". Sie wird als rechtsgültig anerkannt, was dadurch den Deutschnationalen tragbar gemacht wird, daß in der Regierungserklärung ausdrücklich auf die Pietätvolle Ehrfurcht hingswiesen werden soll, die der vergangenen Staats form und der früheren Reichsflagge gewahrt werden wird. Auch die aus wärtige Politik ist zwar dahin festgelegt, daß Locarno und Genf nicht bloß völkerrechtlich bindend für uns sind, sondern die oamaligen Vereinbarungen reichsgesetzliche Bindungen darstellen, daß aber die nationalen Interessen nicht unter unserer lohnten Mitarbeit am Völkerbund leiden dürften. Doch auf weitere Einzelheiten einzu gehen, muß sich schon deswegen erübrigen, weil Liese ganze Geschichte sich zn einer sehr erheblichen Störung ausgewachsen hat und zu einer Lage führte, in der dem Vernehmen nach die Deutschnattonale Partei entschlossen sei, ihre Forde rungen zu erweitern. — Das wunderlichste dabei ist übrigens, daß ursprünglich alle Parteivertreter dem Wunsch D r. M arx', diese „Richtlinien" alsbald zu ver- öffentlichen, Entgegenkommen zeigten, offenbar auch des wegen, weil sie — dochnichtgeheim bleiben würden, übrigens ist es nicht das erstemal, das Parteiblätter von irgendeiner wahrscheinlich interessierten oder beteiligten Seite über Dinge vorzeitig unterrichtet werden, obwohl vorher feierlich von den Parteien oder gar amtlich erklärt wurde, die Verhandlungen blieben geheim und gingen nur an die gesamte Presse zu gleicher Zeit. Im Volk versteht man diese Geheimnistuerei überhaupt nicht; es handelt sich doch nicht um Angelegen heiten, die sozusagen das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen haben. Und — heraus kommt es doch über kurz oder lang. Die Geheimnistuerei erregt vielmehr das Gefühl, als ob wichtigste Interessen des Vol kes nun hinter verschlossenen Türen zum Gegenstand eines Hin- und Herhandeks gemacht werden. Und diese Geheimnistuerei ebnet noch außerdem den Boden für alle möglichen Intrigen, die dem glatten Ablauf nur gefährlich werden können. Freilich ist von der früheren Zusage, daß die Geheimdiplomatie die Schicksale der Völker nicht mehr bestimmen solle, auch recht herzlich wenig übriggeblieben; man sieht aber an der Episode, die sich nun innenpolitisch abspielte, recht drastisch das Unerfreuliche und häufig recht überflüss i g e dieser Geheimpolitik. TnWmmMt i»Wer FW» n kWmd. London, 28. Januar. Nach einer Reutermeldung aus Delhi hat der Bizekonig von Indien von verschiedenen indischen Fürsten Angebote von Truppen zur Verwendung in China er halte». Zwischenspiel wegen der Richtlinien. Die Demokraten beteiligen sich nicht. Die Beratung, die Reichskanzler Dr. Marx am Don nerstag mit den Parteiführern hatte, galt vor allem der Frage der Besetzung der Ministerposten. Die Besprechung dieser Angelegenheit konnte endlich in Angriff genommen werden, nachdem die demokratische Reichstags fraktion einen einstimmigen Beschluß herbeigesührt hatte, sich an der Kabinettsbildung nicht zu beteiligen. Für die neuen Regierungsparteien war damit Klarheit geschaffen, welche Ministersessel neu zu besetzen sind. Die Demokraten begründen ihr Fernbleiben aus der neuen Regierungskoalition damit, daß sie gegen die von Reichskanzler Marx mit den Deutschnationalen und mit der Deutschen Volkspartei aufgestellten Richt linien für das neue Negierungsprogramm in wirtschafts politischer und kultureller Beziehung Bedenken hätten. Sie glaube» daher, in der Opposition mit besserem Erfolg „für die Wahrung der deutschen Geistesfreiheit und für die Sicherung einer gesunden Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik wirken zu können." In politischen und parlamentarischen Kreisen hat am Donnerstag übrigens ein Zwischenspiel überrascht, das leicht zu neuen Schwierigkeiten in der Be hebung der Regierungskrise hätte führen können. Von den neuen Regierungsparteien war in Aussicht genom men, die Hauptpunkte der neuen Richtlinien ihres Ne gierungsprogramms der Öffentlichkeit zu übergeben. Von dieser Absicht war jedoch später Abstand genommen worden, da noch nicht alle in Frage kommenden Parteien ihre volle Zustimmung zu diesen Richtlinien gegeben hatten. Nichtsdestoweniger war in einem Teil der Presse der Wortlaut jener Richtlinien veröffentlicht worden, die sich auf die Außenpolitik, die Verfassung, die Reichswehr, Kulturfragen und Fragen der Sozialpolitik bezogen. Eine offiziöse Auslassung besagt indes, daß der Text dieser Veröffentlichung durchaus nicht authentisch sei. überdies veröffentlichte ein linksdemokratischcs Blatt ein aus vier Punkten bestehendes sogenanntes Proto koll, das von den Führern der Deutschnationalen, der Deutschen Volkspartei und dem Zentrum angefcrtigt worden sein soll und in dem bezüglich der Locarnopolitik, der Versassungsfragen und der Symbole der Republik nähere Abmachungen zwischen den neuen Regierungs parteien niedergelegt worden seien. Die Veröffentlichung der Richtlinien hat namentlich in deutschnationalen Kreisen stark verstimmt und diese Verstimmung ist auch dem Reichskanzler von der Fraktionsleitung offiziell zur Kenntnis gebracht worden. Indessen schein es Reichs kanzler Marx gelungen zu sein, die ausgetauchte Ver stimmung wieder zu beheben. Die Nationalliberale Korrespondenz, der parteiamt liche Pressedienst der Deutschen Volkspartei, beschäftigt sich mit der Erklärung der Zentrumsfraktion, die sich bekannt lich gegen Auslassungen in liberalen und volksparteilichen Organen gewandt hatte, in denen kulturelle Bedenken bei der Bildung der neuen Regierungskoalition zum Ausdruck gekommen sind. Die Nationalliberale Korrespondenz rügt die Form der Auslassung der Zentrumsfraktion und be tont, daß die Deutsche Volkspartet die Wahrung der Rechte des Staates und der Schule mit der Wahrung der Eltern rechte zu verbinden wissen wird. Eine Polemik über diese Frage erscheint ihr in der gegenwärtigen politischen Situation nicht für angebracht. Zugeständnisse an China. Amerika u Japan wünschen neue Verträge Die lange erwartete Note des Staatssekretärs Kellogg über die Politik der Vereinigten Staaten gegenüber China wurde jetzt der Öffentlichkeit übergeben. Sie besagt, daß die amerikanische Regierung bereit sei, über neue Verträge mit China zu verhandeln, wobei sie nötigen falls unabhängig von anderen Mächten auftretcn werde, daß sie aber bestehende Verträge nicht aufheben könne, bevor ein neuer Vertrag unterzeichnet und vom Senat ratifiziert worden ist. Inzwischen halte die Regierung Marinestreitkräfte in den chinesischen Gewässern bereit, um amerikanisches Leben und Eigentum zu schützen, wenn die chinesischen Behörden es unterlassen sollten, solchen Schutz zu gewähren. Die Erklärung betont weiter die amerika nischen Sympathien mit Chinas „nationalem Erwachen", ferner die volle Neutralität im chinesischen Bürgerkrieg seitens der Bereinigten Staaten und den Wunsch der Vereinigten Staaten, mit China „im liberalen Geiste" zu verhandeln. „Die einzige Frage ist," so heißt es weiter, „mit wem die Vereinigten Staaten verhandeln sollen. Wenn China sich über die Ernennung von Dele gierten einigen kann, die die Behörden oder das Volk des Landes vertreten, dann würden wir bereit sein, über einen solchen Vertrag zu verhandeln." Fünf deutschnaüonale Minister. Donnerstag nachmittag 5 Uhr begab sich der Führer der Deutschnatwnalen, Gras Westarp, zum Reichs kanzler Dr. M a rx, um ihm die Forderungen der Deutsch- nationalen in bezug auf ihre Vertretung im Rrichskabinett vorzutragen. Wie man vernimmt, gingen diese Forde rungen auf die Zuerteilung von fünf Ministersitzen. Die Deutschnationalen verlangen die Ernennung eines Vize kanzlers ohne Ressort aus ihren Reihen, ferner das Innen-, das Finanz-, das Justiz- und das Ernährungs ministerium für sich. Für abends 7 Uhr war eine Sitzung der deutschnationalen Ncichstagssraktion angesagt, in der Graf Westarp über das Resultat seiner Unterredung mit Dr. Marx Bericht erstatten sollte. * Die neue Mimsterilste. Berlin. Reichskanzler Dr. Marx hat nach vek Plenarsitzung des Reichstages sofort die Besprechungen über Neubesetzung der Ministerpostcn mit den Parteien ausgenom men. In gut unterrichtete» parlamentarischen Kreisen wird folgende Ministerliste genannt, die allerdings noch nicht amt lich bestätigt ist: Reichskanzler Dr. Marx (Ztr.) Reichssinanzminister Badischer Staatsmiuistcr Dr. Köhler (Zentr.) Arbeitsminister Dr. Brauns (Zentr.) Besetzte Gebiete Dr. Bell (Zentr.) Justizminister Graef-Thür. (Dtn.) oder Dr. v. Dryander Inneres von Lindeiner-Wildan (Dtn.) Ernährung und Landwirtschaft Schiele oder Freiherr von Stauffenberg (Dtn.) Verkehr Dr. k. e. Koch (Dtn.) Außenminister D r. Stresemann (D. Vp.) Wirtfchaftsminister Dr. Curtius (D. Vp.) Postminister D r. Stingl (Bayer. Vp.) Reichswehrminister Dr. Geßler als Fachminister. Churchill für AMUermg -er Kriegsschulden. EinellnterredungmitLoucheur. . Eigener Fernsprcchdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Poris, 27. Irnuar. Wie wir erfahren, hat sich Churchill bei dem gestrigen Frühstück bei Loucheur, dem auch Aureol bei wohnte, für eine allgemeine Annullierung der Kriegsschulden aus gesprochen. Er teilte mit, England habe jährlich an Amerika 38 Millionen Pfund Sterling zu bezahlen, während es von Frank reich und Deutschland aber nur 16 Millionen Pfund erwarten könne. England sei darum bereit, auf sein Kriegsguth den von Frankreich und Deutschland zu verzichten, wenn Amerika seine Forderungen an England streiche. Loucheur soll darauf erwidert hoben, daß er diesen Standpunkt mit der Einschränkung teile, daß Deutschland gleichwohl gehalten werden müsse, dis Repara tionen an Frankreich zu bezahlen. Nach seiner Ansicht könnte im Falle einer Annullierung der interalliierten Schulden höchstens eine Herabsetzung der Reparationen in Frage kommen. Wie Reuter sich aus Tokio melden läßt, ist auch die japanische Regierung bereit, über einen neuen Vertrag auf der Grundlage der Gleichberechtigung und der Meist begünstigung mit China zu verhandeln. Die Zugeständ nisse an China würden die Anerkennung der chinesischen Tarife und die mit gewissen Bedin gungen verbundene Autonomie enthalten. Der Grundsatz der Aufhebung der Exterritorialität wurde anerkannt. Die Zusatzabgaben würden in dem Vertrag nicht erwähnt werden, da sie durch ein internationales Abkommen ge regelt werden sollen. Oie Arbeiterpartei gegen die Chinaexpedit on. Die englischen Gewerkschaften und die Arbeiterpartei haben eine Deputation zum Außenminister Chamberlain entsandt, um gegen die Truppensendungen nach China vorstellig zu werden. Nach längerer Aussprache erstattete die Aboronung einer aus Gewerkschaftsrat und Partei vertretern zusammengesetzten Versammlung Bericht, die darauf folgende Resolution annahm: Die englische Ar beiterschaft bedauere militärische Aktionen und fordere die Weiterversolgung friedlicher Verhandlungen mit China zwecks Vertragsrevision. Die Arbeiterschaft er klärt den chinesischen Arbeitern ihre ausrichtigeTeil- nahme und ist bereit, sie in ihrem Streben, ihre wirt schaftliche Lage zu verbessern, bcizustehen. Die Stellung der Deutschen.