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Zweites Blatt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 15 Pfg. pro viergespalleve Sorpuszeile. N Druck und Verlag von Martin Berger in WilsdE. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 78 Sonnabend, de« 4. IM 1S0Z «2. Jahrg D. Vie Zonne u. ' „Welt zeit dten, nten Höne Verein nd eut- nde mann. ahme, >er die önigs- g über An. bittet ntzsch. u, igsu. Be- wft uns chst bend Stuck- lverden ie die- ch bei« für möglich halten? Der Apostel sagt's, so muß es wohl wahr sein: Sie haben die Gnade vergeblich empfangen! Auch die haben es gethan — und das muß mit großem Nachdruck gesagt werden — welche die Gnade wohl angenommen haben, haben sie aber nicht in ihrem Herzen so weit wirken lassen, daß sie dadurch auch zu Dienern Gottes geworden wären. Denn dazu empfängst du die Gnade Gottes, daß du fortan ihm levst, und nicht dir selbst und nicht der Welt. Vermag ein Christ nicht mehr, als das unbekehrte Weltkind, so wäre der Christen, glaube um kein Haar besser, als die Religion dieser Welt. Denn die lehrt sich selber folgen, den eigenen Willen, die eigene Leidenschaft als oberstes Gesetz ansehen, die lehrt nicht, nach Gott trachten und seinem Heil, sondern nach der Welt und ihren Gütern. O wie furchtbar ist die Gefahr für die Unbekehrten, ihre Gnadenzeit zu versäumen! Wie groß aber auch die Gefahr, die empfangene Gnade wieder zu verlieren! Jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist die Zeit zum Empfang der Gnade, jetzt ist die Gelegenheit zum Verlieren der Gnade, jetzt ist die Zeit zum Beharren in der Gnade. Jetzt, jetzt! Kennst du die Ewigkeit, lieber Leser? Wer die kennt, der hat nur einen Wahlspruch: Nur selig, denn ewig ist so lang! Und das Jetzt ist so kurz und so viel, so viel von ihm abhängig! Kaufe die Zeit aus, liebe Seele, suche Gnade, weil sie noch zu finden ist! Warte nicht dürre Zeiten ad, wo du sie haben möchtest, kannst sie aber nicht mehr bekommen! Und du lieber Bruder, der du Gnade hast, thue Fleiß, deinen Beruf und Erwählung fest zu machen, damit du in der Gnade be. harrest, damit auch die Welt erkenne, daß du Christi Jünger seist, daß jedes deiner Worte, jedes deiner Werke das Kennzeichen der allmächtig wirkenden Gnade Gottes an sich trägt! So unglaublich, so töricht es war, sie empfand Heimweh! Heimweh nach Langselden — das war's. — Nach den alten Häusern dach nicht, nach den schmutzigen, engen Straßen, den langweiligen Gesichtern der Klatschbasen! — Aber nach den Spaziergängen in den Wäldern, den Ausflügen, nach dem kleinen Garten am Hause! — Nach ihm! — Alles Lüge! N^ch ihm! Nur nach ihm! — Das ist aber töricht! E> hat es ja nicht einmal der Mühe wert gefunden, sie nach dem schönen Abend noch einmal aufzusuchen, obwohl er es versprochen. Er denkt ja nicht daran, ihr zuliebe in die Stadt zu ziehen, sich einen Namen, eine Stellung zu schaffen. Er überläßt sie getrost, ohne die geringste Sorge, diesem Grafen Leining, dessen Interesse an ihr ihm sicherlich nicht entgangen. — Oder fühlte er sich schon verdrängt, wagte er nicht einmal den Versuch, dann ist er auch kein Mann. Nach solcher Stunde innerer Einkehr kam sie dem Grafen in einer Weise entgegen, welche diesen in dein Glauben an seine Unwiderstehlichkeit von neuem bestärken mußte. Sie hatte auf seinen Anlaß Reitstunden genommen. " Wenn er verlangt, daß eine zukünftige Gräfin Leining reiten kann, was will inan dagegen haben, pflegte Fran Ottilie dem über diesen neuen Uebergriff empörten Gatten zu erwidern, es kostet ja nichts und das Mädchen hat entschieden LÄrnt. Das liegt nun einmal so im Blut. So mußte er eines Tages mit ansehen, wie eine ganze Kavalkade Herren und Damen vor das Hau? gesprengt kam, um Johanna abzuholen. Freilich, sie sah entzückend, wir eine geborene Amazone aus in ihrem neuen Neitkleide, dem kleinen Cylinder mit dem blauen Schleier, der ihr vor Vergnügen leuchtendes Antlitz umrahmte; und als sie mit der Reitpeitsche lierauswinkte, ihm so glücklich zulachte, als sie mit unnachahmlicher Grazie von der Hand des Reitknechtes in den Sattel sich schwang und dann unter dem staunenden Gegafse des Publikum davon» sprengte, als sei die ganze Gesellschaft nur ihr Gefolge, dann hätte er ihr am liebsten selbst zngejauchzt in seiner törichten Lieb«. Mhr so emstr.» str.58. tM- s s und l > sön- i urch < > eich- !! be- '' i im !! le in 's und <» den !' Ist. ch an t der Juli sieilag k, nanu Kirchenmusik. In der Zeitschrift „Der Kirchenchor" lesen wir eine eigenartige Besprechung über das Leipziger Solo-Quartett für Kirchengesang, welche die „Nordliv. Ztg." aus der Feder von Prof. I. Kersten in Dorpat bringt: Kurze Zeit, nachdem Rich. Wagner die Augen geschlossen, während der Kampf um die Zukunft seiner Schöpfungen mächtig hin und her wogte, während ein Rubinstein auf der Höhe seines Ruhmes in die Welt Hinausrufen durfte, er wisse nicht, was Kirchenmusik sei, fiel eine zunächst äußerst un scheinbar anmuthende, Anfangs nur in engen Kreisen sich geltend machende künstlerische That, die aber in der Folge bereits beide Hemisphären unseres Planeten in eine ganz ungewöhnliche Bewegung versetzt hat: Die in Leipzig 1885 erfolgte Gründung eines Solo-Quartettes für evang. Kirchengesang. Wer die „senfkornartige" Entstehung dieses Quartettes verfolgt hat, und nun in den letzten Berichten aus den Zentren Europas, aus London, Paris, Rom, Berlin, Petersburg, vor Allem aber aus der neuen Welt, aus New-Jork, Chicago, St. Louis, Boston, Baltimore, Washington u. s. w. die geradezu enthusiastischen Lob preisungen über die Leistungen verfolgt, nicht von kunstbe geisterten Melomanen, denen der gute Zweck die Leistung lobenswerth macht, sondern von ernsten Fachleuten, zum Theil von allerersten Spezialisten verfaßt, zu würdigen weiß, der wird, wie dies jetzt fast allgemein anerkannt ist, die Thatsache zugestehen müssen, daß wir es hier mit einer künstlerischen Vereinigung allerersten Ranges zu thun haben. Daß bei dem tosenden Kampfe der modernen Oper um den Stil der Zukunft, bei dem Streite der Symphoniker um „Prograwmmusik" oder um das Gegen theil, bei dem Ringen des modernen LiedeS, zwischen diesen Klippen ungefährdet Reinheit und Adel zu bewahren, die speziell kirchliche Kunst zunächst als ausübende es zu Ium 4. Ksnntage nach Srinitatis. 2. Kor. 6, 1: Wir ermähnen euch, daß ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfanget. Vergeblich angeboten wird die Gnade gar vielen Menschen. Suche Jesum und sein Lich!, alles Andre hilft dir nicht — es sind doch verhältnißmäßig wenige Seelen, die von der dringenden Bitte und Warnung dieser Worte nicht erreicht werben. Ja, wenn es der Welt Geld und Gut, der Welt Freuden und Genüsse, der Welt Ehren wären, Wenns nur überhaupt etwas Greifbares, Fühlbares, Sichtbares wäre, die Gnade in Jesu Christo, so würde die in den Diesseitigkeitsstandpunkt versunkene, unter den Materialismus geknechtete Welt sich wenigstens noch be sinnen Aber ein so wesenloses, schattenhaftes Ding, wie „Gnade", sich aufnölhigen zu lassen — damit möge man' der Welt fern bleiben! Ach, welch eine Schuld läd dieWelt auf sich, daß sie derGnadc deuSieg wehren will! Aber es giebt, dem Herrn sei Dank, doch noch Seelen genug, die es mit schmerzlicher Sehnsucht fühlen, daß Gnade, Gnade von Gott das einzige ist, was sie nöthig haben, was ihren Jammer stillen, ihren Schaden heilen kann, die dann vor den Herrn treten und sprechen: Ich fleh um deine Gnade, nichts bin ich ohne dich! Sollte man's für möglich halten, daß die, welche geschmeckt haben die Trostes- und Friedenskräste der zukünftigen Welt, die der Herr durch seine Gnade geheilt, mit Frieden und Selig keit erfüllt hat, in Zeiten kommen könnten, wo sie mit der Gnade nichts mehr anzufangcn wissen, wo sie aus der Gnade herautzfallen, wo die Gnade ihnen schal vorkommt, wie abgestandenes Wasser, wo die Vergebung ihrer Sünden ihnen ein verächtliches Gut zu sein deucht, wo sie, die bisher sich an der Gnade genügen ließen, wieder auf eigene Kraft vertrauend, ihren Weg gehen wollen? Sollte man's Rebe aber auch lichtscheue Verbrechen begangen, das Heiligste ge opfert, geschändet. Und diese ganze furchtbare Hetze voll zieht sich unter dem Scheine der vollsten Ruhe und Anständig keit, hinter dem Bollwerk vorgeschobener Triebfedern und Gründe, deren Benennungen feststehen. Ningelmanns hatten sich vortrefflich eingelebt. Frau Ottilie verjüngte sich ordentlich in dieser neuen Atmosphäre. Ihr reger Geist, so lange zurückgedrängt, feierte eine neue Auferstehung. Sie rechnete bald zu den bewegenden Elementen der Gesellschaft, während Johanna sich rasch zu einer der pikantesten Erscheinungen entfaltete. Abgesehen von dem natür lichen Grunde ihres Alters, in welchem die weibliche Natur der verblüffendsten Verwandlung fähig ist, schienen noch andere äu ßere und innere mitzuwirken. Die höhere Lebensenergie, welche jetzt einfetzte, das immer mehr hervorlodernde Bewußt sein der Macht der Jugend und Schönheit, gewisse nochun klare Erfahrungen und Empfindungen, deren reizvoller Kampf mit der noch immer ungetrübten Unschuld des Herzens sich in ihrem ganzen Wesen abspiegelte, das alles verlieh ihr den schwülen Reiz eines plötzlich mit aller Macht hereinbrechen den Frühlings. Zwar gaben die meisten ihrer Bekannten, vor allem ihre eigene Familie, allen diesen treibenden Kräften einen Kollektivnamen — Liebe, aber mit Unrecht. Sie liebte Graf Leining nicht, zu ihrem eigenen Erstaunen, ohwohl sie keinem Augenblick an der Neigung des jungen Mannes zweifeln konnte, obwohl sie in ihm alle guten Eigenschaften vereint zu finden glaubte, welche überhaupt in der Gesellschaft als solche galten, obwohl er ihr nicht nur ein angenehmer, sondern ein unentbehrlicher Freund war. Oft dachte sie darüber nach. Vielleicht bewirkten die ständigen derben Hinweife der Mutter in ihr gerade das Gegenteil. Oder war sie schon so ober flächlich geworden in diesem Getriebe, daß sie gar keines tieiereu Gefühle? mehr fähig war? Oder fehlte ihm doch eine Eigen schaft, die ihr unbewußt unentbehrlich war ? Die man vielleicht hier gar nicht kannte, wie so vieles andere nicht, das sie so schwer Msite, mitten in dem VergnügunM - - - Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruffs sowie für das Rgl. Horftrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstem, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbech, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Nentanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. MM» L «W Tharandt, Hessen, Siebenteßn und die Umgegenden. s s Man lebte weit über seine Verhältnisse einer ungewissen Zu- aser kunst entgegen, man vertauschte einer lustig durchlebten Woche !s zuliebe fein durstiges Heim mit dem öffentlichen Asyl. Und l der Groll dieser ganzen Armee arbeitsloser Männer, welche , > hungernd, sriercnd, wie eine ständige Drohung die Stadt I s durchzog oder aus dcu öffentlichen Plätzen förmlich Carree des l » Elends bildete, richtete sich lediglich gegen diesen Strom, der s ! gerade sie an das dürre User gePült und nun noch zur Raserei < ' bringt mit seinem verlockenden Brausen, mit den schillernden s > Farben seiner Wogen. Sie würden keinen Augenblick zögern, » s sich ihm von neuem anzuvertranen, gleichviel, wie lange er'sie trägt, k wohin er sie führt. Die Tendenz war in allen Schichten die gleiche, nur trat sie verschiedenartig in die Erscheinung. Fauste in den » Hosentaschen ballen, mit dem Schicksal zu rechten mit Gott E und der Welt, war kein ausschließliches Vorrecht der unteren Klasse». Nicht nur auf den Plätzen und Ecken tnebstch de Schar der Verdienstlosin murrend, zähneknirschend ihr Recht auf Arbeit oder vielmehr Genuß fordernd umher. , s? ?en vornehmsten Salons fanden sich diese Ge stalten, die Kleidung ändert nichts daran, es waren vollgiltige Genossen der unter len erleuchteten Fenstern mit hallenden Schritten irgend em verzweifeltes Lied auf den Lippen vor- beimarichicrenden Truppen des Elendes. Und rastlos, unerbittlich schwingt der Dämon, der dieses Häusermeer beseelt, seine furchtbare Geißel, nach deren Wun den selbst alles wollüstig verlangt. Er süllt damit immer von neuem seine entsetzlichen Tretmühlen der Arbeit, spornt die unzähligen Opfer erbarmungslos, mit kühnen, waghalsigen Planen, seinem Glanz und Ruhm zu dienen, erhitzt die schon Erschlaffte Tatkraft von neuem im ewigen Kreislauf die ver schwenderisch geleerten Magazine. Teaterstücke iverden geschrieben unter diesen Geißelhieben, Wände mit Kunstwerken gefüllt, Mamuthäuser gebaut, un glaublichste Erfindungen ergrübest in dumpfen Studiersstrben,; rden, flllen ZA ken. R