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Tharandt, Massen, Sielientehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruffs sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. , Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalve, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Rottzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — JusertionspreiS 15 Pfg. pro viergespaltene CorpuSzeile. Dnick und PeNan von Marlin Berger in Wilsdruff. — Beranvvorllich für die Redaktion Marlin Beroer No 66. Sonnabend, den 6. Juni 1903. 62. Jahrs« Der Rechnungsabschluß der Säch sischen Staatseisenbahnen 1902. Wohl selten — so schreiben die „Dresdn. Nachr." — ist ein Rechnungsabschluß mit größerer Spannung cr- Wactet worden als der soeben fertiggestellle Abschluß der sächsischen Sraatseisenbahnen für das Jahr 1902. Selten aber hat sein Ergebmß auch eine freundlichere Ueberraschuug gebracht als diesmal. Denn gerade, worauf es in diesem Mißlichen Zeitlause des wirthschaftlichcu Tiefstandes ankam: die wirksamste Einschränkung der Ausgaben ist der Ver waltung unserer Staatsbahiieu vollkommen gelungen, und so ist der Rechnungsabschluß so günstig ausgefallen, wie man es kaum erwarten konnte. Die gejammten Einnahmen betrugen 129463297 Mk , gegen den in den Slaatshaus- hallsetm für 1902/03 eingestellten Betrag 2662703 Mk. weniger; die Ausgaben betrugen 93763366 Mk., gegen den Etat 8018564Mk. weniger. Hilrnach wurde einUeber sch uß erzielt von 3569993t Mk. gegen den Etat 5355 861 Mark mehr. Die Mindereinnahmen gegen den Etatvor- anschlag vertheilen sich wie folgt: 57317 Mk. auf den Personen- und Gepückverkehr, 788331 Mk. auf den Güter verkehr, 1008025 Mk. auf Einnahmen für Ueberlassung von Bahnanlagen und für Leistungen zu gunsten Dritter, L6662M. für Ueberlassung von Betriebsmitteln und 904850 Mk. auf Erträge aus Veräußerungen. Die Ausgaben blieben In allen wesentlichen Kapiteln hinter dem Etatanschlage zurück. Der Minderaufwand betrug 825951 Mk. für Gehalte, 565553 Mk. für Löhne, 391834 Mk. für Tagegelder, Reise- nnd Umzugskosten, Fahrgelder und sonstige Nebenbezüge, 811585 Mk. für Unterhaltung und Ergänzung des Inven tars, sowie für Betriebsmaterialien (Kohlen usw.), 3827 962 Mark für Bahnunterhaltung, 1226410 Mk. für Un terhaltung der Betriebsmittel und der maschinellen An lagen, 267865 Mk. für Benützung fremder Betriebsmittel. Ein Vergleich mit dem Ergebniß des Vorjahres er- giebt folgendes Bild: Die Einnahmen waren höher aus dem Personenverkehr um 663754 Mk., aus dem Güter verkehr um 1352 916 Mk., dagegen niedriger um 2043309 Mark für Ueberlassung von Bahnanlagen und für Leist ungen zu gunsten Dritter, 2613124 Mk. für Erträge aus Veräußerungen; im ganzen niedriger um 2610641 Mk. Dagegen waren die Ausgaben um 10101838 Mk. niedriger als im Vorjahre, und zwar Gehalte um 10694 Mk., Löhne um 485948 Mk., Tagegelder, Reise- und Umzugskosten, Fahrgelder usw. um 380035 Mk., Unterhaltung und Er gänzung des Inventars, sowie für Betriebsmaterialien (Kohlen usw.) um 1393575 Mk., für Bahnunterhaltung um 3794214 Mk., für Unterhaltung der Betriebsmittel und der maschinellen Anlagen um 4367794 Mk. Auch alle anderen Ausgabctitel weisen Minderausgaben auf; nur für Wohlfahrtszwecke, Pensionen, Unterstützungen usw., wurden 410193 Mk. mehr aufgewendet. Der Ucberschuß ist um 7491197 Mk. höher als im Vorjahre. Die Verzinsung des um 33,6 Millionen Mark auf rund 963 Millionen Mark gestie genen mittleren Anlagekapitals betrug 3706 Prozent gegen 3035 Prozent im Vorjahre; der Betriebskoeffizent (Ver- hältniß der Ausgaben zur Enmahme) ist von 78,642 Pro zent im Vorjahre auf 72,325 Prozent, und damit noch unter den Prozentsatz des Jahres 1898 gefallen. Dieser günstige Abschluß wird nickt verfehlen, dem unberechtigten Pessimismus, mit dem die Zukunft unseres vaterländischen Eisenbahnwesens so vielfach beurtheilt worden ist, den Boden zu entziehen, andererseits darf er aber auch nicht zu falschen Schlüssen verleiten. Gewiß stellt sich ein Theil der Ersparnisse als eine dauernde Verminderung des Verwaltungsauswandes dar. Vielfach beruhen sie jedoch gleichzeitig auf der Verbilligung der Materialpreise; und vor allem kommt in Betracht, daß in der Unterhaltung der baulichen Anlagen und Betriebsmittel, wobei die weitaus erheblichsten Ersparnisse erzielt worden sind, es der ausgezeichnete Zustand dieser Anlagen und Betriebsmittel in Sacksen recht wohl gestattete, in Zeiten der Noth sich einmal Beschränkungen aufzuerlegen, ohne der Sicherheit des Betriebes auch nur im geringsten Abbruch zu thun. Es würde aber nicht richtig sein, darauf zu rechnen, daß solche Beschränkungen auch noch in künftigen Jahren in gleichem Umfange möglich sein werden. Im Gegcntheil muß davon ausgegangen werden, daß die Ausgaben für die Bahnunterhaltung und für die Betriebsmittel sich nickt dauernd auf dem im Vorjahre erreichten niedrigen Stand halten lassen. Stehen nun außerdem für die kommenden Jahre noch neue Ausgaben in Aussicht, wie der vom Jahre 1904 an die Beamten zu gewährende Wohnungs- geldzufchutz, der allein den Staatseisenbahnbetrieb mit einer Mehrausgabe von 1Vg Millionen Mark belasten wird, und erscheint cs auch keineswegs ausgeschlossen, daß die wechselnden Verkehrsverhällnisse auch wieder eine Steigerung der Malerialpreise nach sich ziehen, so ergiebt sich von selbst, daß der jetzige Abschluß für die Aufstellung des Etats auf die Finanzperiode 1904 05 und für die künftige Verzinsung und Tilgung des sich ständig und in der nächsten Zeit zumal wegen umfänglicher Bahn- Hofs-Uwbauten weiter vermehrenden Anlagekapitals nicht ohne weiteres und unverkürzt als maßgebend angesehen werden kann. Die Erfahrungen der letzten Jahre weisen bei der ausschlaggebenden Bed utung der finanziellen Ergebnisse unseres Staatscisenbahnwesens für den gesammten Staats haushalt mit Nothwendigkeit darauf hin, daß die Verwalt ung sich auf dem mit so bemerkenswerthcm Erfolge be tretenen Wege sparsamster Betriebsführung nicht irre machen lassen darf und allen an sie yerantretendcn, mit einer Er höhung des Betriebsauswandcs verbundenen Anträgen auch künftig mit der größten Zurückhaltung zu begegnen hat. Vie Sonne. 24 Roman von Anton Freiherr von Perfall. Der Alte sah den neuen Bewohner immer noch von der Seite an. Er ahnte in ihm einen neuen Bundesgenossen Barbaras. Treuberg fühlte .das Bedürfnis; in sich, nachdem er ein mal so weit gegangen, diesen Mann für sich zu gewinnen, und er glaubte den rechten Fleck zu kennen, wo er anzu- vacken war. „Sie haben wohl auch bessere Zeiten erlebt," begann er „als hier noch ein friedliches Dorf war?" Dorn winkte mit der Hand ab. „Vorbei!" „Der Gerheim ist auch keine angenehme Nachbarschaft, gerade für Ihr Gewerbe!" Jetzt zuckte es schon im Antlitz Dorns. „Oder machte sich das noch nicht fo fühlbar für Se. — für Ihr Handwerk, meine ich." „Fühlbar?" Er warf den Löffel auf den Trick- „Um- bringen thut er mich einfach, der Gerheim; das Verdammte daran ist aber, daß es gar nicht nöthig wäre. Was ist denn unsereins für einen Bissen für die Leut'! Nickt der Mühe werth, danach zu schnappen, meint man — aber doch — doch! 's muß doch was b'sonders Gut's sein. Daß man mit dem Werkzeugmachen nimmer konkurrireu kann, ist ja eine alte Sache; man sagt auch nichts, das ist einmal der Fort schritt, und am Ende kommt er wieder dem Arbeiter zu Gute, der billiger einkaust. — Aber was thut der Gerheim nicht, so ein Mann! — Eine Schmiede macht er auf da drüben! Eine ganz gewöhnliche Schmiede für die Straß'! Um's letzte Hufeisen rankt er mit mir, mit dem Dorn, der seit Menschen gedenken der Schmied von Walldorf war. Sehen's, das macht einem 's böse Blut." „Du hast ja keinen Tropfen böses Blut," bemerkte Bar bara lachend. „Natürlich, weil ich nicht lärm' nnd schrei' wie andere Leui'. Ich hab' eben gar kein Neckt dazu. Was mir die Zeiten genommen, über die man lästert, geben sie mir ja wieder, ich brauch ja nur zuzuaresien. — Das Doppelte hätte ich schon bekommen für mein Anwe'en, was es vor zwanzig Jahren noch werth gewesen ist. — Ja, eine Dummbe t ist's, wenn ich dem Gerheim schuld gieb, eine Hartköpfigkeit. . ." Das war wohl das täglich e Tischgespräch zwischen Vater und Tochter. Treuberg schloß das aus der völligen Gleichgiltigkeit, mit welcher Barbara den wachsenden Zorn des Vaters mit ansah. „In wenig Jahren bekommen Sie das Vierfache, sage ich Ihnen," bemerkte Treuberg mit einer plötzlich über ihn kommenden Sicherheit. „Das heißt, die da" — er deutete auf seine Tochter — „sagt es Ihnen." Treuberg verdroß diese Voraussetzung seiner unselbst ständigen Meinung. „Nnd wenn's dann anders kommt?" fuhr der Schmied mit dunkelrothem Gesicht fort. „Dann ist Gott und die Welt und der Staat schuld daran, und man möchte alles in die Lust sprengen—und die!" — er wies von neuem auf seine Tochter — „die wäre die Aergste von allen. Ich sage Ihnen, die reinste Brandfackel! Weiß Gott, wo sie's einmngt, das Gift! In der Stadt drinnen, halt — da fliesn's ja im Rinnstein und betäubt das Gehirn. . . Das Schweigen Barbaras, ihr gleichmäßiges Finger tippen auf dem Tische, während sie ihren Tischnachbar betrachtete, brachte den Alten immer mehr in Harnisch. „Und ich muß Sie schon ernstlich bitten," wandte er sich mit blitzenden Augen an den Dichter, „dem Blödel den Kopf nicht noch mehr zu verdrehen mit die en dummen Ge schichten. . . ." Barbara ließ dem Schriftsteller gar uicht mehr Zeit, sich gegen dieses Ansinnen zu wehren. „Vater," sagte sie energisch, das Tischzeug zusammen räumend, „scküme Dich; Du kennst meinen Kopf so gut, daß Du sehr wohl weißt, wie schwer er sich verdrehen läßt." Sie verließ erregt mit dem Gekckirr das Zimmer. „Sie mißverstehen, glaube ich, Ihre Tochter," bemerkte Treuberg. „Sie will ja nur das Beste." „freilich will sie das!" entgegnete der Schmied, mit sich selbst unzufrieden. „Plagt und schindet sich das ganze Jahr und hat's gar nicht nötig. — Aber der Trotz taugt nichts, und es ist nichts anderes als Trotz — Haß! — Jawohl, Haß gegen die ganze Gesellschaft da drüben! Allerdings, man macht's den Mädels auch danach, das ist immer das Wild, vogelfrei! Der Lohn wird herabgedrückt, für ein Mädel langt's ja leicht, besonders wenn es sauber ist und pfiffig. — Dann wird allerhand anfgeschnappt von den Redensarten, wie sie jetzt in der Lust liegen. — Sehen Sie, darum bat ich Sie vorhin, Sie sind ja auch jung, ein Studierter noch dazu —" Treuberg gab sich alle Mühe, dem Alten den Glanüen betreffs seiner Anschauungen zu nehmen. Es gelang ihm dies um so leichter, als er sich uicht zu verstellen brauchte. Er hatte bis jetzt über soziale Probleme wenig nachge dacht, und wenn es geschah, wie bei dem „Hunger", io be trachtete er dieselben ledig vom künstlerischen Standpunkt aus. Torn war völlig beruhigt, als Barbara mit einer Hand arbeit wieder eintrat uno sich an den Tisch setzte. Auch in ihrem Antlitze war jede Erregung verschwunden; sie schlug einen so heiteren Ton au, daß Treuberg fast die Absicht da hinter witterte, ihn den unangenehmen Austritt vergessen zu machen. . . Sie erzählte harmlose Geschichten aus ihrem kleinen Bermskreis mit einer Lebendigkeit der Darstellung, welche Treuberg verwunderte. Dieses Mädchen war ja eine vor treffliche Mitarbeiterin. Sie wuchs jetzt schon in seinen Augen mr Heldin eines seiner künstigeu 'Werke hervor. Dann kam die Reihe au ihn.