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Weil Im viia. lZ2lXvlXrl>^2^l>^2<rl>VIX20<2lXriXr^L<2^X2IXriXV1XL'XV leiten, vergaßen wir alle Schwierigkeiten, die einer Vereinigung sich entgegenstellten Graf W. hatte Staatswissenschaft studiert, hoffte später in seinem Vaterlande eine Staats stellung einzunehmen und hielt sich für die Dauer eines Jahres zu seinem Vergnügen in Paris auf. Als der zweitälteste Sohn seiner Familie war er nur mäßig bemittelt, indes sein Bruder das Majorat geerbt hatte und deshab verpflichtet war, der Gräfin Witwe und meinem Verlobten den nötigen Lebens unterhalt in einer bestimmten Rente zu über weisen. Da mein Verlobter wünschte, daß ich nach meiner Verheiratung die Bühnen wirksamkeit aufgeben solle und die Rente zu einem standesgemäßen Leben zu bescheiden war, beschlossen wir, mit der Heirat vorerst noch ein Jahr zu warten, unsre beiderseitigen Verwandten aber von der Verlobung zu ver ständigen. Statt der erwarteten Glück wünsche bekamen wir rauhe, verletzende Worte zu hören, Worte, die uns jäh aus allen Him meln stürzten und den Blütenstaub von unsrer jungen Liebe streiften. „Nun und nimmermehr gebe ich meine Einwilligung zu dieser aus berechtigten Gründen mißbilligten Heirat," lautete die Antwort der Mutter meines Verlobten. „Wenn Du in törichter Herzensverblendung, umstrickt von der äußeren Schönheit und dem lebhaft beweglichen Geist Deiner Braut, nur dem Wunsche lebst, sie die Deine zu nennen und darüber über alle andern Rücksichten hin wegsiehst, so rufe ich, Deine Mutter, Dir die Pflichten, die Du gegen das Vaterland, Deine Familienehre und Namen zu beobachten hast, in das Bewußtsein zurück! Zwei meiner Brüder verbluteten bei Wesel, meine Familie verarmte unter den Repressalien des korsi schen Machthabers und ich sollte mit einer Tochter jenes Landes, das meinem Vaterland die tiefste Erniedrigung gebracht, das den Stammbaum meiner Familie entblättert, die selbe Luft atmen, an einem Tisch sitzen? Nun und nimmermehr! Ich bin eine Deutsche, mein Sohn bis zum letzten Blutstropfen gut deutsch gesinnt, das merke Dir und wähle da nach! Bedenke, daß ich alt bin und außer Dir nur noch einen Sohn mein eigen nenne. In ireubesorgter Liebe. Deine Mutter." Ein sorgenvoll beängstigendes Mutter herz, große, wenn auch betrübende Wahrheit sprach aus den Zeilen, wie hätte ich zu richten vermocht? Die Epistel meines Vaters war in ähnlicher Weise gehalten, nur vermißte ich in seinem Schreiben den warmen Ton väter licher Zuneigung, die herzliche Besorgnis um mein Lebenslos. Es "war der Segenswunsch meines Va ters, des Mannes, der seiner Verschwen dungssucht und Spielwut die materielle und seelische Wohlfahrt seiner Kinder aufgeopfert hatte." Die Erzählerin machte «^ne kleine Pause. Ihr Körper zuckte im mühsam verhaltenen Schmerz, doch das Herz drängte nach Er leichterung. „Wohin wir auch blickten, ein Wirrsal tat sich vor unsern Augen auf, schroffe Familien gegensätze bildeten eine Kluft, die unsre innige Liebe nur mit großer, innerer Ueberwindung zu überbrücken vermochte. Mein erster Ge danke, den ich laut zum Ausdruck brachte, war der einer Trennung, dagegen lehnte mein Verlobter sich jedoch entschieden auf. „Niemals entbinde ich Dich aus freien Stücken Deines Wortes, Blanche, niemals lasse ich mir die freien Rechte meines Her zens verkümmern!" rief er mir heftig erregt auf meinen Vorschlag zu. In aller Stille wollen wir uns vor Gottes Altar trauen lassen. Meine Mutter ist hochbetagt und wird sich später mit der Tatsache unsrer Vereinigung abfinden und uns den mütter lichen Segen nicht verweigern!" Nur zu willig ließ ich mich von seinen Wünschen bestimmen und in Gegenwart mei ner Tante, die, bezwungen von der Macht seiner Persönlichkeit und meinen inständigen Bitten, mit uns sich versöhnte, wurden wir getraut. Um uns vor geldlichen Sorgen zu schützen, behielt ich fürs erste noch meine Bühnentätigkeit bei. Mein Gatte ver längerte seinen Aufenthalt in Paris und kehrte erst nach Ablauf eines weiteren Jahres nach Deutschland zurück, um seine Kräfte im diplomatischen Leben zu betätigen. Ich blieb unter dem Schutze meiner Tante in der Heimat, die ich erst dann verlassen wollte, wenn mein Gatte das Familienzerwürfnis geschlichtet und allenthalben geebnete Wege für uns geschaffen hätte.' Anfangs verband uns ein reger Briefwechsel im Fühlen und Denken. Deine Geburt, sowie der plötzliche Todesfall meiner Tante verhinderten mich in meinem Künstlerberuf und wirkten dauernd nachteilig auf meinen Gesundheitszustand ein. Die Nachrichten Deines Vaters wurden allmählich seltener und kürzer und ließen die frühere Wärme vermissen. Zwischen den Zeilen las ich die Entfremdung, den Einfluß der heimischen Verhältnisse heraus. „Noch immer habe er nicht den Mut gesunden, seiner Mutter den wahren Sachverhalt und unsre Vermählung einzugestehen," schrieb er mir in knapper Kürze," anderseits biete seine Lebens stellung noch keinerlei Sicherheit für eine günstige Zukunft. So sehr es in seinen Wünschen läge, uns in seinen Schutz zu neh men, müsse er vorerst noch davon absehen und mich bitten, in Geduld auszuharren." Wie derum schwand ein Jahr, ohne eine Aende- rung der Verhältnisse mit sich zu bringen, Du wurdest zwei, drei Jahre alt, ohne Dei nen Vater zu sehen, ohne ein liebendes Wort von ihm zu hören. Mein Mißtrauen wurde rege. In fiebernder Ungeduld verlangte ich Aufklärung, forderte ich Anerkennung mei ner Rechte. Die Antwort blieb aus, doch als ich eines Tages von einer ermüdenden Theaterprobe heimkehrte, stand mir eine andre Ueberraschung bevor. Eine Dame, die schon lange auf mein Kommen geharrt, ließ mich durch meine Kammerfrau zu sich ins Hotel bitten. Nicht ohne innere Befangen heit gab ich der Bitte Gehör und verfügte mich in das bezeichnete Hotel, um wenige Mi nuten später — der Mutter meines Gatten gegenüberzustehen. Vom Kopf bis zum Fuß mich mit einem Blick messend, der ihren verächtlichen Widerwillen gegen meine Per son unverhllllt zeigte,sagte sieimfrostigenTon: „Trotz meines hohen Alters und meiner Abneigung gegen dieses Band habe ich Ihret willen diese weite Reise unternommen. Ich bin gekommen, Ihnen die Freiheit meines Sohnes abzukaufen und bitte Sie, den Preis zu bestimmen, der Ihnen für die unum schränkte Freiheit meines Sohnes hoch genug dünkt!" Wie ein Schlag ins Gesicht trafen mich die rücksichtslosen Worte der stolzen, gebieten- ! den Frau, welcher der Schnee des Alters auf dem Haupte lag und deren stahlfarbener, kalter Blick mit unerbittlicher Strenge auf mir ruhte. Mein Stolz bäumte sich gegen diese Sprache auf. „Madame, bevor ich Ihnen Rede stehe, muß ich um Aufklärung bitten, ob Sie aus Ihrem eigenen Ermessen oder im Auftrag meines Mannes diese beleidigende Frage an mich richten?" erwiderte ich in eisiger Ab wehr. „Im Einverständnis mit meinem Sohn stehe ich hier!" gab sie unbewegt zur Antwort. „Unvorhergesehene Ereignisse machten Her bert zum Majoratsherrn und Erben des Fa milienbesitzes. Gegen meinen ausgesprochenen Wunsch und Willen und ohne den Familien rat zu hören, schloß mein Sohn die entwür digende Mißheirat, die keinerlei Sanktion von feiten seiner Familie genießt und ihm nach unserm Hausgesetz das Erbrecht streitig machen würde. Dies zu verhindern und eine Vereinbarung mit Ihnen zu treffen, kam ich hierher. Ein sinnloses Zorngefühl erfaßte mich. „Sie haben sich umsonst bemüht, Frau Gräfin!" rief ich außer mir. „Nicht um eines Haaresbreite weiche ich von meinen Rechten ab!" „Ihre Rechte beruhen auf einer Einbil dung!" erwiderte sie mir mit kaltem Lächeln. „Mein Sohn besaß keineswegs die Berech tigung, ohne vorangegangene Zustimmung der Familie eine Ehe abzuschließen, mithin - ist ihre Ehe nicht einmal rechtskräftig vor der Welt! Bei einer Dame Ihres Berufes kommt es doch hauptsächlich nur auf eine glänzende äußere Situation an, Ihnen die zu gewäh ren, bin ich gern bereit! Fordern Sie, kein Preis ist mir zu hoch, meinem Sohn das rechtmäßige Erbe einer standesgemäßen Fa milie zu erhalten!" „Sie vergessen, Frau Gräfin, daß Sie ! mit einer rechtskräftig getrauten Frau sprechen," entgegnete ich kalt. „Ich werde - meine Ansprüche bei deutschen Gerichten an hängig machen und sehen, ob ich in Ihrem eigenen Vaterland nicht Schutz und Bei stand finde?" „Das zu thun bleibt Ihnen unbenommen," sagte sie kurz und kalt, „auch wir werden unsre Maßregeln ergreifen und sehen, auf welcher Seite der Erfolg zu suchen sei. Doch möchten Sie Ihre Schritte vorher wohl über legen, bevor Sie uns heraus fordern! Mein Sohn ist für mich tot, für alle Zeiten aus dem Buch der Lebenden gestrichen, wenn er je zu Ihnen zurückkehren sollte, seine Ehe ist nicht vorhanden für mich und für alle Zeiten treffe Sie mein" Wie von Furien gejagt, eilte ich hinaus. Ich wollte und konnte das schreckliche Wort nicht hören, das mein und meines Kindes Haupt für immer belasten sollte. Nach einer j schlaflos verbrachten Nacht schrieb ich der ! harten Frau nur wenige Worte und verstän j digte sie von meinem Entschluß, ihrem Sohn 1 die erbetene Freiheit zu bewilligen. Paris war mir verleidet. Nachdem ich meinen Kontrakt gelöst, schloß ich mich einer erstklassigen Bühnengesellschaft an, die bald hier, bald dort gastierte und enorme Erfolge erzielte. Einige Jahre teiltest Du mein un stetes Wanderleben, erst als Deine Kindlich keit darunter litt, als Du mit gereifteren, verständigeren Blicken in Deine Umgebung schautest, bat ich meinen Vater um Aufnahme und eine würdige Erziehung für Dich. Mein Bruder war unterdessen einem Sumpffieber erlegen, und da mit seinem Tode der Name der Düväls erlosch, übertrug mein Vater nach staatlicher Genehmigung den altehrwürdigen Familiennamen auf seinen einzigen Enkel. Meine Bühnenerträgnisse sicherten ihm einen anständigen Erziehungsbeitrag, den er be reitwillig annahm, ohne mir jedoch die B?