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Zweites Blatt. «MM!i, Mk« Marandt, Wollen, Siebentehn und die Wnrgegenden. -o-i-t-» Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanueberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühudorf, Kaulbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lamversdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Reukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spcchtsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Infertionspreis 15 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Tmct unk Nerwü vcm Mairin Borger m WNSdrw:. — BeraMwortllÄ !m die Marrin Berqer ZakeiSK. SonnavenS, den 23. Mai 1903. 62. Jahrg Ium Sonntage Gxaudi. Phil. 3, 20: Unser Wandel ist im Himmel, von dannen ivir auch warten des Heilands Jesu Christi, des Herrn. Ein Tag der sagl's dem andem, Mein Leben sei ein Wandern Zur großen Ewigkeit. O Ewigkeit, du schöne, Mein Herz an dich gewöhne! Mein Heim ist nicht in dieser Zeit. Hinter uns liegt Himmelfahrt, vor uns Pfingsten. Jesus ist aufgefahreu gen Himmel, um uns den Geist herabzusendeu, dec uns in alle Wahrheit leiten soll. Haben wir alle, meine lieben Leser, uns die große Wahrheit von ihm lehren lassen, daß wir hier auf Erden nicht unsere Heimath haben? Ec verkündigt sie jeden Tag, er weist uns jeden Tag auf die „große Ewigkeit", der wir ent gegensehen, hin. Unzählige sind uns schon vorausgeeilt, wir gehen ihnen nach — wer weiß, wie bald — andere folgen uns — wohin? Zur großen Ewigkeit! Und nun frage ich dich nach deiner Stellung zu dem Worte „Ewigkeit". Wie heißt es in deinem Herzen: O Ewigkeit, du Donnerwort! oder: O Ewigkeit, du Freuden wort!? Das hängt von deiner Stellung zu dem Herrn Jesus Christus ab. Bist du ein Christ — im Geist und in der Wahrheit — bist du durch den Glauben mit ihm vereinigt und hast du das Zeugniß des heiligen Geistes empfangen, daß du ein Kind Gottes bist, so bist du ein Himmclsbürger, weil Christus dir das Bürgerrecht selbst erworben hat. Niemand kommt zum Vater, denn durch ihn. Das ist Gottes unverrückliche heilige Ordnung. Aber in diese Ordnung will sich der Unglaube nicht fügen. Der Unglaube ist sorglos, gewissenlos, geistlos, will sich von dem Geiste Gottes nichts sagen, sich nicht von ihm strafen lassen. Der Unglaube mag anständig und angesehen leben in der Welt, er mag auch seine Ehre in Vie Sonne. 13 Roman von Anton Freiherr von Perfall. > „Gan; meine Ansicht, nur etwas anders aufgelaßt," erwiderte der junge Mann gewandt. „In der Großstadt reifen die Ideen, in der Provinz gehen sie in Fleisch und Blut über. Man ist dort weniger flüchtig, intensiver, und wenn es zur Verwirklichung einer Idee kommen soll, ist die sogenannte Provinz maßgebend, nicht die Großstadt." „Donnerwetter, Sie sprechen ja wie ein Volkstribun," spöttelte der Baron. „Aber Recht hat er, ganz Recht," bemerkte der Amt mann, welchen diese Verteidigung der Provinz manches von Treuberg Gehörte, ihm Unsympathische vergessen ließ. Säbelgeraffel ertönte von der Glasthür des Saales, Stimmen, Gelächter. „Egon!" sagte Baron Sternau, sich umwendeud, „mit Kameraden. Jetzt lassen wir aber das Gespräch." Eine Schar Dragonerosfiziere betrat den Saal. Tadel los jugendli che Erscheinungen, aber, was Johanna sofort auf fiel, alle von einer überraschenden Aehnlichkeit, als wären es Brüder. Egon Sternau trat an den Tisch, während die übrigen militärisch grüßend sich in einer Ecke des Saales niederließen. Ein schöner Mann, jeder Zug formvollendet, e'n blonder Schnurrbart krümelte sich über volle sinnliche Lippen, zwei große Blauaugen blickten, unter einer weißen Stirn, aus dem gebräunten Antlitz, aber er schien gleichsam nnr das Muster zu den übrigen. Kein individuelles Gepräge unter schied ihn. . . , . , Er begrüßte den Amtmann nut einer seinem Berufe ent sprechenden genauen Abwägung des Nangverhältnisses, ehrer bietig wie einen Vorgesetzten. , . Dieser war um so angenehmer davon berührt, als er der Schande suchen. Auch auf den Unglauben wartet die Ewigkeit, aber die Herzen der Ungläubigen haben sich nicht j an sie gewöhnt. Sie sind hier in der Welt umhergeirrt ohne Heimath und gehen ein in die Ewigkeit, ohne daß ihnen in einer der Wohnungen des Vaterhauses die Stätte bereitet ist. Welch ein Jammer — heimathlos in Zeit und Ewigkeit! O Ewigkeit, du Donnerwort! O grausiges Ende des Dicsseitigkeitsstandpunktes vieler Millionen. „Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel", spricht . der Apostel mit der siegreichen Gewißheit des Glaubens, t Stimmst du ein in sein Wort? Sprichst du: Ja, lieber r Paulus, auch mein Bürgerrecht ist im Himmel, denn ich i sage mit dir: Ich weiß, an wen ich glaube! Ist es : bei dir so, daß du sagen kannst: Der Fuß auf der Erde, l das Herz im Himmel? Mein Herz da, wo mein Schatz ' d Dann sei getrost! Dann stärke deinen Muth, zur , Ewigkeit zu wandern, von einer Kraft zur andern — es : wird das Ende gut! O Ewigkeit, du Freudenwort! Das Warten des Gerechten wird Freude werden! Aber wie sieht denn das Leben eines solchen Himmels- ) bürgers aus? Zunächst — und das sei dem spottenden > Unglauben mit Nachdruck gesagt — sieht er sein Himmels- i bürzerrecht nicht als ein Vertröstetwerden auf die Zukunft > an, sondern als einen gegenwärtigen Besitz. Und i dieser gegenwärtige Besitz gicbt all seinem Thun und Lassen, ! seinem Denken, Streben und Trachten die Richtung. Er l ist himmlisch gesinnt. Freut er sich denn dieser Erde ! gar nicht mehr? Ach wohl, und von Herzen, mit heiliger i Freude! Aber seine Freude wird bestimmt durch das Wort: Die Erde ist schön, den Himmel zu erwarten; ihn zu ver- : gessen, ist nicht schön genug ihr Garten. Weiß er gar , nichts mehr von Erdenleid? Ach wohl, vielleicht noch mehr denn früher, als er noch kein Himmelsbürger war! Aber sein Leid wird ihm verklärt durch den lichten Strahl von oben, sein Weh wird gestillt durch den Heiland, dessen diese? Entgegenkommen, in seiner übertriebenen Vorstellung von der gesellschaftlichen Stellung des Mitnärs dem Zivil gegenüber, nicht erwartet hatte, machte aber sofort dieser Steifheit in seiner gntmüthigen, aber etwas lärmenden Weise ein Ende. Johanna gefiel der Veber ganz auSgezeichn t. Sie hatte noch wenig Gelegenheit, sich gegen den Zauber der Uniform abzuhärten. Als Ottilie ihn Herrn Treuberg vorstellte, fügte Baron Sternau rasch hinzu; „Schriftsteller," worauf der Offizier schort ein restrvirtes Welen annahm. Johanna erschien dasselbe geradezu beleidigend, und als Treuberg, sichtlich i re Auffassung theileud, sich erhob mit einem bescheidenen; „Ich mö ble die Herrschaften nicht stören!" sprach sie ein energisches: „Bitte bleiben Sie doch!" so daß Egon sich veranlaßt fühlte, nachträglich den Spriftsteller eines herablassenden Grnßes zu würdigen. Man konnte ihm nicht lange feind sein, die. frische Lebenslust, welche diesen Jüng ling durchdrang, das rein animale Kraftgesühl, welches von ihm ausging, wirkte ansteckend. Man fühlte sich selbst ver jüngt. Jede Sorge mußte sich verkriechen vor diesem ewig lächelnden Antlitz, diesem nichts weniger als geistreichen, aber gerade durch seine harmlose Natürlichkeit anziehenden Humor, dem das Schillernde, alles Streifende, etwas Frivole der Großstadt trotzdem nicht fehlte. Es gab keine ernsten Fragen für Egon, das zersetzte sich alles wie von selbst unter diesen schwellenden Lippen zu einem faulen Witz, zu einer drolligen Unbedeutendheit. Es lag ein aut Stück Weltverachtung darin, der sich dieser Jüngling im Nocke des Königs gewiß ni^t im Geringsten bewußt war. So lächelte er, wenn R uacl- mann nur mit einer leisen, ehriurchisvollen Vcrbeugmn von „Sr. Majestät" sprach, während er einfach „der König" sagte. Als dann der Obeim, vom Weine angeregt, de eigentlichen Grund seiner Pension erung erzählte, sein nach Ansicht des Ministeriums zu fclarffs Vorgehen gegen einen gewissen Candidaten der Umsturzpartci, der si.h Laug elceu Wunden aller Wunden Balsam sind, so daß er sprechen kann: Das Kreuz wird mir zur Himmelsleiter, der Kampf macht mich zum guten Streiter. Er ist traurig, aber alle zeit fröhlich. Die Sonne, die ihm lachet, ist sein Herr Jesus Christ; das, was ihn singen machet, ist was im Himmel ist. Und die Güter dieser Erde? Sie fesseln sein Herz nicht, denn er spricht: Schatz über alle Schätze, o Jesu, liebster Schatz. Er hat nichts inne und mit seinem Herrn doch Alles. Und der Tod? Es ist doch nicht so, daß Himmelsbürger immer sanft entschlafen auf ihrem Sterbebette. Und doch spricht er: Tod, wo ist dein Stachel? Hölle^ wo ist dein Sieg? Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unsern Herrn Jesum Christum. Christus ist mein Lebeu und Sterben mein Gewinn. Kann uns doch kein Tod nicht tödten, sondern reißt unsern Geist aus viel lausend Nöthen, Laßt mich gehn, laßt mich gehn, daß ich Jesum möge sehn! Meine Seel, ist voll Verlangen, ihn auf ewig zu umfangen und vor seinem Thron zu stehn! Fieund hier — heimisch dort — das ist der Christen Art und Ehre. Welche Art hast du und worin siehst du deine Ehre, mein lieber Leser? Lasse den Diesseitigkeits- standpunkt, wähle den Jenseitigkeitsstandpunkt. O, Ewig keit, du Frcudenwort! Unser Wandel aber ist im Himmel! Der Geist des Herrn lehre uns Alle also sprechen und schenke uns Allen das fröhliche Warten auf bas Kommen des Herrn, der uns das himmlische Bürgerrecht erworben hat, daß er uns mit Allen erlösten Seelen in das himmlische Vaterland einführe. Dann werden wir sein wie die Träumenden, dann werden wir sagen: Der Herr hat Großes an uns gethan, des sind wir fröhlich. Halle aus, halte aus, Zion, halte deine Treu! Noch pilgern wir und blicken nur mit Sehnen Zum Licht der Heimath aus, ein Land der Thränen zu seinem Wirkungskreis erkoren hatte, da entgegnete er: „Aber, lieber Onkel, der gute Manu gilt ja hier, soviel ich gebört, als sehr gemäßigt. Wir modernen Alenscheu begreifen überhaupt nicht, wie man so viel Lärm machen kann aus der Geschichte! Ist denn das, was Sie sagen, Neues? Lächerlich! Gerade so abgedroschen, wie all das, war wir festzuhalten entschlossen sind. Also! Ausfchreien lassen und festhalten, das wäre mein Feldgeschrei." „Wir modernen Menschen," das war überhaupt seine Lieblingswendung, zu ebenso großem Erstaunen als zur Freude Treubergs. Wenn die neue Bewegung schon diese Kreise ergriffen, dann war ja der Sieg gesichert und für ihn höchste Zeit, daß er mit der alten Ueberlieserung gebrochen. Baron Sternau ließ durch seinen Sohn die Herren Offiziere in der Ecke ausiordern, sich doch anzuschließen. Die Herren, für welche Johanna schon lange die einzige Anziehung war in dem öden, leeren Saale, folgten bereitwillig der Auf forderung. Graf Leining, Herr von Stockhaufen, Baron Sina, alle? nur vermehrte Auflagen von Egon. Sekt wurde bestellt. Des Amtmanns Skrupel verflogen ra'ch in dieser Umgebung, in welcher nur der heitere Lebens genuß Stimme hatte. Da war keine Spur von großstädtischer Blasiertheit, des in der Provinz sprichwörtlichen junkerlichen Kastengeistes. „Da sieht man wieder die Vorurtheile, in denen man da drausieu au «wachst," dachte Niugelmanu, „so wird es auch mit mauchem anderen fein, das mir schon heute das Herz schwer gemacht." Seine harucko eu Ewählungeu aus d.r Kleinstadt fanden allgewe'neu Bena-l, wodurch er sich dauu uud wann ver- ü'uen ließ, manches ins Lächerliche zu ziehen, was ihm gestern nob ganz anders erschien' - Gelabter uud Glmerklaug hallte durch den Saal. Frau Ottilie beobachtete mit Heller Freuoe deu Erfolg Shaunas, die sangu irischsten Hoffunnaen regten sich in ihr. ^ie warf ihrem Gatten einen triumphierenden Blick zu.