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. vsr MlisnenE Kriminal-Noinan von 6ustav Lange. 27 o (Nachdruck verboten.) Das Herz klopfte ihm gewaltig, als er vor dem großen HauS in der Seestraße stand, an dem ein einfaches Messing schild mit denk Namen Holldorf angebracht war. Sein Blick schweifte zweifelnd über die lange Fenstersront, er hatte sich diesen Gang doch noch etwas leichter vorgestellt. Noch immer kämpften Zweifel in ihn«, ob der Besitzerin dieses Hauses, der reichen Erbin, der Besuch des armen Werkmeisters angenehm sein würde, ob nicht etwa ein tückischer Kobold ihm einen Streich spielte und die von ihr empfangenen Zeilen nur eine Mystifikation waren. oHier auf der Straße konnte er aber nickt stehen bleiben und so trat er nach einigem Zögern in das Hans und schritt die breite, steinerne Treppe empor, als man ihn auf feine Frage nach oben beschied. Seine Befürchtung war grundlos gewesen. Der Empfang war ein so herzlicher und unge zwungener, daß nicht einen Augenblick der Gedanke an einen Unterschied zwischen Reichthum und Armuth aufkommen konnte. Ach, sie hatten sich auch so viel zu erzählen, was sich alles ereignet hatte, seid Heinrich Börner zum letzten Male in der Sommer'schen Wohnung, damals zum Abschied, gewesen war. Mit Erstaunen vernahm er, welche schwere Zeiten, welche harte Kämpfe sie, die reiche Erbin zu überwinden gehabt hatte, während alle Welt wohl glaubte, sie schwimme in Wonne und Glückseligkeit. o ^ Einige Monate später, nach Ablauf der Tranerzeit, sand in aller Stille die Hochzeit zwischen dem einsacken Werlführer und der reichen Erbin statt. Während des Hochzcitsmahlcs, an dem als einzige fremde Person nur Instizrath Hartwig theilnahm, dessen Bemühungen man so viel zu danken hatte, brachte derselbe den Toast auf das Brautpaar aus, welches in wahrer Liebe einander zugethan, den Bund für das Leben Letzte Nachrichten. — Dresden. Der König, sowie der Kronprinz, der Prinz und die Prinzessin Johann Georg und die Prinzessin Mathilde wohnten heute Vormittag 11 Uhr in Begleitung der Damen und Herren vom Dienst der Eröffnung der unter dem Protektorate des Königs stehenden, von der Dresdner Kunstgenossenschaft veranstalteten Sächsischen Kunstausstellung im Ausstellungsgebäude auf der Brühl- schen Terrasse bei. — Gestern Abend ^9 Uhr hat ein um die zur Amtshauptmannschaft Dresden-Ältst, gehörigen Gemeinden hochverdienter,Mann die Augen zum ewigen Schlummer geschlossen: Herr Geh. Rcgierungsrath Amts- ! Hauptmann a. D. Dr. jur. Schmidt. Es ist allgemein ! bekannt, welch' innigen Antheil er an dem Aufblühen seiner Bezirksgemeinden genommen hat, und wie ihm ins- geschlossen halte- Zu aller Ueberraschung erwähnte er hierbei auch, wie der so früh Heimgegangene Kommerzienrath den Willen gehabt habe, dem Sohn seiner einstigen Jugendliebe eine Wohlthat zu erweisen, der Tod ihn an dieser Ausführung gehindert habe. Aber nun mar dieser Wille auf wunderbare Weise in Erfüllung gegangen — denn Heinrich Börner war es, wie die Nachforschungen des Justizrathes ergeben hatten, den: diese Wohlthat zugedacht war. Wie wunderbar waren ooch hier die Wege des Schicksals gewesen, zwischen Dornen und Rosen hindurch hatten die Pfade geführt. Diesen freudigen Tag ihrer Hochzeit wollte Hilda Sommer nicht vorübergehen lassen, um auch denen eine Freude zu be reiten, durch deren Thätigkeit der große Reichthum erworben worden war. Zunächst erhielten alle Angestellten und Arbeiter ein namhaftes Geschenk, weiter aber spendete sie hunderttausend Mark für die Unterstützungskasse, deren Grundstock schon von dem verstorbenen Kommerzienrath gelegt worden wau o Ende. besondere am Herzen lag, die Vororte zu großstädtischem Gemeinwesen mit entwickeln zu helfen. Möge ihm die ewige Ruhe nach so langem erfolgreichen Erdenwandel beschieden sein. Wien, 5 Mai. Luise von Toskana, die sich vor ihrer Entbindung gestern den ganzen Nachmittag über in großer Aufregung befand, wurde von ihrer Mutter, der Großherzogin Alice von Toskana, gepflegt und, als sie mehrere Male in heftiges Schluchzen ausbrach und um das Schicksal des Kinves besorgt war, beruhigt und ge tröstet. Bei der Niederkunft waren der sächsische Hofarzt, der hiesige Hausarzt der toskanischen Familie, Hofrath Dr. Bever, und die Dresdner Hebamme Frau Helbig an wesend. Rührend war die mütterliche Fürsorge der Groß. Herzogin, die unausgesetzt bei ihrer Tochter blieb. — In einem Gemach neben dem Schlafzimmer wurde die Legi- timirung der neugeborenen Prinzessin von dem sächsischen Hofkommissar beurkundet. Unmittelbar nach der Nieder kunft gingen nach Dresden, Wien und Salzburg offizielle Depeschen ab. Von feiten des Dresdner Ho^es, an den das Beurkundigungs-Protokoll sofort abgesendet wurde, werden alle weiteren Verfügungen erwartet. Wahrscheinlich wird Großherzogin Alice als Taufpathin fungiren. Das Befinden der neugeborenen Prinzessin und ihrer Mutter ist befriedigend. — In der Stadt ver breitete sich die Nachricht von der Niederkunft noch gestern Abend. Inden ersten Morgenstunden wurden von viele« Familien Blumen in der Villa Toskana abgegeben- Die kleine Prinzessin liegt in der aus Dresden hierher ge sendeten Wiege neben dem Bette der Mutter. Lindau, 6. Mai. Am Montag Abend, gleich nach der Geburt der Prinzessin, ging ein Telegramm von hier an das Hofmarschallamt in Dresden ab. Se. Kgl. Hoheit Prinz Friedrich August antwortete am Dienstag Morgen in herzlicher Weise an die Prinzeß Luise selbst, wie an die Frau Großherzogin mit einem Glückwunsch-Telegramm. Konstantinopel, 5. Mai. Die Polizei entdeckte neuerdings in Saloniki einen unterirdischen Gang, der von einem von Bulgaren bewohnten Hause gegenüber der Ottoman-Bank bis unter das Gebäude dieser Bank führte. Unter Gemüse versteckt fand man große Mengen Dynamit in dem Gang aufgehäuft. Es waren alle Vorbereitungen getroffen, um auf elektrischem Wege die Sprengmassen zur Explosion zu bringen, doch wurde die unterirdische Leitun g durch den Einsturz einer Mauer desBankgebäudes zerstört. Die be nachbarten Straßen wurdensofort für das Publikum gesperrt. Konstantinopel, 5. Mai. In Saloniki liegen vor Anker drei österreichische, drei italienische und ein franzö sisches Kriegsschiff. Der deutsche Stationär „Loreley" trifft am 6. d. Mts. ein. Der letzte Tag ist ruhig ver gangen, doch besteht die Befürchtung weiterer Attentate fort. — Beim Essen zu trinken ist für Viele geradezu ein Bedürfniß, doch sind die Meinungen darüber sehr ge- theilt, ob das Trinken auch zuträglich ist. Es wird geltend gemacht, daß die kühlenden Getränke die Eiweißstoffe ge rinnen machten und dadurch schwer verdaut würden, ein Einwand, der nicht ernst zu nehmen ist, so lange wir das Eiweiß fast ohne Unterschied durch das Kochen oder Braten im geronnenen Zustand zu uns nehmen. Sicher ist, daß eine übergroße Flüssigkeitszufuhr wenig zur Verdauung beiträgt. Man wird sich am besten ganz nach seinem Durste einrichten, der beim Genuß trockener Speisen immer größer sein wird als sonst. Ferner aber wird man darauf sehen müssen, nicht zu kalte Getränke zu sich zu nehmen. Auf alle Fälle halte man Maß im Trinken. Ein Viertel Liter Bier zum Mittagessen, oder ein, höchstens zwei Gläs chen Wein sind völlig genügend. — Den Werth des „Eingesandt" hat nunmehr auch das Reichsgericht anerkannt. Die für die Zeitungen und ihre Freunde wichtige Entscheidung hat der erste Straf senat des Reichsgerichts gefällt. Er hat anerkannt, daß ein „Eingesandt" oder „Sprechsaal"-Artikel, unter voller Namensunterschrift im Interesse des Publikums einen Uebel stand öffentlich rügen, die Absicht der Beleidigung aus schließen und daher Straflosigkeit nach § 193 des Straf gesetzbuches genießen. — Plauen i. V., 4. Mai Eine außergewöhnlich lange Dauer hat die diesmalige obervogtländische Erder schütterungsperiode. Es vergeht fast kein Tag, bezw. keine Nacht, in der nicht die Bewohner durch unterirdisches Rollen, kanonenschußähnliches Donnern und heftige Erd stöße erschreckt und erregt werden. Die Stöße folgen aller dings nicht mehr so dicht aufeinander wie beim Beginn der Periode. So verspürte man am Sonnabend Abend und gestern Morgen in Klingenthal, in Untersachsenburg und besonders in Asch und Graslitz sehr starke Stöße mit ziemlich langanhaltendem Rollen und Donnern.