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Wochenblatt Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebentel)» und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Gtadtrath daselbst. 84. Dienstag den 25. Hctober 18 7 ü. Anher erstatteter Anzeige zufolge sind im Laufe des Nachmittags am 19. vor. Mo», aus einem Gehöfte in Grumbach folgende Gegenstände: 1., ein schwarzseidnes Kleid, 2., ein schwarzseidner Sommermantel, 3., eine schwarzscidne Schürze, 4., ein schwarztuchner Fraucnsommerpaletot, 5., drei leinene Bettüberzüge, von denen zwei roth und blau und einer roth und weiß gegattert, mit drei gleichen Kiffenüberzügen, 6., zwei Stück weiße Betttücher; 7., 3V-r Elle blaue Schürzenleinwand, 8., ein Paar blaue wollene Mannssocken und 9., ein altes Cigarren-Etui mit 3 Thlr. —- —- Geld spurlos entwendet worden. Behufs Ermittelung des Thaters und Wiedererlangung des Gestohlenen wird dieser Diebstahl hiermit zur öffentlichen Kcnntniß gebracht.- Königs. Gerichtsamt Wilsdruff, am 21. October 1870. In Stellvertretung: Dürisch, Assessor. Die volle Durchführung des Krieges — eine Bürgschaft künftigen Friedens. Wir stehen vor dem letzten militärischen Abschnitte der gewaltigen weltgeschichtlichen Entwickelung dieser Tage — schreibt die officielle „Prov.-Corr." Nach der Belagerung und dem zu hoffenden Falle von Paris kann es in militärischer Beziehung nur noch ein Nach spiel des Krieges geben; die Entscheidung selbst wird dann in der Hauptsache erfolgt sein. Nach der gänzlichen Niederlage der fran zösische» Armee bei Sedan hatte man ein noch schnelleres Ende des Krieges in Aussicht genommen, und namentlich eine ernste und lang wierige Belagerung von Paris nickt mit in Berechnung gezogen. Die Aussichten für eine weitere erfolgreiche Vertheidigung Frankreichs waren ja in der That geschwunden und für die Vertheidigung von Paris zumal fehlte die unerläßliche Voraussetzung: das Vorhanden sein einer bedeutenden Feldarmee, deren Wiedergewinnung in naher Zeit nicht zu hoffen war. Den Selbsttäuschungen der repuolikanischcn Regierung in Frankreich und den Täuschungen, welche dieselbe im Lande von Neuem erzeugte, ist es zuzuschreiben, daß unseren Armeen neue größere Aufgaben erwuchsen, daß es nöthig wurde, nach dem kaiserlichen Frankreich auch das republikanische Frankreich zum Be wußtsein seiner völligen Erschöpfung und Ohnmacht zu bringen. Die französische Nation, der es in ihrem Stolze unmöglich war, an die Große ihrer Niederlagen zu glauben, ließ sich von den neuen republikanischen Führern willig in den Trost einwiegen, daß nur der Kaiser und seine Negierung an dem augenblicklichen Mißgeschicke Schuld seien, — die Nation selbst aber, welche nach dem Sturze des Kaiserthums sich zurückgegeben sei und ihre eigene Vertheidigung in die Hand genommen habe, werde Alles wieder gut machen, eine Maffenerhebung des Volkes werde in Kurzem neue unbesiegliche Heere sckaffe», deren Begeisterung ersetzen werde, was ihnen an militärischer Ausbildung fehle, und deren ungestümer Andrang die Horden der deutschen Barbaren vom Bodrn Frankreichs wegfegen werde. In diesem Wahne und unter der Herrschaft der unver ständigen Leidenschaften der Pariser Volksmasscn wurde die Fort setzung des Kampfes und der Vertheidigung von Paris beschlossen. Durch den neugestärktcn Wahn von Frankreichs Unbesieglichkeit ist in der That die Fortsetzung des Krieges bis zur allseitigen hand greiflichen Darlegung der Ohnmacht Frankreichs eine unerläßliche Nvthwcndigkeit geworden. So berechtigt der Wunsch auf baldige Beendigung des blutigen Krieges ist und so sehr man überzeugt sein darf, daß unser königlicher Kriegsherr den Kampf nicht um eine Stunde über die wirkliche Nvthwcndigkeit hinaus verlängern wird, — so muß man doch die Anzeichen eines höheren Waltens in dem Laufe der jetzigen Ereignisse auch darin erkennen, daß das Straf gericht über Frankreich sich, wie es scheint, in vollem Maße erfüllen soll, aus daß der Ucbcrmuth der französischen Nation vollständig ge beugt und hierdnrch der Frieden für die Zukunft um so sicherer ver bürgt werde. Wäre es nach der Schlacht bei Sedan zum Frieden gekommen, so würden alle die Täuschungen, in welchem Paris und Frankreich »och in diesem Augenblicke "befangen sind, nach dem Friedensschluffe bald wieder mit unwiderstehlicher Macht zur Herr schaft gelangt sein. Noch heute weiß die Mehrzahl der Franzosen kaum, daß ihre Heere überall in diesem Feldzuge geschlagen worden sind, da ihnen fast immer von Siegen berichtet worden wär; — noch heute glaubt ein großer Theil des französischen Volkes, daß Bazainc die eisernen Fesseln, die ihn in Metz fcsthalten, mit leichter Mühe sprengen könnte, und daß er nur aus eigenem Entschlusse und auf Grund einer Kriegslist noch dort verweile; — noch heute hält maii Paris für unüberwindlich und die Hunderttausende von Mobtlgarden und Nationalgarden für ebenso kriegstüchtig, wie unser Belagerungs- Heer; — noch heute hält man es für unmöglich, daß Europa einer Belagerung von Paris, der „heiligen Völkerstadt" ruhig mit zusehcn könne. Würde der Friede geschlossen, ohne daß zuvor alle diese Täuschungen vollständig vernichtet worden, so würde in dem eitlen Volke sehr bald wieder der Wahn zur Geltung gelangen, daß Frank reich überhaupt nicht besiegt worden und daß der unglückliche Friede nicht nöthig gewesen und nur durch Kleinmuth und Verrath Seifens der Negierung verschuldet sei. In solchem Wahne und Uebcrmuthe aber würde das unruhige Volk um so früher wieder den Versuch wagen, das Verlorene zurück zu erobern. Nur wenn die Pariser Bevölkerung und gonz Frankreich den bitteren Kelch der Niederlagen bis zur Hefe geleert haben, wenn die militärische Kraft des Landes vollends gebrochen und die Hoffnung auf das Erstehen neuer Armeen überall vernichtet ist, wenn die hochmüthige Hauptstadt selbst bezwungen und gedemüthigt ist, — nur wenn das Bewußtsein der Niederlage zu voller Kraft gelangt: erst dann wird die Hoffnung begründet sein, daß die Erfahrungen dieses Jahres nicht ohne nachhaltige Wirkung in Frankreich, nicht ohne Frucht für den Völkerfrieden bleiben. Auch noch in anderer Beziehung wird der von Frankreich selbst gewollte Fortgang des Krieges dazu dienen, dem künftigen Frieden eine längere Dauer zu verbürgen. Mit jedem Tage schreitet die innere Zerrüttung und die Selbstzerstöruna in Frankreich weiter vor, und je länger sich dieser Zustand hinzieht, desto längere Zeit wird das französische Volk brauchen, um die tiefen Wunden, die es sich selber schlügt, zu heilen. Nicht blos, daß immer neue Bezirke des Landes in den Bereich der Kriegführung hineingezogen werden, — die jetzige revolutionäre Art der Landesvertheidigung fügt der Bevölkerung selbst unheilbaren Schaden zu und nöthigt unsere Kriegführung theilwcise zu Härten, welche das Land nicht minder empfindlich treffen. Verwüstungen, wie sie in einem weiten Gürtel um Paris von der revolutionären Negierung thörichter und rücksichtsloser Weise angerichtet worden sind, wie sie ferner mit einer langwierigen feindlichen Besetzung rind vollends mit einem Bclagerungskampfe nolhwendig verknüpft sind, müssen auf lange Zeit hinaus die Kraft der Bevölkerung ans's Aeußerste erschöpfen. Die Wirkung der äußeren Zerrüttung wird noch erhöht durch die politische Auflösung, in welche Frankreich von Tag zu Tag entschiedener gerätb. Es ist kaum abzuschen, welche politische Gestaltung mit Hoffnung auf Dauer in Frankreich Boden gewinnen kann; die politischen Schwierigkeiten und Schwankungen aber werden die Wiederbelebung des öffentlichen Wohlstandes vollends erschweren. Alle diese Betrachtungen würden freilich nuscre Regierung nicht bestimmen, ihrerseits eine längere Dauer des Krieges zu wünschen oder zu veranlassen, sobald Frankreich geneigt wäre, einen Frieden zu schließe», wie er durch die Lage der Dinge und durch Deutschlands unabweisliches Interesse geboten ist. Wohl aber sind jene Erwägungen geeignet, uns über die Fortdauer des Krieges, so lange dieselbe durch Frankreichs Verhalten unerläßlich ist/ z» be ruhigen. Unsere Krieger werden die weiteren Beschwerden und Ge fahren des Feldzuges willig und freudig tragen in der gewissen Zu versicht, daß jede Verlängerung des jetzigen Krieges, "insofern sie eine Vervollständigung der Niederlagen Frankreichs bringt, dadurch zugleich eine höhere Bürgschaft für ,die Dauer des künftigen Friedens