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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Ä-P°i.°nst°u°tt Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P°"''^uun^ 7^,^»' nrdmcn ,u I«ker Zk» Bc- K»U- HSHcrkr «ewal>, Krieg ode- lonstig.l Bclriebrstörungen dcstchi kein Anspruch aus Liescrung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesondter Schriftstück« erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum/ Beamte/ Angestellte u Arbeiter. Auzeigenpreis: die8grfpaj1eneRaumzeile2O.Gojdpfe«nig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- Pfennig, die L gespaltene Acklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfcnnig. Rcchweisungsgel ühr 20 Goldpfennig. Bor> geschriebeneErscheiuungs- — . tage und P'.atzvorschriften werben nach Möglichkeit KevNlvreMer: Amt EÜNSDrUsf NV. v beriichsichtigt. Anxe,gcn- annahme bis vorm. 10Uhr - - >-> - - - Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder RabaUanipruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werd en muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeig en nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamls Tharandt, Finanzamts Raffen. Nr 4. 86. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« WNsdrnffaDresde« Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 6 Januar1Ü27 „Barmat und Genoffen". Es gibt wohl kaum eine „Affäre« in Deutschland, die so gewaltigen «taub aufwirbelte wie dieBarma t-A n- gelegen he l t ^die in einigen Tagen vor dem Schöffen gericht Berlin-Mitte verhandelt werden wird. Ein Ricsenprozeß — und zu beneiden sind weder Richter noch «choffen noch Staatsanwälte. Mehr als 100 Zeugen sind letzt geladen, elf Angeklagte stehen vor ihren Richtern. Hinzu kommt noch, daß gegen einen Verstor benen, den Reichspostminister Höfle, sozusagen auch verhandelt wird. Die Anklageschrift ein dickes Buch von 648 Seiten in Folloformat, eine voraussichtliche Verhandlungsdauer von Wohl wenigstens sechs Monaten — ein Kolossal- gemälde ebenso größten wie unerfreulichsten Ausmaßes wird.hier gezeichnet werden. Da sitzt neben den beiden ältesten Brüdern Barmat, die als kleine Schieber in Deutschland einwanderten und sich zu ebenso politisch wie finanziell bedeutenden Persönlichkeiten entwickelten, der Oberfinanzrat Hellwig von der Preußischen Staats bank, beschuldigt der Untreue und schwerer Bestechung, sitzen Bank- und Versicherungsdirektoren, Rechtsanwalt und Kaufmann, Oberzollinspektor und Geschäftsführer. Sitzt auch der Reichstagsabgeordnete Lange-Hegermann, weil man ihn des Betruges beschuldigt. Bestechung und Betrug, Untreue und Depotunterschlagung, Kapitalflucht und Bilanzverschleierung — das sind die Anklagepunkte. Ein wüster Knäuel von Vergehen und Verbrechen — und doch ist das nicht das Letzte, was tiefe Erregung über die Barmat-Affäre in so weite Kreise hineinbrachte. Das ist vielmehr die überall sich hindurchziehende Ver bindung von Politik und Geschäft, was noch erschwert wird dadurch, daß sich auf der einen Seite ein flußreiche Beamte befinden, auf der anderen Geschäfts leute besonders unerfreulicher Art, die den Zusammen bruch der deutschen Währung bis aufs Letzte ausnutzten in selbstischem Interesse. Der Kutisker-Prozeß mit seinen Fortsetzun gen hat schon einen Ausschnitt aus dem Kolossalgemälde abgegeben; Parlamentsausschüsse haben sich abgemüht, Licht in die Dunkelheit zu bringen. Man wird sehr zu frieden sein, daß man dort die mühsame Arbeit endlich aufgab, obwohl sich schon genug des Ungeheuerlichen her- ausgestellt hatte. Jetzt kommt die ganze Sache vor die nüchternen, von keiner Parteilichkeit getrübten Augen des Schöffengerichts. Denn in jenen Ausschüssen h . P.Eeip"Utik der Untersuchung bemächtigt und Gezänk drückte die eigentliche Behandlung immer den Hintergrund. In fast einjähriger Arbeit hat sich die gerichtliche Untersuchungsbehörde mit der Ent hüllung und Entwirrung des Knäuels abmühen müssen, aber bisher drang kein Wort über das Ergebnis in die Öffentlichkeit. Erfreulicherweise. Denn nun lann sich jeder Zuhörer, jeder Leser des Prozesses selbst sein Ur teil bilden. Das Ganze ist die Wohl größte, aber auch die viel leicht am unangenehmsten duftende Blüte aus dem Jn- flationssumps. Diese verschiedenen G. m. b. H. s und Aktiengesellschaften, diese Banken mit dem ganz gering fügigen Stammkapital, aber desto wilderen Börsen- und Transaktionsmanövern, die Millionen- und Milliarden emissionen, die man dann als „Sicherheit" hinterlegte, um Kredit zu erhalten — wer kennt die Männer, nennt die Namen! Dann diese weitgehenden Kreditgewährun gen zu einer Zeit, in der fürchterlich hohe Zinsen bezahlt werden mußten von allen — außer von den Barmats. Und dahinter die politischen Beziehungen zu Männern in öffentlicher Stellung, Bevorzugungen eigentümlichster Art, Fäden, die nach Holland, der Schweiz und Österreich reichen. Alles das wird sich nun monatelang vor den prüfen den Augen des Gerichts enthüllen. Auch durch diese Welle von Schmutz muß das deutsche Polk noch hindurch und wird erst dann wohl die ganze Tiefe des Abgrundes er messen können, vor dem es im letzten Augenblick sich aus eigener Kraft errettete. Gegen die MemlGNörä'umMg. Ein französischer Vorstoß. Das in Paris erscheinende „Echo de Paris" beginnt in verschärfter Form die Propaganda gegen die Räumung des Rheinlandes aufzunehmen, indem es in einem langen Artikel die Bedeutung der Nheinlandbesetzung für Frank reich darzulegen versucht. Das Blatt beginnt mit der Feststellung, daß bei Gelegenheit einer kürzlichen Sitzung des Obersten Kriegsrates Poincarü gefragt worden sei, ob etwa Verhandlungen über eine vorzeitige Räumung des Rheinlandes im Gange seien. Der Ministerpräsident habe daraus geantwortet, daß, „so viel er wisse", Besprechungen über diesen Punkt nicht stattgefunden hätten. Er habe jedoch bei den Mitgliedern des Kriegsrates darauf gedrängt, daß der Rat seine Arbeiten für eine Reorganisation eines „starken Heeres" beschleunigen solle. Pflichtbewußt habe der Kriegsrat der Regierung gegenüber seine Auffassung mit Bezug auf die französische Politik gegenüber Deutschland zu», Ausdruck gebracht. Noch in der Sitzung des Obersten Verteidigungsrates vom 2. Dezember habe Marschall Foch eine ernste Mahnung über die Folgen dieser Politik ausgesprochen. Das Blatt Kritische Lage in Hankau Chinesische Vorstöße gegen England. Entsendung britischer Kriegsschiffe nach Hankau. Trotzdem England in seinem Chinamemorandum den Chinesen in Aussicht gestellt hat, in Verhandlungen über einen stückweisen Abbau der Bevormundungspolitik China gegenüber einzutreten, ist es neuerdings in Han kau wieder zu englandfeindlichen Ausschreitungen ge kommen. Diese Ausschreitungen wurden eingeleitet durch eine Massenversammlung, in der „Rache für die den Chinesen von den Engländern zugefügten Beleidigungen" gefordert wurde. Es wurden Beschlüsse gefaßt, nach denen die englischen Landungsabteilungen und Kanonen boote entwaffnet und die Fremdenviertel erobert werden sollten. An der Massenversammlung haben auch Ver treter der Regierung und sämtlicher Gewerkschaften teil genommen. Den Chinesen ist es dann gelungen, in die britische Konzession in Hanlau einzudringen. Nach noch unbe stätigten Meldungen sollen sie das Gebäude der Gemeinde verwaltung der Konzession besetzt und die Briten aus der Konzession vertrieben haben. In der Konzession wird die Ordnung jetzt von chinesischer Polizei aufrschterhalten. Nach weiteren Meldungen haben die Chinesen verschie dene englische Geschästsunternehmen geschlossen und die Inhaber vertrieben. Ausländer, die sich in den Straften zeigten, waren vor Steinwürfen nicht sicher, die von dem Rufe „Tötet den fremden Hund!" be gleitet waren. Die englische offiziöse Nachrichtenagentur Reuter stellt die aus japanischer Quelle stammende Meldung in Ab- redH daß die Engländer aus der britischen Konzession in Hamau vertrieben worden seien, gibt aber im übrigen das chinesische Vorgehen gegen die englische Konzession zu. Die englischen Behörden befürchten, daß jeden Augenblick wieder eine gefährliche Lage eintreten könne, die die An - , Wendung von Gewalt zur Räumung der Kon zession notwendig machen würde. Die englische Marine- lsitung hat sofort vier Kriegsschiffe nach Han kau zur Unterstützung der dortigen englischen Streit kräfte entsandt. Wie weiter bekannt wird, ist der ameri kanische Gesandte in Peking, Murray, zu Besprechungen mit Coolidge und Staatssekretär Kellogg über die neue Lcche in China nach Washington berufen worden. * Nach den in Schanghai eingetroffencn letzten Berich ten sind in Hankau alle Frauen und Kinder ange wiesen worden, sich auf die Schiffe zu begeben, um er forderlichenfalls die Stadt verlassen zu können. Seitens der zuständigen britischen Behörden ist diese Nachricht bisher nicht bestätigt worden. Kamp? um den Besitz vsn Schanghai. Londoner Blättermeldungen aus Schanghai zufolge hat bei Fuiang, etwa 100 Meilen westlich von Schanghai, der Kampf um den Besitz von Schanghai begonnen. General Suntschuanfang hatte den Angriff auf die Kan ton-Armee eröffnet und seine Truppen gegen ihre Stel lungen jenseits des Tschientangflusses vorgeschickt, um dem erwarteten Angriff auf Schanghai zuvorzukommen. Der Kampf dauerte einen ganzen Tag. Die ersten Ver wundeten sind in Hangtschau ^ingetroffen. Man glaubt, daß die Schlacht sich bald auch auf die anderen Teile der Front ausdehnen wird. behanvelt dann in allen Ausführungen die strategische Be deutung der Rheingrcnze bis in die kleinsten Einzelheiten. Ein Aufgeben der Besetzung des Rheinlaudes, dis für die französische Rückendeckung unerläßlich sei, würde dem französischen System der Kriegsvorbereitun gen einen tödlichen Schlag versetzen. Weiter wird ausgesührt, daß Deutschland niemals einen Krieg beginnen werde, der einen Teil der wert vollsten Strecken seines Gebietes der Vernichtung aus setze und bei dem seine Fabriken durch Fliegerangriffe ge fährdet werden könnten. Zum Schluß wendet sich das Blatt gegen die Annahme anderer Garantien als Gegen leistung für die Aufhebung der Besetzung. Jedes andere Mittel des Schutzes sei illusorisch. ZwangsrskntüZrnngen in Nikaragua. Die amerikanischen Truppen bleiben. Sämtliche Landarbeiter, sowohl Inländer wie Aus länder, werden für den Dienst in der Armee der Kon servativen unter General Diaz ausgehoben. Die amerika nischen, englischen, italienischen, französischen und deut schen Staatsangehörigen, die hier ansässig sind, pro testieren gegen die Aushebungunter denKaffee- pflückern, da, wenn es nicht gelingt, die jetzt pflück- reise Ernte einzubringen, den Plantagenbesitzern sehr schwere Verluste erwachsen müssen. Die Regierung Diaz hat erneut die amerikanische Gesandtschaft ersucht, I in Washington die Erlaubnis zur Einfuhr von Munition aus den Vereinigten Staaten zu erwirken, da die kon servative Armee unter Munitionsmangel zu leiden hat. Das amerikanische Kabinett beschäftigte sich eingehend mit der Lage in Mittelamerika und beschloß dieunver - änderte Fortführung der bisherigen Politik gegenüber Mexiko und Nikaragua. Die ameri kanischen Truppen sollen iu Nikaragua bleiben, da Amerika ganz bestimmte Vertragsrechte habe, besonders bezüglich des geplanten Nikaraguakanals und der Flottenbasis als Stützpunkt gegen das Vorrücken Sacasas. Das DeuischLum in Südamerika. Wachsendes Ansehen Deutschlands im Auslande. Reichskanzler a. D. Dr. Luther hielt im Vater ländischen Frauenverein in Essen einen Bortrag über seine Südamerikarcise. Einen breiren Raum i» seinem Bortrag nahmen seine Ausführungen über das Deutschtum in Süd amerika ein. Die südamerikanischcn Staaten, so hob er hervor, würden in der nächsten Zeit ihre An sied - lungspolitik stark ausdehnen, woraus sich die Not wendigkeit grotzer Mcnschenzuführungen ergeben werde. Heute seien bereits allein in Brasilien eine halbe Million deutscher Ko! onisten ansässig. In den übrigen Staaten habe er nur kleine deutsche Kolonien ge sunden. Stark entwickelt habe sich in sämtlichen Staaten oer Zustand, daft die Deutschen mit dem Herzen an ihrem neuen Vaterland hingen, aber mit ihrem kulturellen Wollen doch Deutsche geblieben seien. ' Dr. Luther gina dann auf die Kultur der deut schen Schule in Südamerika ein und schilderte den Kampf, der von den Ausländsdeutschen für Erhal tung und den Ausbau derselben geführt werde. Dr. Luther gedachte der katholischen und evangelischen Geist lichkeit, die ständig auf die Weiterentwicklung des deut schen Wesens bedacht sei. Alljährlich würden von diesen große Opfer für die Schulen gebracht. Das sei der beste Beweis dasür, daß auch jenseits des Meeres treue Anhänger des Vaterlandes wohnten. Unbe dingt müßte man die in den südamerikanischen Staaten ansässigen Deutschen als Werber sür die deutsche Wirt schaft uud Kultur bezeichnen. Aus dieser Tatsache ergebe sich die Pflicht für das gesamte Volk, diese im Juteresse des Deutschen Reiches liegenden Werte mit allen Mitteln zu pflegen, überall hätten ihm warme Herzen eutgegen- geschlagcn; er habe niemals mehr als in den Tagen seiner Reise erkannt, wie notwendig es wäre, das Band zwi schen den Deutschen im In- und Auslande enger zu knüpfen. Anschließend sprach der Redner dann über die liebens würdige Aufnahme, die ihm von allen städtischen und staatlichen Behörden wie auch von allen Teilen der Be völkerung zuteil geworden sei. Er bezeichnete alle ihm cutgegengebrachteu Aufmerksamkeiten als einen großen Erfolg für das deutsche Ansehen im Auslande, das nach seinen Eindrücken von Tag zu Tag wachse und dem deutschen Volke auch in den Staaten Südamerikas Wege zu neuen wirtschaftlichen und kulturellen Beziehun gen bahne. Nichts sei erstrebenswerter für uns, als für eine weitere Klärung der internationalen Beziehungen und für ein gemeinsames zweckmäßiges' Schaffen der Völker einzutreten. Die Reichspost im November ^926 Starke Zunahme des Postscheckverkehrs. Aus dem soeben veröffentlichten Monatsbericht der Neichspost für November 1926 geht u. a. hervor, daß vei Postscheckvcrkehr mit 890 049 Konten und einem Guthaben von 569 Millionen Reichsmark einen bisher nicht er reichten Umfang angenommen hat. -Im Telephonv-rkehr sind 15 525 neue Sprechstellcn eingerichtet worden. Die Zahl der Rundfunkteilnehmer ist um 51000 gestiegen und betrug Ende des Monats 1 337 122. Die Einnahmen oer Reichspost sind mit 142 Millionen Reichsmark gegenüber dem Vormonat um 8,5 zurückgeblieben. Die Ausgaben betrugen 137 Millionen Reichsmark gegen 140 Millionen Reichsmark im Oktober. Taufende von Menschen erstunken. Die indische H o ch w a s s e r k a t a st r o p h e. Nach Meldungen aus Singapore wurden durch eine Hochwasserratastrophe im Sultanat Perak Tausende von Menschen getötet. Im Flußgebiet in der Umgebung von Kualakaugsa ist das Wasser dreizehn Meter hoch gestiegen. Zahlreiche stark bevölkerte Dörferwurdenfortgespült. An einigen Brücken staute sich das Wasser durch die angeschwemmten Leichen. Hunderte von Kindern, die von den Eltern in Booten ausgesetzt waren in der Hoffnung, sie auf diese Weise zu retten, sind ertrunken. Der Schaden ist nicht zu beziffern.