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Warandt, Massen, Sieöensehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die 7<gl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. , . Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde Mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kesielsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Nemanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bet Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. ' Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 15 Pfg. pro viergespaltese Torpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich sür die Redaktion Martin Berger daieldst. No 2K. Sonnabend, de« 28. Februar 1SK3. «2. Jahrg. Vekanntinachiing. Nachdem der Kaufmann Herr Karl Oskar Beyrich, hier, zum Kirchrechnungsführer vom unterzeichneten Kirchenvorstand gewählt, von der Königlichen Kiccheninspektion als solcher bestätigt und am 19. dss. Mts. an Amtsstelle verpflichtet worden ist, wird solches andurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Wilsdruff, den 25. Februar 1903. Dev Uirchenvsrttand. W-lk-, Pfarrer, Vorsitzender. politische Rundschau. Die Freude über den nahenden Frühling überwiegt die Theilnahme an der Politik, und die unverkennbare Neigung im Gejchäftslcben, einen neuen, wenn auch nur erst bescheidensten Ausschwung zu nehmen, trägt dazu bei, die Menschen fröhlicher zu stimmen, als sie nach den Be hauptungen der Pessimisten zu sein Anlaß haben. Aber es ist nun einmal so, und daß es so ist, ist vortrefflich und wird gewiß von Nutzen für die kommenden Wahlen zum deutschen Reichstage sein. Der Deutsche muß sich als Praktiker bewähren, sonst ist er verloren. Nach dem großen Umschlag in der industriellen Koniunktur haben wir theo- retische Erläuterungen wer weiß wie viele gehabt, aber geholfen haben sie nichts. Wenn es sich heute in der Be völkerung nicht selbst rührte, von all' den guten Lehren, die ihr gegeben worden sind, würde nichts gestehen sein. So ist denn die Stimmung jedenfalls eine freudigere, als seit manchem Monat, und wenn ein Rath erlaubt sein darf, so ist es nur der, im Wünschen des Guten nicht gleich zu viel zu thun und im wagelustigen, neuen Unter nehmen etwas an sich zu halten. Es wird ganz zweifel los in der nächsten Zukunft recht viel Geld für neue in dustrielle Arbeit gebraucht werden, und man thut gut, für solche Zeit so viel wie möglich in der Tasche zu behalten und es nicht voreilig zu verausgaben oder festzulegen. Diese günstigere Anschauung von der wirlhschaftlichen Lage in Deutschland, zu der wir heute berechtigt sind, wird auch ge wiß von Einfluß für den Verlauf der neuen Handelsver- trags-Verhandlungen mit den fremden Staaten sein. Im Reichstage war von den „gesinnungstreuen", aber wenig geschäftsklugen Herren dem Ausland der Weg nach Kräften geebnet, man hat jenseits unserer Grenzen schon vielfach recht sicher gedacht: Die Deutschen, sie müssen uns kommen I Heute wird man an diesen Stellen erkennen, daß die Dinge anders liegen, daß ein beruhigtes und vertrauendes Deutschland seinen Bürgern eine ganz gehörige Bethätig- ung der Arbeitskraft und Arbeitslust gewährt, wir also getrost etwas warten können, wenn es draußen gar zu gut gemacht wird, gar zu hohe Ansprüche au uns gestellt werden. Mag es auch manchem Parteifanatiker unglaub lich klingen, wenn die Zeit und Entwicklung sonst nicht gar zu schlecht ist, können wir sehr wohl zu einer Periode kommen, in welcher Industrie und Landwirthschaft er kennen, daß es unter Umständen, gegenüber einem heischenden, egoistischen Auslande doch recht angenehm ist, zusammen zu marschiren und gemeinsam fremden Attacken Widerpart ru halten. Der Ministerwechsel imKönigreichBayern ver anlaßt noch lange Erörterungen; es kann wohl kein Zweifel sein, daß in der Inneren Politik, in Kirchen- und Schul- sachen namentlich der neue bayerische Kurs mehr nach der Sette des Zentrums hinüber neigen wird, und da- hmein m<w mit Aussicht auf Erfolg von außerhalb Bayerns Nlemond sprechen. Es hat jeder Mann das Recht, darüber seine eigenen Bedenken zu hegen, aber nur schwarz m die Zukunft zu blicken, dazu liegt kein Anlaß vor. Dav bayerische Herrscherhaus hängt fest am Reiche, ist treu mit den Hohenzollern verbunden, und das bayer- ische Volk besitzt neben kernigem deutschen Patriotismus viel zu gesunden Menschenverstand, als daß es daran dächte, im großen Gebiete deutscher Reichs-Politik ein besonderes bajuvarisches Feld zu beackern. Die Lharaktere im deutschen Süden nnd Norden sind in allen Einzel-Anichau. ungen nicht dieselben, aber es wird wohl niemals möglich sein, den Einen zu belehren, datz ber Anoere größtes Recht hat. Diese Anschauungen sind aus dem tatsächlichen Leben und den veränderten Verhältnissen herausgewachsene Ueberzeugungen, und man muß da sich verstehen und achten lernen, nicht ummodeln wollen. Aus dem Letzteren wird nichts, der Bayer kann gewaltig grantig werden, wenn er merkt, oder zu glauben merkt, „der Preuße" wolle ihm besondere Vorschriften machen, aber das Alles ist nicht so bös gemeint. Im Auslande geht eS, soweit die großen Staaten in Betracht kommen, leidlich ruhig zu. Ein paar harte Tage soll das englische Ministerium Balfour auszustehen gehabt, als es seine neue Heeres-Organisation vor dem Parlament zu Vertheidigen hatte, aber am Ende ist das doch gelungen. Das Haus mußte erkennen, daß England zwar wahrscheinlich keine großen Landkriege zu führen haben wird, daß aber doch beim allerbesten Willen Nie mand in die Zukunft hineinsehen kann. Unsicher steht es noch immer auf der Balkanhalbinsel, wenngleich der Sultan die Forderungen der Mächte nach Reformen für Macedo- nien im Prinzip bewilligt hat. Daß gründliche Reformen in den christlichen Staaten des Orients ebenso nothwendig sind, ist freilich nicht in Anregung gebracht. Die unruhigen Elemente auf der Balkanhalbinsel aber, die nichts zu ver lieren haben und bei jedem Tumult nur gewinnen können, führtenamliebsten sofort eiue Schilderhebung herbei; darauf, hin wollten Sensationsgerüchte sogar von bedeutenden militärischen Vorkehrungen in Rußland und Oesterreich- Ungarn wissen. So ängstlich stehen die Dinge nun nicht, immerhin wird Obacht nöthig sein, damit zur rechten Zeit den Krakehlern der Daumen aufs Auge gedrückt werden kann. Die venezolanischen Geschichten geben noch zu einigen nachträglichen Erörterungen Anlaß, die für uns aber keine Bedeutung mehr haben. Die deutsch venezolanische Rechnung ist ausgeglichen, vorausgesetzt, daß Herr Castro oder sein Nachfolger auf dem Präsidentenstuhl der Republik später prompt zahlt. Das ist ja nun nicht gerade felsenfest, immerhin aber kann gehofft werden, daß die jetzige Lektion ihre Früchte tragen wird auf manches Jahr hinaus. Vom Kaiserhofe. Der Kaiser, der Abends vorher den russischen Botschafter empfing, sprach Donnerstag Morgen nach seinem Spaziergang beim Reichskanzler vor. Abends war der Monarch Gast des Oberpräsidenten von Bethmann in Potsdam. Am heutigen Bermählungstage deS Kaiserpaares findet eine musikalische Abendunterhaltung bei den Majestäten statt. Bonn, 26. Februar. Der Kronprinz verabschiedet sich heute Abend in offizieller Kneipe von dem Borussen korps, u« morgen nach Berlin zurückzukehren und am Sonntag gemeinsam mit Prinz Litel Friedrich di« Reise nach dem Orient anzutreten. Das definitive Programm dieser Reise ist folgendes: Die Prinzen treffen am 5. März in Korfu ein: tags darauf erfolgt die Weiterreise nach dem Piräus und alsdann am nächsten Tage nach Athen. Dortselbst ist ein dreitägiger Aufenthalt geplant. Am 10. März geht die Reise nach Korinth und am 15. fahren die Prinzen vom Piräus nach Konstantinopel. Deutscher Reichstag. Die Mittwochsitzung wurde bei Anwesenheit von acht Abgeordneten eröffnet. Das Kapitel Reichsgesundheitsamt wurde erledigt, ebenso das Kapitel Patentamt. Staatssekretär Graf Posadowsky er- klärte im Laufe der Erörterung, an dem Borsäureverbot werde festgehalten werden solange, bis nachgewiesen sei, daß die wissenschaftlichen Unterlagen, auf welche sich das Gutachten des Reichsgesundheitsamt stütze, unhaltbar seien. Was die Geheimmittelfrage aulange, so sollen durch eine Liste die Mittel öffentlich gekennzeichnet werden, bei denen cs sich um offenbaren Schwindel handele. Ferner theilte der Staatssekretär mit, daß bi« preußische Regierung ein Wohnungsgesetz ausarbeite, das eine geeignete Grundlage für die Berathungen des Reichsgesundheitsraths bilden werde. Deutscher Reichstag. Am Donnerstag wurden zunächst Eingaben erledigt. Solche auf Abänderung der Vorschriften über Vorbildung zum Studium der Zahnheil, künde und betr. Fürsorge für verunglückte Feuerwehrleute gingen an den Reichskanzler zur Berücksichtigung resp. als Material. Dann nahm die Berathung deS Kapitels Reichs- Versicherungsamt vom Etat des Reichsamts des Inner« ihren Fortgang. Abg. Hoch (Soz.) verwies aus die Schä den, die aus der Ueberlastung des VersicherungSamtes ent- stünden, und sprach von „Nentendrückerei". Es folgte eine Auseinandersetzung zwischen den Abgg. Gamp (frkons.) und Dr. Krüger (frs. Vp.) darüber, welche Partei daS größte Verdienst an der sozialpolitischen Gesetzgebung habe. In diesen Streit mischten sich noch die Abgg. Schrader (frs. Verg.), Stadthagen (Soz.) und Rösicke-Dessau (frs.) ein. Staatssekretär Graf Posadowski wurde zu der Er- klärung veranlaßt, die Regierung denke nicht daran, daS Sparwesen mit den Jnvalidenverstcherungsanstalten zu verknüpfen. Auch wies er die Angriffe gegen die Recht, sprechung des Versicherungsamts zurück. Nun wurde das Kapitel bewilligt, und die Erörterung spann sich weiter bei dem Kapitel Aufsichtsamt für Privatversicherung. Staatssekretär Graf Posadowsky bemerkte, von den Be- schwerden gegen auswärtige Gesellschaften hätten sich die meisten als unbegründet herausgestellt, und die gegen deutsche seien völlig unberechtigt gewesen. Zum Schluß gelangte auch der Rest des Etats des Innern mit Aus nahme einiger unbedeutender Posten zur Annahme — nach dreiwöchiger Dauer der Berathungen. Freitag: Krankenversichernngsnovelle. Zu de« ?«MM am UW« Kose. Wie vorauszusehen war, ist wegen der Eheirrung am sächsischen Hofe ein heftiger Streit zwischen katholischer und antikatholischer Presse entbrannt. Die Klerikalen fühlen, daß sie einen schweren Schlag erlitten haben, und möchten das der Oeffentlichkeit begreiflicherweise «uSreden. Andererseits hat die Sympathie für die Kronprinzessin die Beurtheilung der Vorfälle vielfach in bedenkliche Bahnen gelenkt. Dazu hat sich die Sensationsmacherer der Sache bemächtigt: Giron ist von den Antiklerikalen zum Jesuiten werkzeug, daß die freisinnige Kronprinzessin kompromittireen sollte, von den Klerikalen dagegen zum Freimaurer, der dem sächsischen strengkatholischen Hofe einen Streich spiele« sollte, gestempelt worden. Auch die dunkle Geschichte von der Klausel, nach der Söhne, die einem regierenden Könige geboren würden, protestantisch erzogen werden sollen, wird zum Beweis klerikaler Machenschaften herangezogen. Merk- würdig bleibt ja die Thatsache, daß seit 200 Jahren keinem sächsischen König ein Sohn geboren wurde. Aber mag die amtliche Ableugnung der Klausel eine Legende zerstören oder nur die Unerweisbarkeit einer geheimen Abmachung aussprechen, es erscheint abenteuerlich, einen Zusammenhang zwlschen den gegenwärtigen Vorkommnissen und lener angeblichen Klausel aufspüren zu wollen. Es st auch nicht zu billigen, wenn von einigen Blättern dem Hofe mit einem elementaren Ausbruche des Volksunwillens zedroht wird, weil die Bigotterie am sächsischen Hofe der Kronprinzessin das Leben unerträglich gemacht habe; läßt ich auch Manches als Milderungsgrund des schweren Fehltritts anführen, so ist doch die evangelische Sache zu ;ut, als daß sie sich zur Bundesgenossin für das Auslebe., sedürfniß der unbefriedigten modernen Frau hergeben dürfte. Andererseits muß es als dreiste Lüge zuruckge- viesen werden, wenn katholische Blätter den evangelischen