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einer solchen Anerkennung bringt, daß das evangelische Kirchenlied, der protestantische markige Choral, das ein fache und doch so tiefe spätmittelalterliche und reforma torische Volkslied ein so ungemessenes Verständniß in breiten, nach Tausenden und Abertausenden zählenden Massen findet, ist uns einerseits Gegenstand des Staunens, andererseits der Hellen Freude. Es muß doch ein urge waltiger Kern wahrhaft künstlerischer Potenz in diesen alten Liedern liegen, wenn sie auch bei einem modern blassirten Publikum noch, sagen wir lieber wieder, so „durchschlagen". Wir müssen dabei unwillkürlich an das berühmt gewordene, geflügelte Wort von Meister Rapke denken, das er seiner Reformationsgeschichte gewissermaßen zu Grunde legt: „Was war je in Deutschland mächtiger als der religiöse Gedanke!" Dieses herrliche Wort dcS großen Historikers trifft den Nagel auf den Kopf. Was sind ein Luther, Gerhardt, Prätorius, Rhötz, vor allem Bach und viele spätere Meister ohne diesen religiösen Gedanken, in dem sie athmen. Man nehme ihn hinweg, und es fehlt ihnen das künstlerische Rückgrat aber, um ein anderes Bild zu brauchen, die künstlerische, ihr individuelles Bewußtsein erfüllende, dasselbe belebende Seele. Wer nun diese herr lichen Gesänge hört, in so vollendeter, durch und durch künstlerischer, fein abgetönter, akustisch und dynamisch, nach Phrastrung und Deklamation durchleuchteter Dar stellung hört, für den belebt sich das Alte, es wird jung, weil es ewig ist; so stören auch nicht ältere, archaistische, manchem wie „Zopf" erscheinende Formen, Schnörkel und desgleichen. Atan singt, man hört sich in diese Formen hinein, das Alte erwacht in uns selbst zu unvergänglicher Schönheit. Man hat die Leistungen des genannten Quartetts im einzelnen, namentlich auch die Einzelstimmen mit anderen vorzüglichen Künstlern und Künstlerinnen verglichen, und streng fachmusikalisch, zuweilen mit einem kleinen Seite, hieb ans diese „kirchlichen" Künstler, die sich offen uno frei auch im Leben zum Evangelium bekennen, gefragt: Was ist denn eigentlich das besondere, das sie haben, was die erschütternden Wirkungen, die vollen Kirchen und Konzertsäle zur Folge hat? Vergleichen wir etwa die uns auch hier bekannten, berühmten „Böhmen", so werden wir bei anderen ausgezeichneten Spielern manches auch ebenso gut, vielleicht besser finden als bei ihnen. Und doch steht nach übereinstimmendem Urtheil fast aller Autoritäten die Gesrimmleistung der Böhmen nahezu unerreicht da. Dasselbe gilt für dieses berühmte Kirchenquartett. Das in der Kunst schließlich Entscheidende ist doch der individuelle Geist, der die Formen belebt, der in der Komposition der Autoren das ihm Gleiche findet und nun, bei voller Formbeherrschung, aus sich heraus architektonisch aufs Neue hervorbringt. Man nenne dies schön, tief, vollendet, schließlich ist es der Geist des Autors, der im Ausübenden sein Echo fand, und der nun selbst zu uns redet. Ist nun der Geist der genannten Autoren tief hin ein getaucht in den religiösen Gedanken, sagen wir lieber in das ewig lebendige Gotteswort selbst, so tönt uns bei dem entsprechenden künstlerischen Verständniß der gott begnadeten Sänger und Sängerinnen dieses Wort selbst in seiner unvergänglichen Klarheit entgegen, wir hören, wie die Amerikaner von ihren Leistungen sagen, „ge sungenes Evangelium", weil alles künstlerische Rönnen und Wissen, alle individuellen Anlagen mit tiefem Ver- stärrdniß in ocn Dienst dieses Heiligen auf Erden gestellt werden. Professor I. Kersten. Soweit der Bericht aus Rußland, wo das Quartett kürzlich sieben Aufführungen veranstaltete. Ganz kürzlich sang es auf Einladung und unter dem Protektorat des Großfürsten Michael von Rußland etwa in 10 Orten an der Riviera (Cannes, Nizza, Monaco, San Remo rc.) Aber nicht nur im Ausliude, sondern auch m Deutschland gewinnt das Quartett mein und mehr die Hcrzen. So wurde es im vergangenen Winter nicht weniger als sieben Mal nach Berlin gerufen. In letzter Zeit sang es au vier Orten vor ca. 7000 Zuhörern nut mehr denn 1000 Mark Ucberschuß für milde Zwecke. Und einer dieser Hörer schreibt: „Ich habe in diesem Winter in 8 Konzerten alle ersten Größen (Risler, Wüllner, die Her- M Sonne. 48 Roman von Anton Freiherr von Perfall. Das war ja alles kein Verbrechen, gewiß nicht, und man lebt nun einmal heutzutage anders wie früher, — aber das Geld! Das erbärmliche Geld! Allerdings, es giebt ja Tausende von Beamientöchtern in der Stadt, die nicht reiten und doch ihre Jugend genießen — aber das sind eben auch keine Johannas! Er erschrak ja selbst ost, wenn sie ihm entaegcntrat in dieser plötzlichen Vollreife, mit der Vornehmheit einer Welt dame ; der kleinste Toilettcnecgensiand, unbedeutend an sich, hob ihre ganze Erscheinung. Wie tonnte er von die>em herr lichen Wesen verlangen, daß sie still und bescheiden ihre Tage verbringe, wie es einem Beamten linde, seinem Kinde, zugelonnnen wäre. — Er allein war der Sänldige! Warum verbauerte er, versauerte er in Langselden als Amtmann, anstatt nacb hohen Stellen streben, nachdem er einmal seine Gattin aus diesen Kreisen erweist Er war ein aewissenlo'er Vater und Gatte-.So endete gewö.mlich sein Gedcmkeunanq. Schon zeigten sich kleine FmanzknM deren geschickte Verheimlichung Frau Ottilie nicht immer gelang. Ter Vorwurf seme« Innern trübte sein klares Urteil und wachte ibn nachgiebig. Erst als einmal die Mietsumme nicht aus den bestimmten Tag aufzubringen war, verließ ihn seine Fassung. Die ganze Luge seiner Existenz stand mit einmal klar »or ihm. Das unbedeutende Defizit zog den Schwer von )em Abgrund, den er bereits zu seinen Füßen sah. Was hätte er ln Laugfelden von einem Familienvater gedacht, der die Mete nicht bezahlen konnte. Wie ost war er rücksichtslos vor- zegangen gegen solche unsolide Existenzen! Er kannte die Pünktlichkeit TapeinerS, seine strengen Ansichten in dieser Be stehung. Es war sein schwerster Gang, der Gang in das Kon zog rc.) gehört, aber diese 8 Konzerte zufamMn babW mich nicht so erquickt, wie die eine Stunde Ihres Qua'r- tett-Konzertes." Wir wiederholen dringend unsere Empfehlung, das genannte Solo-Quartett sich morgen Nachmiitug in der Kirche zu Burkhardts Walde anzuhöeen. Vgl. das Inserat in der heutigen Nummer unseres Blattes. Vaterländisches. Mtcheitungm aus dem Leserkreise sind der Redaktton stets willkommen. Der Name des Einsenders bleibt unter allen Umstanden Geheimniß der Redaktton. Anonvme Zuschriften können nicht berücksichtigt werden.) Wilsdruff, 3. Juli 1903. — Dresden, 1. Juli. Auf dem Transport von Berlin nach Dresden entsprang der Einbrecher Wollburg zwischen Kötzschenbroda und Radebeul aus dem Zuge. - Dresden, 1. Juli. Die in der Bergmannstraße gelegene Kohlenanzünderfabrik stand gestern in kürzester Zeit über und über in Flammen, weshalb die Feuerwehr auf „Großfeuer" alarmirt wurde. Ein völliges Aus- brennen der Fabrik war nicht zu verhindern. Der ange richtete Schaden ist bedeutend. — Die hiesigen Bau- und Möbeltischler fordern schon seit Monaten von ihren Arbeit gebern erhöhte Löhne, die ihnen von den Jnuungsmeistern verweigert werden. Deshalb ist ein Theil der Gehilfen schaft für den sofortigen Eintritt in den Streik, der be sonnenere größere Theil fetzte aber dmch, vorerst noch eine abwartende Haltung einzunehmen und erst am 6. Juli in den Ausstand einzutreten, wenn an diesem Termine nicht nach dem 1897 er Tarife bezahlt werde. — Zum hiesigen Ofensetzerstreik wird heute von betheiligter Seite gemeldet: In den Ausstand sind bis jetzt 369 Mann ge treten. Davon erhielten bis jetzt 150 Mann Arbeit. Arbeitswillige sind ungefähr 50 beschäftigt, hauptsächlich ehemalige Kleinmeister und einige Lageristen. — Plauen. Am Dienstag Abend mußte ein erst vor kurzer Zeit vom Militär als Invalid entlassener 21- jähriger Mechaniker Namens Hahn aus Niederbirkigt zur Haft gebracht werden, weil er voa einem 20jährigen Mäd chen Namens Z. aus Potschappel, mit dem er, da sie sich vom Tanzsaale her kannten, von unserm Orte aus gemein sam gegangen war, beschuldigt wird, baß er es im Busch hinter der Militärmühle vergewaltigt habe. Huhn, der das Mädchen überredet haben soll, mit ihm von der Mi lstärmühle aus den jenseits der Weißeritz befindlichen Fuß pfad statt der Straße zu benützen, wurde aus den Hilfe ruf des Mädchens durch Militärmüller verfolgt und nach heftiger Gegenwehr fcstgehalten und daun von einem herbeigerufenen Polschappler Schutzmann mittels Hand wagens in die Potschappler Ortszelle gebracht, von wo er Mittwoch früh durch die Genda mene ins Amtsgerichts- gefängniß eingelieiert wurde. — In der Nacht zum 30. Juni waren bei einem Einbruch in eine Fayrradfadrik in Altgrun a 2 Fahrräder gestohlen worden. Der eine der Einbrecher wurde auf frischer That, der andere jetzt in Tcplitz festgenommen. — Meißen. Der neue Entwurf des Oberbauraths Schäfer für die Thürme des Meißner Domes, der am Sonnabend im Hauptrestanrant der Städteausstellung in Dresden dem Bauausschuß und dem Vorstande des Dom bauvereins vorgelegt wurde — er führt die Bezeichnung „Entwurf 3 8" und stellt eine Umarbeitung der früheren Entwürfe dar —, ist sowohl vom Bauausschuh wie vom Gesammtvorstand einstimmig genehmigt worden. Das mit einigen Abänderungen, die der Bauausschuß gewünscht hat, versehene große Modell ist in demselben Räume der Städteausstellung ausgestellt, in dem sich das Meißner Stadtmodell befindet. Der Bau am Westthnrme des Domes wird nun beginnen. Das Gerüst ist schon einige Wochen fertig. - Siebenlchn, 1. Juli. Ein Zigeunertrupp mit 3 Wagen und 7 Pferden brachte heute Mittag fast das ganze Stäütchen auf die Beine. Die braunen Gesellen der ungarischen Pußta, welche von 2 Gendarmen eskortirt wurden, machten am „Roß" hier Halt zur Fütterung ihrer Pferde; sie sollten wieder über die Grenze geschoben werden' tor am 1. April. Seine täglichen Besuche abzubrechen, mar noch gefährlicher, abgesehen davon, daß er sich selbst dieser Felgbest schämte. Am besten noch ein offenes Wort. Bei seiner Un beholfenheit in solchen Lagen machte er einen entschiedenen Fehlgriff dem Kaufmann gegenüber. Er brachte fein Anliegen mehr in fcherzbaster, etwa? burschikoser Weise vor, so wenig ihm auch danach zu Blute war. Der Karneval babe ihm scharf zugesetzt, zu allein Ueberfluß sei auch sein Töchterchen unter die Amazonen gegangen. Es handle sich ja nur um eine augenblickliche Ebbe in der Kaffe; er brauche keine Angst zu haben. Vergebens wartete Ringelmann, Tapeiner werde seine Ensichuldigungen rasch mit einem paffenden Wort unterbrechen, oder selbst die Sache von der heiteren Seite nehmen. Der Kaufmann stopfte während seiner Rede gleichmäßig mit dem Bleistiit aus den Tiicb. Keine Muskel bewegte sich in deni gelben Gesichte, nur d'e steinen schwarzen Augen glänzten wie Glasperlen. Als Ringelmann geendet, erhob der Kaufmann sich, schloß die Tür, die in den Laden führte, und trat dann dicht vor ihn bin. „Herr Amtmann," begann er in einem Tone, welcher Ringelmann das Blut in die Wangen trieb. „Uebrigens, die Sache ist ja sehr einfach — bis meiner Stunde halun Sie Ihr Geld," sagte er brüsk, von seinem verletzten Standesgesühl getrieben, indem er Miene machte, sich zu entfernen. , , „Herr Amtmann," fuhr Tapemer kN erhöhter Tonlage fort, welche trotz seinem Unmute diesen an seinen Platz fesselte. „Sie haben 25 Jahre einen ganzen Bezirk verwaltet, ich verwalte nur einen Kramladen. Sie wissen also besser als ich, was les Pudel? Kern ist. Ordnung, Ordnung zum ersten-, zweiten-uud drittenmal. Sie werden in Ihren alten Tagen dieses Prinzip nicht ausgeben wollen. Ich habe nur pünkt- , Mieter in meinem Hause und keiner ist in besseren Ver- haltmpeu als Sie." Herr Tapeiner, ich muß Sie bitte» , mnd das mit Recht, denn das schmutzige Volk will nur vom Betteln und Stehlen leben. In Kleinvoigtsberg hatten sie beim Fleischermeister Reiche! 65 Mk. gestohlen, der Diebstahl wurde sofort bemerkt, durch Radfahrer wurden sie eingeholt und mit Hilfe der Gendarmerie und vieler Bewohner von Gleisberg gestellt, auch der Betrag bei ihnen vorgefunden und wieder abgenommeu. Die zwei Zigeunerfrauen, die den Diebstahl ausgeführt, waren natürlich vorher verduftet unb stoßen sicher wieder auf Umwegen zur Gruppe. — Die Gründung einer jungnationalliberalen Tages zeitung für Freiberg und Umgegend ist nunmehr end gültig beschlossen worden. — Lommatzsch. Der Kupferschmiedelehrling Busch mann rettete in Zöthain am Montage mit eigener Lebens gefahr einen im Bache mitbadenden Pferdejungen vom sicheren Tode des Ertrinkens. Trotz Warnung war der Pferdejunge an einer üb:r 2 Meter tiefen Stelle in dm Bach gesprungen und gesunken. B. schwamm auf dessen: Hilferufe herzu und brachte den Sinkenden, der ihn in seiner Todesangst umklammerte und wiederholt mit in die Tiefe zog,, glücklich ans Ufer. — Kötzschenbroda, 2. Juli. Eine aufregende Szene spielte sich gestern Abend am Bahnhofe Kötzschen- brodaundwährendderFahrtineinem Wagen4.Klasse, indem ein Ehemann und Vater von 5 kleinen Kindern seine Familie verlassen wollte. Von der Gattin unter Thronen und Klagerufen am Arme zurückgehalten, schlug er sie an gesichts der Bahnbeamten heftig ins Gesicht, stieß sie von sich und sprang in den Wagen. Die weinende Frau sprang ihm, ohne im Besitz einer Fahrkarte zu sein, nach und wurde von dem dieselbe zwar abwehrenden, aber mit fühlende» Bahnschaffner eine Strecke kostenlos mitgenommen. Infolge einer Depesche wurde der Flüchtling in Meißen von der Polizei in Empfang genommen. Theilnehmende! Mitreisende beschenkten die unglückliche Frau, die auf der: nächsten Station aussteigen mußte. — Großen Hein. Der Urheber des am 24. Mai bei Drebkau stattgehabten Eisenbahnunglücks ist, wie bas hiesige „Tageblatt" meldet, Mitte voriger Woche durch einen Berliner Kriminalbeamten, der feit längerer Zeit in dieser Angelegenheit thätigwar,in dem25 Jahre allen unver- heiratheten Zimmergesellen Friedrich Jägel aus Raskow im Kreise Cala« ermittelt und dem Cottbujer Unter- suchungsgefängniß zugeführt worden. — Chemnitz. Ver Doppelraubmörder Dienstknecht Kamprath aus Leisnig, der vor Kurzem in Maffanei bei Waldheim den Gutsbesitzer Müller und dessen Wirthschafterin Langhof durch Beilhrebe erschlug und dann beraubte, wird sich am 8. Juli vor dem hiesigen Schwurgericht zu ver antworten haben. - Im Acatyleugasbehälterraum des Gasthofes „Stadt Prag" in Jöhstadt fand am Sonnabend Abend eine Explosion statt, bei welcher sowohl die Wirthin als auch deren Vater schwere Brandwunden davoutrugen. Das Dach des Gebäudes wurde ausgehoben. Em Bützer. Skizze aus Kalifornien. Bon Hans Forsten. (Nachdruck verboten.) Im ganzen Städtchen erregte seine Ankunft Aufsehen. Man zerbrach sich den Kopf darüber, warum er gerade nach Happytown gekommen wäre, da diese Kolonie, die jüngste im ganzen Distrikt, für denjenigen, der nicht zu rhren Gründern gehörte, so gut wie keine Annehmstchkefien bot. Aber Sam Upperwind — wie er sich nannte — kam dennoch nach Happytown. „Hm" sagte Bobby Wild zu Fred Canning, „vielleicht hat es der Jung' nöthig, sich zu verstecken!" „Hoho! Dann braucht er nicht zu uns zu kommen," erwiderte Fred, „wir sind hier eine Kolonie von Gentlemen." Bobby lächelte Er wußte es besser. „Well," sagt er schmunzelnd, „dann betragt Euch als Gentlemen und nehmt den Neuling anständig auf. Die Kolonie ist ja kein Klub, braucht also keine Auskunft über seine Person." „Kein Klub! — Rich- - — „Um was noch?" fragte der Kaufmann, seine Hände reibend, mit verschmitztem Lächeln. Rmgelmaun griff nach seinem Hut, zorngerötet. Tapeiner legte seine Hand darauf. „Bitte, einen Augenblick. Sie haben jetzt den Hausherrn gehört, die Krämerseele, jetzt hören Sie den Tapeiner, Ihren gllten Freund, der Sie schätzt und ehrt." Das gelbe Gesicht mit den kleinen Zügen gewann einen warmen Ausdruck. Riugelmaun blieb, wenn auch widerstrebend. „Ich beobachte Sie schon lange. Sie leben über Ihr« Verhältnisse — Sie nicht, aber Ihre Familie . . ." „Herr Tapeiner!" warnte Ningelmann von neuem. „Ach was, lassen Sie das! Ich bin ein Krämer und Sie sind ein königlicher Beamter, weiß ich schon. Für eine ehrliche Warnung ist keiner zu gering und ich will Sie einmal nicht in das Verderben rennen sehen nngewarnt, wie ich schon unzählige Höhere, als Sie sind, gesehen habe. Hängen Sie den Frauenzimmern den Brotkorb etwas höher. Es taugt nichts, das Oben hinauswollen, man muß dann erst recht unten durch. Ein Fieber wütet bei uns, ein tätliches Fieber und wenn man aus einer gesunden Lust kommt, wie Sie dann ist man noch viel empfänglicher dafür, als ein Einheimischer, weiß ich alles." „Kennen Sie denn meine Verhältnisse so genau?" er< widerte der Amtmann barsch, „meine Verpflichtungen?" „Ihre Verpflichtungen kenne ich, Herr Amtmann, ganj genau," erwiderte Tapeiner mit einem seinen Lächeln. „Er sind die Verpflichtungen eines jeden Ehrenmannes." — „Ah, natürlich, meine Miete pünktlich zu bezahlen, da' rüber hinaus gibt es sür Sie keine Verpflichtungen." „Doch, Herr Amtmann — nicht mehr scheinen zu wollet als man ist," entgegnete Tapeiner in voller Ruhe. ,M' beugsame Gewissenhaftigkeit," fügte er dann, die kahle Sti^ faltend, die kleinen Fäuste ballend, mit einer ihm sonst sren«' den Energie hinzu.