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Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 sÜs WWdmff Uttd ÜMgegCNd Postscheckkonto Leipzig 28614 Znferllonöprel« so pfg. für die SgespLltene KorposMe oder deren Raum, Lotalpre!« 7V pfg., Reklamen r Mk. Bei Wiederholung und Zahresauflrag enisprechender Preisnachlaß. Bekannimachungen kn amMchen Teil fnur von Behörden) die rgespaliene KorpuHeile r.;o Mk. Rachweisungö-SeSLHr SV Pfg. Anzeigenannahme bi« vormiliagS 1» Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf LbermikeUon Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Feder Rabakt anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. . ... W— —— Erscheint seit i dem Jahre 1841 Dieses Blatt enthalt die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage nachmittags 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis bei Selbstabholung monatlich 4 Mk., durch unsere Austräger zugetragen in der Stadt monatlich 4.M Mk., auf dem Lande 4.öv Mk., durch die Post bezogen vierteljährlich ir Mk. ohne Zustellungsgebühr. Alle Postanstalten und Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Fm Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Freitag den 29. Oktober 1920. Nr. 251. 79. Jahrgang. Amtlicher Teil. Bereitung von Backware. Auf Grund von H 8 der Verordnung des Reichsministers für Ernährung und Land wirtschaft vom 14. Oktober 1920 (RGBl. S. 1777) wird folgendes bestimmt: 8 1- Bei der Bereitung von Brot und Kleingebäck außer Krankengebäck müssen 85 Ge wichtsteile Weizen-, Roggen- oder Gerstenmehl und 15 Gewichtsteile Strcckungsmehl »erwendet werden. Den Kommunalverbänden bleibt nachgelassen, das Kleingebäck von der Streckung sreizulassen; es darf aber sodann im Kleingebäck nicht mehr Brotgetreidemehl enthalten sein als in der entsprechenden Menge Brot. 8 2. Als Streckungsmehl dürfen nur Maismehl, präpariertes, spelzenfreies Hafermehl und Weizennachmehl verwendet werden. Die genannten Streckmittel werden den Bäckern von,den Kommunalverbänden zu gewiesen. Es ist den Bäckern streng verboten, andere als die zugewiesenen Streckungs mittel zu verwenden. 8 3. Auf die W 3 und 5 der Reichdoerordnung vom 14. Oktober 1920 sowie auf die Strafvorschrifren in § « derselben Verordnung wird hiermit besonders hingewiesen. 8 4. Diese Verordnung tritt mit dem 1. November 1920 in Kraft. «. Dresden, am 26. Oktober 1920. 2749 ViU Ib Wirlschaftsmivisterium, Landeslebensmittelamt. Fleischversorgung. Nach den von der Landesfleischstelle über die Zuteilung von Auslandsfleisch auf gestellten Grundsätzen ist der Kommunalverband Meißen-Land sicht mehr in der Lage, regelmäßig Auslandsfleisch zu verteilen. Der Kommunaloerband kann vielmehr nur in soweit Auslandsfleisch und Konserven aus der ihm überwiesenen Notstandsreseoe, die z. Zt. nur in Leberwurstkonserven und Corned beef besteht, zur Verteilung bringen, als die Belieferung der Versorgungsberechtigten nicht mit Frischfleisch erfolgen kann. Die Fleischer des Bezirks haben, wenn ihnen nicht genügend Frischfleisch zur Verfügung steht, ihren Wochenbedarf an Leberwurstkonserven und Corned beef durch Vermittelung der bisherigen Hauptschlächter rechtzeitig bei dem mit der Verteilung be auftragten Herrn Fleischermeister Moritz Lippert in Meißen, Schlachthof, anzumelden bez. zu entnehmen. Als Ausgabetag und -zeit ist bis auf weiteres der Dounerstagvor- mittag einer jeden Woche vorgesehen. Der Kleinverkaufspreis beträgt bis auf weiteres bei Leberwurstkonserven 6 Mk., bei Corned beef 8,85 Mk. für das ausgewogene Pfund. Meißen, am 27. Oktober 1920. Nr. 667 11 1.. 4i» Kommunalverbaud Meißen-Land. Wne Anreigr« haben im „Wilsdruffer Tage blatt", das einen weitver zweigten u. kaufkräftigen Leser kreis besitzt, grotze Wirkung. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Wie offiziös erklärt wird, entspricht eine baldig Neuwahl des Reichspräsidenten durchaus dem persönlichen Wunsch des jetzigen Reichspräsidenten. * Bei der Wiedereröffnung des Reichstages hielt der Reichs kanzler eine grobe Rede über die politische Gesamtlage. * Der Reichsausschub der deutschen Zentrumspariei wird vom 31. Oktober bis 2. November in Berlin im Reichstags- gebäude zusammentreten. * Der österreichische Gesandte in Berlin, Dr. Hartmann, hat sein Rücktrittsgesuch eingereicht. * Das griechische Kabinett bat eine Botschaft an das Volk gerichtet, in der mitgetettt wird, dab Prinz Paul zur Thron besteigung autgefordett worden ist. Solmssen und Warburg. Um den deutschen Bankiertag hatte man sich in früheren Jahren in der Öffentlichkeit nicht sonderlich viel gekümmert. Die Herren hatten auch ihre Sorgen und Schmerzen, gewiß: hatten über unnützen Zwang und übermäßigen Steuerdruck, über Unverständnis und Belästigungen zu klagen und wohl auch unter anderem mancherlei Kleinkämpfe auszuführen. Das berührte aber die Allgemeinheit nur sehr nebenher. Heute ist es anders. Heute lastet der Friedensoertrag von Versailles auf allen Ständen und Berufen des deutschen Volkes mit gleicher Schwere. Der sinnlosen Quälerei, die von ihm tagein tagaus gegen uns ausgeübt wird, droht unsere Wirtschaft schier zu erliegen, und die seltene Wider standskraft unseres Volkes, die Arbeitsfähigkeit unserer ganzen staatlichen Verwaltung gehen ihrer vollen Er schöpfung entgegen, wenn die Dinge noch lange so weiter- lausen wte bisher. Kein Wunder, daß wir unter solchen Verhältnissen aus den Lamentationen überhaupt nicht mehr herauskommen: aber je länger sie dauern, desto mehr ver jagt naturgemäß ihre Wirkung. Doch wenn auch Männer, deren ganzes Wesen sonst nur Kühle und Verstand atmet, die einen großen Namen vor der Welt zu vertreten haben und ganz gewiß nicht dem Verdacht nationalen und partei politischen Überschwanges ausgesetzt sind, wenn selbst Solmssen und Warburg, zwei der hervorragendsten deutschen Bankfachleute, in die allgemeine Entrüstung über unser» Knebelung durch die Entente miteinstimmen, so darf man hoffen, daß ihre Worte auch außerhalb Deutschlands zum Nachdenken anregen werden. Was Dr. Solmssen üder die verzweifelte Lage unserer Staatsfinanzen jagte, die Mllliarden-Zahlen, die er auf« marschieren tieß, sind der Öffentlichkeit in der letzten Zeit schon oft genug präsentiert worden, aber man kann hier gar nicht des Guten genug oder gar zu viel tun, well die Auf merksamkeit der Wett heutzutage fast unausgesetzt von ge waltigen Geschehnissen und Erschütterungen in Anspruch ge nommen ist. Auf der einen Seite betonte er »die grenzenlose nicht wieder gutzumachenüe. von einer kindlichen politischen Naivität zeugende Torheit, die Revolution unter Zerschlagung aller Ordnung gerade in dem Augenblick aus- drechen zu lassen, als die Verhandlung mit dem Feinde be gann, der niemals in seinen Forderungen so maßlos ge- worden märe, wie er es schließlich geworden ist". Aus der anderen Seite hielt er aber auch den Besatzungsmächten einen Spiegel vor, die in unserem Westen ihre Truppen und Beamten ein Leben der Verschwendung, der Genußsucht führen lassen, das jeder Beschreibung spottet, dessen Kosten wir aber zu bestreiten haben. „Wenn hier nicht bessere Ein sicht der der Entente einzieht, so geht unsere Wirtschaft an diesem Zustande zugrunde." Unübersehbar ist die Wirkung des Friedensvertrages auf unsere Finanzwirtschaft. Es scheint vermessen, dabei überhaupt noch den Gedanken zu er wägen, unsere Finanzen in Ordnung zu bringen, so lange unser Herzblut aus der ewig offenen Wunde dringt, die uns der Feind geschlagen hat. Was wir unter ollen Umsiänüen brauchen, ist die Festlegung unserer Verpflichtungen gegen über den Feinden. Eher können wir nicht daran gehen, sie getreulich zu erfüllen. Aber auch nach innen hatte der Redner schwere Vor würfe zu erheben. Er wies hin auf die ungeheure Kost spieligkeit unserer Verwaltung, die Ausarbeitung unserer Steuergesetze nach parteipolitischen Gesichtspunkten und, vor allen Dingen, die entsetzliche Selbstzerfleischung des Volkes in einem Parteileben, das gar keine Rücksicht auf die schreck liche Gefährdung unserer Gesamtexistenz nehmen zu wollen scheint. „Es handelt sich nicht mehr darum, ob die sozial demokratische Idee oder die privat-kapitalistische die richtige ist — Zank und Streit wollen wir den Politikern und Theoretikern überlasten. Es handelt sich um etwas ganz anderes, darum, ob das deutsche Volk verhungern und unter gehen, oder am Leben bleiben und als Staat weiterbestehen soll." So gelangt Dr. Solmssen zu einer unbedingten Gegnerschaft gegen jede Art von Sozialisierung in diesem Augenblick, denn sie würde, darüber hegt er nicht den ge« ringsten Zweifel, lediglich den Erfolg haben, die Wirtschaft zu verteuern, die Produktion zu verringern. Das wäre der letzte Todesstoß, den wir uns selber zusügten. Ein leiden schaftlicher Aufruf zur Einigkeit, zur geschlossenen Block bildung, zur Absage an den schlimmsten Feind allen Deutsch tums, den Parteihader, bildete den Schluß dieser Kund gebung. d e unter den Zuhörern minutenlangen Beifall Mstönc. Am Nachmittag kam Warburg an die Reihe, ein noch kühleres, noch geschäftsmäßigeres Temperament. Aber auch er mußte, kaum daß er begonnen hatte, erklären, daß, wenn von den maßgebenden Politikern der Gegenseite nicht aner kannt werde, daß es unmöglich ist, die Last eines so langen Krieges nur einem Lande auszubürden, nichts für die Ent wicklung Europas zu hoffen sei. Der Gegenwert der Handelsflotte, der gelieferten Kohlen, des Materials der be- schlagnahmlen Güter geht bereits in die Hunderte von Milliarden, und noch sei kein Plan, kein Absehen zu er kennen. »Wir müssen fünf Jahre lang jedes Jahr 200 000 Tonnen Schiffe für die Entente bauen: dabet haben die Alliierten Überfluß an Tonnage und bieten uns die abge nommenen Schiffe auf allen Wegen wieder an. Kann dieses Verfahren einen anderen Sinn haben, als den, daß man Deutschland durchaus am Vorwärtskommeu hindern will? Ähnlich steht es mit den Kohlen, die Frankreich bereits zu stapeln beginnt, während wir nicht wissen, wie wir unseren allerdringendsten Bedarf befriedigen sollen. 131 Milliarden muß das Reich allein an Entschädigung für Eigentum zahlen, das uns im Auslande weggenommen wurde. Wie soll da die Noten- preste stillgelegt werden können? Wohl sehen alle ver ständigen Finanzleute der Welt, daß Deutschland geholfen werden muß, aber sie haben nirgends die Führung. Falsch Ist es, zu sagen, daß wir den Fitedensvertrag erst solange erfüllen müssen, bis sich in jedem einzelnen Punkte seine Unmöglichkeit zeigt. Müssen wir uns denn erst in jedem einzelnen Falle Lie Körne blutig rennen, damit man die falsche Rechnung erkennt? Dann wird, bis alle Unmöglich keiten erkannt find, der Wirtschaftskörver verblutet am Boden liegen. Unsere Hoffnung kann nur sein, daß von allen Ländern, die die Leiden des Weltkrieges jetzt zu er tragen haben, die ökonomische Wirtschaftseinheit der Welt als solche erkannt wird und dementsprechend alle gemeinjam die Heilung suchen. Nur dann werden wir den Irrlehren des Bolschewismus entgegentreten können und die Grund lagen für eine Wirtschaftsführung ermöglichen, die eine Gesundung der Währung ermöglichen. Man sieht, auch dieser Redner stützt seine letzte Hoffnung auf Voraussetzungen, Lie schon längst hätten erfüllt sein können, wenn ihre Erfüllung überhaupt nur ernstlich gewollt würde. Woran es fehlt, ist eben der gute Wille auf allen Seiten; bei uns zu Hause ebenso sehr wie draußen bet unseren Feinden. Aber sie sind noch einmal wenigstens ge warnt, von berufenster Seite eindringlich gewarnt worden. Mehr zu tun, geht über unsere Kratt. Der Reichskanzler zur Lage. Haushalt-Beratungen im Reichstag. (22. Sitzung.) <7L Berlin, 27. Oktober. Die heutige Sitzung war sowohl im Saale als auch aus den Tribünen gut besucht. Von dem Andrange, der sonst bei Neichskanzlerreoen zu herrschen pflegte, war jedoch wenig zu bemerken. Neben dem Reichskanzler waren fast sämtliche Reichsminister erschienen. Die an der ersten Stelle der Tagesordnung stehenden Interpellationen über die Entwaff nung der Bevölkerung und über die Vernichtung der Dieselmotore wurden mtt der ersten Beratung des Haus haltplanes verbunden. Reichskanzler Fehrenbach begab sich von seinem Platze zu dem Rednerpulte und hielt sich in seinen Ausführungen fast beständig an einen vor ihm liegenden geschriebenen Entwurf. Unter anderem betonte er: Wir sind in einen Tagungsabschnitt etngetreten, der schwere Anforderungen an uns alle stellen wird. Als wir im Sommer auseinandergingen, hatten wir die Aussprache über Spa hinter uns. Unheimlich lastete auf uns allen der Druck des neuen Abkommens. Harte Arbeit war einem ohnehin schon bis zur Grenze belasteten Teile unserer Bevölkerung zugemutet. Es war ein Moment, wo mit unbarmherziger Klarheit unserem Volke vor Augen trat, unter welches drückende Joch es ge beugt ist. Danials wurden Verfügungen getroffen, die end- gültig festlegten, daß wir aus der Reihe der mächtigen Völker gestrichen wären. Was man uns ließ, genügte nach allge meinem Urteil nicht einmal, um die Ruhe im Innern zu sichern. Das Schicksal lastet schwer auf uns. Wenn das deutsche Volk sich gegen die ihm auferlegten Lasten in Ver zweiflung ambäumt, so sollte man doch draußen ihm den kalten Hohn ersparen. Auch in seiner jetzigen Lage hat unser tapferes und schwergeprüftes Volk nach allem, was es in jahrelangem Kämpfen geleistet hat, Anspruch auf die Achtung der anderen Völker. Unsere Lage ist die: Wir sind militärisch gebrochen, politisch stiügelegt und ringen wirtschaftlich nach dem kärgsten Leben. Ein Volk in dieser Lage darf keinen Abenteuern ausgesetzt werden. Verstöße gegen die Forderungen des Friedens von Versailles, besonders gegen die internationale gewährleisteten Rechte von Vertretern fremder Staaten, müssen wir bitter büßen. Leider sind sie nicht vermieden worden. Apf ihre Folgen weise ich warnend hin. Ein Fehler, der uns in den politischen Abgrund gestürzt hätte, wäre es gewesen, wenn wir uns hätten verleiten lassen, in den russisch-polnischen Krieg kinzutreten. Es gab nur eine Parole für uns: Die Parole der strengsten Neutralität. An Versuchungen hat es nicht ge- fehlt, Deutschland von den Wegen abzuführen, die es im eiaenen nationalen Interesse geben mußte. Leute werden auch