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MMufferTagebsatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gefpaltene Raumzeile 20 Goldpfenniy, die 4 gtjpa'.te^i Zeile der amUichcn Belialtnttnu^unten 4O(L)old- vfennig, die 2 gejpoltene Aeklamezeile im textlichen Teile 100 Gvldpfennig. Rcchweisungsgcl ützr 20 Goldpfennig. ^or- geschriebeneErschcinungs- . mgc und Piatzvorschristen werden nach Möglichkeit SkN spremek: Amt WllSDrUsf Nk. 6 lerüchsichtigi. An-e-gen- Annahme bis oorm. 10 Uhr - — Mr die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltet» Anzügen übernehmen wir Kerne Garantie. Jeder Rabationipruch crlijcht, wenn der Benag durch Klage eingezogen werden muß oderderAustraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nch nien alle Vermittlungsstellen entgegen. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend s°ll° höft-r-r Krieg ode, Lustig.. B-Iri-d-stSrung-n d-st-h- kein An<pruch aus Lieserung ^r Miung ad« Kürzung be- B-zug-pr-is-r. - Rücksendung eingesandter Schriftstücke ersolg! nur, wenn Paria beweg,. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts «nd Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. N? 12 86-Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Sonnabend, den 15. Januar 1827 Die erste Bürgerpflicht. Ob man auch heute noch den treuen Staatsbürger, wie in den schlimmen Tagen nach Jena vor 120 Jahren, von Obrigketts wegen zur Ruhe mahnen muß, wenn und nachdem der Staat „eine Bataille verloren" hat? Wir haben zwar, seit dem Zusammenbruch im Welt krieg, keme Bataille mehr verloren, aber die Regie- * " * l l s, deren Lösung nun endlich nach drei- wochentucher Werhnachtspause in Angriff genommen wer- ^unte schon, wenn auch diesmal wieder ein Fehlschlag an den anderen sich reihen sollte, zu einer be denklichen Auspeitschung der Parteileidenschaften führen, der ore verantwortlichen Männer an der Spitze des Reiches nicht ohne Sorgen entgegensehen müßten. Der zweite Reichspräsident, Feldmarschall von Hinden burg, hat zwar auf dem Gebiete der Ministerkrisen noch nicht so viele Erfahrungen gesammelt wie sein verstorbe ner Vorgänger, der Reichspräsident Ebert, aber man kann nur wünschen, daß die Ruhe und Besonnenheit, die er bisher in seiner Machtstellung als Oberhaupt des Reiches nach allseitigem Urteil bewahrt hat, ihn auch in den gegenwärtigen Nöten des Reiches nicht verlassen mögen, damit sie in der ganzen Bevölkerung und besonders auch in allen Parteilagern als nachahmenswertes Vorbild hochgehalten werden können. Wie die Dinge einstweilen noch liegen, mutz man wohl mit der Möglichkeit rechnen, daß Herr von Hindenburg schließlich die Parteien, wenn sie sich durchaus nicht einigen wollen, abseits stehen und ein Geschäftsministerium, falls es im Reichstag auf Widerstand stößt, zur Auflösung schreiten lätzt. Das wäre gewiß ein fragwürdiger Ausgang des Streites, der uns unmittelbar vor Jahresschluß beschert worden ist und von dem natürlich niemand Voraussagen kann, ob e r zu der allgemein ersehnten Klärung der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse führen wird, zu der die Parteien bisher nicht imstande gezeigt haben. Aber darin besteht doch wohl gleichfalls ziemliche Übereinstimmung, daß es wirklich keinen Sinn mehr hat, die Dinge so wie bisher unverändert weiterlaufen zu lassen. Eine Bataille ersten Ranges verloren, wenn auch keine militärische, sondern eine wirtschaftspolitische und soziale, hat das englische Königreich in dem schweren und langandauernden Kampf zwischen Gruben besitzern und Kohlenarbeitern. Aber um deswillen wurde doch die erste Bürgerpflicht, die Ruhe zu wahren, den Untertanen seiner großbritannischen Majestät nicht erst weiter in Erinnerung gebracht; damit wäre dem alt ererbten Stolz dieses Volkes wohl gar zuviel vergeben worden. Wohl aber hielt man es drüben im Jnselreich zu derselben Zeit, da hierzulande mit größter Anstren gung ein engbegrenztes Schutzgesetz zugunsten der Jugend erlassen wurde, für angebracht, die englische Skandalpresse durch einen Akt der Gesetzgebung zur Ruhe zu verweisen, der ihr die breitspurige Berichterstattung über Ehescheidungsprozesse nahezu völlig untersagt. Eine bestimmte Sorte von Blättern lebte nämlich in England förmlich von der journalistischen Ausbeutung dieser ehelichen Skandalgcschichten und niemand wußte bisher den rechten Weg, um diesen Leuten das Handwerk zu legen. Nun aber hat der britische Gesetzgeber kräftig zugegnsfen; em schon längst bestehendes Verbot un- z sichtiger Schriften wurde einfach auf die gericht liche Berichterstattung im allgemeinen ausgedehnt, indem man es für unstatthaft erklärte, aus einem gerichtlichen Verfahren Dinge oder medizinische oder physiologische Einzelheiten zu veröffentlichen, deren Bekanntmachung die öffentliche Moral schädigen könne. Dar über hinaus aber wurde für die Berichterstattung über Ehescheidungsverfahren ein ganz bestimmter, engbe- grenzter Rahmen gezogen, mit dem notwendigen Erfolg, daß diesem Teil der Zeitungslektüre fortan der besondere Anreiz genommen sein wird. Nur zugunsten der juristi schen und medizinischen Fachblätter wurde eine Ausnahme gemacht. Natürlich fehlte es auch in England nicht an Leuten, die vor der Einführung von Kautschukparagraphen auf diesem an sich schon ziemlich empfindlichen Gebiet warnten, die sich nicht vorstellen konnten, nach welchen sittlichen Gefühlsbgriffen Polizei und Gericht hier ent scheiden sollten, ohne bald hier, bald da Ärgernis und Anstotz zu erregen. Ter englische Gesetzgeber hat sich, kurz entschlossen, wie er zumeist ist, über diese Bedenken rasch hinweggesetzt, und siehe da, der Teil der Blätter, die durch die neuen Bestimmungen getroffen werden, zeigte sich sehr bald den Lesern in einer wesentlich gereinigten Gestalt. Die Engländer halten eben Ruhe für die erste Bür gerpflicht, und wer sich dieser Pflicht nicht fügen Will, den läßt er schuldig werden und mit empfindlichen Geld- und Gefängnisstrafen belegen, weil ihm das Wohl der Gesamtheit als solche höher steht als die Freiheit oder vielmehr der Mißbrauch der Freiheit von Leuten, die den Beruf und das Vorrecht der Presse für ihr dunkles Gewerbe in Anspruch nehmen. In solchen Dingen kennt der ordentliche Engländer nun einmal keinen Spaß, will er von der viel berufenen Amerikanisierung der Presse nichts wissen. Niemand kann wissen, ob und wann nicht auch anderwärts diese Anschauung, auf der sich jetzt schließ lich die ganze Ordnung unserer staatlichen Verhältnisse ausgebaut bat. wieder zur Herrschaft kommen wird. Jie WermAUW DieSeuGnationasen beiSr.Lurtms Erörterungen über vier Hauptpunkte. Die Verhandlungen, die Neichswirtschaftsminister Dr. Curtius mit den Parteiführern über die Bildung der neuen Reichsregierung führt, nehmen langsam ihren Fortgang. Am Freitag empfing Dr. Curtius eine Abord nung der deutschnationalen Reichstagsfraktion und teilte ihr die „schweren innen- und außenpolitischen Be denken" des Zentrums mit, die ihm am vorhergehenden Tage von den Zentrumsführern in einer mehrstündigen Aussprache auseinandergesetzt worden waren. Von den Deutschnationalen waren bei Dr. Curtius Graf Westarp, Staatsminister a. D. Wallraf sowie die Abgeordneten von Lindeiner-Wildau und Treviranus erschienen. An der Besprechung, die länger als drei Stunden dauerte, nahm auch Reichsaußenminister Dr. Stresemann teil. Bei den Erörterungen drehte cs sich im wesentlichen nm vier Punkte. 1. Um die auswärtige Politik. 2. Nm die Versassungsfrage. 3. Um sozialpolitische Fragen uns 4. um Kulturfragen. (Schul- und Kirchenpolitik.) Im Reichstag rechnet man damit, dass Dr. Curtius, nachdem er die Auffassungen sowohl der Deutschnatio- nalen als auch des Zentrums kennengelernt hat, nunmehr von sich aus Vorschläge zu einem Regierungsprogramm ausarbeiten wird, die er dann bei den nächsten Be sprechungen diesen beiden Parteien vorlegen wird. Über die Besprechung zwischen Dr. Curtius und den Deutschnationalen wird noch bekannt, daß Dr. Curtius gleich zu Beginn der Verhandlung betonte, daß er sich keineswegs als der Mittler zwischen Zentrum und Deutschnationalen betrachte und daß er nicht etwa be stimmt formulierte Forderungen des Zentrums den Deutschnationalen vorzulcgen habe. Er erwarte auch keine bestimmt formulierten Antworten der Deutschnationalen. Das Zentrum habe ja auch noch keine grundsätzliche Stel lung eingenommen. Die in Berlin anwesenden Abgeordneten der Deutsch nationalen hielten nach der Rückkehr ihrer Vertreter von Dr. Curtius eine Besprechung ab, deren Thema die Er öffnungen des Herrn Dr. Curtius bildeten. Auch dis Fraktion des Zentrums war zu einer Sitzung zusammen berufen, in der das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Dr. Curtius und den Deutschnationalen zur Beratung stand. * Jie Entscheidung des Zentrums — Ab sage an Ir. Curtins. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 14. Januar. Die Zentnunssraktivn des Reichs tages hat heute nachmittag nach kaum einstündiger Sitzung als Niederschlag her Beratungen der Fraktion folgendes Schreiben an Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius gerichtet: SieVerhandlungen Veldie„ReMM" Die Ausfuhr von Kriegsmaterial. Wie der „Matiu" zu melden weiß, haben entgegen anderslautenden Nachrichten die deutschen Delegierten in Parrs wegen der Verlegung der Verhandlungen über die Ostfeftungen nach Berlin keine Schritte unternommen Die Botschafterkonferenz, so sag« das Blatt, habe allein das Recht, die Verhandlungen zu liquidieren und sich über die Ergebnisse der Verhandlungen auszusprechen. Im übrigen müsse festgestellt werden, daß die deutschen Sach verständigen niemals erklärt hätten, daß sie keine schrift lichen Verpflichtungen übernehmen wollten. Gewiß hätten sie der Botschafterkonferenz noch keine festen Vorschläge gemacht. Das sei natürlich, denn sie wollten bis zum letz ten Augenblick verhandeln, aber schon jetzt hätten General von Pawclsz und Geheimrat Forster die Ausarbeitung neuer Texte für die Ausfuhr von Kriegsmaterialien be gonnen. Die darin enthaltenen Hinweise seien von den alliierten Zuchverstänoigen ziemlich günstig ausgenommen worden. Es bleibe jedoch noch die ziemlich heikle Frage der optischen Instrumente, für die sich England besonders interessiere. Was die Befestigungen in Ostpreußen an lange, so scheine die Besprechung leine wesentlichen Fort schritte gemacht zu haben. General von Pawelsz habe sich noch Freitag nachmittag über diese Frage mit den Mit gliedern des Interalliierten Militärkomitees unterhalten. Die Hauptverhandlungen über die Ausfuhr von Kriegsmaterial aus Deutschland Haber« in Berlin zwischen Vertretern der deutschen Regierung und der Interalliierten Militärkontrollkommission begonnen. Die in Verhandlungen mit der Militärkontrollkommission er örterten Fragen sollen in mehreren Gesetzentwürfen ge regelt werden, über die Einzelheiten dieser Gesetzent würfe wird noch verhandelt und es soll das Sachver- Ir. MwsDMert. Sehr verehrter Herr Minister! Ich bestätige dankend den Empfang Ihres Schreibens vom 14. Januar des Jahres. Dasselbe ist der Gegenstand eingehen der Würdigung gewesen. Aus diesem Schreiben haben wir er sehen, daß Sie, Herr Minister, lediglich die Ausgebe übernommen heben, sachliche Verhandlungen zum Zwecke der Herbeiführung einer Koalition zu führen. Unter den gegenwärtigen politischen Verhältnissen unterliegt die von Ihnen beabsichtigte Regierungs bildung für uns nach wie vor den schweren Bedenken, die Ihnen von unseren Beauftragten und auch namens unseres Herrn Par teivorsitzenden Dr. Msrx dem Herrn Reichsaußenminister Stresemann dargelegt worden sind. Wir halten den Versuch der Bildung einer Regierung der Mitte nach Lage der Dinge für den gegebenen Weg zur Beilegung der Krise. Wir können uns da her von einer Fortführung Ihrer Verhandlungen auf der Grund lage Ihres Schreibens vom 14. Januar keinen Erfolg ver sprechen. Ein Eingehen auf die in diesem Schreiben mitgetcillen Richtlinien dürfte sich demnach erübrigen. — Unterzeichnet ist der Brief vom. Herrn von Guerard als stellvertretenden Vorsitzen den der Zentrumssraktion des Reichstages. Clirtiils MN ReichrprWenttN. Eigener Fernsprcchdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 14. Januar. Reichsminister Dr. Curtius berich tete heute abend dem Reichspräsidenten über die durch das Schreiben des Vorsitzenden der Zentrumsfraktion an ihn ge schaffenen Lage und erklärte, dost damit sein Versuch -er Bildung einer Mshrhejtsregierung unter Zuziehung der Dcutschnationalen gescheitert sei. Der Reichspräsident behielt sich seine weitere Entschließung vor. Nach dm Scheit»« M Dr. Lurtiur. Eigener Zcrnsprcchdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 14. Januar. Da der Reichspräsident Herrn Dr. Curtius erklärt hat, sich seine Entschließungen über die wettere Behandlung der Regierungsbildung Vorbehalten zu wollen, so wird in parlamentarischen Kreisen erwartet, daß neue Verhand lungen morgen vormittag bereits in Gang gebracht werden. Der Reichspräsident wird im Laufe des morgigen Sonnabend verschiedene Parlamentarier, darunter Hernr von Guerard, empfangen, um sich mit ihnen über die Möglichkeiten weiterer Verhandlungen zu unterhalten. In parlamentarischen Kreisen schließt man aus der Tatsache, daß Dr. Curtius dem Reichs präsidenten bisher seinen Auftrag noch nicht zurückgegcben hat, daß die Verhandlungen auch morgen von Dr. Curtius weiter- geführt werden, um nunmehr eine Regierung auf mittlerer Basis zu bilden, die sich im wesentlichen auf die Deutsche Volkspartei, Bayrische Volkspartei, Zentrum, Demokraten und wohl auch auf die Wirtschaftsportei stützen würde. Dieses so gebildete Ka binett würde daun vor den Reichstag treten, um sich für sein Arbeitsprygramnr ein Vertrauensvotum zu bitten. Da dieses Albeitsprogramm in erster Linie außenpolitische und soziale Fragen umfaßen wir-, rechnet man in Kreisen der Mittelpar- leien damit, ein Vertrauensvotum für das Kabinett zu erhalten. ständigenurtett von Vertretern der betroffenen Industrien eingeholt werden. Am weitesten sind bisher die Vorver handlungen über die Regelung der Waffenher stellung in Deutschland gediehen. Das in Aus sicht genommene Gesetz soll bestimmen, daß kleinkali brige Pistolen und Gewehre weiterhin tu Deutsch land hergestellt und ausgesührt werden dürfen. Verboten wird dagegen die Herstellung großkalibriger Ge wehre und Kanonen, die Herstellung von Geschützteilen, Geschützwagen uno die Konstruktion von Kriegsschiffen auf fremde Rechnung. 8AW EMMW der BnhMWen. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tagebiatles". Paris, 14. Januar. Von zuständiger französischer Seite wird mttgetcilt, daß General von Pawelsz und Lcgationsrat Dr. Forster in der heutigen Nachmittagssitzung -es Versailler Mili tärkomitees schriftliche Vorschläge Deutschlands über die Frage der deutschen Osibesrsligungen vorgelegt hätten. Diese konkreten Vorschläge würden nunmehr durch die Saävcrständigcn geprüft. In französischen offiziellen Kreisen sei man nach einer vorläufigen Keberprüsung dieser Vorschläge recht optimistisch und man glaube, noch vor dem 31. Januar zu einer zufriedenstellenden Regelung in der Frage der Ostbefestigungen kommen zu können. Es wird an zuständiger Stelle versichert, daß ebenso die heute beim Der- sailler Komitee von der Interalliierten Militärkontrollkommission in Berlin eingetroffenen Informationen über den Stand der dortigen Verhandlungen über die Frage des Kriegsmaterials den Schluß zulassen, daß bereits eine große Zahl der Teilfragen ge löst ist. Man zeigt sich auch hierin optim-stisch und ist überhaupt der Überzeugung, daß man zu einer baldigen Verständigung über die Eesamtfragen gelangen wird.