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Wilsdruffer Tageblatt : 21.11.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-11-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192011213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19201121
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19201121
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-11
- Tag 1920-11-21
-
Monat
1920-11
-
Jahr
1920
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 21.11.1920
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4- Die Auseinandersetzung zwischen der Krone und Preußen gilt vorläufig als gescheitert, wenn auch der Rechtsausschuh des Parlaments seine Beratungen fortsetzen will. Bei der Linken herrscht die Tendenz vor, die Vorlage zu verschleppen. ES wird also Sache des neuen Landtages sein, endgültig zu dieser Frage Stellung zu nehmen. 4- Das erste Volksbegehren in Deutschland. Nach dem die erforderliche Zahl von Unterschriften zur Einleitung eines Volksbegehrens für Gemetndeneuwahlen in München zusammen gestellt ist, ist als Termin für das Volksbegehren der 12. Dezember angesetzt worden. Wenn die erforderliche Zahl von 200 000 Stimmen erreicht ist, so kommt als Wahltag der 16. Januar 1921 in Betracht. Damit tritt zum ersten Male die in den neuen deutschen Verfassungen vorgesehene Einrichtung des Volksbegehrens praktisch in die Erscheinung. 4- Flurschutzverbände in Anhalt. Nachdem der Forde, rung der Verbandsmächte entsprechend die Einwohnerwehren auch in Anhalt aufgelöst find, veröffentlicht der Staatsrat von Anhalt eine Verordnung, die den Bewohnern Anhalts gestattet, zum Schutz deS Lebens und Eigentums der Ein wohner sich zu Heim- und Flurschutzoerbänden zusammen- ruschlieben. Die BUdung der Verbände erfolgt ohne Mit wirkung der Behörden. Alle Schichten der Bevölkerung sind zugelaffen. Jede parteipolitische Betätigung ist aus- «uschlteben. Als Waffen sind nur solche zulässig, die nicht als Mtlttärwaffen anzusehen sind. Eine Entschädigung findet nicht statt. 4- Abzug der Ententetruppen aus Danzig. Der Botschafterrat hat beschlossen, daß die französischen und di« britischen Truppen binnen kurzem Danzig zu verlaffen haben. Eta englisch-franzöfisch-ttalienischer Ausschuß wird ernannt werden, um die Verteilung der deutschen Handelsgüter -wischen Danzig und Polen gemäß dem FriedenSoeotrag durchzuführen. Deutsch-Österreich. X Entente und Scheibenschießen in Tirol. Amtlich wird milgeteilt, daß die Interalliierte Heereskontrollkom- mifston Wrzlich dem Bundesministerium für Laßeres mit- Eilte, daß die technische Form deS in Innsbruck beginnenden Scheibenschießens in gewissem Widerspruche zu Artikel 133 Ne» Frtebensoertrages von St. Germain stehe. Das Mini- Oerium deS Äußern hat daraufhin die zuständigen Stellen «sucht, daS Schützenfest womöglich seines offiziellen Charakters «u entkleiden. In diesem Sinne erging auch eine Antwort an die Kontrollkommission. Die Interalliierte Kommission hat darauf geantwortet, daß nach der Sachlage kein Grund vorliege. die Aufgabe der Feierlichkeit zu fordern, daß sie aber hoffe, die Zentralregierung werde die Landesregierungen von Tirol und Vorarlberg auf die Bestimmungen deS FriedenSvertrageS aufmerksam machen. Im übrigen ver« /^chen die Eisenbahner die Veranstaltung durch einen Streck unmöglich zu machen. Spanien. X Thronverzicht der Karlisten. Der Thronprätenbenk der Karlisten, Don Jaime, hat in einem Manifest feierlich auf seinen Anspruch auf den spanischen Thron verzichtet. Der Verzicht deS Don Jaime, der den Titel Herzog von Madrid führt, würde das Ende der karlistischen Bewegung in Spanien und den Zusammen schluß aller monarchistischen Gruppen bedeuten. Wiederholt haben die Karlisten Spanten in blutige Bürgerkriege gestürzt, um die Thronfolgerechte des zweiten Sohnes König Karls IV. von Spanten, deS Don Carlos von Bourbon, und feiner Nachfolger durch- zusetzen. Deutscher Reichstag. M. Sitzung.) M. Berlin, 19. November. Die heutige Sitzung wurde durch den Beschluß des HauseS eröffnet, einen Ausschuß von 14 Mitgliedern für die Krieg?» beschädtgtenfürsorge einzusetzen. Alsdann kamen kurze Anfrage« an die Reihe. Bezeichnend für die bisherige Erledigung dieser Anfragen war es, daß der Präsident Lobe, bevor die Beantwortung der Anfragen begann, einem Wunsche der Presse Ausdruck gab, wonach die Regierungsvertreter ersucht werden, bei der Beantwortung der Anfragen so laut zu sprechen, daß auch die Öffentlichkeit von den Antworten " kln kiMIlngstraum. Mne Erzählung auS dem Leben von Fr. Lehne. (Nachdruck verboten.) Wenn sie ihn nur nicht sofort sah' — das Begegnen mit seiner Frau wollte sie gern überstehen — dazu fühlte sie Mut und Kraft genug — aber er — wenn sie wieder in seine dunklen Augen blicken sollte, seine tönende Stimme wieder an ihr Ohr schlug — sollte das nicht zu viel sein? Aber sie wappnet« sich mit der ganzen Selbstbeherrschung, di« ihr Beruf erforderte — dann würde ste auch daS überstehen! — „Frau »sn Wolfsburg ist eine schöne elegante Krau/ b«m«rkte ihr Begleiter, »mir ist fi« aber nicht besonder» sympathisch; fi« ist sehr launenhaft und oberflächlich; ich glaube nicht, daß der Hauptmann glücklich an ihrer Seite ist! — Si« srhen mich v«rwund«rt an, Schwester, und denken gewiß, der Kornrliu» ist ein« richtig« Klatschbase; wozu sagt rr da» alle»! — Aber sehrn Si«, ich habe Ge legenheit, öfter mit Hauptmann Wolf»burg zusammen zu kommen und ich schätze ihn al» einen der besten, edelsten Männer, di« ich kenn« — und ich nicht allein habe diese Meinung, auch Dr. Hamann und viele andere. — Daher auch da» Interess« für seine Familie! — Ah, wie ich sehr, find wir jetzt angelangt!* Wenige Minuten später standen der Arzt und di« Pflrgrrin im Krankrnzimmrr. Gabriele saß am Bett; fi« erhob fich schnell, al» die beiden eintraten. »Gut, daß Sie da sind, Doktor!" klagte st», »ich weiß mir kaum zu helfen. Hasso kennt mich in seinen Fieberphantafien nicht, ich ver mag ihn kaum im Bett zu haltrn; Fräulein kann mir auch nicht» nützen." Der Arzt trat an das Lager de» Kinde»; vorher sagte er noch schnell vorstellend: »Hier, gnädige Frau, die ver sprochene Hilfe, Schwester Konsuelo. Ihr können ste un- bedingt alle» überlassen.' Gleichgültig neigt» Gabriele da» Haupt, aber al» der Lichtschein der verschleierten Lampe auf da» Gesicht fiel, wurde ste fast starr vor Staunen! Die» Gesicht kannte ste doch — diese Züge hatten sich ihrem Gedächtnis so scharf eingeprägt, daß sie ste unter tausenden sofort erkannt hätte! so konnte fich die Natur nicht wiederholen — so täuschende Sehnlichkeit gab «» nicht — da» mußte sie sein — ste icünnmcs neomen rann, unrer oen yeuie oeaniworreren An fragen befand sich auch die der Abgeordneten Frau Schröder (Soz.), die eine Verfügung verlangte, wonach unebeliche Mutterschaft kein Entlaffungsgrund für Beamtinnen und kein Hinderungsgrund für die Einstellung von Beamtinnen sein svll. Staatssekretär Lewald erwiderte darauf, daß eine der artige allgemeineVerfüguna nicht in Aussicht gestellt werden kann. Große Beamtinnenverbände ständen auf einem andern Stand punkt als die Fragestellerin. Der Einzelfall werde geprüft werden. Ferner ist die Anfrage der Frau Abg. Dr. Mab (Deutsche Np.) bervorruheben, durch die geeignete Maßnahmen zur Behebung der Zuckernot, die in allen Haushaltungen bitter empfunden werde, verlangt werden. Darauf wurde erklärt, zur Hebung des Zuckerrübenanbaues und der Zucker erzeugung ist der Verkehr mtt Rüben und Melasse grund sätzlich freigegeben worden. Außerdem ist der Zuckerpreis nach einem derartigen Rübengrundprets berechnet, daß der Landwirt für seine Erzeugnisse ein hinreichendes Entgelt er halle. Auch für daS nächste Jahr soll der Zuckerpreis aus einem Rübengrundpreise von 20 Mark für den Zucker er rechnet werden. Erwähnung verdient weiter die Anfrage des Ada. Dr. Mumm (Deutschnat. Vv,), wie sich die Reichs- cegierung zur Verletzung der Reichsverwaktung durch de» preußischen Kultusminister durch Einrichtung religionsloser Schulen stelle. Hierauf erwiderte Staatssekretär Schulz, Die Reichs- cegierung ist sich darüber einig, daß religionslose Schulen in Preußen solange nicht eingerichtet werden dürfen, als ein entsprechendes Landesgesetz in Preußen nicht erlassen ist. In einzelnen Fällen, wo viele Kinder an dem Religionsunterricht nicht teilnehmen, hat die Regierung die Errichtung religions loser Schulen genehmigt. Vom Standpunkte der Reichsver- saffung ist dagegen nichts einzuwenden. Auch dagegen nichts, daß Schüler, die am Religionsunterricht nicht teilnehmen, zu besonderen Schulsystemen vereinigt werden. Endlich ist die Anfrage de» Abg. Gutknecht (Deutschnat. Vp.) zu erwähnen, der sich danach erkundigte, welche Ärbeitsmöglichkeiten die Reichsregierung für den Winter vorbereitet habe. Darauf wurde erklärt, daß alle Vorkehrungen getroffen seien für die Vergebung von Reparaturarbeiten an staatlichen Gebäuden, besonders an beschäftigungslose Arbeiter getroffen seien. Nach Erledigung der kurzen Anfragen kam man zu den auf der Tagesordnung stehenden Interpellationen, von denen die Interpellation der Deutschnattonalen über den Berliner Elektrizitätsstreik am Dienstag oder Mittwoch der nächsten Woche, und die der Sozialdemokraten über Kapitals- Verschiebungen nach dem Auslande am nächsten Montag beantwortet werden soll. Morgen wird sich der Reichstag unter anderm mit der Interpellation der Sozialdemokraten über die Sozialisierung des Kohlenbergbaues beschäftigen. Ein Anttag aller Parteien um Belassung der für Zeitungen geltenden ermäßigten Postgebührensätze btS zum 31. März 1921 wurde ohne Aussprache einstimmig ange nommen. Alsdann ging man zu der ersten Lesung oeS Gesetzentwurfes über, der sich auf den StaatSgerichtshof ft« bezieht, als dessen Sitz vom Reichsministertum de» Innern Leipzig oorgeschlagen wird. Zuerst sprach der Abg. Dr. Nadbruch (Mehrheitssoz.). Er vermißte in dem vorliegenden Entwurf di« Möglichkeit zur strafrechtlichen Verfolgung Kriegsschuldiger. Ferner bemän gelte er die Zusammensetzung deS Gerichtshöfe». Unsere Erfahrungen gelegentlich des Amnesttegesetzes haben bewiesen, daß die Juristen nicht die fletschgeworden« Gerechtigkeit sondern die Anwälte einseitiger Interessen find. Hier erhob sich lebhafter Widerspruch. Der Staatsgericht" der Redner, muß sich lediglich aus Mitglied« rates und des Reichstage» zusammenseden. Der nächste Redner Abg. Graef-Thürinaen (deutsch-nat.) sagte: Ich verstehe nicht, wie Herr Dr. Radbruch e» mit seinem Beruf alS Jurist und UnioersitätSvrosessor vereinbaren kann, so wie hier aufzutreten. Diese Ausführungen gaben den Sozialdemokraten zu lebhaftem Widerspruch Veranlassung, und der Präsident wies den Redner darauf hin, daß es nicht üblich sei. den bürgerlichen Beruf eines Abgeordneten in die Verhandlungen zu ziehen. Der Abg. Graef bemängelte weiter, daß der Reichstag fünf Mitglieder in den StaatS- gerichtshof entsenden soll. Der Abg. Dr. Kahl (Deutsche Vp.) stimmte im Namen seiner Fraktion der Verlegung des StaatsgertchtshofeS nach Leipzig bet. Auf keinen Fall, betonte der Redner, zur Linken gewendet, darf der Staatsgerichtshof nach Berlin kommen. Berlin mit seinen leichtfertigen Streiks wird bald den An spruch verwirkt haben, Reichshauptstadt zu sein. Der nächste Redner war der Reichsminister de» Jnnem Dr. Koch. Er verteidigte den Entwurf und billigte dabei tm wesentlichen die Ausführungen deS Abg. Dr. Kahl. Nach weiteren Ausführungen wurde die erste .Lesung.der Vorlage beendet veMtuz str i« N. ömiiß «ch Aiilalk. Bon Pfarrer Heber-Kesselsdorf. Wenn der Herr die Gefangenen Zion» erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden. Ps. 12S, t. Totensonntag I Wer mag all das bittere Weh ermessen» da» heut« wieder durch die Herzen zieht! Lange ist's viel leicht schon her, daß die Teuren von uns geschieden, aber vergessen können wir ihrer nicht. Doch am heißesten brennen die noch blutenden Wunden. Wieviel heimliche» Weinen und Schluchzen gerade an den frischen Gräbern! Aber die stummen Schläfer dort unten regen stch nicht. E» ist, als wären sie mit ihrem Los zufrieden. Ob ste wohl wieder zurückwollen? Nimmermehr! „Ich möchte heim!", so bat ein sterbender Knabe in seiner Fieberangst immer wieder den zitternden Vater. Und er ist nun heim, erlöst von allem Jammer dieser Erde. Wie viele Krruzträger haben doch gleich ihm ein sanftes Ende sich herbeigesehnt! Wie viele auch, die wie vom Sturmwind hinweggerissrn worden sind, schlummern süß und still in ihrem Kämmerlein. Erlöst! Manchem ergreift'» wie mit wildem Weh, er kann auch kaum erwarten, daß auch rr sein Plätzlein in der kühlen Erbe finde. Ich möcht am liebsten sterben, dann wär » auf einmal still. »Warte nur, balde ruhest Du auch!' Aber kann da- des Lebens Zweck und Ziel sein, daß wir all« einmal im Grabe enden und zu Staub und Asche werden? Unsere Ehristenhoffnung streckt stch viel weiter hinaus. Wenn ste von einer Erlösung redet, so denkt sie an «ine Auferstehung zum ewigen Leben. Da» find nicht eitle Menschengedanken, sondern da» ruhet auf Gotte» Verheißung und Zusage. Am Ostrrmorgen hat er e» vor aller Welt offenbar gemacht, daß nicht d«r Tod, sondern daS Leben das letzte Wort behalten soll. »Jesu« lebt! Mit ihm auch ich; Tod wo sind nun deine Schrecken? Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken.' Droben aber im Himmel wird alles Leid der Erde über wunden sein. .Wa» hier kranket, seufzt und fleht, wird dort frisch und herrlich gehen; irdisch werd ich auSgesLt, himmlisch werd ich auferstehen." So haben wir denn alle noch eine Heimat droben im Licht. Hier auf dieser Erde find wir gleichsam noch in der Fremde, gefangen und niedergehalten von finsteren Mächten. Aber, wenn dec Herr die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sem wie die Träumenden. ES ist, al« ob alle Saiten in unserer Seele erklängen, so oft wir dieses Lied vernehmen. Denn wir verspüren mit seltener Unmittelbarkeit, e» ist ewige Wahrheit und verheißt uns so unendlich Große» und Herrliches, wie wir eS überhaupt nicht zu fassen ver mögen. .Wie die Träumenden!' Prüfen freilich müssen wir uns ernstlich, ob wir uns auch zu dem wahren Zion d. h. zur Gemeinde der Gläubigen rechnen dürfen. Nur ste ist erlöst, und nur ste wird erlöst werden. Amen. Neueste Meldungen. Kurssteigerung älterer SteichSauleiye. Berlin. Eine bemerkenswert« Kurssteigerung unser« beigen Reichsanleihen trat an der hiesigen Freitags«Börse «in. Der KurS hob sich um etwa 4 auf etwa 70 Mm» sprach davon, daß da» Ausland, namentlich Amerika, al» Käufer am Markt war. Die Umsätze betrugen Millionen Mark. Auch die Anleihen der deutschen Bundesstaaten, in denen in der letzten Zeit empfindliche Kursrückgänge statt gefunden batten, waren erholt, im Rahmen von etwa V» bis 1N «k. Die Feindschaft gegen König Sonstautt«. Parts. Der griechische« R«gi«r«ng soll et«« Not« Frankreichs ««d England» d«S Inhalt» -«gestellt werde«, d»ß diese Länder die Rückkehr König Konstauti«» als «t«e feindselig« Halttmg bettachten würde«. Sowjettoffe«stv« gegen di« Ukraine. Moskau. Lenin erklärte, daß, nachdem der Feldzug gegen Wrangel nunmebr beendet sei, jetzt eine neue Offensive Legen Vetlinra und die Ukraine besinnen werd«. selbst — Mary Winter», ihre» Gatten frühere Geliebte — indessen, wie kam diese in di« Tracht einer barmherzigen Schwester? Jedoch die vollendete Weltdame wußte sich zu beherrschen und ihr Erstaunen geschickt zu verbergen — kaum eine halbe Minute hatte dies« Verwunderung Herrschaft über ste gehabt; ste faßte stch mit großer Liebenswürdigkeit, aber doch fremd, sagte ste: .Gut, daß Sie gekommen stnd, Schwester — wir haben schwer« Stunden durchlebt — o, und die letzte Nacht, kein Auge hab« ich zugrtan — wenn nur mein süße» Kind wieder gesund wird!' .Was in meinen Kräften steht, gnädig« Krau, Ei« zu unterstützen, soll geschehen," antwortete Schwester Konsuelo mit ihrer sanften süßen Stimme. Gabriele lauschte den Worten: o, jetzt war kein Zweifel mehr möglich; diese Stimme konnte nur Mary Winter» gehören! Seltsame Fügung! Triumphierend blitzte »S in ihrrn Augen auf — jetzt war Gelegenheit, stch an ihrem Gattrn zu rächen und ihm die Demütigungen alle hetm- zuzahlen! In ihrer Gegenwart sollte das Wiedersehen der beiden stattfinden; dann wollte fi« fich an seiner Bestürzung weide«, die Geliebte hier in diesem Gewände zu sehen, und an sein« Qual wollte fie stch freuen, mit jenem Mädchen in ihrer — Ellas Gegenwart täglich beisammen zu sein! Lergrssen war augenblicklich daS kranke Kind — alles — nur di«ser eine Gedanke brherrschte ste. Ihr Plan war fertig — Mary sollte, durfte nicht ahnen, daß st« erkannt war — mein Gott, da» Gesicht einer Putzmacherin prägt fich nicht so scharf ein, daß man e» nach so und so vi«l Jahren «iedererkennt! — Deshalb sprach sie auch u«b«sangen wie zu einer ganz fremden Person zu dieser, daß Mary der Gedanke kam, daß bei ihrer bekannten Oberflächlichkeit Ella sie gar nicht wiedrrerkannt habe! Sie hatte auch gar nicht Zeit, lange darüber nvchzudenken, da daS Kind ihre ganze Sorgfalt in Anspruch nahm. Der Arzt hatte sie zu stch gerufen und erteilt« ihr mit leiser Stimm« Verhaltung»- maßregrln.— „Sie wissen ia selbst, was zu tun ist, Schwester,' schloß er — .heute abend komme ich noch einmal; wir müssen den kleinrn Kerl durchbringrn, wenn eS auch sehr bedenklich steht.' Und zu Gabriele, dir ihn nach der Tür begleitete, .haben Sie Vertrauen, gnädige Frau! — Und so lange dtrse da an «inem Bette pflegt, habe ich selbst im schwersten Fall die Hoffnung nie verloren! Eine wahre Perle für uns AerzteiftSchwester Konsuelo,ein liebes Geschöpf!' „Ich habe noch nie von ihr gehört, Doktor! Sie ist wohl noch nicht lang« hier?" .Nein, erst seit August! Sie kam von D. vom Kinder hospital, ist eine freiwillige Pflegerin! Und Ihnen! gnädige Frau, gebe ich den guten Rat, stch jetzt zu schonen, Ihr Kind ist in guten Händen!' Er wußte genau, warum er das sagte — st« hatte ihm mit ihrer Unvernunft schon zu schaffen gemacht. „Sie haben gut reden, Doktor! — als ob ich Ruhe hält« so lange mein Kind in Gefahr schwebt! — Also heut' abend kommen Sie noch mal?' .Jawohl, gnädige Krau, zwischen neun und zehn Uhr.' Sinnend saß Mary an Hassos Bettchen. Sein Kind — eine unendlich« Rührung erfaßte st«! Ja, «» war s«in Kind — ihm wi« auS den Augen geschnitten. E» war daSsklbe vornehme, schmale Gesicht, dasselbe dunkl« lockige Haar, durch da» ste so oft kosend gestrichen — da» war sei«« Nas«, f«in Mund — nur von blondrn Locken um wallt — heiß trat es in ihr« Augrn; ste durfte nicht daran denk««, wrnn ste ihre Sicherheit behalten wsllt«! Da trat Gabriele in» in» Zimmer. .Nu», Schwtßer, wie denken Sie?' fragte fi« leise, .die Aerzte geben immer so ausweichende Antworten! m«tn armes Kindl' Und ß« strich mit der Hand über sein Grstcht; d«r Knabe wurde dadurch noch unruhiger. .Fort Du,' stieß «r hervor, .Du willst ja nicht» von Hasso wissen; Hasso ist Dir im W«ge, Du schlägst ihn immer —' Gabriel« wurde rot. .O, Schwester," klagte fie, .wie bin ich unglücklich! So lange er krank ist, will rr nicht» von mir wissen.' .Darüber seien Sie nicht bekümmert,' sagte Mary begütigend, .da» hat man häufig bei Krank«», daß st« die- jenigen, di« ihnen sonst die Liebsten auf der Welt find, von stch stoßen und nichts von ihnen wissen wollen! Da hab ich erst kürzlich wieder den Fall gehabt, daß eine in glück lichster Ehe lebende Frau während ihrer schweren Krank heit durchaus nicht die Nähe ihres Mannes vertragen konnte! — Ruhig, mein Kind," sagte sie liebevoll und legte di« weiche kühl« Hand auf di« Stirn deS Knabrn. (Fortsetzung folgt.)
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