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bestimmungcn um eine V« Metze täglich herabgesetzt, dagegen eine entsprechende Heu- und Strohzulage gewährt worden. Dippoldiswalde. Vor Kurzem hat eine aus 8 Erwachsenen und 8 Kindern bestehende Zigeunerbandc, welche mit 2 Wagen, 3 Pferden und 3 Hunden versehen war, in einem benachbarten Dorfe übernachtet und hat den dortigen Schenkwirth nicht blos um die Zeche geprellt, sondern hat ihm und seiner Ehefrau auch durch Wahr sagen 8 Thlr. baares Geld und verschiedene Kleidungsstücke abge- schwindelt. Die ganze Gesellschaft wurde von der Gensdarmerie aufgegriffen und an das hiesige k. Gerichtsamt eingeliefert, welches diejenigen Mitglieder, gegen welches strafbare Handlungen Vorlagen, in Haft und Untersuchung nahm, die übrigen aber entließ und aus Sachsen auswies. In Dahlen sind am 1. Jan. zwei Kinder, ein eignes und ein Ziehkind des Handarbeiter Jentsch, im Alter von 1 und 3 Jahren, während man sie allein in der geheizten Stube zurückgelassen, erstickt. Infolge eines Defectes am Ofen waren Kohlen aus demselben her- ausgefallen und durch diese eine Partie Sachen, die in der Nähe lagen, in Brand gcrathcn. Als man das entstehende Feuer entdeckte, war es bereits zu spät, die armen Klemen lagen als Leichen in der Rauch erfüllten Stube. Crimmitschau, 30. Dec. Ein bedauerliches Unglück traf am Abend des 28. Dec. eine Familie in hiesiger Stadt. Der Vater, durch den Ungehorsam eines seiner Kinder sehr gereizt, ergriff in der Aufregung eine blecherne Kaffeekanne und warf dieselbe nach dem Kinde; der Wurf fehlte und traf ein 1Vr Jahr altes Mädchen, wel ches spielend am Boden saß, so unglücklich an den Kopf, daß nach kurzer Zeit der Tod erfolgte. So viel man hört, soll der trostlose Vater von äußerst bravem Charactcr sein nnd wird die Familie all gemein bemitleidet. Der Viehstand in Sachsen hat in den letzten 3 Jahren, vom Jahre 1867 an zurückgcrechnet, nicht unbedeutend abgenommen. So z. B. an Rindvieh um 33,897 Stück, an Schafen um 62,401 Stück, an Schweinen um 3577 Stück. Dagegen hatten sich die Pferde um 4203 Stück nnd die Ziegen um 754 Stück vermehrt. Die Zahl des Rindviehs belief sich 1867 auf 624,260 Stück, Pferde 107,222 Stück, Schafe 304,087 Stück, Schweine 325,364 Stück, Bienenstöcke 56,589 Stück, Esel 99 Stück. Zahl der Viehbesitzer: 165,006. Se. Maj. der König haben einem in unverschuldet bedrängten Verhältnissen lebenden Schmiede in Meusegast bei Dohna, Vater einer zahlreichen Familie, dem man wegen einer Schuld von 50 Thlr. das wichtigste Handwerkszeug abgepsändet und der sich bittend an den Landesvater gewendet, durch Uebersendung an 50 Thlr ein gewiß recht fröhliches Neujahr bereitet. In diesen: Jahre zu Pfingsten findet der statuarisch festgesetzte Süngertag des deutschen Säugcrbundes statt, und zwar dem Ver nehmen nach in Leipzig. Die Magdeburger Zeitung gehört zu den bestgesinnten Organen Preußens, sie ist eine Vewunderin der auswärtigen Politik des Gra fen Bismark: sie kann aber nicht umhin, bei einem prüfenden Blick auf die innere Politik und auf die durch dieselbe in Preußen und Deutschland hcrvorgerufene Stimmung ungeduldig auszurufen: „In Summa ist es hohe Zeit, daß Graf Bismark ein Einsehen in den Gang der Dinge hat; denn so geht es wirklich nicht weiter!" Berlin, 5. Jan. (Post.) Ein schweres Verbrechen ist im Laufe des heutigen Tages in unserer Stadt verübt worden. Ein Holzbild hauer Namens Knopf hat seine Braut Anna Mierschke mittelst eines Dolches erstochen. Paris, 5. Jan. „Patrie" theilt mit, die Mehrzahl der Ver treter der Großmächte habe gestern im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten eine Art von Vorsammlung gehalten, in welcher man so weit gekommen sei, das Einverständniß über die Lösung der Schwierigkeiten zu constatiren. Napoleon behält Spanien — wo sein Onkel einmal Unglück hatte — scharf im Auge; da aber 20,000 Augen mehr sehen als 2 Augen, so hat er an der spanischen Grenze in aller Stille 10,000 militärische Beobachter aufgestellt. Das ist die neueste spanische Wand. Aus Malaga schreibt man: Es herrscht ein Gebrauch oder Miß brauch in einigen andalusischen Städten (so auch in Puerto, Santa Maria und Jerez), der besondere Erwähnung verdient, weil er zu manchen scheinbar außergewöhnlichen Vorkommnissen eine Erklärung liefert. Wenn Arbeit und Verdienst karg werden, so quartirt die Orts behörde die sich meldenden Dürftigen bei den wohlhabenden Bür gern auf eine gewisse Zeit ein, wie cs in andern Ländern mit den Soldaten geschieht, hier zu Lande aber mit dem Unterschiede, daß keine Einquartirungsgelder vergütet werden. Es ist dies allerdings eine leichte Art der Nothwendigkeit, Armenhäuser zu errichten, aus dem Wege zu gehen, und ein neuer Beweis, wie sehr die innere Ver waltung Spaniens im Argen liegt. Constantinopel, 8. Jan. Die Pforte hat dem türkischen Bot schafter in Paris, Qjemil-Mehemed-Pascha, auf telegraphischem Wege Speciel-Jnstruction zugehen lassen, worin sie denselben anweist, daß er falls die Conferenzverhandlungen über die 5 Punkte des Ultima tums hinausgehen, Protest erhebe und sich von der Conferenz zurück ziehe. Die jungtttrkische Partei hat ein Manifest erlassen, in wel chem sie erlärt, daß, wenn die Conferenz dem türkischen Ultimatum ernstlich zu nahe treten wollte, dann nur zwei Fälle möglich seien: der Kreuzzug aller christlichen Mächte gegen die Türken, um dieselben aus Europa herauszuwerfcn, oder vollständige Neutralität der christlichen Mächte, welche die Türkei und Griechenland ihren Streit unter sich ausfechtcn ließen. Für den ersten Fall hätten die Jungtürken sich durch den Ankauf von 25,000 Gewehren bereits zum Kampfe gerü stet; sie würden auch damit beginnen, gegen den Kreuzzug der christ lichen Mächte den heiligen Krieg in Algerien zu predigen. Im Hafen von Athen sind zwei dänische Kriegsschiffe cingetroffen und vom Volke jubelnd empfangen worden. Die Dänen sollen aber nicht den Griechen gegen die Türken helfen, sondern dem König wider seine eignenen Unterthanen und ihn z. B. in Sicher heit bringen, Wenns Revolution gibt. Vermischtes. Aus Wien wird berichtet, daß daselbst am 31. v. M. der Kas- sirer der Versicherungsanstalt Janus, Namens Jgnanz Hölzel, flüchtig geworden sei, nachdem er vorher die Kleinigkeit von 43,000 Gulden unterschlagen habe. Im Gouvernement Kowno und in andern Gegenden Litthauens ist in Folge des herrschenden Nothstandes der Hungertyphus ausge- borchcn, der unter den ärmeren Classen zahlreiche Opfer fordert. Der Gencralgouvcrncur Potapoff bereist gegenwärtig die von der Epide mie hcimgesuchten Gegenden, und regt überall die Bildung von Un terstützungsvereinen an. In Miltenberg (Unterfrankcn) erregt die heimliche Entfernung des Stadtschreibers Klöpffermit einem mulhmaßlichen Sparkassendefi zit von 14,000 fl. das größte Aufsehen. Pesth, 28. Dec. In einem Dorfe des Devecser Bezirks wurde eine Buda entwendet. Der Verdacht fiel auf ein armes Bauernmäd chen. Der dortige Stuhlrichter B . . . nahm das Mädchen ins Ver hör, sie gestand nicht. Er ließ ihr die Hände auf den Rücken binden und sie auf diese Weise prügeln; sie gestand nicht. Er ließ sie bei den Haaren in die Höhe heben und auf die Erde fallen; sie gestand nicht. Das Mädchen verfiel vor Angst und Peinigung in eine gefährliche Krankheit, und am Ende stellte es sich heraus, daß die Arme ganz unschuldig war. Diese haarsträubende Procedur bildete nun den Ge genstand einer aufgeregten Comitats-Ausschußsitzung, in welcher die Unmcnschlichkeit dieses unconstitutionellen Verfahrens verdammt und der Beschluß gefaßt wurde, den betreffenden Stuhlrichter in Anklage zustand zu versetzen. Brody. Der „Presse" schreibt man: Seit einigen Tagen bie tet sich den Blicken ein eigenthümliches Schauspiel dar. Bian sieht jüdische Weiber mit aufgelösten Haaren und zusammengefaltenen Hän den über die Straßen laufen, und fragt man sie mitleidsvoll um ih ren Kummer, so erhält man zur Antwort: „Ich muß meinen Sohn verheiraihen und finde noch keine Braut." Und fragen sie um den Grund dieser Erscheinung, so ist sie in der salschcn Auslegung des Wehrgesctzes zu suchen. Die Leute meinen nämlich, daß das Wchr- gesetz iin Januar oder Februar in Wirksamkeit tritt, sie sich daher beeilen müssen, ihre Kinder zu verheirachen, um sie dem Militürstande zu entziehen. Anstatt nun daß der Vorstand der israelitischen Cul- tusgemeinde energisch einschreiten soll, um die Leute auf ihren Jrr- thum aufmerksam zu machen, läßt er Alles ruhig gewähren. Die Folge davon ist, daß wir diesen Monat 80 Hochzeiten haben, ein schließlich morgen, an welchem Tage 40 stattstnden. Wie viel wir im nächsten Monat erleben, ist gar nicht abzusehen. Reihen (Baden). Das Neujahrsschießen hat auch hier ein Op fer gefordert. Ein braves Dienstmädchen von 24 Jahren, welches am Anbruch des neuen Jahres wohl Neugier an das Fenster ihres Schlafzimmers getrieben halte, wurde durch den Propsen eines Schlif fes, der durch die Augenhöhle tief in den Kopf eindrang, so verletzt, daß augenblicklicher Tod eintrat. Ein ähnlicher Fall kam zu Auer- Heim in Baden vor, Im Dorfe Libisch bei Aeutischein in Oestreich starb am 29. Dec. eine Ausdingerin im Alter von 106 Jahren. Die letzten 15 Jahre hatte sie in einem Kuhstalle verlebt. London, 4. Jan. Aus Plymouth wird gemeldet: Nachrichten aus Corunna zufolge wurden zwischen Cap Finisterrc und Cap Or tegal an: 28. und 29. Dec. 60 Leichname ans Land gespielt. Weitre Details fehlen noch. In London wüthete am 28. Dec ein furchtbarer Sturm, der großes Unglück anrichlete, über 100 Menschen sind von stürzenden Ziegeln und Schornsteinen schwer, viele 4ödtlich verwundet worden. Die Leute auf dem festen Lande waren versucht, dem alten Matrosen Recht zu geben, der da meinte: die Leute auf dem festen Lande sind doch recht zu bedauern, weil sie so großen Lebensgefahren durch Häu sereinsturz, fallende Ziegel rc. ausgesetzt sind. Am 20. Dec. v. I. ist im atlandischeu Ocean der Dampfer Stary Banner untergegangen und mit ihm 122 Menschen. Die Wogen zer trümmerten das alte Schiff und rissen die Mehrzahl der Passagiere in die Trefe; 42 Menschen zimmerten in fliegender Eile eiu Floß und schwammen 2 Nächte und 3 Tage auf dem tobenden Meere, bis ein französisches Schiff sie aufnahm und rettete. Alter der Erde. Pros. Bischof in Bonn hat auf directe von ihm angestellte Versuche über die Abkühlung großer künstlich ver schmolzener Basaltkugeln von zwei Fuß Durchmesser Berechnungen über die Zeit gegründet, welche die Erde gebraucht haben dürfte, um auf ihre jetzige Temperatur herabzusinken, und hat 353 Mill. Jahre gefunden. Die Zeit, in welcher die Erde durch innere Wärme äußer lich auch an den Polen noch ein tropisches Klima hatte, durch wel ches ohne Einwirkung der Sonne Stephanien, Rhinoccrosse, gigan tische Faulthiere darauf leben, Palmen, baumartiger Farrn und an- derr der heißen Zone angehörigen Pflanzen wachsen konnten — die Periode der Steinkohlenbildung — liegt nach diesen Berechnungen 1,300,000 Jahre von der Gegenwart entfernt.