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MiM fm WilsilrE Tharandt, flossen, Siebenteln und die Angegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu MilsdrE sowie für das Agl. Horstrentamt zu Tharandt. „, . - -v. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Keffelsdorß Klemschonberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Rohrsdorf bet Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn. Seeligstadt, Spechtsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 15 Pfg. pro viergespaltene LorpuSzeile. DruN unc> Verlag von Martin Berger tu Wilsdruff. — Verantwortlich Nir die Redaktion Martin Berger daselbst. Ro. »8. f Donnerstag, den 2». Angnst 1903. «2. Jahrg Bekanntmachung. Donnerstag, den 20. August d. I., Nachmittags 6 Uhr, öffentl. Äadtgemeinderatssitzung. Die Tagesordnung hängt im Rathause aus. Wilsdruff, den 19. August 1903. Der Bürgermeister. Kahlenberger. Leüuls ru Mlsärukk. ^ur Asckssier cios Ksdurtstsgss 8r. I^ajostät lios Königs 6näst 8onnsbvnll, äsn 22 ä. dlonatss, vorm Iv Ubr, in äsr Turnßallö ein statt. (Kscls: lisrr Loisslsr.) 2u Xaklrsicbsm Lssucst clsssslben lallt blsräurck Aan? er^sdsnst sin llie vinelrlion öer slääl. 8ckulen. 8« I»I > Itiix. Ruhland und die Verschlimmerung -er Lage in Mazedonien. Die nun genau bekannt gewordenen Umstände der Ermordung der beiden russischen Konsuln Schterbina und Rostkowski in Mazedonien durch einen türkischen Soldaten und einen türkischen Gendarm lassen der politischen Welt die Unruhen im Orient in einem neuen Lichte erscheinen. Wohl trägt das türkische Beamtentum mit seiner Unfähig keit, die zeitgemäßen Reformen in Mazedonien durchzuführen, große Schuld an der Unzufriedenheit der christlichen Be wohner Mazedoniens, aber direkt und indirekt werden die Aufständischen ermutigt und aufgestachelt durch die russischen Konsnlatsbeamlen in der Türkei bez. in Mazedonien. Nicht nur türkische Zeugen, sondern auch russische Freunde der Wahrheit und des Friedens haben ihre Stimme erhoben und erklärt, daß die Haltung der russischen Konsulatsbe amten in Mazedonien und anderen türkischen Provinzen zum größten Teil an den Unruhen schuld seien. Die russischen Konsuln setzen sich nämlich in der Türkei über Recht und Gesetz, über Rücksicht und Vorsicht vollständig hinweg und treiben Pam lawistisch-christliche Propaganda. Sie mißbrauchen ihre über dem Gesetz stehenden Stellungen dazu, fortwährend und offen durch Haltung, Wort und Tat für die Bulgaren und sonst in der Türkei lebenden Christen Partei zu ergreifen und halten sich sogar für be rechtigt, gelegentlich einen türkischen Beamten abzukauzeln oder einen türkischen Polizisten zu ohrfeigen. Man braucht sich da gar nicht zu wundern, daß die tückischen Beamten einen furchtbaren Haß gegen die russischen Konsuln hegcn und lm übersckäumenden Zorn einmal einen solchen sie reizenden russischen Konsul niederschieben. Will Rußland Ruhe un Orient, so mag es doch einmal seine sämtlichen dort fetzt eme exponierte Stellung einnehmenden Konsulats- beamtcn aus der Türkei eine Zeitlang zurückberufen und Nach einigen Monaten mit neuen friedfertigen Beamten deren Stellungen besetzen. Diesen lehrreichen Rat gibt die russische Zeitung .Grashdanin" selbst zur Beruhigung Maze- doniens Aber wie es scheint, will Rußland die Türkei wegen Ermordung der Konsuln einmal ordentlich zu Kreuze kriegen lassen, denn eine russische Flotte von 14 Kriegs- schiffen ist von Sebastopol aus nach den türkischen Gewässern abgefahren, und die Türkei soll dadurch emgeschuchtect und Zu einer ganz besonderen Genugtuung wegen der Konsuln- morde genötigt werden. Natürlich, aus der Ermordung von Konsuln kann man immer eine große politische Aktion einfädeln, und Rußland will für seine Vorherrschaft im Orient einmal wieder etwas hervorragendes tun. Im Ernst denkt aber wohl Rußland an keinen Krieg mit der Türkei, dazu wäre die Zeit zu schlecht gewählt, denn alle Welt, auch bas russische Volk begehrt den Frieden Wiedas liebe Brot, und die Türkei selbst wird um des Friedens .außergewöhnliche russische Forderung er füllen. Aber schlimm, fchr schlimm ist die Lage inzwischen in Mazedonien geworden, sodaß man dort auf einen all gemeinen Aufstand, erneu Krieg aller Christen gegen die Türken gefaßt ist. Dre türkische Bevölkerung selbst steht in einem Kriege gegen die bulgarische B völkerung nur noch eine Rettung in der großen Not, denn fortwährende Bombenattentate, Ruhestörungen und Eisenbahnangriffe haben das geschäftliche und soziale Leben in Mazedonien lahm gelegt, und die türkischen Behörden sind nicht imstande, hier eine Besserung eintreten zu lassen, weil sie nicht ein heitlich und konsequent genug vorgehen. Es kommt dies daher, weil die Türkei in Mazedonien neben der Zivil regierung einen Militärgouverneur hat, der oft ganz anders bestimmt, als cs die Zivilregierung erst angeordnet hat. Die Schwäche der türkischen Regierung ist in diesem Punkte so groß, daß die tückische Bevölkerung eine wahre Wut auf die Minister und Beamten hat, die diesem Zustande kein Ende machen. So wüten in Mazedonien die Rasse leidenschaften und Glaubensgegensätze weiter, ohne baß eine feste Hand sie zur Ruhe und Mäßigung bringt, und darin liegt die große Gefahr für den Frieden im Orient. Dev Prozeß Humbert in Laris. Der Prozeß gegen das Ehepaar Humbert und die beiden Brüder der Therese Humbert, der sich seit einiger Zeit in Paris abspielt und voraussichtlich in dieser Woche lein Ende erreichen wird, bietet eins der seltsamsten Ge richtsbilder, wie sie nur in Frankreich oder in einem anderen südlichen Lande möglich sind. Eine solche Unmenge von Einbildung und Schwadronierkunst, von Ausflüchten und Redensaiten birgt kein nördliches Menschen-Gehirn, grenzen doch mitunter dis Szenen, welche die Hauptangcklagte aufführt, an Verrücktheit. Therese Humbert hat von Jugend an mit großen Erbschaften oder Schenkungen, die ihr zu gefallen seien, renommiert, aber nie hat sie beweisen können, daß irgend eine dieser Zuwendungen eine tatsächliche Unter lage gehabt hätte. „Es ist so!", „Ihr werdet es sehen!", „Ich werde später darüber sprechen!", damit sucht sie sich durchzuwinden, und wenn alle Ausreden nicht mehr ver fangen wollen, schreit sie los: „Dann müßte ich betrogen sein!" Für einen Gerichts-Präsidenten gehört ein mehr wie natürliches Maß von Geduld dazu, um diesen Wort schwall zu ertragen, der zwischen Unsinn und Unverschämtheit hin- und hecpendelt. Es ist nachgerade selbst den Parisern, die doch für alle Sensation Feuer und Flamme sind, zu arg geworden, denn hier Hut eben die Scusat on ein Ende, und die unverschämte Nurretei beginnt. Wie das Urteil lauten wird, ist so schwer zu berechnen, daß eine Pariser Zeitung sogar Prämien für diejenigen seiner Abonnenten anssetzt, die dem Urteilsspruch mit Voraus setzungen am nächsten kommen. Der Hauptpunkt in der Anklage ist bekanntlich die sogenannte Crawford'sche Millionen-Erbschaft. Die Crawfords sollen aber nicht Crawfords heißen, es soll überhaupt ein großes Geheimnis dahinterstecken, dessen Enthüllung bevorstehen soll, wenn hinterher, wie voraus zusehen, nicht wieder eine neue Spiegelfechterei erfolgt. Der reiche Amerikaner Crawford soll Therese Humbert, angeblich weil er ihre Mutter sehr genau gekannt, so und soviel Millionen vermacht haben, die in e>nem leeren, präch tigen Geldschrank ruhten. Gegen dies Vermächtnis, das tatsächlich also gar nicht bestand, prozessierten zwei angeb liche Crawfords, die wiederum nicht existierten, die aber von den Brüdern Therese Humbert's gespielt wurden, die mit unter der Decke steckten. Die Hauptanstifterin Therese ließ also durch ihre Brüder gegen sich selbst prozessieren, zahlte gewaltige Prozeß-Unkosten, und erweckte mit diesem Trugbild den Glauben, daß sie schwerreich sei, daß in dem tatsächlich leeren Geldschrank wirklich Millionen verborgen seien. So erhielten sie Millionen geborgt, die sie sicher unterbrachten, gründeten eine Versicherungs-Gesellschaft RenteViagöre, das genialste Unternehmen desJahrhunderts, wie Therese sagte, brandschatzten da das Publikum erst recht, bis die ganze Geschichte zusammenbrach und die schlauen Betrüger ins Ausland flüchteten, wo ihre Ver haftung erfolgte. Es ist für einen deutschen Verstand fast unbegreiflich, wie eine solche excentrische Südländerin, bei der Schwindel und fixe Idee schließlich zusammenflossen, eine solche Menge von kapitalkräftigen Persönlichkeiten, sie nahm auch von anerkannten Wucherern so viel Geld, wie sie nur irgendwie bekommen konnte, dermaßen hineinzulegen vermochte; denn sie operierte doch, auf gut Deutsch gesagt, beinahe aus schließlich mit ihrem Mundwerk. Und nicht genug, daß sie diesen reellen und unreellen Geldmännern ein X für ein U zu machen wußte, sie verstand es auch, einflußreiche Kreise aus der Politik zu gewinnen. Mögen diese Herren Parlamentarier und sonstigen Persönlichkeiten sich nicht gerade haben durch Geld blenden lassen, sie sahen aber in Therese Humbert eine einflußreiche Dame, deren Gunst Beförderung und sonstige Vorteile bringen konnte. Mußte es sich doch der Schwurgerichts-Präsident gefallen lassen, daß Therese Humbert ihm zurief: „Was wollen Sie denn? Sie verdanken unserer Protektion ja Ihre ganze Carrisce." Maa muß an den französischen Chauvinismus, an die Gabe, sich sticht in Illusionen zu wiegen, denken, um dies Schauspiel zu verstehen. Eine durch nichts, als durch ihr hochtrabendes, sicheres Auftreten ausgezeichnete Familie spielt eine wahre Glanzrolle, Therese Humbert geriert sich als Schloßherrin, und ihre Angehörigen dienen allen möglichen kostspieligen Passionen. Unsummen sind ver schleudert in verhältnismäßig kurzen Jahren; der Konkurs verwalter hat ja die Passiven auf weit über hundert Millionen Fres, berechnet. Es ist echt französisch das Alles! Wir haben ja bei uns auch einen Trcber-Schmidt und andere Personen, aber da handelte es sich doch um eine offizielle Geschäftsführung. Aber hier, diese eine zungenfertige Frau, die mit ihrer Suada Finanzleute, Beamte, Politiker bezaubert, die die tollsten, beinahe an Wahnsinn grenzenden Geschichten herunterhaspelt, ohne daß Widerspruch laut wird, die darauf Millionen über Millionen einnimmt und noch dazu als Genie gefeiert wird, das ist — wirklich nur in Paris möglich. Mag das Urteil lauten, wie es will, das schärfste Urteil liegt schon darin, daß solche Dinge überhaupt passieren könnten. Politische Run-schan. Der Kaiser und die Kaiserin residieren seit Montag vormittag ans Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel, wo sich bereits die jüngsten kaiserlichen Kinder befanden. Die Majestäten werden auf Schloß Wilhelmshöhe bis zum Zeitpunkte des Beginnes der diesjährigen Kaisermanöver und Paraden des 4. und 11. Armeekorps, sowie der beiden sächsischen Armeekorps verweilen. Am Dienstag früh traf auch Kronprinz Wilhelm auf Schloß Wilhelms höhe ein. Im Laufe des genannten Tages fand daselbst ein Pcunkmahl statt, welches der Kaiser zu Ehren seines erlauchten Freundes und Verbündeten, des Kaisers Franz Josef von Oesterreich, gab, der am 18. August sein 73. Lebensjahr vollendete. An dem Diner nahmen u. A. der österreichisch-ungarische Botschafter am Berliner Hofe und mehrere Herren der Botschaft teil. In der inneren Politik ist nach dem jüngsten preußischen Keonrat, über dessen Bedeutung und Tragweite die Meinungen noch immer auseinander gehen, einstweilen nochmalige sommerliche Ruhe eingetrcten. Das untrügliche