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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebculehn mid die Unigcgeudeii. Umtsölatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 83. Areitag den 21. Hctoßer 1878. Für den Fleischer Carl Gottlieb Eduard Fiedler und den Bäcker Carl Gottlieb Otto Fiedler, beiderseits ans Hühndorf, deren Aufenthalt unbekannt ist, hat man den Instrumentmacher Herrn Carl August Jähnichen aus Wilsdruff als Ab wesenheitsvormund in Pflicht genommen und macht dieß vorschriftmäßig andurch bekannt. Königs. Gerichtsamt Wilsdruff, am 17. October 1870. In Stellvertretung: Dürisch, Assessor. Die Herren Gemeindevorstände des hiesigen Amtsbezirkes werden hierdurch ersucht, die fortlaufenden Unterstutzungsbei- träge für die hilfsbedürftigen Familien der einberufene» Krieger auf den Bionat Octodsr längstens bis zum 25. dieses Mo nats an den Vereins-Hauptkassirer Herrn Kaufmann Engelmann zu Wilsdruff mittelst Lieferscheines einzusenden. Wilsdruff und Tanncberg, am 18. October 1870. Der Local-Hilfsverein zur Unterstützung der im Amtsbezirk Wilsdruff aufhältlichen Familien , deutscher Krieger. Tagesgeschichte. Dresden, 18. October. Nach einem Münchner Telegramm des „Dr. Jl." begeben sich der kgl. bayerische Ministerpräsident Graf Bray und der Kriegsminister v. Pranckh in das Hauptquartier des Königs von Preußen nach Versailles, woselbst bekanntlich unter Zu ziehung von Bevollmächtigten der übrige» süddeutschen Staaten Con- ferenzen über die deutsche Verfaffungsfrage stattfinden werden. Leipzig, 16. October. Nach den in den hiesigen Tagesblättern veröffentlichten Mittheilungen über die während der beendeten Michaelismeffe beim Polizeiamte zur Anmeldung gekommenen Fremden stellt sich die Zahl derselben (20,193 Anmeldungen und 10,207 An- meldcschcine) gegenüber dem Meßbefuch früherer Messen (Ostermesse 1870: 25,018 Anmeldungen und 13,207 Anmeldescheine, Michaelis meffe 1860: 25,292 Anmeldungen und 13,537 Anmeldescheine) aller dings ziemlich niedrig heraus. Immerhin aber hätte man, wenn rnan bedenkt, daß die Messe mitten in einem Kriege von so groß artigen Dimensionen abgehalten wurde, ein noch ungünstigeres Re sultat erwarten können. Berlin, 18. October. Der heutige „St.-A." begrüßt den 18. October, den Tag der Leipziger Völkerschlacht, mit folgenden Worten: Die Zeit der Octoberfeuer auf unseren Hügeln und Bergen, zur Er innerung an die großen Leipziger Schlachttage liegt im Hintergründe, ihre Bedeutung ist an den großen Ereignissen der Gegenwart erblaßt. Unsere Octoberfeuer leuchten jetzt vor Paris. Sie verkündigen, daß eine geschichtliche Katastrophe hereingebrochen ist über das in tiefer Verblendung verharrende französische Volk, welches so oft an dem Frieden Europas gefrevelt und unserem Vaterlande so tiefe Wunden geschlagen hat. Der Jahrestag des großen Sieges vom 18. October 1813, der den furchtbaren Kampf auf Leipzigs Ebenen beschloß, ist der Geburtstag Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen. Es ist ein bedeutungsvoller und ein hoffnungsreicher Tag auch für Deutschlands innere Geschicke. An den Tagen von Leipzig, die Blücher und Aork mit den blutigen Lorbeeren von Möckern cinweihten, da fehlte an Preußens Seite noch mancher deutsche Stamm. Dein Enkel König Friedrich Wilhelm III. ist es jetzt beschicken, in einem glor reichen Feldzuge diese Stämme vereint gegen denselben Feind zu führen. Mit dankerfülltem stolzen Herzen blickt unser Volk am heu tigen Tage auf zu dem Bilde Sr. Königlichen Hoheit. Die Segens- Wünsche des Landes eilen in die Ferne, dorthin, wo Er an der Seite Seines Königlichen Vaters das glorreiche deutsche Werk als einer der ersten und treuesten Führer vollbringen hilft. Gott füge dessen glückliche Vollendung! Ueber die Zahl der französischen unverwundeten Kriegsgefangenen berichtet heute der „St.-A.": Es fielen in deutsche Hand: 1000 ,n bei Weißenburg, 6000 bei Wörth, 2500 bei Spichcrcn, 1377 n Folge der letzten beiden Schlachten in Saargemünd, Hagenau, Lichtenberg, 2000 bei Vionville, 3000 bei Gravelotte, 850 in Vitry, 2856 bei Beaumont, 84,450 durch die Kapitulation von Sedan; Zu dieser Summe von 104,333 Mann treten hinzu 2080 Mann von Ao», 2240 von Toul und 15,347 von Straßburg, also 19,667 Mann, welcher Zuwachs die Gesammtsumme von 123,700 Gefangenen rrgicbt, die zur Berücksichtigung gebrachten Veränderungen eingerechnet, welche durch die Heilung verwundeter Gefangenen und die Genesung Erkrankter entstanden sind. Don den bisher erwähnten 3577 Offizieren und 123,700 Mann sind untergebracht: a. 1894 Offiziere, 93,392 Marin in norddeutschen Festungen, b. 1232 - 174 - in offenen Städten Preußens, v. 56 - 9,940 - in norddeutschen Bundesstaaten, ä. 395 - , 20,194 - in Süddentschland, was also 3577 Offiziere, 123,700 Mann in ganz Deutschland ergiebt. Die hiernach sich ergänzenden Ziffern erhöhen sich zur Zeit auf 123,700 unverwundete Gefangene und über 2100 Geschütze, bei welchen Angaben zu bemerken bleibt, daß auch diese Summen durch täglich genauer eingehende Nachrichten, die erstere auch vornehmlich durch den ununterbrochenen Ab- und Zugang in den Lazarethcn, noch einer häufigen Veränderung unterworfen sein werden. Als eine Thatsache, die wohl auch einer gewissen politischen Bedeutung nicht entbehrt, theilen wir mit, daß der König von Belgien in Berlin einen Beitrag von 50,000 Frcs. für die deutschen Verwundeten hat einzahlen lassen. Die in Stettin befindlichen kriegsgefangenen französischen Offiziere geben sich vielfach einer friedlichen Beschäftigung hin. Viele von ihnen ertheilcn Sprachunterricht oder halten Conversationsstunden, die von jungen Kaufleuten stark freqentirt werden. Man schreibt der „Times" aus Berlin, daß während der letzten Tage der Belagerung Straßburgs nicht weniger als 140,000 Granaten zu 8 Thlr. pr. Schuß auf die Stadt geworfen wurden, was im Ganzen eine Ausgabe von 4,200,000 Frcs. macht. Was mag erst die Belagerung in: Ganzen mit allen Arbeiten und Material- Verbrauch gekostet haben? Gewiß das Theuerfte in der Welt ist der Krieg! Von Straßburg wird berichtet: Es sind während der förm lichen Belagerung von Straßburg acht verschiedene Geschützarten preußischerseits und deren vier badischerseits in Thätigkeit gewesen und zwar im Ganzen 241 Geschütze, nämlich: 30 länge gezogene 24-Pfünder, 12 gezogcnene kurze 24-Pfünder, 64 gezogene ' 12- Pfünder, 20 gezogene 6-Pfünder, 2 gezogene 2I-Centimeter-Mörscr, 19 50pfündlge, 20 25pfündige, und'30 7pfündige glatte Mörser; diesen sind zur Beschießung der Citadelle badischerseits hiuzuzufngcn 4 25pfündige Mörser, 8 60pfündige Mörser, 16 gezogene 12-Pfünder, 16 gezogene 24-Pfünder. Von den genannten 241 Geschützen sind im Ganzen 193,722 Schuß und Wurf in die Festung gefeuert worden. Hinsichtlich der Belagerung von Bitsch schreibt man dem „F. I": Flüchtlinge von Bitsch erzählen mir, daß am Sonntag nur noch drei Häuser, dasjenige des General Bisiot, das des Generals Schneider und eines gewissen Conlon, nebst der Pfarr kirche auf der einen Seite der Stadt bestanden hätten; außerdem etwa noch zehn Häuser auf der Kinderpromenade. Letzten Sonntag sei ein verabredet gewesener zehntägiger Waffenstillstand zu Ende ge gangen und Tags darauf habe das Bombardement von neuern be- gönnen. In der Festung befänden sich meist Mobilgardcn, welche , aus dem Bezirk Saarburg und Saargemünd auf beide Festungen Bitsch und Pfalzburg — vertheilt worden seien. Die ausgewanderte Bitscher Bevölkerung habe sich ins Bärenthal und nach Moderhansen, die Pfakzburgcr nach dem Dorfe Quatrevents (die „vier Winde") geflüchtet.