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Lofotengruppe, ja selbst im Westfjord, dem Meerestheile zwilchen den Lofoten und der Küste, einem der großartigsten Fischereigebiete Norwegens, zeigt sich der Seehund. Ein Dampfer, der einen Fischzug ausführte, hatte mit 7000 Angeln eine Ausbeute von 15 mageren Grundfischen! Es herrschen denn auch zum Theil in der Fischereibe- völkerunz verzweifelte Verhältnisse, und man erwartet, daß sich das Storthing mit der Sache beschäftigt. Die Fischer schreiben die Ursache des Mafsenauftrrtens der Seehunde der Jagd auf Walfische zu, die an den Küsten Norwegens betrieben wird und den Walfisch ausrottet, denn wo Wal fische sind, da lassen sich keine Seehunde sehen, so meint man wenigstens. Indessen gehen die Ansichten hierüber sehr auseinander. Andere meinen, das Polareis, daß in diesem Winter ungewöhnlich weit gegen die norwegische Küste vorgerückt ist, habe die Seehunde herbeigeführt. Das Wasser sei jetzt bei Norwegen sehr kalt, so daß sich der Seehund in seinem Element fühle. In weniger kaltem Wasser bekommt er Räude, Ausschlag und Wunden. Sicher ist indessen, daß die Seehunde im Weißen Meer, ihrer hauptsächlichsten Brutstätte, starkzugenommenhaben, seitdem die russische Regierung hier den norwegischen Fang- leuten, die früher im Weißen Meer Huuderttausendc von Seehunden fingen, den Betrieb verboten hat. * Eine hübsche Schnurre wird in den „Danziger N. N." erzählt: In dem Schaufenster eines Danziger Herrenartikelgeschäfts sah neulich Jemand ein Plakat, das folgende Worte enthielt: Auf Wunsch wird jeder Gegen- stand aus dem Fenster genommen. Daneben lag eine Halsbinde, grellrosa Grundfarbe mit grünen Punkten und pfaublauen Streifen. Der Mann sah sie lange an, endlich betrat er den Laden und ersuchte den Verkäufer, sie aus dem Fenster zu langen. Nach vielen Umständen und Zerstörung der Auslage wurde die Halsbinde zu Tage gefördert. »Eigentlich ein bischen auffallend," sagte der Mann. „Ja, aber sehr apart," erwiderte der Verkäufer. „Danke, Sie brauchen Sie nicht zurückzulegen." „Sehr wohl, sonst noch etwas gefällig?" und schon begann der Commis den Gegenstand in Seidenpapier einzuwickeln. „O, kaufen will ich Sie doch nicht!" rief der Mann aus. „Sie Haden doch im Schaufenster ein Plakat, das verküitdet, daß auf Wunsch jeder Gegenstand aus dem Fenster genommen wird, und da dieses scheußliche Machwerk meinen ästhetischen Geschmack beleidigte, bat ich Sie, es herauszunehmen. Guten Morgen." * Die Frauen als Wähler. Die australische Regierung hat für die bevorstehenden Wahlen die Liste von 1827000 Wählern aufgestellt, die zur Theilnahme daran berufen sind. Es handelt sich um Wähler beiderlei Geschlechts, da die Frauen nach dem neuen Gesetz zum ersten Male auf dem australischen Kontinent an der all- gemeinen Wahl theilnehmen werden. Bei der Aufstellung dieser Wählerlisten wurde nun festgestellt, daß die Frauen in den großen Städten die erdrückende Majorität haben So enthalten z. B. in Sydney die Wählerlisten 102424 Wähler gegen 122729 Wählerinnen. Ebenso verhalte» sich die Zahlen in Hobart Town, in Adelaide; in Mel- bourne ist es sogar noch schlimmer, da die Frauen eine Ueberzahl von 26000 haben. Im Bezirk Viktoria werben die Frauen gleichfalls in der Majorität sein, da man nur 307000 Wähler gegen 317000 Wählerinnen zählt. Indessen wird in der Gesammtheit der australischen Wähler die Majorität mit 973000 den Männern bleiben, gegen 854 000 Wählerinnen. Lustiges Allerlei. Der Stoiker. In dem großen Bankhaus von Löb Mischer ist ein Brief eingetroffe«, in dem ein Kunde den Principal auf's Gröblichste beschimpft. Auf vier Seiten liegen die Kraftausdrücke wie Lump, Hallunke, Beutel- chneider nur so umher. Der Commis wagt erst gar nickt, >en Brief vorzulegen. Endlich übergiebt er ihn, zitternd vor dem Wuthausbruch des Principals. Herr Mischer nimmt den Brief, liest ihn langsam durch, faltet ihn zusammen und bemerkt schmunzelnd: „Spaß, muß der Mann sich geärgert haben!" (Lustige Blätter.) 14,40 13,50 13,90 Mk. i Mk. 37—40 35-37 64-67 61 -63 32 -34 Ans. 1. Pf- 6 50 6 80 per - 50 1. 2. 3. 7 6 5 5 33-35 29-32 14,50 13,20 14,00 14,00 10 10 10 7 8 15,00 13,50 14,50 14,50 50 20 37—38 34—36 31-33 10 60 alt neu neu 11 12 30 60 9 10 9 50 Kilo 50 - 50 - 85 85 85 80 80 85 70 70 50 50 50 50 50 50 50 50 von ! 70-72 66-69 62—64 44- 47 41-43 38-40 57—60 52—54 47-49 46—47 48-49 44-45 41-43 68—72 64—67 60-63 65 - 65 - 40 - 20 - 29-31 26-28 M. 3.- - 2.— - 1.50 - 2.20 Roggen ' Roggen - do Gerste Bran do. Futter. Hafer do. Futtermehl I 63-66 57-61 54-55 36-38 32-35 28-30 58-61 61-62 57—59 53—55 55 - 40 - 60 - 63—67 60-62 54-58 M. 2.75 bis - 1.80 - - 1.20 - - 1.70 - bis 0,00, Hase 1 Stück Mk. 3,80-4,00, Gans V, Kilo Mk. 0,60 bis 0,65. Getreidepreise am 24. Januar: Ochsen: s. vollfleischige, ausgemästete, höchsten Schlachtwerthes bis zu 6 Jahren 1b. Ocsterreicher desgleichen 2. junge fleischige, nicht ausgemästete — ältere ausgem. 3. mäßig genährte junge, gut genährte ältere 4. gering genährte jeden Alters Kalben und Kühe: I. vollfleischige, ausgemästete Kalben höchsten Schlacht werthes 2. vollfleischige, ausgemästete Kühe höchsten Schlacht werthes bis zu 7 Jahren 3. ältere ausaemästete Kühe und wenig gut entwickelte jüngere Kühe und Kalben mäßig genährte Kühe und Kalben gering genährte Kühe und Kalben do. I! Robgenkleie Weizenkleie, grob Maiskörner, grob Maisschrot Heu Schüttstroh Gebundstroh Kartoffeln Unsere Dienstboten. Gnädige: „Auguste, ich ver bitte mir ein für allemal, daß Du, wenn ich Dich tadle, die Nase rümpfst oder mit den Achseln zuckst!" — Auguste: „Na nu, ich kann doch nich mit de Achseln rümpfen und mit der Nase zucken!" Anagramm. Durch Umstellen der Buchstaben bilde man aus: Erna und Bai — eine große Halbinsel. Regen und Brust — sagenreicher Berg der Salzburger Alpen. Asse und Rum — einen berühmten Humanisten. Saal und Brei — einen französischen Satiriker. Elbe und Schatz — einen Vogel. Lina und Poet — einen Wiederkäuer. Grube und Chor — eine Stadt in Frankreich. Tiber und Reh — einen männlichen Vornamen. Die Anfangsbuchstaben der gefundenen Wörter (von oben nach gelesen) nennen einen deutschen Romanschriftsteller. Auflösung folgt in nächster Nummer. Auflösung des Räthsels aus voriger Nr.: V^ildenbruck, Indien, llinde, Dundee, Lider, blubien, Herlin, lllekelieu, Undine, Skile, Üaubenlercke. Nsfsener Lrsöuktenbsrse am 23. Januar 1903. Kilo M. Pf. bis M. Austrieb: 16 Rinder (und zwar — Ochsen, 7 Kalben und Kühe, 9 Bullen), 1126 Kälber, 120 Stück Schafvieh, 1385 Schweine, zusammen 2647 Thiere. Geschäftsgang: Bei Kälbern und Schweinen langsam. feinste Mast- (Bollmilchmast) und beste Saugkälber 2. mittlere Mast- und gute Saugkälber 3. geringe Saugkälber 4. ältere gering genährte (Fresser) Schlachtviehpretse auf dem Dresdner Viehmarkte am 22. Januar 1903. Marktpreise für 50 KZ in Mark. 4. 5. Bullen: vollfleischige höchsten Schlachtwerthes mäßig genährte jüngere und gut genährte ältere gering genährte Kälber: 60 - 12 25 - 12 Königliches Schauspielhaus. Dienstag, 27. Januar. Neu einstudirt: Die Hermannschlacht. 1/28 Uhr. Mittwoch, 28. Januar. Maria Magdalene. Ans. V-8 Uhr. Donnerstag, 29. Januar. Don Carlos. Ans. V?? Uhr. Freitag, 30. Januar. Monna Vanna. Auf. ^28 Uhr. Sonnabend, 31. Januar. Krach. Ans. 1/28 Uhr. Sonntag, 1. Februar. Nachm. 3 Uhr: Aschenbrödel. Abends ^8 Uhr: Monna Vanna. Weizen hiesiger braun alt - - - neu - - - neu per 100 Kilogramm geringe Qualität mittlere Qualität gute Qualität, niedrigst, höchst, niedrigst, höchst, niedrigst, höchst. Weizen neu— — 14,20 Roggen neu — Gerste Hafer, neu 36-39 67-69 ^168-71 Markt-Bericht. Produktenmarkt. Dresden, 23. Januar. Amtliche Notirungen der Produktenbörse. Weizen, pro 1000 netto: Weißer, neuer, 152—162, brauner 75—78 Kg. 000—000, brauner, neuer, 75—78 Kg. 150—156, russ. roth 170—178, amerikanischer Spring, aiter 000 bis OM, do. Kansas 173—177, do. weißer 177—180. Roggen, Pro 1000 Kg. netto: sächsischer, neuer 72—74 Kg. 136—140, do. neuer 69—71 Kg. 130—134, Preuß.. 142—147, russischer 144—150. Gerste, pro IMO Kg. netto: sächs. 140—150 schieß und Posener 145—160, böhm. und mähr. 160—180, Futtergerste 130—140. Hafer, pro 1000 Kg. netto: inländ. 142—150, schwedischer 144—152, russischer 142—148. Mais, pro 1000 Kg. netto: Cinquantine alter, 000—000, do. 145—150, rumänischer neuer, 127—-132, La Plata gelb 137—140 amerika nischer Mired 145—151. Erbsen, Pro 1000 Kg. netto Futterwaare 165—170. Wicken, Pro 1000 Kg. netto: 150—160. Buchweizen, pro 1000 Kg. netto: inländischer und fremder 148—155. Oelsaaten, Pro 1M0 Kg. netto: Winterraps, sächsischer 175—200. Leinsaat, pro 1000 Kg. netto: feinste, besatzfreie 255 —265, seine 240—255, mittlere 230—240, La Plata 230—235, Bombay 265—270, Rüböl, pro 100 Kg. netto: (mit Faß, rasfin. 54,—. Rapskuchen, Pro 100 Kg: lange 11,00, runde 11,50. Leinkuchen Pro IM Kg. I. Qualität 17,00,11. Qualität 16,00. Malz, pro IM Kg. netto lohne Sack): 25—29. Weizenmehl, pro 100 Kg. netto, ohne Sack (Dresdner Marken): exkl. der städtischen Abgabe: Kaiserauszug 29,00—29,50, Grieslerauszug 27,00—27,50, Semmelmehl 26,00—26,50, Bäckermundmehl 24,50—25,00, Grieslcrmundmehl 20,00—20,50, Pohl- mehl 16,00—16,50, Roggenmehl pro IM Kg. netto ohne Sack (Dresdner Marken), erklusive der städtischen Abgabe: Nr. 0 23,00—23,50, Nr. 0,1 22,00—22,50, Nr. 1 21,00—21,50, Nr. 2 20,00—21,00, Nr. 3 15,50-16,50, Futtermehl 12,60 bis 13,00. Weizenkleie, Pro 100 Kg. netto, ohne Sack, (Dresdner Marken) grobe 9,40—9,60, seine 9,20—9,40. Roggenkleie, pro 100 Kg. netto, ohne Sack (Dresdner Marken); 10,40—10,60. (Feinste Waarc über Notiz.) (Die für Artikel pro 100 Kg. notirten Preise verstehen sich sür Geschäfte unter 5060 Kg. Alle anderen Notirungen, einschließlich der Notiz sür Malz, gelten sür Gesch äste von mindestens 10000 Kg. Aus dem Markte: Kartoffeln (5V Kg.) 2,40—2,60 Mk. Butter (Kg.) 2,50-2,60 Mk. Heu (50 Kg.) 3,00-3,50 Mk. Stroh (Schock) 28-33 Mk. Meißen, 24. Januar. Butter 1 Kilo Mk. 1,92 bis 2,20, Ferkel (86) 1 St. von Mk. 9,00 -17,00, Huhn, jung, 1 Stück Mk. 0,00-0,00, Huhn, alt, 1 Stück Mk 2,00—0,00, Tauben 1 Paar Mk. 1,00 b. z. a. Mk. 0,80, Eute 1 Stück Nik. 3,00—3,50, Rebhuhn IStückMk. 0,00 bisO.OO, Truthahn V2 Ko. Mk. 0,90, Kaninchen 1 Stück Mk. 0,70 Schase: I. Mastlämmer 2. Mgere Masthammel 3. Aeltere Masthammel 4. mäßig genährte Hammel und Schafe (Merzschase) Schweine I. a) vollfleischige der feineren Rassen und deren Kreuz ungen im Alter bis zu I'/. Jahren 1. b) Fettjchweine 2. fleischige 3. gering entwickelte, sowie Sauen 4. Ausländische S>chll-Mplm der Imker Water Königliches Opernhaus. Dienstag, 27. Jan. Rübezahl. Ans. */,8 Uhr. , Mittwoch, 28. Jan. Mikado. Ans. -/-8 Uhr. Donnerstag, 29. Januar. Tosca. Ans. V28 Uhr. Freitag, 23. Januar. V. Sinjonie-Konzert. Serie 7^.. Ans. 7 Uhr. Sonnabend, 31. Januar. Alla. Ans. ^28 Uhr. Sonntag, 1. Februar. Die Meistersinger. Ans. 6 Uhr. Thiergattung und Bezeichnung. s Lebend- ! Schlacht- Gel oicht Mtome. 86 Roman von h. v. Zchreibersftofrn. „Sie haben sie geliebt!" sagte Felsacb lei'e, indem er Erich? leuchtende Augen und sein in Begeisterung erglühendes Antlitz betrachtete. „Ich liebe sie noch und werde nie ausbören, sie zu lieben." Ohne ein sernereS Wort verließ Erich das Hau?. Nuten auf der Straße blieb er stehen und sah mit seuchtglänzeudeu Augen zum Himmel empor. „Noch verstehe ich es nicht, aber das weiß ich, sie haben Dich gequält und geängstigt, mein süßes Lieb. Wehe Allen, die dabei geholfen haben!" 7. Capitel. Waldburg fühlte sich nicht im stände, Sievert in den nächsten Tagen zu begegnen. Die Erinnerung an Ingeborg, die Sehnsucht, der Wunsch, sie auszuiuchen, stiegen wieder übermächtig in ihm empor. Er mußte Sievert vermeiden, nicht sehen, wollte er sein Versprechen, nicht wieder nach Inge borgs, Aufenthalt zu fragen, halten. Und dann kam es ihm auf einmal unglaublich und unnatürlich vor, sein brennendes Verlangen zu unterdrücken. Seit so langer Zeit war ihm die Möglichkeit gegeben, wenigstens über sie sprechen zu können, und er hatte sein Herz unterjocht, sich gezwungen, ihren Namen nicht zu nennen. Weil es ihr Wille so war! ... Er hatte sich ihrem Willen fügen müßen, aber ganz plötzlich brach die stürmische Leidenschaft wieder durch, er batte die Gewalt über sich eingebüßt. Die Jahre, seit er sie verloren, erschienen lhm ein Traum, unsaßlich die Rube, in der er dahingelebt. Tage vergingen, ehe er die Herrschaft über sich wieder er rungen; aber hätte er gezweifelt, jetzt wußte er ganz felsenfest, er konnte Ingeborg nie vergessen. Und daun kam ein Anstoß von außen, der ihn zwang, Sievert aufzusuchew - , Auf dem Wege zu ihm fiel es Erich erst auf, daß sich Sievert während der ganzen Zeit nicht bei ihm hatte sehen laßen. Er hatte ihn vergeßen gehabt und entsann sich jetzt erst seines gedrückten, verstörten Wesens und seines ungewöhnlich innigen, herzbewegenden Gesanges. So hatte Ingeborg ge- 'ungen, aber was hatte Sievert dieselbe schmerzliche Klage in den Mund gelegt? Ericks Selbstvorwürfe wurden noch lebhafter, als er Sievert krank im Bette sand. „Eine Erkältung, weiter nichts." Aber Sievert sagte nicht, daß er sie sich geholt, als er heiß und erregt in der scharfen Nachtlicht vor Melanies Fenster gestanden und mit brennen den Augen und tiefeni Weh im Herzen hinausgeblickt hatte. Der fallende Regen schreckte ihn endlich aus seinen schmerz lichen Träumen aus, durchnäßt kehrte er heim und bezahlte diese sentimentale Schwärmerei mit einem heftigen Fieberansall. Er sagte nichts, doch Erichs Fragen waren so geschickt gestellt, daß er sehr bald Bescheid wußte. Noch während ihres Gesprächs, das sich nur um Sieverts Erkrankung bisher gedreht hatte, wurden aus dem kleinen Vor- saale Stimmen laut, die Erichs Aufmerksamkeit in hohem Grade seffelten. Er warf einen prüfenden, scharfen Blick auf Sievert, der aber nichts gehört zu haben schien. „Verzeihe, wenn ich einmal nachsehe, man scheint mich zu suchen", sagte er hastig und eilte hinaus, wo er sich zu seinem ungemeßenen Erstaunen vor Melanie sand, die heftig aus die alte Frau einsprach, die Sieverts Zimmer für gewöhnlich besorgte und ihr die Thür geöffnet hatte. „Was in aller Welt fällt Dir ein, hierher zu kommen?" rief Erich aus. „Du weißt doch sonst den äußeren Anstand zu wahren und kennst den Werth, den der Hofmarschall auf Beobachtung der Formen legt." Aber während er sprach, be schlich ihn eine entsetzliche Ängst, ob zwischen ihr und Sievert doch vielleicht nähere Beziehungen bestehen könnten, ob sie sich versöhnt, ja, ob Melanie schon erfahren, was ihn jetzt erst hierher geführt. .... . Mit einer Ausgereaiheit, die es ganz begreislich machte daß die alte Frau Waldburg mit heimlichem Kopfschüttel, und einer bezeichnenden Geberde nach der Stirn ansah, rie Melanie: „Das ist mir ganz einerlei! Ich will mich selbst überzeugen, ob sie noch hier oder schon mit ihm weg ist. Es ist ein abgekartetes Spiel, aber ich leide es nicht, ich will hinein, ich — ich —" Ihre Stimme erstickte fast, sie schob Erich zurück und streckte die Hand schon nach der nächsten Thür aus, die in Sieverts Schlafzimmer führte. „Bist Du wahnsinnig?" fragte Erich, faßte sie am Arin und zog sie mit sich in Sieverts Atelier." „Willst Du mir jetzt erklären, was das zu bedeuten hat, und mit welchem Rechte Du hier eindringst? Es ist ja geradezu unerhört, daß eine Dame wie Du —" „Unerhört, daß eine Dame wie Antonie", unterbrach sie ihn heftig. „Versuche nicht, mich zu betrügen oder aufzuhalten, ich weiß alles, es hilft Dir nichts. Sie haben auf Deine Unterstützung gerechnet, Du hast ja immer das Verhältniß gebilligt, Deine Freude daran gehabt. O, was soll nun aus mir werden, was soll ich dem Hofmarschall sagen, wie mich entschuldigen!" Sie schleuderte zornig eine Thräne weg, die über ihre Wange rann. „Deine Liebe zu ihm hat Dich für alles blind gemacht, Du hast nicht einmal ein Gefühl für den Skandal —" „Ich verstehe kein Wort von allem, was Du vorbringst", sagte Erich, „ich möchte, Du beschränktest Dich auf Thatsachen. Wen suchst Du hier, was willst Du und was hat Antonie damit zu thun; denn Du nanntest vorhin ihren Namen." Erst jetzt siel ihm Melanies nachlässiger Anzug auf, die unge ordneten Haare. Sie hatte sich nicht die Zeit genommen, sich wie sonst sorgfältig anzukleiden, und Erich sah deutlich die Spuren des Alters auf ihren Zügen. Melanie stampjte mit dem Fuße auf. „Du versuchst Zeit zu gewinnen, ich durchschaue Dich."