Volltext Seite (XML)
MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschast, Dar »Wilrdrufjcr T-geblatl" crschcint täglich nachm. 5 Uhr sür de» Tag. Bezugspreis: Be> Abholung in der GeschLsisstclle und den Ausgabestellen 2 Md. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3» Md., bei Postbtstellung 2 Md. zuzüglich Abtrag- r«, gebühr. Linzelnunimcrn läPsg. Alle Postanstalten Wochenblatt für Wnsdruff u. Umgegend PostdoienundunlercAus- träger und Geschäftsstellen — nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle HSHcrrr Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Liescrung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandtcr Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto bciliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gejpaltenc Naumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gcfpaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3 gespaltene Nedlamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rcchweisungsgeduhr 20 Goldpfennig. Bor- geschriebeneErscheinungs- tage und P atzvorschriften werden nach Möglichkeit ^ekNlpkechev: Amt WttSdvUff Nv. 6 berückstchtig?. Anzeigen, annahme bis vorm.10Uhr > -> —' --- — - — - - Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Nabatlanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oderder Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadlrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr 8. 86. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt« Wilsdruff- Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag,-LN 11 JaNUar 1927 Wohnungssorgen. Von unparteiischer Seite wird uns zu dem Kapitel „Wohnungswirtschaft« geschrieben: Da vor kurzem der preußische Minister für Volkswohl fahrt erklärt hatte, er wurde alles daransetzen, um die Er - Höhung der Hauszins st euer um weitere 30 2L durchzuführen, da außerdem die Zwangsbewirtschaftung der für gewerbliche Zwecke verwendeten Mieträume, also vor allem der Geschäftslokale, aufgehoben werden soll, so ist es zurzeit namentlich bei den Mieterorganisatio- nen sehr unruhig geworden. In zahlreichen Städten Deutschlands sind Demon strationen in Aussicht genommen; in Berlin hat man am Sonntag mit der Veranstaltung einer solchen Protestkundgebung die Aktion eingeleitet. Dabei waren aber nicht nur die Mieterorganisationen vertreten, sondern namentlich die Spitzenverbände des Hand werks, des Handels und G e w e r b e s, die sich durch die Lockerung des Mieterschutzes getroffen fühlen. Dabei richten sich die Angriffe auf den preußischen Wohlfahrts minister nicht zuletzt gegen dessen Absicht, die Aufhebung der Zwangsbewirtschaftung aller Geschäftsräume auf dem einfachen Verordnungswege herbeizuführen, und man sprach die Befürchtung aus, daß die vollständig freie Ver fügung auf diesem Gebiete zu zahlreichen Konkursen führen werde. Diese Ansicht läßt sich nicht ganz ablehnen, namentlich dort, wo ein Mangel an Geschäftsräumen vorlicgt und die Möglichkeit besteht, die Geschäftsräume in der Miete erheblich zu steigern. Andererseits ist aber fest zustellen, daß z. V. in vielen Städten ein sehr starker Überschuß an Geschäftsräumen über den Bedarf hin aus besteht, so daß also Wohl nur gewisse bevorzugte Ge schäftsgegenden die Möglichkeit einer Mietsteigerung geben werden. Man kann Befürworter einer Aufhebung der Wohnungszwangswirtschast sein, ohne daß man sich aber mit einer teilweisen Aufhebung, wie sie zum 1. April gerade für Geschäftsräume erfolgen soll, einverstanden zu erklären braucht. In der Berliner L.:.sammlung teilte der Syndikus des Reichsverbandes deutscher Schuhwarenhändler mit, daß das Wohlsahrtsministertum an der Durchführung jener Verordnung festhalten wolle, da sich die Jndustrie- und Handelskammer ebenso für die Aufhebung der Zwangswirtschaft ausgesprochen hatte wie die Mehrheit des Landtages. Allerdings liegen die Dinge nun auch nicht so einfach, wie der Minister es sich vorstellt; er hatte geäußert, daß die Erhöhung der Mieten wettgemacht wer den sollte durch eine Erhöhung der Löhne und Gehälter. So etwas läßt sich nun aber die Wirt schaft nicht so ohne weiteres befehlen; wir wissen aus den erbitterten Lohn- und Gehaltskämpsen dieser letzten Zeit, wie schwer es ist, eine erhebliche Lohnsteigerung zu er zielen. Deshalb werden die Abwchrmaßnahmen der Mieterorganisationen verständlich ebenso wie der Protest namentlich der Geschäftsinhaber. Aber des Pudels Kern ist doch eigentlich mehr, daß man mit unserer Wohnungs- zwangswirtschaft nicht mehr aus noch ein weiß. Auf der fehlen uns in Deutschland nach der eigenen ^"K'lchen Ministers etwa zwei Millionen die gewiß erschreckend groß ist. Und selbst bei günstigster Aussicht ist nicht damit zu rech- nen, diesen Bedarf im Laufe der nächsten zehn Jahre voll zu decken. Daß das an gewissen Stellen sicher vorhandene Überangebot von Geschäftsräumen schon soweit fortge schritten ist, um die Zwangswirtschaft gänzlich zu be seitigen, wird von den Mieterorganisationen jedenfalls aus das energischste bestritten. Andererseits kann man es aber dem Hausbesitzer nicht verargen, wenn er bestrebt ist, die großen Verluste aus der Zeit der Zwangswirtschaft auszugleichen und er somit die Verordnung des Wohl fahrtsministeriums begrüßt. Zumal dann, wenn er ent schlossen ist, den höheren Ertrag zu einer Wiederherstellung des arg vernachlässigten baulichen Zustandes seines Ge bäudes zu benutzen. Ebenso stößt die Heraufsetzung der Hanszins- steuer, wie sie angekündiat ist, bei den Mietern auf schärfsten Widerstand und auch die Hausbesitzer haben kein Interesse daran, diesem Widerstande entgegenzuwirken. Auch hier ist die Lage ganz fatal. Die Länder haben eben so wie die Kommunen ihre Finanzwirtschast seit Jahren auf den Ertrag der Hauszinssteuer eingestellt; die Summen, die nun sür den eigentlichen Zweck der Haus zinssteuer wirklich verwandt worden sind, nämlich als Baukredite zu dienen, haben auch längst nicht das ge wünschte Ergebnis erzielt. Es gibt Wohnungen genug, — nur muß man das notwendige Geld haben, um einer seits bei alten Wohnungen die trotz aller Verbote lustig im Gang bleibenden Abstandssummen zahlen zu können, andererseits in der Lage zu sein, die weit über das Friedensmaß hinausgehenden Mieten für neue Wohnun gen zu tragen, die sich wohl durchschnittlich um 100 gesteigert haben. So ist das Kapitel unserer Wohnungswirtschaft ein wirtschaftlich, finanziell und sozialpolitisch überaus trübes. Kein Mensch weiß einen Weg anzugeben, der aus dem Wirrsal herausführt, ohne daß allzu viele schwerste Wun den geschlagen werden. Niemand von den verschiedenen Parteien und Jnteressenkreisen hat ganz recht oder ganz unrecht. Gerade darum aber ist die Erbitterung des Kampfes eine besonders große. Ik. Curtius mit der WekWMiW beuustragt Hindenburgs Verhandlungen über die Regierungskrise. Beginn der parlamentarischen Arbeiten. Nach Ablauf der Weihnachtspause sind die Krisen verhandlungen programmäßig am Montag wieder er öffnet worden. Auch der Haushaltsausschuß des Reichs tages hat seine Arbeiten wieder ausgenommen. Er wird in den nächsten Tagen den Haushaltsplan für 1927 be raten. Hierzu ist bereits eine Anzahl von Abgeordneten im Reichstag anwesend. Fraktionssitzungen sind noch nicht angssetzt, aber die Parteiführer haben untereinander be reits Besprechungen abgehalten. Von den Fraktionsvor ständen trat Montag im Reichstag der der Deutschen Bolkspartei zusammen, woran auch Reichsaußenminister Dr. Stresemann teilnahm, Nach Beendigung dieser Sitzung hatten die Führer der Deutschen Volkspariei, Dr. Scholz und Dr. Curtius, eine Besprechung mit den Führern der deutschnationalen Reichstagsfraktion, Grafen Westarp und v. Lindeiner-Wildau, über die Aussichten einerKabinettsbildungdurchDr. Curtius. Für Dienstag ist der Vorstand der Zentrumspartei ein berufen. über die Empfänge beim Reichspräsidenten wird bekannt, das? Hindenburg als ersten Parlamentarier den Rcichstagspräsidenten Löbe empfing, um sich von diesem über die Stellung der Ncichstagspartcien unterrichten zu lassen. Diese Besprechung hat eine weitere Klärung der innenpolitischen Lage indessen nicht gebracht. Weiterhin sind vom Reichspräsidenten noch die Abgg. Leicht > (Bayer. Vp.), Bredt (Wirtsch. Vgg.), v. Gusrard (Ztr.) und Gras Westarp (Dtn.) empfangen worden. In parlamentarischen Kreisen nimmt man an, das? der Reichspräsident die Absicht weiterverfolgen dürfte, den volksparteilichcn Reichstagsabgeordnctc» und gegen wärtigen Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius mit der Neubildung des Kabinetts zu beauf tragen. Reichstagspräsident Löbe begab sich sofort nach seinem Gespräch mit Hindenburg in die Sitzung des sozialdemo kratischen Parteiausschusses, der sich in Berlin zur Be ratung über die Regierungsbildung versammelt hatte, und erstattete dort Bericht über die politische Lage. * Der Auftrag an Dr Curtius Berlin, 10. Januar. Amtlich wird mitgeteilt: Der Reichspräsident empfing heute in den Abendstunden den Reichs- wirtschastLM-inister Dr. Curtius und erteilte ihm den Auftrag zur Neubildung der Reichsrcgierung. Dr. Curtius nahm den Auftrag entgegen, behielt sich aber seine endgültige Entschließung , über die Llebernahme der Kabinettsbildung vor, bis sich das Er- s gebms der sofort einzuleitenden Verhandlungen mit den Fraktio- ! nen des Reichstages übersehen läßt. ' kine erklZrung vr. Lurtius Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 10. Januar. Reichswirtschaftsminister Dr. Cur tius veröffentlicht in der Nationalliberalen Korrespondenz nach seiner Betrauung mit der Neubildung der Regierung folgende Erklärung: Der Plan der Großen Koalition, der vor dem Sturze des Kabinetts Marx die parlamentarische Lage beherrschte, ist durch die bekannten Ereignisse zerschlagen worden. Die Stetig keit der deutschen Politik setzt aber nach wie vor die Bildung einer Minderheitsregierung voraus. Infolgedessen müssen Brücken nach rechts geschlagen werden. Grcf Westarp hat vor der Abstimmung über das sozialdemokratische Mißtrauensvotum er klärt, daß es sich bei der Stellungnahme der Deutschnationalen Bolkspartei nicht um die Regierungspolitik handele, sondern ledig lich um die Klärung der parlamentarischen Mehrhcitsverhält- nissc. Es güt, auf den bisherigen Grundlagen der bisherigen Politik der Mitte Gemeinschaftsarbeit mit der Deutschnattonalen Bolkspartei zu ermöglichen. Die Presseveröffentlichungen der letzten Zeit dürfen von diesem Plan nicht abschrecken. Die Lösung der Krise erfordert Verhandlungen der verantwortlichen In stanzen der Parteien. Solche Verhandlungen von der Mitte nach rechts zu führen, bin ich von dem Herrn Reichspräsidenten beauftragt. Wenn sie gelingen, werden sie nicht zu einem „Be sitzbürgerblock" führen. Auch eine Regierung mit den Deutsch nationalen wird dos Gemeinwohl und soziale Notwendigkeit schützen wie die bisherige Regierung der Mitte. Sie LeMMiousle Partei zur Negieraags- wNI. Eigener Fcrnsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 11. Januar. Die Deutschnctionale Volkspartei nimmt zur Beauftragung des Wirtschaftsministers Curtius in folgender Erklärung Stellung: Der vom Herrn Reichspräsidenten erteilte und vom- Herrn Minister Curtius angenommene Auftrag, durch Verhandlungen mit der Deutschnattonalen Bolkspartei eine feste Regicrungsgemeinschast zu bilden, weist den einzigen Weg, aus dem die Lösung der Regierungskrise möglich ist. Beim Zen trum liegt also nunmehr die Entscheidung, ob es diesen Weg beschreiten oder eine Regierungskrise von unabsehbarer Dauer und eine Verwirrung aller Verhältnisse herbeiführen will. Par einer MMermWW der WWM. Eigener Fernfprcchdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 11. Januar. Wie der Deutsche Handelsdienst erfährt, wird in der auf Dienstag einberufenen Zentralausschuß sitzung der Reichsbank die Entscheidung über die seit einiger Zeit erwartete Herabsetzung des Reichsbankdiskontcs fallen. Dem Deutschen Hcndelsdienst zufolge ist eine Diskontermäßigung auf fünf Prozent aller Voraussicht nach zu erwarten. Die -euischen Ostsestungen. Französische Hetze. Die Pariser Blätter „Matin", „Echo de Paris', „Journal" und in verringertem Umfange auch „Petit Parisien" veröffentlichen angesichts der in den nächsten Tagen beginnenden Verhandlungen des Generals von Pawelsz mit den militärischen Sachverständigen der Bot- schafterkonferenz über die Frage der östlichen deutschen Festungen und der Begriffsbestimmungen für Kriegs material Artikel, die ohne Zweifel von militärischer Seite inspiriert wurden. Die Tendenz sämtlicher Artikel geht darauf hinaus, die Verhandlungen zu erschwe ren oder sicherlich nicht zu erleichtern. Es ist deshalb erforderlich, diese Sabotage anzuzeigen, da man ans ihr schließen darf, daß gewisse französische Kreise, die sich in den letzten Tagen so auffällig bemühen, die Frage der Nheinlandbcsetzung wieder zu einem Gegenstand der all gemeinen Erörterung zu machen, jetzt den Augenblick für gekommen halten, um entgegen der Tendenz des Völker bundrates, der die Beendigung der interalliierten Militär kontrolle beschlossen hat, in irgendeiner Form etwas zu „retten", was Deutschland unmöglich annehmen kann, nachdem es gleichberechtigtes Mitglied des Völkerbundes geworden ist und nachdem ihm die Vollversammlung in Genf bereits im Monat September feierlich bescheinigt hat, daß es entw affne 1 ist. Mit dieser französischen Stimmnngsmache beschäftigt sich die Deutsche Diplomatisch-Politische Korrespondenz, der gute Beziehungen zum Rcichsaustenministerium nach- gcsagt werden. Die Korrespondenz weist darauf hin, das? es sich bei den Ausführungen der Pariser Presse um eine bereits früher einmal versuchte Konstruktion eines Unterschiedes zwischen Befestigungen defensiven und solchen offensiven Charakters handelt. In bezug auf den angeblich offensiven Charakter der deutschen Befestigungen ist aus die Logik der Tatsachen zu verweisen, wonach yocyflens vte A n v r t n g u n g s e h r w e t t r e t ch e n o e r Geschütze eine offensive Absicht demonstrieren könnte. Eine Konstruktion solcher Geschütze sei aber in Deutsch land bekanntlich verboten, so daß im Ernstfälle die deut schen Festungen sich artilleristischen Gegnern gcgenüber- sehen würden, die außer Reichweite der deutschen Festungsartillerie lägen. Schon hieraus ergebe sich zweifelsfrei, das? jede deutsche Befestigung von vornherein nur noch einen beschränkten defensiven Charakter habe. Die Korrespondenz verweist im übrigen darauf, daß außer den 22 Geschützen von Königsberg die zugelassencn Bestückungen der Ostfcstungen, die in dem Versailler Ver trag vorgesehen waren, nicht vorhanden seien, da durch das Ultimatum von London nachträglich und im Wider spruch mit dem Vertrag von Versailles uns auch diese Geschütze genommen worden seien. Gsnaiswahlsn m Frankreich. Erfolge der Sozialisten. Für den Französischen Senat haben Neuwahlen staik- gefunden, bei denen nach dem bestehenden Wahlsystem ein Drittel der französischen Senatoren ergänzt werden mußte. Nach dem endgültigen Ergebnis verteilen sich die Sitze im Senat wie folgt: Konservative vorher 4, jetzt 4. Gemäßigte Republikaner vorher 22, jetzt 19, Verlust 3. Linkrepublikaner vorher 21, jetzt 16, Verlust 5. Wilde Radikale vorher 8, jetzt 7, Verlust 1. Radikalsozialistcn vorher 51, jetzt 48, Verlust 3. Republikanische Sozialisten vorher 0, jetzt 2, Gewinn 2. Sozialisten vorher 2, jetzt 10, Gewinn 8. Kommunisten vorher v, jetzt 2, Gewinn 2. Die eigentlichen Sieger der Wahlen sind die Sozia listen, die es von 2 auf 10 Sitze brachten und die nun im Senat eine eigene Fraktion bilden können. Die sozia