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Hharandt, Mossen, Siebemeßn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Rgl. AmtshauxtmannschafL Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den ^tadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Zorstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund Sei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbsch, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Mederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens mittags 12 Uhr angenommen. — JnsertionspreiS 15 Pfg. pro viergespaltene Korpuszeile. Ro 118. Dn-ct nn!> Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich sür die Redaktion Martin Berger daielbst Dienstag, den 6. Oktober 1S»3. 1 «2. Hahrg j-slitische Rundschau Die Kölner Denkmalsfeierlichkeiten, welche der Enthüllung der Denkmäler für Kaiserin Augusta und ihren edlen Sohn Kaiser Friedrich, in der rheinländischen Hauptstadt galten, haben wieder einmal die Erinnerung an die grobe Ruhmeszeit Deutschlands der Jahre 1870 und 1871 hervorgerufeu Warm, ja begeistert wurden in den Reden bei diesen festlichen Akten die unvergeßlichen Ver dienste und das patriotische Wirken Kaiser Wilhelms I. und Kaiser Friedrichs m., wie auch von Deutschlands erster Kaiserin geschildert, und hierdurch der gegenwärtigen Generation ein Spiegelbild einer vergangenen bedeutsamen Periode für Deutschland vorgeführt. Von besonders er- hebendem Schwünge und packender Wirkung war aber die Rede des Grobherzogs von Baden beim Festmahle in Gürzenich. Denn indem der greise badische Herrscher, welcher ja selbst mit zu den Begründern des neuen deutschen Reiches gehört, eine Würdigung der Taten der beiden ersten Kaiser des geeinten Deutschlands gab, hob er zugleich die gewaltigen Bedeutungen der väterländischen Errungen schaften von 1870 hervor und sprach die Mahnung an das deutsche Volk aus, allzeit an den schwer genug er worbenen Gütern aus großer Zeit immerdar festzuhalten. Möge diese Mahnung des Großherzogs Friedrichs überall in patriotischen Kreisen unseres Volkes die ihr gebührende Würdigung finden! Der deutsche Kronprinz hat sich von den Kölner Denkmalsfeierlichkeiten aus, bei denen er den Kaiser ver trat, nach Oberbayern begeben. Unterwegs traf er in München mit seinem Bruder Prinz Eitel Friedrich zu sammen und reiste dann mit ihm zusammen über Tegern see nach Bad Kreuth weiter, wo die Ankunft am Nach, mittag des 2. Oktober erfolgte. Daselbst werden die Kaisersöhne, soweit bekannt, als Jagdgäste des Herzogs KarlTheodor von Bayern bis etwa zum 10. Oktober verweilen. Die Vordere ungen für die gesetzgeberische Tätig keit des neugewahlten Reichstages gehen ihren Gang weiter. Ewer oisiziösen Mitteilung zufolge liegt jetzt der Entwurf.des neuen Mllltarpenstonsgesetzes dem preußischen Staaldmmisterium zur Beschlußfassung vor; in unterrichteten Kreisen glaubt man, daß derselbe vielleicht schon im Ja- nuar an den Reichstag gelangen könnte. Ueber den In- halt des Entwurfes verlautet u. A., daß die Höchstpension bereits bei 35jähriger Dienstzeit erre cht wird, daß sich aber die rückwirkende Kraft auf Kriegsinvaliden beschränkt, bei Friedensinvaliden ist sie auf Verstümmelte ausgedehnt. Die preußische Kanalvorlage soll nunmehr doch aus der politischen Rumpelkammer wieder auferstehen und dem ^.„„mahlenden preußischen Landtage zugleich mit der ^kerreaulierungsvor^ zugehen, wie die „Pr. Korrcsp." ^labrcn haben will Dies würde freilich einen Umsturz in du bisherigen Dispositionen des preußischen Staats- minist.riums bedeuten, denen zufolge die Kanalvorlage bis auf weiteres" noch zmückgestellt bleiben sollle. Die National Ltg." bezweifelt denn auch die Richtigkeit jener Meldung d^r „Preußischen Korrcsp." , Der Schiffbruch eines idealen Anhängers der Sozialdemokratie. Unter den politischen Tagesnemg- reiten hat die Meldung, daß der sozialdemokratische Ab geordnete für den 15 sächsischen Wahlkreis, Paul Göhre, sein Mandat niedergelegt, gewiß einige Ueberraschung ver ursacht, aber bei einer näheren Betrachtung der Persön lichkeit und des Lebensganges Paul Göhres wird diese freiwillige Ausscheidung aus der sozialdemokratischen Reichs- ragsfraktion zum politischen Ereignis, denn sie zeigt nicht nur den tragischen Schiffbruch eines ideal angelegten An- Liters der Sozialdemokratie, sondern sie beweist auch, "ue unüberbrückbare Kluft zwischen der heutigen So- und wahrer Geistesbildung besteht, und die gewisser sozialistischer Parteiführer, daß die Demokratie auch eine Partei der Wissenschaft und modernsten Geistesbildung sei, eine große Anmaßung ist. - a ich^tz auf dem sozialdemokratischen Parteitage fn Dresden genügend erfahren, wie die alten Führer der j Sozialdemokratie die Anhänger der freien wissenschaftlichen j i Ueberzeugung behandeln und mit was für Vorwürfen sich > die Herren „Genossen" gegenseitig überschütteten. Der Fall Paul Göhre beweist aber noch ganz andere Dinge.! Paul Göhre ist nämlich keineswegs einer der „Ersten,! Besten, der Hergelaufenen", wie der Parteigewaltige Bebel ihn bezeichnete, sondern Paul Göhre ist ehemaliger evan gelischer Pfarrer, der ein guter Christ sein und bleiben wollte, aber in der christlichen Religion vor allen Lingen die soziale Arbeit an den Bedrückten und Armen erblickte. Paul Göhre hat nun geglaubt, in der großen sozialdemo» kratischen Bewegung, die sich angeblich allein der Bedrückten und Armen annimmt, das rechte Arbeitsfeld zu finden, und er ist dabei sehr ernst und sehr gründlich vorgegangen. Er, der gebildete evangelische Pfarrer, hat auf die theo logische Laufbahn verzichtet und ist — Fabrikarbeiter ge worden und hat auch wirklich eine zeitlang als Fabrikarbeiter gearbeitet, um das Leben und die Not derselben kennen zu lernen. Ehe er zur sozialdemokratischen Partei über ging, war aber Göhre einer der Führer der national sozialen Partei, und erst als er erkannte, daß die National- Sozialen nicht genug Einfluß auf die Arbeitermsssen hatten, schloß er sich der Sozialdemokratie an, und diese hat aus diesem neuen Anhänger, so lange es ihr in den Kram paßte, Kapital genug geschlagen. Göhre galt bei den Sozialdemokraten auch als eine ganz außerordentliche Erscheinung, er mußte auf den meisten großen sozialdemo kratischen Versammlungen paradieren und hat auch durch seine Reden und Schriften der sozialistischen Propaganda viel genützt. Bei den letzten Reichstagswahlen wurde Göhre im 15. sächsischen Wahlkreise auch als der Kandidat der Sozialdemokraten gewählt. Aber trotz allen diesen Leistungen und Vorgängen bestand zwischen Göhre und der sozialdemokratischen Parteileitung keine wirkliche geistige Verbindung, kein einmütiges Band, denn der Geist der Sozialdemokratie, der sich aus maßloser Hetz- und Ver- leumdungssucht und der Anschürung dunkler Volksinstinkte zusammensetzt, konnte die positive soziale Seite in Göhres Wesen nicht gebrauchen, man behandelte ihn daher, als sich die erste Freude über Göhres Auftreten unter den Sozialisten gelegt hatte, mit wachsendem Mißtrauen, und M r in einer Göhres persönliche Ehre geradezu verletzen- den Weile. Deshalb hat nun Göhre auch sein Mandat für den Reichstag niedergelegt, und er wird zu der Ein sicht gelangt sein, daß die heutige Sozialdemokratie nicht das kleinste positive Fünkchen besitzt, sondern nur dema gogische Hetzkunst ist. Der Besuch des Zaren Nikolaus beim Kaiser Franz Joseph von Oesterreich ist am Nachmittag des 3. Oktober wieder zu Ende gegangen. Die beiden Monarchen reisten am genannten Tage nachmittags in der zweiten Stunde nach Abschluß der gemeinsamen Jagden in der Steiermark von Neuburg bei Mürzsteg ab und fuhren mittels Hofzuges zusammen bis Station Meidling bei Wien, wo sich Kaiser Franz Joseph von seinem erlauchten Gaste herzlich verabschiedete. Letzterer reiste alsdann sofort nach Darmstadt zurück, wo seine Ankunft am Sonntag vormittag erfolgte. Was die politische Seite dieser Kaiser- zusammenkanft anbelangt, so will die „Neue Fr. Pr." wissen, daß in den nächsten Tagen Veröffentlichungen über die Er gebnisse der Konferenzen erfolgen würden, welche die Minister Grafen Lambsdorff und Goluchowski mit ein- ander in Mürzsteg gepflogen haben und denen angeblich das mazedonische Reformprogramm zur Grundlage diente. Oesterreich-Ungarn und Rußland hofften, wie die „Neue Fr. Pr." in der betreffenden Meldung schließlich versichert, noch immer, daß die Türkei die geplanten Reformen in Mazedonien durchführen werde, und daß es gelingen würde, in diesem Lande wieder Ordnung zu schaffen. Von hoch offiziöser Petersburger Seite wird sogar dem jetzt statt gefundenen Besuche des Zaren Nikolaus beim Kaiser Franz Joseph eine ganz besondere Tragweite zugeschrieben, und zwar dahin, daß Rußland und Oesterreich-Ungarn fest entschlossen zur Wahrung des europäischen Friedens gegen über den Balkanwirreu seien. Papst Pius X. hat am Sonnabend eine erste 'großeEncyklika veröffentlicht. In ihr dankt er zunächst für seine Erwählung, feiert dann warm seinen Vorgänger !Üeo XIII. und bespricht hierauf die sozialen Verhältnisse !der Gegenwart, hierbei die wachsende Unzufriedenheit in der bürgerlichen Gesellschaft hervorhebend. Weiter erklärt der Papst in der Kundgebung, für sein Pontifikat gebe es kein anderes Programm als die Wiederaufrichtung des Reiches Christi in den Herzen. Er fordert ferner im speziellen sorgfältigere Erziebung der Jugend, namentlich der für den geistlichen Stand bestimmten, die Zunahme katholischer Vereine in den Städten und auf dem Lande, sowie die unbedingte Ausübung der christlichen Nächsten liebe. Die Eucyklika spricht zuletzt noch die Forderung der völligen Unabhängigkeit der von Christus eingesetzten Kirche von jeder äußeren Herrschaft aus und schließt mit dem päpstlichen Segen. Türkischerseits liegen Mitteilungen über neue Kämpfe zwischen den türkischen Truppen und den maze donischen Rebellen, sowie über das Auftreten weiterer bulgarischer Banden in Mazedonien vor. Wie sehr im übrigen die militärische Kraft der Türkei durch den maze donischen Aufstand bereits absorbiert wird, dies erhellt aus einer Konstantinopeler Meldung, wonach die Türkei gegenwärtig 315 Redif- oder Landwehrbataillone erster und zweiter Klasse mobil gemacht hat; trotz dieser stattlichen Truppenmacht will es noch immer nicht gelingen, die doch weit schwächeren mazedonischen Rebellenbanden endlich zu vernichten. Die ehemaligen Burengeneräle Botha, Dewet und D elarey wollen, wie ersterer in einer Versammlung zu Utrecht ankündigte, nächstens von Südafrika nach Indien reisen. Sie beabsichtigen, die dort noch immer gefangen gehaltenen unversöhnlichen Buren zur Anerkennung der englischen Souveränetät und zur Rückkehr nach Südafrika zu bewegen. Von Judien aus gedenken die Burengeneräle nach Europa weiter zu reisen. Ruvze Lhrsnik. Castel sur Lagout (Departement Tarn), 3. Okt. Gestern nachmittag brach im hiesigen Seminar gleichzeitig an fünf verschiedenen Stellen Feuer aus, das in kurzer Zeit das sehr umfangreiche Gebäude samt Bibliothek und Festsaal vernichtete. Die Untersuchung ergab, daß das Feuer in verbrecherischer Absicht angelegt war. Heute sollten 300 Zöglinge in das Seminar eintreten. — Paris, 3. Okt. In Montauban zerstörte eine furchtbare Feuersbrunst ein Stadtviertel. 3 große Cafes, eine Tabakmanufaktur und mehrere andere Gebäude brannten nieder, der Schaden soll mehrere Millionen betragen, der Brand dauert noch an. Man weiß nicht, ob Personen verunglückt sind. Nette Zustände. Budweis, 3. Okt. Aus einem Fenster der hiesigen Artilleriekaserne wurde gestern früh auf den Stadtbaumeister von hier, namens Hauptvogel, viermal geschossen. Der vierte Schuß streiste ihn leicht, die anderen gingen fehl. Der Täter ist noch nicht ermittelt. Bochum, 3. Okt. Bei den Kanalisationsarbeiten in Eickel wurden der „Wests. Volkszeitung" zufolge heute Nachmittag drei Arbeiter verschüttet und getötet. Kiel, 3. Okt. Der Fähnrich Hüssener erklärte, die ihm zudiktierte Festungsstrafe in Magdeburg verbüßen zu wollen. Daraufhin wurde Hüsseners Abführung dort hin verfügt. Ein Warenhaus-Kampf ist in Göttingen ent brannt. Bei Bekanntwerden, daß zum 1. Oktober hier ein Warenhaus eröffnet werde, traten die hiesigen Geschäfts, inhaber zusammen und wählten eine Komission zur Be kämpfung des Warenhauses. Zuerst wurden die Zeitungen veranlaßt, für das Warenhaus keine Inserate aufzunehmen. Dafür verpflichteten die Kaufleute sich, innerhalb der nächsten vier Jabre um ein Zehntel mehr olls bisher zu inserieren. Weiter wurde beschlossen, die Besucher des Warenhauses unter Kontrolle zu stellen. In einem dem Warenhause gegenüberliegenden Hause wurde ein Zimmer gemietet, von dem aus die gesamte Warenhaussront über»