Volltext Seite (XML)
aufgefordert worden. Die Anwälte der Prinzessin haben dem Gericht ihre schweren Bedenken gegen die Zurechnungs fähigkeit ihrer Klientin mitgetheilt. Das Gericht batte daher nach deutschem Recht die Frage der Zurechnungs fähigkeit von Amtswegen zu prülen und ist aus diesem Grunde auf die Vernehmung der Leibärzte gekommen, welche die Prinzessin während deren elfjähriger Ehe be- handelt haben. Hätten die beiden Aerzte Wahrnehmungen bekundet, die einen Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit der Prinzessin begründeten, so hätte das Gericht auch noch einen Nervenarzt hinzugezogen. Die Erinnerung des sächsischen Volkes scheint allein der einst geliebten, jetzt verlorenen Prinzessin Treue zu bewahren. So besagt eine Zuschrift der „Lcipz. N.-N." aus Plauen Folgendes: Den ersten ihrer Geburtstage, den die unglückliche ehemalige Kronprinzessin Louise nach ihrer Vermählung in Sachsen erlebte, brachte sie im Vogt- lande zu. Am Sedamage 1892 — die ehemalige Kron prinzessin ist bekanntlich gerade am Sedantage des Kriegs jahres 1870 geboren —, im zehnten Monat nach ihrer Verehelichung, befand sich ihr Gemahl, damals Prinz Friedrich August, im Vogtlande und detheiligte sich an den Heer statlfindenden Manövern. Der Geburtstag der Prinzessin sollte jedoch gefeiert werden, und zwar im Bei sein ihres Gemahls. Louise reiste deshalb nach Plauen und traf in einem Wagen auf dem Manöverfelde bei Oberlosa ein. Unter den Soldaten herrschte ob ihrer Anwesenheit große Freude, man jubelte ihr zu und mehrere in ihren Equipagen aus dem Felde haltende Familien aus Plauen und Umgebung wurden dem Paare vorgestellt. Man war erstaunt über die Ungezwungenheit der Prin zessin. Als ein Manövergast aber äußerte, daß er und alle Vogtländer sich freuten, die Prinzessin in Sachsen zu haben, erwiderte Prinzessin Louise im fröhlichsten Ton: „Ja, ich hätte Manchen bekommen können, aber wein Fritz ist doch der Beste! Er ist ein guter Mensch!" Und während Louise diese Worte sprach, klopfte sie ihrem Gemahl freudestrahlend aus die Schulter. Aurze Lhronik. Verhängnißvoller Sleinwurf. Der Militärposten vor einem Pulvermagazin in Metz wurde ohnmächtig und mit heraushändeudem Auge aufgcfundcn Die Unter suchung ergab, daß ein zwölfjähriger Knabe den Soldaten durch einen Steinwurf w schwer verletzt hatte. Der Mörder des deutschen Arztes Dr. Oren- stein in Paris wurde von Tobsucht befallen und einem Irrenarzt zur Beobachtung überwiesen. Eine Comödie der Irrungen. Aus Cassel wird uns berichtet: Am 30. Januar durcheilte mit großer Schnelligkeit das Gericht unsere Stadt, der Malermeister Heinrich Schneider sei beim Ausmessen der Drahtbrücke über die Fulda durch das Eis gebrochen und ertrnnken. Er war thatsächlich mit dem Lehrling unter die Brücke gegangen, hatte dann aber den Jungen fortgcswickt, um das Laudmaaß zu holen. Als der Lehrling wieder kam, war die Leiter umgefallen, Hut und Havelock des Meisters lagen auf dem Eise, daneben war ein mannsgroßes Loch, sodaß alle Anzeichen dafür sprachen, Schneider sei ertrunken. Mehrere Leute wollten dann auch gesehen haben, wie der Fall sich zutrug. Jetzt stellt sich nun aber heraus, daß Sch. den Unglücksfall nur markirt hat und sich in Gesell schaft einer Dame heimlich entfernte. Ausgefangene Briefe haben das bestätigt. Die FamiUe hat die Trauerkleiver wieder abgelegt. Erdbeben. Aschabad, 14. Februar. In Audischan werden säst täglich schwache Erdstöße verspürt. Explosion eines Puddelofens. Düsseldorf, 13. Februar. In Lierenfeld explodirte ein Puddelofen. Acht Arbeiter wurden verletzt, einer getödtct. Todtschlag. Cassel, 14. Februar. Der Stellmacher Koch in Heringen a. d. Werra ei schlug den Handelsmann Schäfer. Koch ist verhaftet worden. Eisenbahnunglück. Jekaterinoslaw, 13. Februar. In der Nähe der Station Slatoust eutgleiste ein Personen zug, wobei 4 Personenwagen die Böschung hiuunterstürzlen. Der Zugführer und zwei Passagiere wurden geiödlet, 30 Passagiere und ein Schaffner schwer und 15 Personen leicht verletzt. Die Bettlerpolizci in Rom hat seit einigen Tagen ihre Thätigkeit begonnen und wird hoffentlich recht bald den seit Jahrhunderten bestehenden Bettlerunfug, der den Fremden den Aufenthalt im Süden oft unerträglich macht, ein Ende bereiten. Unter den ersten arretirlen Bettlern, die auf dem Polizeiamte durchsucht wurden, befand sich 49jähriger Mann, bei welchem Sparkassenbücher über 150, 1200 und 1300 Lire vorgefunden wurden, ein kleines Vermögen, das der Bettler in wenigen Jahren zusammen gebracht hatte. „Funkspruch*. Ein neues deutsches Wort ist im Amtsblatt des Reichspostamts zu lesen, nämlich das schö> e Wort Funkspruch für die bisher übliche Bezeichnung „Drahtloses Telegramm". Ob Funkspruch, wenn es auch einen sprachenreinigendcu Zweck erfüllt, so populär werden wird, ist fraglich. Die f l o r e n t i n i s ch e Presse ist in Erregung, weil Schutz leute ein junges Mädchen infolge falschen ehrenrührigen Verdachts festnahmen. Die Schuldigen, vier an der Zahl, wurden sofort disziplinarisch bestraft und der Staatsan waltschaft angezeigt. Der Präfekt ordnete Untersuchung über den ganzen Polizeidienst an. In der Nähe von Haltern, so wird aus Essen a. R. gemeldet, wurden an der Lippe neue große Kohlen funde gemacht. Der Verwalter Lehmann von der Aktiengesellschaft Howaldt's-Werke in Kiel, der Leiter der Werkspeiseanstalt, ist nach einer Meldung des B. T. in Begleitung einer Konzertsängerin geflüchtet. Eine sofort vorgenommene Kassenreviston ergab nach demselben Blatt einen Fehlbe trag von 23000 Mk. In dem Orte Klein-Engersen bei Salzwcdel wurde der Dorfschulmeister wegen dringenden Verdachts, das Schulbaus in Brand gesteckt zu haben, verhaftet. Daß Schüler Feuer an das Schulhaus legten, um sich Extra ferien zu machen, ist schon wiederholt dsgewesen. Daß der Lehrer ein Schulhaus augezündet hätte, ist uns bisher nie bekannt geworden. Vaterländisches. rMittheilungen aus dem Lejerkreise sind der Redaktion stets willkommen. Der Nams des Einsenders bleibt unter allen Umständen Geheimnis; der Redaktion. Anonume Zuschriften können nicht berücksichtigt werden.) Wilsdruff, 16. Februar 1903. — Gewerbe-Verein. In seinem letzten im Hotel goldener Löwe abgchaltenen Vereinsabend beschloß der Gewerbe-Verein, an einem noch zu bestimmenden Tage im Monat Februar sein diesjähriges Stiftungsfest durch Konzert und Ball abzuhalten. Der Tag der Abhaltung des Stiftungsfestes ist nunmehr festgelegt worden und soll dasselbe kommenden Donnerstag, den 19. o. M., statt finden. Dieser Festabend scheint insofern ein recht genuß reicher werden zu wollen, als außer den Darbietungen unserer Stadtkapelle Frl. Martha Winkler, Soubrette am Hoftheater zu Gera, die Mitglieder mit Gesangsvorträgen erfreuen wird. Frl. Winkler ist uns durch ihr Auftreten im letzten Künstler-Konzert im Hotel zum Adler wohlbe kannt und erwarb ne sich daselbst einen durchschlagenden Erfolg. Die Begleitung der Künstlerin hat Herr Cantor Hientzsch in liebenswürdigster Weise zugesagt. Aus dem Programm der Sängerin heben wir hervor: „Bella Venezia" von Hering, „O Jugend, wie bist du so schön" von Abt, „Frühlingslied" von Kretzschmer, „Bei Goldhähnchens" von Bohm und „Mägdlein, nimm dich in Acht" von Piltrich. Das Stiftungsfest beginnt Vs 8 Uhr und wird recht zahlreicher und pünktlicher Besuch der Mitglieder erwartet. Aus den Verhandlungen der letzten Versamm lung sei hier noch kurz Folgendes angeführt: Ausgenommen in den Verein wurden 3 Mitglieder, abgemeldet 1 Mit glied. Ein Vortragsabend soll in kommender Woche an einem noch zu bestimmenden Abend abgehalten werden und zwar wird Herr Lehrer Richter über „Albrecht Dürer und die frsnz. Malerei im Louvre zu Paris" unter Darbietung fein colorirter Lichtbilder sprechen. Ein weiterer Punkt der Tagesordnung betraf die Aussprache über die Verichmclzung der jetzt bestehenden hiesigen beiden Bürgerschulen in eine mittlere Volksschule. Zu diesem unsere Bürgerschaft hochinteressirenden Thema ließ sich Herr Fabrikant Schlichenmaier als Mitglied des Schulvorstandes folgendermaßen aus: Die Verschmelzung der 1. und 2. Bürgerschule zu Wilsdruff zu einer mittleren Volksschule. Schon sehr lange schwebten im Schulvorstande Ver- Handlungen, wie den Bedürfnissen Rechnung getragen werden könnte betreffs der sich immer ungünstiger ge staltenden Schulverhältnisse in Beziehung der Räumlich keiten und eines geregelten ununterbrochenen Unterrichts. Die Frage des Schulhausneubaues sowie auch ein ev. Erweiterungsbau wurden von allen Seiten einer ein gehenden Betrachtung und Durchberathung unterworfen und sind zum Erweiterungsbau auch verschiedene Ent würfe angefcrtigt worden; jedoch konnte man weder in Sachen des Neu- noch des Erweiterungsbaues zu einem Ziele gelangen. Zu einer Erledigung der Angelegenheit drängten jedoch die Schulverhältnisse und so beschloß denn der Schulvoistand in seiner Sitzung vom 31. Januar d. I., die 1. und die 2. Bürgerschule aufzuheben und an deren Stelle eine Mittlere Volksschule zu errichten, um dadurch den unerquicklichen Sckulverhältnissen ein Ende zu bereiten. Durch diese Neuregelung der Schule dürfte nach heutigem Ermessen der Sachlage unser jetziges Schulgebäude noch zirka 6—10 Jahre den Anforderungen betreffs der Räumlichkeiten genügen, einige kleine bauliche Veränderungen werden sich jedoch auch nöthig machen. Vom wirthschaftlich finanziellen Standpunkte aus konnte der Schulvorstand diese Idee des Herrn Stadtrath Bret- schneider nur mit Freuden begrüßen, da sämmlliche Herre« des Schulvorstandes sich bewußt sind, in wie wenig rosiger Finanzlage sich die Stadtgemeinde Wilsdruff befindet und wie schwer es derselben gemacht wird, neue Mittel zu be- schaffen, ich erinnere nur an die Bestimmung der vorge setzten Behörde betreffs Aufnahme einer Anleihe von 40000 Mark zur Deckung der restlichen Kosten des Elek- lrizitätswerkes, für welche die vorgesetzte Behörde nur Genehmigung ertheilte im Falle der Tilgung dieser Schuld innerhalb 10 Jahren. Also Schulden hat die Sladt- gemeiude gerade satt, und es wird wohl jeder Mitbürger das auch einseben, wenn der Schulvorstand eine neue Schuldenlast für die Stadtgemeinde durch Nichtausführ- ung des Schulhausneubaues durch obigen Beschluß jetzt vermeiden will und den Bau auf spätere Zeiten verlegen, wo sich hoffentlich die finanziellen Verhältnisse der Slavt- gemeinde wieder gebessert haben. Aber durch obigen Be schluß hat die Stadtgemeinde noch 2 weitere finanzielle Vortheile: 1. indem der Staat zum Gehalte der heute angestellten Herren Lehrer einen Mehrzuschuß von 2300 Mark zuzahlt und für jede ev. später nothwendig werdende neue Lehrkraft ebenfalls 300 Mark Zuschuß zum Gehalt gewährt, was jedoch nur für die Lehrer der ersten Bürgerschule, d. h. unserer beschlossenen Mittleren Volksschule, der Fall ist, da der Staat zu den Ge hältern der Lehrkräfte an der 2. Bürgerschule keinen Zu schuß gewährt. Der 2. finanzielle Vortheil, der durch den am 31. Januar d. I. gefaßten Beschluß bedingt ist, ist der, daß bei einem in Jahren erfolgenden Neubau das selbe nur für ei ne Schule, d. h. für die Mittlere Volks schule, ausgeführt und berechnet zu werden braucht, während bei Fortbestand der jetzigen 1. und 2. Bürger schule gewissermaßen fürjede Schule getrennte Räumlich keitenvorgesehenwerden müßten, der Bau demnach ein viel größerer und in Folge dessen auch kostspieligerer werden müßte. Ausschlaggebend für den einstimmigen Beschluß in dieser Sache war aber vor allem Andern mit der idiale — Stand punkt; ich schicke hier voraus, daß in der Bürgerschaft die Sache insofern nicht richtig aufgefaßt wurde, als ver schiedentlich die Ansicht verbreitet ist, daß unsere Schule zurückginge, indem aus der 1. und 2. Bürgerschule eine Mittlere Bürgerschule ge ¬ macht würde; dies entspricht jedoch den That fachen nicht, denn unsere 1. jetzige Bürgerschule steht auf der Stufe der mittleren Volksschule. Die 2. Bürgerschule hört auf; dies ist gewiß zum Theil eine Lösung der sozialen Frage in Schulsachen, als durch diesen Beschluß es jedem Kinde nicht nur möglich, sondern zur Pflicht durch den Bestand nur einer Schule gemacht wird, ob arm ob reich, sich denselben Grad von Kenntnissen an zueignen; der zum Theil bestehende soziale Unterschied in unserer jetzigen Schule wird aufgehoben und jedenfalls nicht zum Schaden der Kinder. Wenn nun in die Wag- schale geworfen wird, daß sehr viele Kinder während der Schulzeit schon ihren Eltern eine Stütze sein müßten und durch Aufwartung und bergl. Einiges zum Unterhalt der Familie beitragen müßten, was dann nicht mehr möglich ist, so ist auch wieder auf der andern Seite damit zu rechnen, daß die 2. Bürgerschule, und diese Kinder kommen nur in Frage, nicht plötzlich aufhören kann, sondern daß die mittlere Volksschule erst in 6 Jahren auswächst, d. h. unsere ganze Schule sich erst in 6 Jahren von unten bis oben, in allen Klassen mittlere Volksschule ist: daß also die Kinder, die heute in die 2. Bürgerschule g-heu und durch Aufwartung und dergl. Dienste zum Unterhalt der Familie beitragen, dies nach wie vor können, da die- selben bis zum Ende ihrer Schulzeit die 2. Bürgerschule besuchen werden; und bei der jüngeren Generation die Eltern es dann überhaupt nicht anders mssen, als daß die Kinder Nachmittags auch Schule haben. Jedenfalls dürfte aber den Kindern durch Bereicherung ihres Wissens für ihr späteres Leben und Fortkommen mehr gedient sein, als durch Uebcrnahme von Aufwartungen und dergl. Diensten. Auch sollen die Kinder minder bemittelter Eltern wie bereits schon heute durch Ueberlassung von Büchern und anderen benöthigten Utensilien seitens der Schule unterstützt werden, was umsomehr möglich wird, als seitens des Staates der obenerwähnte Zuschuß gewährt wird. Der weitere Beschluß betrifft Einrichtung von Parallel klassen. In diesen sollen jene Kinder unterrichtet werden, denen es infolge ihrer minimalen geistigen Fähigkeiten ganz unmöglich ist, den Unterrichtsstoff des mittleren Votks- schullehrplanes zu bewältigen, und es ist in Aussicht ge nommen, vom 3. Schuljahre ad in 3 Klassen diesen Kindern das beizubnngcn, was dieselben fürs Leben unbedingt wissen müssen, unter Wegfall aller hierzu nicht unbedingt erforderlichen Lehrfächer. Zum Schluffe soll noch betont werden, daß daun durch die Zmammenleguug zu einer Schule die verschiedenen Klassen gleichmäßiger besetzt werden, also nicht mehr der Fall eintreten kann, daß in der einen Klasse desselben Jahrganges 1. Bürgerschule 50 Kinder sitzen, während in der andern der 2. Bürgerschule viel leicht 20—30 sitzen. In der festen Zuversicht, daß der Schulvorstand durch seinen Beschluß vom 31. Januar d. I. seinen Mitbürgern und Schulkindern viel mehr gegeben hat, als er scheinbar genommen hat, und in der Ueber- zeugnng, daß für unsere Kinder, d. h. die Schule, das Beste, gerade gut genug ist, hat derselbe obigen Beschluß gefaßt in der Hoffnung, daß es der Schule zum Segen gereichen möge. Eine weitere Aussprache der Mitglieder betraf ein „Eingesandt" im Wochenblatt in No.17. d. I., wonach ein Herr eines schönen Abends über die dieRasenfelber schützen den Geländer der Bahnhofstraße in der Nähe des Herrn Beutlermstr. Junge wegen ungenügender Beleuchtung ge stürzt sei. Die Aussprache hierüber ergab, daß der betr. Einsender wohl über die betr. Angelegenheit nicht im vollen Bilde gewesen sein könne, denn eine Besichtigung über die fragliche Beleuchtung ergicbt das Gegentheil, in dem die Lichtfülle an dem betr. Punkt gerade sehr reichlich ist. — Die erste diesjährige Bezirkslehrervereins- versammlung wurde vom Vorsitzenden, Herrn L. Kippc— Sora, durch herzliche Begrüßung eröffnet, in welcher selbiger den Mitgliedern ein gedeihliches Wirken wünschte. Das Hauptinteresse bot ein Vortrag des Herrn Kirchschul- lehrcr Polster-Limbach, der über das Thema sprach: Neuere Bestrebungen auf dem Gebiete des naturkundlichen Unterrichts. Aus der reichen Fülle des Gebotenen heben wir nur Folgendes heraus: Die Wissenschaft entwickelt sich stetig fort; deshalb muß der Lehrer sich über den jeweiligen Stand derselben zu orienliren suchen. Wohl kein zweites Unterrichtsfach wie die Naturwissenschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten so entwickelt wie dieses. Die Person eines Humbold, der alle wissenschaftlichen Fächer mit gleicher Gründlichkeit beherrschte, ist jetzt schon unmöglich geworden. Wollen wir die neueren Bestrebungen auf dem Gebiete des naturkundlichen Unterrichts näher kennen reriicn, so muffen wie I. ans den Unterrichtsstoff, II auf die Anordnung desselben, Ul. auf die Ergebnisse, IV. auf die nothwendige Voraussetzung eines gedeihlichen Unterrichts, V. auf Konzentration und nonzenrralionsver- suche achten. I. Die neueren Methodiker stellen die Forder ung arU: Der Unterricht muß ein biologischer sein. Von Aristoteles und Plinius an bis ins 16. und 17. Jahr hundert bestand die Naturgeschichte in zusammengetragenen Notizen. Ein Fortschritt trat erst durch Linnö ein. Be schreiben und Klasstfiziren bildeten aber noch lange Zeit den Hauptinhalt des Naturgeschichtsunterrichts. Zu diesem geisttödtenden Inhalte kam noch eine verkehrte Methode. Dieses beseitigt zu haben, ist das unsterbliche Verdienst eines Lüben. Trotzdem wandelte er in den Bahnen eines Linvö. Bahnbrechend wirkte erst der Franzose Cuvier. Auf seinen Schultern stehen die Reformbewegungen der Gegenwart bez. des Stoffes. Diese Bestrebungen fassen wir kurz zusammen: „Der NaturgeschichlSunterricht hat seine Aufgabe darin zu suchen, die Schüler in ein wirk liches Verständniß der Natur einzusühren." Die biologische Betrachtungsweise trat jetzt in den Vordergrund. Durch den Kieler Schulmann Fr. Junge wurden die Gedanken eines Cuvier für die Schulen fruchtbar gemacht. Seine Vorschläge gipfeln in den sogenannten Lebensgemeinschaften und den Gesetzen des organischen Lebens. Junge verstand, die Kluft zwischen Naturwissenschaft und naturwissenschaft lichen Unterricht zu überbrücken. Der Stoff muß den Kindern in denkender Weise beigebracht werden; sie müssen hingewiesen werden auf den Zusammenhang zwischen Ban