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Giärkeverhättniffe der Landiage. Wesentliche Verschiebungen. Eine Anzahl von einzelstaatlichen Landtagen ist ebenfalls am 6. Juni neugewählt worden, wobei natürlich ähnliche Verschiebungen der Stärkeverhältnisse wie bet der Reichstags wahl erfolgten. In Bayern wurde folgendes Ergebnis gezeitigt: Für die Kreise Oberbayern, Niederbayern, Pfalz, Oberpfalz, Ober franken, Mittelfranken, Unterfranken und Schwaben waren gezählt für die S. P. D. 301265, U. S. P. D. 246 215, für die K. P. D. 42161, bayerische Bolkspartei 839 962, Deutschdemokratische Partei 145 200, bayerischen Bauernbund 163 439, Mittelpartei und die Deutsche Volkspartei zusammen 207 583. Die bayerische Volkspartei allein zählt bedeutend mehr Stimmen wie die drei sozialistischen Parteien zu sammen. Was Württemberg anbetrifft, so gestaltet sich die Zu sammensetzung des neuen Landtags wie folgt: Die Sozialisten erhalten 10 Kreis- und 7 Landesabgeordnete, die Unab hängigen 8 Kreis- und 6 Landesabgeordnete, die Bürger- partei 6 und 4, der Bauernbund 12 und 6, die Deutsche Volkspartei 2 und 2, die Demokraten 9 und 6, das Zentrum 18 und 5, die Kommunisten gehen leer aus. Die bisherigen Koalitionsparteien verfügen soE über 55 Sitze (früher 121), die bisherigen Oppositionspartei über 46 Sitze (früher 29). Die alten Führer befinden sich unter den Wiedergewählten. Der Oldenburger Landtag hat nachstehende Zusammen setzung erfahren: Deutschnationale 1 (1), Deutsche Volkspartei 11 (5), Zentrum 9 (10). Demokraten 7 (13), Sozialdemo kraten 9 (12), Unabhängige 5 (2), Landbund 1 (0). Bei den Wahlen zum Anhaltischen Landtage erhielten Mehrheitssozialdemokraten 13, Unabhängige 6, Demokraten 6, Deutschnationale 6, Volksparteller 5 Sitze. Es verlieren Mehrheitssozialdemokraten 9, Demokraten 6: gewinnen Un abhängige 5, Deutschnationale 4, Volksparteller 5 Sitze. PELsche Rundschau. Deutsches Reich. 4- Kein Vorschutz für Tnmultschäden. Die Reich?» regierung hat die Zahlung von Vorschüssen für Tumult» schäden vorläufig abgelehnt und die Interessenten an die Gemeinden verwiesen, die in dringenden Fällen Vorschüsse leisten können. Die Zahlung der Schäden erfolgt erst nach Prüfung der Verhältnisse durch die vorgesehenen Spruch' kammern. 4- Neue indirekte Steuern zum Zwecke der Auf bringung der Mittel für die Wiedergutmachung von Kriegsschäde» im Auslande plant die Reichsfinanzoer- waltung. Die Mittel aus der großen Vermögensabgabe decken kaum 25 °/° der zu erwartenden Ausgaben für diesen Zweck. Der neue Reichstag wird bald mit diesen Problemen befaßt werden, sobald die Ergebnisse von Spaa feststehsn. 4- Die Eisenbahner befördern keine Ententetruppen. Angesichts der Bemühungen der französischen Regierung durch Entsendung schwarzer französischer Truppen auf deutschen Eisenbahnen, um den von den Russen bedrängten Polen zu Hilfe zu kommen, hat die Leitung der Gewerk schaft deutscher Eisenbahner und Staatsbcdienstetcr be schlossen, ihren Mitgliedern die glatte Verweigermm von Diensten zur Beförderung von Entenielruppen für Polen gegen Rußland zu befehlen. » Die Frontbundsbewegung ist, wie amtlich erklärt wird, von den zuständigen Regierungsstellen seit dem Be stehen scharf überwacht worden. Auf Gmnd amtlich einge zogenen Materials wurde gegen den ehemaligen Hauptmann v. Pfeffer, der in der Frontbundsbewegung rührig tätig war, vom Regierungskommtssar ein Schutzhaftbefehl erlassen. Die rege Propagandatätigkeit Pfeffers und seine hiermit im Zusammenhang stehenden häufigen Reisen verzögerten ein schnelles Zufaffen. Der Versuch, ihn zu verhaften, schlug fehl, weil er durch besondere Umstände begünstigt und durch die bewaffnete Begleitung unterftützt, die Flucht ergreifen konnte. Es wird nach ihm gefahndet. Außerdem sind die Akten dem zuständigen Staatsanwalt zur strafrechtlichen Verfolgung ausgehändigt worden. * Höhere Gebühren für ausländische Studenten Der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung ba. Vie «iMe Kümmel. 17j Roman von Erich Friesen. Ais ore vrer an oer letzten yune von Bupser- Goldfeld vorbeiritten, wurden sie von sämtlichen „Jun gens" umringt, die, teils zu Pferd, teils zu Fuß, der wilden Hummel das Geleit geben wollen. Hochrufe durchdröhnen die klare Morgenluft. Im provisierte Musik auf der Ziehharmonika, der Holzslöte und dem Dudelsack erschallt. Und rauher Gesang. Als die Sonne zu steigen beginnt, hält die wilde Hummel ihr Pferdchen Bill an. Sie will sprechen. Unmöglich. Etwas, das stärker ist, als sie, schnürt ihr die Kehle zu wie mit würgendem Griff. Nur mit der Hand winkt sie ringsum und schluchzt! „Lebt wohl, Jungens! Lebt wohl!" »Leb' wohl, Sonnenscheinchen! Vergiß nicht die Jungens von Büffel-Goldfeld!" brüM cs hinter ihr her, und manche schwielige Faust fährt sich über die Augen. Justizrat Mertens, der sich der Vorsicht halber stets möglichst nahe dem Polizisten hielt, atmet erleich tert auf, als endlich hinter ihm Musik, Gesang und Ge brüll in ferner Wüsteneinsamkeit verhallen. Tie „wilde Hummel von Büffel-Goldfeld" aber sprengt an Karl Heinzius' Seite, der sie bis Kapstadt begleiten will, in rasendem Galopp über den Wüsten sand Sie weiß: eine neue Periode ihres jungen Lebens beginnt, und ihr froher Kindersinn läßt sie hoffnungs freudig in die Zukunft blicken. 7. An einem regnerischen, feuchtkalten, nordischen Herbsttage ist es. Einförmig plätschern große Tropfen vom wolken- veryangenen Himmel hernieder aus das Häusermeer der deutschen Reichshauptstadt, auf die daherfegenden Stra ßenbahnwagen und Autos, auf die ameisenartig durch einander wimmelnden Menschen. Unter den hohen kahlen Kiefern des Grunewaldrs sieht es fast noch trostloser aus. Alles grau in grau. Wie verschlafene Dornröschen erscheinen die einzelnen, ms dem Dunkel hervorlugenden Billen, hinter deren verfügt, daß ausländische Studierende alle Gebühren nach den für Inländer geltenden Sätzen in Gold zu zahlen haben. Bei Zahlung in Papiergeld erhöhen sich alle Gebühren also beträchtlich. * Eine neue deutsche Schiffsnote. In der Frage der Auslieferung der deutschen Handelsschiffe hat die Regierung bekanntlich wiederholt Vorstellungen wegen Belassung des für Deutschland unbedingt erforderlichen Schiffsraumes nach Paris gerichtet. Wie verlautet, ist am 4. Juni eine neue Note der deutschen Regierung in dieser Angelegenheit an die Reparationskommission abgegangen. Sie wird voraus sichtlich jetzt veröffentlicht werden. 4- Kriegsausbruch 1814 und Generalstreik. Eine Berliner Zeitung hatte kürzlich die Behauptung aufgestellt, daß der Reichskanzler Müller im Juli 1914 mit dem Abge ordneten Haase nach Paris gegangen sei und dort erklärt habe, die deutsche Sozialdemokratie werde einen Krieg nicht zulassen, sondern ihn durch Generalstreik verhindern. Dem gegenüber ist festzustellen, daß der Abgeordnete Haase im Juli 1914 überhaupt nicht in Paris war. Reichskanzler Müller hat bei seinem Besuch im Juli 1914 in Paris ent sprechend der Haltung, die die deutsche Sozialdemokratie stets eingenommen hat, keinen Zweifel darüber gelassen, daß im Falle des Kriegsausbruchs für Deutschland ein General streik nicht in Frage käme. Österreich. X Zwischen Habsburg und Wittelsbach. Die Wiener Arbeiierzeilung befaßt sich in einem „Zwischen Habsburg und Wittelsbach" überschriebenen Leitartikel mit der angeblich re aktionären Bewegung in der christlich-sozialen Partei. Eine Strömung sei für die Donauföderation, enge Verbindung mit Ungarn und die Wiederkehr der Habsburger und stehe unter Englands Schutz. Die andere Richtung sei wiüels- bachisch, habe ihren Sitz vornehmlich in Tirol, stehe mit Heim in München in Verbindung und habe die Losreißung Bayerns vom Reiche und die Vereinigung mit Deutsch- Osterreich zu einem neuen Rheinbund unter französischem Protektorat zum Ziel. Die Bemühungen des französischen Kapitäns Epine in Salzburg zeigten, wie dreist diese Pläne sich schon ans Tageslicht wagten. Persien. X Die Bolschrwistengefahr. Die neuesten Meldungen besagen, die Lage in Persien sei sehr verwickelt. Zwar habe der Schah vor einigen Tagen seinen Einzug in Teheran hallen können, aber die bolschewistische Bewegung dehne sich überall aus. Die englischen Truppen wurden gezwungen, Retscht zu räumen, während im Nordwesten an der Grenze von Turkestan bolschewistische Banden in das Land einge fallen sind. Persien werde sowohl von Nordwesten wie von Nordosten bedroht. ItSlVLgM. X Hohe Vermögenssteuern. Das norwegische Finanz ministerium hat eine Vorlage über eine stark steigende Be steuerung auf Vermögen über 200 000 Kronen ausgearbeitet, von der man binnen fünf Jahren einen Ertrag von 500 Mil lionen Kronen erwartet. Für große Vermögen erhält die Steuer fast den Charakter einer Konfiskation. Der Ertrag der Steuern soll hauptsächlich für Eisenbahnen und Wasser- krastanlagen verwendet werden. Amerika. x Amerikanischer Anspruch auf die Seeherrschaft. Der bekannte Stahlkönig Schwab erklärte, daß das wirk samste Mittel, um den Frieden der Welt zu sichern, sei, den Vereinigten Staaten die Herrschaft über die Meere zu geben. Er fordert Schlachtschiffe von 300 Meter Länge und einer Wasserverdrängung von 60 000 Tonnen, ausgerüstet mit 12 Geschützen zu 400 Millimetern und einer Geschwindigkeit von 15 Kilometern mehr als jener der „Lusitania", die den Geschwindigkeitsrekord für die Durchquerung des Ozeans Halle. Solche Schiffe sollen 50 Millionen Dollar kosten und nur Amerika könnte es sich leisten, solche Schiffe zu bestellen. Nah und Fern. o Beeren- und Pilzsammslfchcine. In Rücksicht auf die hohen Lebensmittelpreise und die Bedeutung, die die Zu führung der Beeren und Pilze des Waldes für die allge meine Ernährung besitzt, hat der vreußiicke Landwirtschafts- Fenstern ab und zu elektrisches Licht aufblitzt und etwas Leben in die öde Landschaft bringt. Ein kleines blaues Auto rattert den Kurfürsten- oamm entlang, jagt über die große Brücke, biegt in die Hubertus-Allee ein und schwenkt dann mit scharfem Bogen in die Bismarck-Allee ab. Jetzt ein Hupensignal — das Auto hält vor dem qutzeisernen Tor einer architektonisch besonders schönen Villa. Ein Diener eilt heraus, öffnet das Tor und hilft mit tiefer Verbeugung einem kleinen, etwas korpulenten älteren Herrn und einer jungen schlanken Dame in ein fachem dunkelblauem Reisekleid beim Aussteigen. »Ast Ihre Exzellenz zu sprechen?" fragt der Herr kurz. „Sehr wohl. Herr Justizrat. Ihre Exzellenz er warten die Herrschaften in ihrem Boudoir." Und eilfertig geleitet er den Herrn und seine junge Begleiterin durch den schmalen Vorgarten, die teppich- belegte Treppe hinauf, nach dem ersten Stockwerk. An einer goldverzierten Flügeltür klopft er l-ise an. „Herein!" ertönt von drinnen eine hohe, dünne Frauenstimme. Ter Justizrat und seine Begleiterin treten ein. Geräuschlos schließt sich die Tür wieder hinter ihnen. Aus rotverhangcnen Ampeln überflutet magisches Dämmerlicht'den ganzen, mit rosa Seide ausgeschlage» nen kosigen Raum und wirst rosige Reflexe auf die auf fallend kleine zierliche Frauengestalt, die dort in müder Haltung auf dem mit Persischen Decken belegten Divan ruht und bei dem Eintritt der beiden kaum den fein frisierten Kopf hebt Erst als de" Advokat leise zu hüsteln beginnt, blickt sie aus. „Ah! Herr Justizrat! Endlich!" »Je. Exzellenz! Endlich!" erwidert Juflizrat Mer tens seufzend. „Es war ein schweres Stück Arbeit!" Ihre Exzellenz, die Frau Klothilde von und zu Lüttinghausen erhebt sich lässig und geht mit gleiten dem Schritt den beiden entgegen. „Ties also ist Liane Arevallo. die Töchter meiner unvergeßlichen Freundin?" »Zu dienen, Exzellenz. Ties ist Fräulein Liane Minister bestimmt, den Kriegsfad von 5 Pfennig für den Sammelschein auch für das Jahr 1920 in Gültigkeit zu lassen. o Ein Einsteininstitnt in Berlin. Der Geschäfts- führende Ausschuß des Berliner Bürgerrats hat einstimmig beschlossen, für ein Einsteininstitut an der Berliner Universität oder für wissenschaftliche Zwecke des Gelehrten als ersten Grundstock 10 000 Mark zu stiften. 0 Reverenz der britischen Fahne! In dem Blatte der englischen Besatzung in Köln liest man: Nach der Parade am 5. Juni (Geburtstag des Königs von England) auf dem Platz vor dem Dom, von wo verschiedene Regimenter durch die Hauptstraßen in die Kasernen zurückmarschierten, fanden sich viele deutsche Bürger plötzlich ohne Kopfzier. Eine ArtFlanken- wache war zu beiden Seiten der marschierenden Regimenter gebildet worden, und manchem, der den Regimentsfahnev nicht die schuldige Hochachtung erwies, begegnete es, daß ihm der Hut abgeschlagen wurde. 0 Eine Bank in Schwierigkeiten. Die Bank in Stol berg ist in Schwierigkellen geraten, da sie durch betrügerische Machenschaften eines Kunden in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Soweit verlautet, handelt es sich um Millionen kredite, die einem in Holland weilenden Deutschen gewährt worden sind. Die Bank wurde einstweilen geschlossen, was in Stolberger Publikum große Ausregung hervorrief. Es soll eine Hilfsaktion großer Banken eingeleitet worden sein. s Geheimnisvolles aus Schlotz Doorn. Nach eng« lischen Blättermeldungen soll die frühere deutsche Kaiserin nach der Übersiedelung nach Schloß Doorn wieder ernstlich erkrankt sein. Mit dieser Erkrankung sollen verschiedene noch unaufgeklärte Umstände im Zusammenhang stehen. Es habe ein Flugzeug unbekannter Herkunft Haus Doorn überflogen. Tags darauf seien am Schloßtor zwei verdächtige Personen festgenommen worden. Seitdem werde das Haus von holländischen Polizisten streng überwacht, und der frühere Kaiser dürfe das Schloß nur noch mit Erlaubnis des Führers der Pottzeitruppe verlassen. s Zeitungen unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Die Moskauer Presse gibt bekannt, daß die bolschewistischen Zellungen vom Monat Juni ab wegen Mangels an Papier und Druckschwärze nur noch an offizielle SowjetinstUutionen versandt werden, O Der Höhepunkt der Fischzufuhre«. Im Monat Mai find auf den Hamburger und Kuxhavener Fischmärkten wieder außergewöhnlich große Mengen von Seefischen an geliefert worden. Die letzte Maiwoche brachte den Höhe punkt aller bisher im Seestschfang überhaupt erreichten Wochcnfänge, nämlich über drei Millionen Pfund! Die großen Fischzufuhren haben die Wiedereinführung der Fisch- auktionen in Hamburg, Kuxhaven und Geestemünde veran laßt, aber trotzdem die Fische geradezu in Unmengen heran kommen, sind die Preise auf den Auktionen im allgemeinen nur wenig gesunken, sie sind zum Teil sogar höher als die bisherigen Preise! o Bis 3SV °/o Lnstbarkeitssteuer in Leipzig. Der Rat der Stadt Leipzig beschloß eine Erhöhung der Karten- und Lustbarkeitssteuer allgemein um 100 °/o, für Radwettfahrten um 200 °/o und für Pferderennen um 300 o Ehrensold für einen Dichter. Dem plattdeutschen Dichter Hermann Boßdorf ist vom Hamburger Senat ein Ehrensold von 3000 Mark gewährt werden. Das ist nach Gustav Falke und Detlev v. Liliencron das drittemal, daß der Hamburger Senat heimische Dichter ehrt o Das Waffenlager des Werkzeugmachers. Bei dem Werkzeugmacher Wolf in Heinrichs bei Suhl wurden aufge funden: Acht Jnfanteriegewehre mit zahlreichen Ersatzteilen. 50 Handgranaten, zwei Maschinengewehre mit zahlreichen Ersatzteilen. 25 Maschinengewehrkästen mit je einem gefüllten Gurt zu 250 Patronen, zwei größere Kästen mit je 500 Pa tronen, zwei Kästen mit unvollständig gefüllten Gurten, eine Leuchtpistole, 12 000 Schuß Jnfanteriemunition, ein Feld telephonapparat usw. Für einen Privaimann ein bißchen viel Waffen! s Versteigerung der Metzer Kaiserdenkmäler. Der Gemeinderat von Metz hat beschlossen, die Überreste der Denkmäler Kaiser Wilhelms I. und Kaiser Friedrichs m., die nach dem Waffenstillstand von der Bevölkerung umge worfen wurden, öffentlich zu versteigern. Die Überreste stellen eine Bronzemasse von 6000 Kilogramm dar. Arevallo, die Enkelin des berühmten Finanzgenles uno Konsuls Eduard Winterstein." „So —? Wirklich —" Voll höchsten Erstaunens blickt Gräfin Klothilde von und zu Lüttinghausen an der hochgewachsenen, schlanken Mädchengestalt mit dem kecken, frischen Ge sicht und den großen, schwarzen Augen empor, während die wilde Hummel nicht minder verwundert das fast lächerlich zierliche Persönchen betrachtet, das ihr kaum bis zum Kinn reicht, — eine reine Puppenfigur mit schmalen Schultern und einer beängstigend dünnen Wes pentaille, der das blaßrosa Atlasgewand, die winzigen Hände, das jugendlich frisierte, aschblonde Haar und die merkwürdig rosige Gesichtsfarbe, die sich bis auf die Oehrchen erstreckt, etwas Kindliches verleihe Einige Sekunden gucken dis beiden Augenpaare ein ander mit einem fast verblüfften Ausdruck an. Tann reck: sich ihre Exzellenz, die Frau Gräfin Klothilde von und zu Lüttinghausen, auf den rosa bekleideten Fußspitzen in die Höhe. „Laß Tich küssen, liebes Kind! Und sei willkom men in der Heimat!" Gehorsam, wenn auch ein wenig widerwillig, beugt sich Hummelchen nieder, und die schmalen, auffallend roten Lippen der kleinen Dame berühren für eine Se kunde ihre Stirn. „Ehe Tu mir irgend etwas erzählst —" fährt Ihre Exzellenz, bevor das Mädchen überhaupt den Mund aufgetan hat, immer mit derselben hohen Fistelstimme, fort — „ehe Du mir irgend etwas erzählst, ruhe Dich aus! Tu mußt ja entsetzlich angegriffen und abgemat tet sein nach der langen, langen Reise und besonders dec schrecklichen Seefahrt!" „Ich bin nie angegriffen,' erwidert die wilde Hum mel, und ihre frische klare Stimme haM wie eine Glocke durch den mit Nippes überladenen, stark parfümier ten Raum. ,Ach — ? Nicht möglich! Tu mußt angegriffen sein Tu wirst es nur nicht merken. Geh' in mein An kleidezimmer nebenan und lege Tich ab! Meine Zofe wird Dir helfen. Zum Tee lasse ich Dich rufen!" Schweigend begibt sich die wilde Hummel, unter Führung der rasch herbeigeläutcteu Kammerzofe, in das bezeichnete Kabinett, während die runden, wasser blauen Armen 5A>rer Exzellenz ibr erstaunt folgen.