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Zweit es Blatt. Warandt, Massen, Siebentehn und die Mmgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Nentanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 15 Pfg. pro viergespaltene LorpuSzeile. Drnü imö Verlag von Marlin Berger in WWdrufi. — VerantwarNÄ für die Redaktion Martin Berqer daieM. Ao 2S. Sonnabend, Sen 7. März 1W3. 62. Jahrg. Zum Ksnntage Reminisceve. Röm. 4, 7: Selig sind die, welchen ihre Ungerechtigkeiten vergeben sind, und welchen ihre Sünden bedecket sind. Die Sünden sind vergeben! Das ist ein Wort zum Leben Für den gequälten Geist — Kannst du das aus Erfahrung sagen, lieber Leser? Hat Jesus dir sein Wort gesagt: deine Sünden sind dir vergeben! — und trägst du das Wort in dir als deinen köstlichsten, als einen unverlierbaren Schatz? Vergebung der Sünden — sie ist den Menschen viel tausendmal nölhiger, als das tägliche Brot. Trachten sie denn auch nach ihr — nicht tausendmal eifriger, nein, nur ebenso eifrig, als nach dem täglichen Brote? Das ist die Frage, die Gottes Kinder immer und immer wieder hineinwerfen sollten in die Menschenherzen: Hast du Vergebung deiner Sünden? Das ist die Bitte, die Gottes Kinder immer und beständig vor den Herrn bringen sollten: Vergieb, wo ich gefehlet, nimm von mir, was mich quälet, zieh mich, Herr Jesu, ganz zu dir! Vergebung der Sünden! Wie viele Seelen auf Erden mögen wohl von der ganzen Wichtigkeit der Sache durchdrungen sein? Ich rede hier nicht von denen, welche sagen: Wir haben keine Sünde! Die müssen ja in ihren Sünden sterben, die können ja keine Vergebung der Sünden haben, weil sie keine Sünden zu haben glauben. Ich rede auch nicht von denen, die sprechen: Ja, ja, es ist so wie Paulus sagt: Wir sind allzumal Sünder! — Die wohl über die allgemeine Sündhaftigkeit auf Erden seufzen, ja Wohl auch ein Gefühl von der eigenen Sündhaftigkeit haben, und nun sich einbilden, sie wären schon etwas Großes mit ihrem Wissen von ihrer Sündhaftigkeit, und es sei das ein vollkommener Ersatz für die Vergebung ihrer Sünden. Auch sie gehen verloren mit all ihrem Wissen. Mionle. 119 Roman von ff. y. Zchreiberrhsken. Wau setzte sich nach Laune und Zufall) die Stimmung war heiter, ja Antonie schien ausgelassen lustig zu sein — sie wollte sich betäuben, die Gedanken ersticken, die sich doch nickt abweiün wissen wollten. Welcher unfaßliche Leichtsinn hatte sie taub gegen die warnende Stimme in ihren: Innern gemacht, daß sie hierher gegangen war! Mit unsäglicher Er leichterung sah sie nach einiger Zeit Paul mit einem der Geistlichen ausstehen, die Anssicht bewundern und nach zehn Minuten im Kloster verschwinden. Nun brauchte sie keine Heiterkeit mehr zu heucheln. Heucheln? . . Ja, das war hfe einzige richtige Bezeichnung für sie, denn wann konnte sie 'Ph nne sie wirklich war, wann ihrer natürlichen ihren Empfindungen freien Lauf lassen? iß Alles, Alles eine große Lüge!" schrie es in ihr au', und erfchrM sah sie sich um, ob sie vielleicht laut ge sprochen habe. Vor den ruuden Maueröffnungen, durch die mau die über kinander anfNeigeurcn schöu geformten Bergkuppen erblickte, hingen grüne Sc! herab; wo sich nur ein Wurzelsuß kin'enlcn kmnte, grünte und blühte es. Wie ein blauer Dom spannte sich der Himmel über die Berge, aus den Thalern schallte kem Laut herauf, die Erde mit ihrem Treiben und Jagen, ihrer unruhigen Hast und Noth war weit, weit weg gerückt. , War hier m ^varllichknt der Frieden zu finden, dem der Mensch so oft vergeblich nachstrebt? . . Und war er »icht viel, viel mehr werth, viel köstlicher als das soge nannte Glück, das doch wie Asche unter den Händen zer stiebt die es zu halten glauben, ja, wie Schatten vor dem noch'soeben geblendetem Blicke ::rflattert? Wo war das Vergebung seiner Sünden haben ist ein ganz ander Ding, als von seinen Sünden ein, wenn auch drückendes, Be wußtsein haben. Wo Vergebung der Sünden ist, da ist Leben und Seligkeit! Hast du Vergebung deiner Sünden? Kannst du „ja" antworten, so bist du selig, so hast du ewiges Leben in dir schon hier in der Zeit, so kannst du sprechen: Was kann mir nun noch schaden der Sünden große Zahl? Ich bin bei Gott in Gnaden! Denn was vergeben ist, das ist auch bedeckt, das ist für Gott, als wäre es gar nicht mehr vorhanden. Hast du denn nun wirklich Vergebung der Sünden? Manche sind sehr schnell bereit zu dem Bekenntniß: Ich habe sie! Ihre Buße ist im Handumdrehen geschehen, ihre Bekehrung macht sie mit einem Schlage „fertig": man könnte von ihr sagen: einmal und nicht wieder. Ihr Glaube ist, entgegen dem sonstigen Gange des heiligen Geistes mit Mcnschenseelen, von Anbeginn an ein Riese. Ihre Er neuerung macht ihnen wenig Mühe. Aber Johannes der Täufer ruft noch heute: Sehet zu, thut rechtschaffene Früchte der Buße! Die giebts nicht ohne Kampf, ohne heißes Ringen nach dem Vorbilde des Mannes, der unser Textwort zuerst gesprochen hat (Psalm 32.) Die giebts nicht ohne gründliche Dcmüthigung, ohne Darniederliegen im Staube ohne aufrichtiges Bekenntniß, ohne brünstiges Ergreifen und mannhaftes Festhalten der ausgestreckten Heilandshand. Darum auch in unserer Zeit so viel wurmstichiges Christenthum, so wenig kernhafler Glaube, so wenig überwindender, heiliger Christenwandcl, so wenig wahrhaft seliges Leben hier auf Erden, weil so wenig wahrhaftige Buße und Bekehrung, so wenig thatsächliche Vergebung der Sünden. Hast du Vergebung deiner Sünden, lieber Leser? Laß dir's gesagt sein: Ein ganzer Berg von Sünden, für den du Vergebung hast, ^kann dich nicht verdammen; eine einzige unvergebcne Sünde aber macht dich unselig. Ringe Glück aeblieben, dem sie nachgeeilt, das sie zu halten ver meinte? „Wir bringen unsere Jahre zu wie ein Geschwätz" — „Ein Gras, das da frühe blühet und bald welk wird —" Wo batte sie das gehört? .... Ja, dort in der kleinen Jnselkirche, als sie auf Sievert Wulffs Antlitz den tiefen Ernst gelehen, der seines Wesens innerster Grund war. Und auf einmal schien Antonie wieder vor Rother zu sitzen, der ihr dringend und feierlich die Verpflichtung auserlegte, ihren evangelischen Glauben hoch zu halten, nie zu verleugnen, was Po »letzt ergriffen habe . . Und wie Donnerstimme schrie es ihr zu, daß sie den ihr dargereichten Schatz in frevent lichem LeichtsiM prSisgegeben, daß sie gar nicht versucht habe, sich ihn zu eigen zu machen und festzuhalten. Mit einer halligen Entschuldigung gegen ihren Nachbar stand sie auf und schritt der Klosterpforte zu, von wo sie aus das Marienbild hinabsah. Ein Weib kwete davor und blickte mit höchster Inbrunst empor, die Arme flehend aus gestreckt. „Sie ist nur ein Mensch, sie kann Dich nicht hören, armes Weib!" murmelte Antonie leise, und Inge borgs süße Stimme schien zu ihr zwprechen und zu sagen, sie solle nicht Marie, nein, den Herrn selb'! anruscu. Ein Steinbild anbeten — das Bild der Jungfrau, wohl der Be- guadigtllen unter den Weibern, doch immer nur ein Mensch, die der Herr selbst zurüäwies, als sie in sein heil'ges Ami Hineinreden wollte: Weib was Habs ich mit Dir zu schaffen! Antonies Hände falteten sich; sie betete, wie sie noch nie gebetet hatte, um Glauben, um Kraft, nm Festigkeit. Die halb- vergessenen Lehren Rothers tauchten vor ihr auß so manches Wort der Pfarrerin, Erichs, Ingeborgs — und während sie betete, erkannte sie mit entsetzlicher Klarheit den Abgrund, der immer zwischen ihr und Paul klaffen mußte. Im Lichte des Evangeliums sah sie, welcher Wust von Aberglauben ihr auf allen Seiten entgegentrat. Und wie ein zweischneidiges Schwert durchfuhr sie das Wort: Nur wo Zwei auf dem selben Glaubensboden stehen, kann die Ehe sein, was sie um Vergebung deiner Sünden, thue es täglich aufs Neue, weil du jeden Tag neue — erkannte und unerkannte — Sünden thust. Nur wo Vergebung der Sünden, da ist auch Leben und Seligkeit. Vaterländisches. — Wilsdruff, 6. März. Es geht allmählich dem Frühling entgegen. Verschiedene Anzeichen in der Natur sprechen dafür, wir selber fühlen es und die Modegeschäste thun ein übriges, um uns glauben zu machen, daß der Lenz nahe sei, den die gesammte Menschheit so sehnsüchtig erwartet, wie — was Vorkommen soll — ein lebens lustiger Student die fällige Monatsrate von daheim. In den Schaufenstern und in den Arbeitsstutcn der Schneider, Schneiderinnen und Putzmacherinnen tauchen die ersten Frühjahrskleider und Frühjahrshüte auf. Es ist eine duftige Pracht, die sich unserem Auge darbietet, und mit einem Blick, aus dem Entzücken spricht, betrachten die Evastöchter — besonders die jugendlichen — die Werke, die fleißige und geschickte Hände hcrvorgezaubert haben. Viel Neues bringt ja die Mode auch diesmal nicht, immerhin doch genug, um manchem Weiblein und Männlein den bisherigen „Staat" als unmodern er scheinen zu lassen. Jede und Jeder ist j« freilich nicht in der Lage, sich nun auch einen neuen Anzug oder ein neues Kleid ^anmessen" zu lassen; ja, selbst wer über den erforderlichen Mammon verfügt, ist oft genug her Meinung, daß seine alten Kleidungsstücke noch gut genug seien, um sie weiterzutragen. Man verfährt eben auch in dieser Angelegenheit nach Belieben und meint nicht nur, daß Kleider Leute machen, sondern daß der Cha rakter bei der Wertschätzung eines Menschen ins Ge wicht fallen. — Gesellenprüfung der Handwerkslehrlinge., sein soll . . . Was ihr heilig war, verwarf Paul, und um gekehrt. Rother nnd Magda waren eines Sinnes, auch Jan und Marilka gingen in dieselbe Kirche und knieten vor dem selben Altar . . . O, warum kam sie erst so spät zur Erkenntniß! Konnte sie das im Ernste fragen, sie, die so mnthwillig alle Warnungen weggeschoben, um mir ihren Wünschen folgen zu können? Und was hat sie hier in einen: katholischen Kloster, sie, die ans der römischen Kirche ansgetreten war? Hatte ihr selbst der Mnth gefehlt, durch ihr Fernbleiben ihren evangelischen Glauben einzugestehen? Antonie empfand mii namenlosem Grauen den fürchterlichen Widerspruch, der sich durch ihr ganzes Leben zog. Was hatte sie aus sich gemacht! Zusammenschauernd legte sie die Hand über ihre Augew 7. Capitel. In einem kahlem dürsiig ausgestatteien Zimmer, durch deffeu hohes Bogenfenster die Sonne schien und den einzigen Schmuck der Wand, ein großes Crncisix, mit einer Lichtflui übergoß, stand Pml mit niedergeschlagenen Augen, bleich und sichtlich verwirrt vor einen: älteren Manne in geistlicher Tracht, dessen scharfe, kluge Augen in feiner Seele zn lesen schienen. Bitter bereute es Paul hierher getommen zu sein, nur 'eine Gedankenlosigkeit, Kin unausrottbarer Leichtsinn hatten ibn hierher aebracht. Er hätte sich sagen könne», daß man sein frei williges Herkommen hsnntzen werde, ihn in Verhand lungen zu ziehen, die er doh lieber vermeiden wollte. Unter dem Vorwande, ibn: das Klosiec m zeigen, hatte inan ihn hereingelockt, wo stin früherer Lebrer schon «ui ibn wartete. Und 'eine ersten Worte hatten Paul gezeigt, unter welcher Ueberwacbnng er stand. Es war >*'0» hckannsi daß ihm ans der Uebenahrt von Civit oe b r nih Neanel tue Ab- solutzon verweigert worden war, wett er sich den Geboten der Kirche widersetzt habe.