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konnte ich nicht, die Wand stürzte fast senkr-cht ab, und es ist mir ein Räthsel, wie ich dort hinaufgekommen bin. Es gab keine andere Rettung, als auf eine zu meinen Füßen liegende, mit Geröll bedeckte Wand abzuspringen, um von dort weiter nach abwärts zu kommen. Jnwnmr Verzweiflung wagte ich den Sprung in die Tiefe. Ich hatte aber die Entfernung von dem Abhang, zu dem ich gelangen wollte, unterschätzt, sie muß mindestens fünfzig Meter betragen haben. Unten angekommen, kollerte ich mit dem Steingeröll, das sich mit mir sofort in Bewegung setzte, noch ein gutes Stück abwärts, bis ich endlich liegen blieb." Was dann mit ihm vorging, dessen kann sich der Verunglückte nicht mehr erinnern. Als er nach einiger Zeit das Bewußtsein wieder erlangte, stand die Sonne schon ziemlich hoch am Himmel. Machacek war unfähig, sich zu bewegen; einen schwachen Versuch, auf Händen und Füßen von der Stelle zu kommen, mußte er wegen heftiger Schmerzen im ganzen Körper aufgeben. Aus dem rechten Oberarm drang Blut, das Machacek noth dürftig mit einem Taschentuch stillte. Alle Hilferufe ver hallten ungehört in den Steinmänden. So lag der junge Mann mehr als drei Stunden. Gegen 12 Uhr Mittags wurde er endlich von zwei anderen Touristen aufgcfunden. Unter unsäglichen Mühen schafften die beiden den Verletzten zu Thal; wie später ein Arzt feststellle, hatte Machacek den linken Fuß und die rechte Hand gebrochen und dir rechte Hüfte verrenkt. lieber einen Brand des Dampfers „Guadalquivir" vor Saloniki liegt folgende Schilderung vor: Der Dampfer hatte drei Viertel des Weges zum Kap Karaburnu zurück gelegt, als man vom Kai in Saloniki aus eine große Rauch, und Feuersäule aufsteigen sah. Einige Sekunden später erfolgte eine fürchterliche Detonation, die ganz Salo niki in Furcht und Schrecken versetzte. Die Schrauben hörten zu arbeiten auf, und die Passagiere gaben verzweisclte Signale. Ein österreichischer Lloyddampfer, der in der Nähe war, hätte Hülse leisten können, er mußte aber schnell von dem brennenden Schiff wegdampfcn, denn seine Lad ung bestand in Petroleum. Auf die Aufforderung des französischen Konsuls suhr das holländische Schiff „Pene lope" zum „Guadalquivir", nahm ihn ins Tan und führte ihn bis auf 100 Bieter vom Kai zurück. Trotz der be- schleunigten Rettung vergingen zwei Stunden, bis die Passagiere, 22 an der Zahl, in Sicherheit gebracht werden konnten. Das Feuer nahm große Dimensionen au, denn es fand an 300 Fässern Oel reichliche Nahrung. Der Vorder mast stürzte um drei Uhr, der Hintere Mast um halb acht Uhr zusammen. Auf den Dampfer wurden von zwei Galeeren aus mit zwei Feuerspritzen große Mengen Wasser dirigirt, aber das Feuer, welches mehrere Meter hoch loderte, ließ nicht nach Kapitän und Mannschaft per- blieben bis vier Uhr auf Deck, dann wurde die Situation zu bedrohlich, und alle gingen ans Land. Bei Nacht wurde das Schauspiel entsetzlich, ganz Saloniki war von dem Feuer beleuchtet. Eine originelle Anzeige bringt ein fränkisches Blatt. Da heißt cs: Gestern hat mir meine Frau znm Andenken an meinen Namenstag das rechte Trommelfell zerschlagen, sodaß ich jetzt nicht gut höre; und weil ich nun schlecht höre, so leiste ich auch keine Zahlung mehr für dieselbe und warne Jedermann, ihr auf meinen Namen etwas zu borgen. Gg. Schuberth, Bürstenmacher. Hochwasser in der Lombardei. Mailand, 4. Mai. Infolge der anhaltend ungünstigen Witterung der letzten Tage sind zahlreiche Wasserläufe der Lombardei ausgetreten, weite Strecken Landes überschwemmt, auch in den niedrig gelegenen Stadlthecken Mailands hat das Hochwasser vielfache Störungen hervorgerufen. Der Schaden für den Saatenstand ist groß. Eine ganze Gemeinde beinahe von Kohlengas vergiftet. Stockholm, 2. Mai. In Faluu traf der wohl einzig dastehende Fall ein, daß eine ganze Gemeinde beinahe von Koylengas vergiftet worden wäre. In einer dortigen Kirche, die gedrängt voll war, wurden allmählich immer mehr Personen von plötzlicher Uebelkeit befallen- Ein Theil der Besucher fiel in Ohnmacht, und schließlich mußte der Prediger den Gottesdienst unterbrechen und einen Arzt herbcirufen lassen. Dieser hatte nicht weniger als 25 Männer, Frauen und Kinder, die vor der Kirche lagen, in Behandlung zu nehmen. Einige mußten ins Krankenhaus gebracht werden. Vom Blitz getroffen wurde in Allagen (West, falen) eine ganze Arbeiterkolouue voa 12 Personen, die auf dem Felde mit Pflanzen von Bäumen beschäftigt waren. Drei Personen liegen gelähmt schwer verletzt dar nieder, die anderen erholten sich nach einiger Zeil wieder. Raubmord. Am Montag wurde in einem Setten- graben der Kasseler Chaussee bei Nordhausen der 70- jährige Kommifsionär Eisenach todt aufgefunden. Die Leiche weist schwere Kopfwunden auf und ist zweifellos beraubt worden, da Werthzegenstände oder Geld nicht vorgefunden wurden. Die Polizei hat am Thatorte Er mittelungen angestellt. Ein großer Wald brand wüthete, wie telegraphirt, auf dem TruppenübungsplatzNeuhammer. Bei starkem Sturm war eine Bekämpfung des Feuers unmöglich. Bis waren etwa 200 Morgen älteren Bestandes auf fiskalischem Terrain vernichtet. Die Waldungen des Grafen Dohna und bäuerlicher Besitzer waren stark ge fährdet. m leweres Grubenunglück hat sich Sonnabend Nachmittag im Bergwerk Nantershaufen bei Rotenburg (Bez. Kassel) ereignet. In der sechzehnten Sole lösten sich an der Decke gewaltige -stein-nassen, welche beim Herab- stürzen 4 Bergleute begruben. Der Obersteiger Messer- schmied wurde gräßlich verstümmelt als Leiche zu Tage gefördert, ein anderer Bergmann Namens Hennig wurde in zusammengekauerter Stellung unter einem Steinhausen todt aufgeflMden. Die übrigen Verschütteten wurden noch lebend, aber schwer verletzt aus den Steintrümmern heraus- gegraben. Der Betrieb ist vorläufig eingestellt. Zcitz, 5. Mai. Ein Liebcsdrama ereignete sich gestern Abends gegen 6 Uhr in der Kinderwagenfabrik von F. Degelow hier- Dort kam es auf dem Roürbodcn zwischen dem Korbmachergescllcu Karl Schmidtchen und der Arbeiterin Pauline Kröber infolge Eifersucht des Schmidtchen zu einem Wortwechsel, in dessen Verlauf Schmidtchen der Kröber drei Revolverschüsse in den Kops beibrnchte. Dann schoß er noch auf einen Arbeiter, der aus die Hilserufe des Mädchens herbeigeeilt war und tödteie sich schließlich selbst durch einen Schuß in den Kopf. Das Mädchen starb ebenfalls, als es ins Krankenhaus aebrncht wurde. Der Thätcr war 23 Jahre alt, das Mädchen hatte gestern, an dem schrecklichen Tage, gerade feinen 19. Geburtstag. In Detroit (Nordamerika) drangen Ausflügler trotz gesperrter Schranke auf das Bahngleise. Ein Blitzzug brauste heran und fuhr 75 Personen zu Tode, während 30 verletzt wurden. Vier Monate schlafend. Die medizinischen Kreise Athens stehen rathlos vor der Thatsache, daß sich ein 22 jähriges Mädchen Maria Daskalaki seit 4 Monaten in tiefem Schlafe befindet, den sic, ohne sich aus ihrer liegenden Stellung zu rühen, nur sehr selten für Augenblicke unter bricht. Das arme Mädchen, das mit seiner Hände Arbeit eine ganze Familie ernährt hatte, war seelisch tief erschüttert worden durch die tragischen Eindrücke von menschlichem Leiden und Sterben während eines Aufenthaltes im Kranken hause Evangelismos. Nach Hause zurückgekehrt, verfiel Maria Daskalaki in jenen Zustand, in dem sie mit offenen Augen schläft, zuweilen nur geistliche Lieder singt ober die Stimme der Krankenwärter des Evangelismos nachahmt. Mau veranstaltet in Athen Sammlungen zum Besten des Mädchens, das bis jetzt durch keine äiztliche Kunst geheilt werden konnte. Nürnberg, 4. Mai. Nach kurzem Wortwechsel wurde der 19jährige Friseur Pawlik von einem gleich altrigen Arbeiter erstochen. — In einem Steinbruche bei Köieüng ist eine 24jährige Bauernfrau beim Sanbholeu von einem abstürzenden, etwa zwölf Zentner schweren Fels block erschlagen worden. Vaterländisches. Mittheiiungen aus dem Leserkreise sind der Redaktion stets willkommen. Oer Rame des Einsenders bleibt unter allen Umständen Geheimniß der Redaktion. Anonume Zuschriften können nicht berücksichtigt werden.) Wilsdruff, 6. Mai 1903. — Die Hälfte der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten ist vorüber, in zwei Wochen haben wir den Himmelfahrts lag, den Vorboten des Pfingstfestes und den Beginn der eigentlichen Pfingstzcit. Und aus dieser halben Frist zwischen den beiden schönen Festen wird den kommenden Geschlechtern zum Andenken aufbewahrt bleiben, was nicht in jedem durchschnittlichen Menschenalter erlebt wird, — daß man im deutschen Vaterland trotz allen Vorspannes vor dem Eisenbahnzug stundenlang im Schnee sitzen bleiben konnte, des Nachts mehrere Grad Kälte erlebte, während zwei knappe Wochen später die Leute unter einer wahren Juli-Temperatur schwitzen konnten. In der erstgenannten Periode fielen nicht viel weniger als hundert Personen dem Schneejturm zum Opfer, in der zweiten kamen schon Fälle von Sonnenstich vor. Es ist Grund genug, die Entwickelung dieses Frühlings 1903 mit einigem Kopf schütteln zu beobachten, und sich zu merken, wie unsere ganze Wetter-Wissenschaft doch auf dem Nullpunkt steht. Vor ein paar Wochen wurde die Kälte mit dem massen- haften Auftreten von Eisbergen im Atlantischen Ozean erklärt, jetzt findet das Korps der getäuschten Wetter- Propheten auch Erklärungen für die Hitzewelle, die in der Berliner Fri drichstraße z. B. Temperaturen von fast 30 Grad Räaumur erscheinen ließ; aber vergleicht man die verschiedenen Erklärungen, so stimmen die einen wenig, die anderen ober noch weniger. Es giebt eben kein Patent auf allzu großes und sicheres Wetterwiffenl Zum Glück treibt in dieser Jahreszeit der Humor schon kräftige Zweige, und mit dem Grundsatz, daß man bei einem Ausfluge ins Freie doch nicht mehr als einmal gehörig durchweichen könne, kommt man über manche Molesten fort. Im Uebrigen wird der Mai sich seines Renommees entsinnen und sich in dem Bescheeren von Blüthen und Blumen nicht von dem „berühmten" Medium Anna Rothe und ihren Helfers helfern beschämen lassen, sonst wäre er für alle Zeit unter- durch! Der Flieder kommt vielfach schon jetzt, etwas früh, er hätte sich Zeit lassen können, bis die schlimmen Tage der drei Eisheiligen vorüber sind. Die sind immer noch die Freude der Herren Wctierkundigen, sie werden nicht blos prophezeit, sie treffen auch, trotzdem, fast immer ein. — In einer kurzen der „Köln. Ztg." entstammenden Notiz, betitelt „Ueber die Sünden des Kleinhandels", die auch in unserem Blatte zum Abdruck gekommen war, war u. a. gesagt, daß der Preissturz des Kasfees in neuerer Zeit in den Ladenhandelspreisen nicht zum Ausdruck ge kommen sei, Hai bei verschiedenen Kaufleuten Mißvergnügen erregt und sind uns hierüber Zuschriften zugegangen, die die Motiz des Kölner Blattes für vollständig unrichtig erklären und den Standpunkt des Detailhandels rechtfertigen, indem sie belouen, daß jener Preissturz in den Detail preisen sehr wohl zu verfolgen sei. In den Zeiten des Preisstandes von 60-70 Pfg. für Brasilkaffee sei dieser im Ladcnhandcl mit 140—160 Pfg. pro Pfund verkauft worden, jetzt sei er schon für 90-100 Pfg zu haben. Zur weiieren Aufklärung dieser Angelegenheit lassen wir eine Notiz der Firma Hentschel und Pinkert folgen, die dem „Leipziger Tageblatt" zugegangen und von demselben veröffentlich worden war; dieselbe lautet: „In der gestrigen Abcndnummcr Ihres Blattes bringen Sie emc Notiz aus der „Köln. Ztg." über den „Kaffee h andcl , die allerdings geeignet ist, eine Verbitterung der Kundschaft hcrbelzufuhren, die aber nur von Jemand verfaßt fein kann, der keine Ahnung vom Kaffcehandel hat, denn die heutigen Verkaufs preise für Röstkaffe stehen in ganz richtigem Verhältniß zu den Bezugspreisen für Rohkaffee. Daß Hamburg für regulär Santos-Kaffee heute etwa 25 Pfg. nolirt, ist richtig. sich aber überzeugen können, was für eine Qualität Kaffee unter „regulär Sautos" zu verstehen ist senden wir Ihnen einen Theil der von den Hamburger Kaffee-Maklern — also amtlich festgestellten, und für alle Lieferungen von regulär Santos-Kaffee maßgebenden — Type-Probe zu. Rechnen sie nun 25 Pf. für 1 Pfd. Kaffee transito ab Hamburg, 2 „ „ Fracht und Spesen nach Leipzig, 20 „ „ Zoll, so kostet der Kaffee 47 Pf. per Pfund frei Leipzig. Hierzu kommen: 1,5 Pf. per Pfund für Verlesen und Reinigen desKaffees, 1 „ „ „ Ausleseveclust (Steine, Holz usw.) 2 „ „ „ Röstkosten und Arbeitslohn, zus. 51,5 Pf. 1 Pfd. roher Kaffee ergiebt etwa 400 g gerösteten Kaffee, so daß 1 Pfd. von letzterem sich auf etwa 65 Pfg. (bei direktem Brasil-Import) stellt. Ein Versuch wird Sie überzeugen, daß diese Qualität gerösteter Kaffee in jedem besseren Kaffeegeschäft für etwa 75 Pfg. zu haben sein würde, wenn die Qualität derartiger geringer Santos- Kaffees überhaupt konsumfähig wäre." Die Redaktion des Tageblattes bemerkt zu dieser Zuschrift: „Wir haben uns zwar nicht durch eine Geschmacksprobe von der „Güte" der uns zur Verfügung gestellten Kaffeesorte zu überzeugen gewagt, aber durch genaues Besichtigen festgestellt, daß nur etwa die Hälfte der „Bohnen" solchen ähnlich sieht; alles übrige ist scheußlich in der Farbe und in der Form ver krüppelt. Im übrigen freuen wir uns dieser Zuschrift als eines Zeichens von Verstündniß für den Werth korrekter Publizistik. Für Leipziger Handel und Gewerbe konnte aus einer derartig bewiesenen regeren sachlichen (im Gegen sätze zu einer gereizten, persönlichen) Ancheilnahme an wirthschaftspolitischen Tageßfiagen sehr viel Gnies ent stehen — an Entgegenkommen unsererseits soll es dabei nicht fehlen. — Kessclsdorf. Am Sonntage, den 3. Mai, weilte der Herr Superintendent Grieshammer aus Meißen zum Zwecke der Kirchenvisitation in unserer Gemeinde und wohnte zunächst dem Vormittaggottesdienste bei, in dem unser Ortspfarrer Tic. rk. Leßmüller die Predigt hielt. Nach diesem fand eine leider nur schwach besuchte Versammlung der Hausväter im Gasthof zur Krone statt, wo etwaige Wünsche das Kirchenwesen betreffend, dem Ephorus vorgebracht werden konnten. Dr. Böhme, Klein opitz fand sich denn auch veranlaßt in längerer weit- schweisender Ausführung das sogenannte Bolzenschlageu während dem gemeinsamen Beten des Vaterunser im Hauptgottesdienst als sehr störend zu bezeichnen und wünschte, das Bolzenschlagen aus der Ordnung des Gottesdienstes zu beseitigen. Desgleichen fand Dr. Böhme bei Abkündigungen in der Kirche die Bekanntgabe des Standes der einzelnen Personen (Slandesformel) als nicht zeitgemäß und beantragte gleichfalls Beseitigung derselben. Ob die Wünsche des Redners gemeinsame waren, konnte nicht festgestellt werden, da aus der Versammlung keine Unterstützung seiner Ausführungen wurde. Der Kirchen- oorstaud wird dieses Vorbringen zu erwägen haben. Am Nachmittag fand Unterredung mit den Jünglingen und Jungfrauen in der Kirche statt (Hilfsgeistlicher Haudmann) und am Montag besuchte der Herr Ephorus die Schulen der Parochie. — Neukirchen, 5. Mai. Bei dem heute Mittag über unsern Ort ziehenden Gewitter ereignete sich leider ein bedauerlicher Unglücksfall. Ein bei Herrn Gutsbesitzer Oskar Birkner in Arbeit befindlicher Pferdejunge wurde direkt hinter dem Gute beim Auswerfen von Wassergräben vom Blitze erschlagen. Die Gewalt des Blitzes war so stark, daß der Verunglückte förmlich in die Erde Hinein gewühlt resp. von Erde bedeckt wurde. Uhr und Taschen- tuch waren weit weg geschleudert. Der Erschlagene war ein großer starker Mensch und hatte erst diese Ostern die Schule verlassen. — Dresden, 5. Mai. Wie aus Lindau dem hiesigen Hofe telegraphisch mitgeiheilt wird, erfolgte heute Abend 5 Uhr die Taufe der neugeborenen Prinzessin. Dieselbe erhielt den Namen Anna Monica Pia. Da das von der Prinzessin Luise von Toskana geborene Kind eine Prin zessin ist und nicht ein Prinz, vereinfacht sich die staats rechtliche Lage wesentlich. Die Geburt eines Prinzen hätte immerhin zu allerlei Schwierigkeiten und Verwickelungen führen können, die, wenn auch zunächst scheinbar beseitigt, doch im Laufe der Zeit vielleicht eingetreten wären. Da nun aber in der Villa Toskana eine Prinzessin das Licht der Welt erblickt hat, so erübrigen sich alle Betrachtungen und Befürchtungen über etwaige Möglichkeiten der ange deuteten Art, und cs bleibt nur zu bestimmen, in welcher Weise die rechtliche Stellung des Kindes unter den ob waltenden Umständen auszustatteu ist. In erster Linie kommt die Ehelichkeit in Frage. Diese aber ist, soweit es sich um den reinen Standpunkt des Gesetzes handelt, nach den im Paragraph 1591 des Bürgerlichen Gesetzbuches darüber ausgestellten Grundsätzen in dem vorliegenden Falle unanfechtbar. Da indessen die kronprinzlichc Ehe in der Zwischenzeit geschieden und die Prinzessin Luise als der schuldige Theil erklärt worden ist, so müssen hier die besonderen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Sorge für die Kinder sowie die entsprechenden Vorschriften des Königlichen Hausgesetzes in Betracht ge zogen werden. Es handelt sich dabei um die Paragraphen 1635 und 1636 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Paragraph 1635 bestimmt, daß nach erfolgter Scheidung der Ehe die Sorge für die Person des Kindes, wenn ein Ehegatte allein für schuldig erklärt wird, dem andern Ehegatten zusteht. Danach gebührt also dem Kronprinzen dieVvrge für die neugeborene Prinzefsin. Paragraph 1636 hat Agenden Wortlaut: „Der Ehegatte, dem nach Paragraph 1636 die Sorge für die Person des Kindes nickt zusteht, behalt die Befugniß, mit dem Kinde persönUck zu verkehren. Das Vormundschaftsgericht kann den Verkehr näher regeln." Der Prinzessin Luise darf demnach der Verkehr sowohl mit der jetzt geborenen Prinzessin, wie mit ihren übrigen Kindern nicht rundweg untersagt werden; doch ist eine Beschränkung des Verkehrs auf Grund des Gesetzes sowie Verknüpfung mit gewissen Bedingungen zulässig, und zwar ist hierfür der Paragraph 12 des Sächsischen Haus gesetzes zuständig, der besagt: „Der König ist bei der