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vorstand der Deutschen Äolksvartet tzat sich nicht zu dem groben Schwünge erheben können, wohl, weil es die Welt zu beruhigen, aufzuklären und zu entschuldigen galt. Der Parteitag in Halle hat eine Partei erschlagen. Von Kassel her erklang Triumphgesang. Es scheint wie ein Sieg, aber wenn es ein Steg war, dann war es ein Pyrrhussieg. Der Parteitag in Kassel hat es nicht vermocht, zu den brennenden Fragen des Tages, wie sich die Sozialdemokratie zum Bei spiel zum Erfurter Programm stellen wird, Stellung zu nehmen. Ich möchte wünschen, dab unser Parteitag keine Enttäuschung für uns und für die andern mit sich bringt. Reveste Meldungen. Frankreich verkauft seine Handelsflotte. Paris. Die französische staatliche Flotte besteht nicht mehr. Schon vor langer Zeit hatten sich gewisse industrielle Kreise erboten, dein Naat seine Flotte abzukaufen. Diese Aotte von 800 000 Tonnen ist in ihrer Gesamtheit an einige Gesellschaften verkauft worden. - Belgiens Kriegsverlnste. Brüssel. Die belgische Armee hat während des Krieges - ganzen an Toten, Schwerverwundeten und Verwundeten kwen Verlust von 34 456 Mann, darunter 1391 Offiziere, ge« nabt Daraus ergibt sich, dab die belgische Armee auf 2o Mann einen Offizier verloren hat. Letzte Drahtbertchte des „Wilsdruffer Tageblattes". Vorbereitungen zur Ausrufung der^ rheinischen s ^Republik. Düsseldorf, 26. Oktober (tu.) Auf dem nieder rheinischen Parteitag der U S. P. D. machte der Vorsitzende Peter Berten aufsehenerregende Mitteilungen über Vor bereitungen zur Ausrufung der rheinischen Republik. Im Industriebezirk werde die Aufstrllung von 1OOOOO Mann betrieben, die für die Sache der Dortenfreunde bestimmt sei. Die Kommunisten hätten an diesen Machenschaften regen Anteil. Der unabhängige Parteitag sprach sich gegen diese Werbearbeit für die Rheinrepublik au», die eine schwere Gefahr für da» Proletariat bedeute. — Neue Bündnisse im Osten s Marsch an, 26. Oktober, (tu.) Pole«, Rumänien, Ungarn und Finnland haben eine Militär-Konventio n für die Dauer von 3 Jahren vereinbart. Jeder der ver tragschließenden Teile ist im Falle einesbolschewiftischen Angriffes verpflichtet, den Verbündeten militärische Hilfe zu leisten. Eine Rekordernte in ^)en Vereinigte« Staaten. Basel, 26. Oktobers (tu.) Die Getreideernte in den Vereinigten Staaten wird auf 3116192000 Scheffel geschätzt, das find also zirka 90 Millionen mehr als in den besten Jahren der letzten Zelt. Aus Stadt und Land. Mitteilungen für diese Rubrik nehmen wir immer dankbar entgegen 77^ Wilsdruff, am:26. Oktober 1920 l Z — Der Herbstbußtag als Feiertag. Der diesjährige Herbstbußlag am 17. November wird, wie uns von zu verlässiger Seite mitgeteilt wird, noch gefeiert werden. Jedoch dürfte dem neuen Landtag eine Regierungsvorlage zugehen, die die Aufhebung des Hohneujahrstages und des sächsischen Frühjahrsbußlages als gesetzlicher Feiertag verlangt. — Verleihung der Ehrennadel für 25 jährige Feuerwehrdienstzeit. Die als Ersatz für das vorm. Königl. Ehrenzeichen für 25 jährige Dienstzeit bei der Freiw. Feuerwehr von der Stadtverwaltung zu Wilsdruff gestiftete Ehrennadel konnte in der gestrigen Feuerwehr versammlung erstmalig ausgehändigt werden. Unter Worten der Anerkennung für 26jährige Treue der Wehr gegenüber dankte Herr Bürgermeister Küntzel im Beisein des Herrn Stadtrat Schlichenmaier dem Tischler Herrn Paul Hörig '' kin krUWngstrsum. Eine Erzählung aus dem Leben von Fr. Lehne. (Nachdruck verboten.) „Zu einem cremefarbenen Spitzenkleide paßt er meiner Ansicht nach sehr gut/ entgegnete Mary ruhig. „Das sehr gut — Flieder zu Türkisblau! Na — Ihr Geschmack/ lachte Ella boshaft. „Verzeihung, ich wußte nicht, daß das Spitzenkleid mit Türkisblau verbunden ist! — Man könnte aber den Flieder durch andere Blumen ersetzen, ich würde Veilchen sehr apart finden.* „Ah, ich sehe, Sie wollen den Hut durchaus verkaufen und versuchen nun, ihn mir —* -'H „Nein, nicht im mindesten; er ist auf Bestellung Frau von der MülbeS gearbeitet, die ihn zu einem Garten fest haben wollte. Er ist aber teurer gekommen, als aus gemacht, deshalb hat Frau Hauptmann die Annahme ver weigert; wir haben ihn zurückgenommen und ich habe schon etwas anderes für die Dame in Arbeit.' „So, was kostet der Hut?' forschte Ella. Sie mochte Frau von der Mülbe nicht leiden, weil sie genau wußte, daß die vornehme junge Frau nicht sonderlich günstig über sie urteilte — nun wollte sie einen Trumpf ausspielen und den Hut nehmen, umsomehr, da er ihr so außerordentlich gefiel — aber diese hochmütige Verkäuferin sollte erst noch etwas gedemütigt werden. „Wir würden Ihnen den Hut billigst mit 55 Mark berechnen — eigentlich kostet er KO Mark!' „Das ist ja ein lächerlicher Preis — fast geschenkt! — Wieviel wollte Frau von der Mülbe dafür zahlen?' „Das weiß ich nicht; Frau Gündel hatte den Hut mit ihr besprochen!' versetzte Mary ruhig und bestimmt. Gabriele wurde rot; sie biß sich auf die Lippen und wandte sich an ihren Verlobten, der bis dahin kein Wort gesagt, nur die beiden Mädchen miteinander verglichen hatte und mit peinlicher Empfindung sah, wie hochmütig Ella gegen Maiy war — „nun, Liebster, sag, wie gefällt Dir der Hur?" „Ausgezeichnet! Aber ich möchte doch erst sehen, ob er Dich kleidet,' entgegnete er. „Da hast Du recht, Wolf! Dann sehe ich auch gleich, ob ich Dir darin gefalle!' Zärtlich sah sie ihn an, während Mary ihr beim Probieren behilflich war. „Gott, seien Sie doch nicht so ungeschickt, Fräulein, Sie verderben mir ja die ganze Fnsur. — Sie tun mir für die der Stadt geleisteten Dienste und überreichte ihm als Ersten diese neue Auszeichnung. — In der ersten Wahlerversammlung, die anläß lich der bevorstehenden Landtagswahl gestern abend im „Adler" stattfand, sprach HerrMinisterialdirektorDr. Dehne, der Spitzenkandidat der Deutschen Demokratischen Partei, über die Aufgaben des neuen Landtages. Von dem Schandwerk von Versailles als der Ursache dessen aus gehend, daß es in unserem Vaterlande noch nicht besser geworden ist und auch nicht besser^verden kann, forderte der Vortragende die Revision des Medensvertrages. Nicht mit Waffengewalt könne dieselbe erzwungen werden, sondern durch unermüdliche Verbreitung der Gedanken des Rechts und der Gerechtigkeit in der Welt durch das ganze deutsche Volk und eine demokratische Regierung könne der Boden dafür bereitet werden. Nach kurzer Skizzierung der verflossenen Reichstagswahl und der Vor gänge bei der Bildung der Regierung kam er auf die Verhältnisse in Sachsen zu sprechen, wo neben 5 Sozialisten 2 demokratische Minister ehrlich bemüht gewesen seien, nach ihrer Macht für Ruhe, Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Der demokratische Staat brauche Macht und Stärke, die Regierung das nötige Vertrauen. Die Demokratische Partei trete deshalb für eine Demokratisierung aber nie für eins Politisierung des Beamtenkörpers ein. Die Zwangswirtschaft müsse mit aller Vorsicht weiter abgebaut werden, Landwirtschaft, Handel und Gewerbe vor verderblichen Sozialisierungsexperimenten bewahrt bleiben. Das Streikfieber müsse endlich durch die bereits angekündigte Schlichtungsordnung gebannt werden. Die Kulturfragen würden auch im neuen Landtag einen breiten Raum ein nehmen. Die Trennung von Kirche und Staat sei eine nicht zu umgehende Notwendigkeit. Seine Partei trete dafür ein, daß sich diese Trennung in würdiger Form voll zieh? und von dem Verständnis der hohen kulturellen Auf gaben, die dis Kirche auch in Zukunft zu lösen habe, getragen werde. Die radikale Entfernung des Religionsunterrichts aus der Volksschule widerspräche den demokratischen Grund sätzen und bedeute die Zertrümmerung der Einheitsschule. Ec und seine politischen Freunde träten für die Simultan schule und einen Religionsunterricht nach den Zwickauer Thesen ein. Vielleicht sei noch in letzter Stunde eine Eini gung auf mittlerer Linie möglich. Schließlich richtete der geschätzte Redner noch eine ernste Mahnung an das gesamte Bürgertum: heraus aus der Opposition, hinein in die Regierung! Die Aussicht auf eine bürgerliche Mehrheit bestehe nicht, ein Block von Blüher bis Fräßdorf sei nach den Vorgängen im Reiche wenig wahrscheinlich, bleibe also nur die jetzige Koalition, wenn eine reinsozialistische Regierung im Interesse des gesamten Volkes abgewcndet werden solle. Deshalb sei auch jede Stimme, die den Rechtsparteien zugute käme, zur Einflußlostgkeit verdammt. Die Demokratische Partei wolle verhüten, daß unser Volk in zwei Lager gespalten werde, wo der eine Teil herrscht und der andere unterdrückt wird. Sie könne aber die große Aufgabe nur erfüllen, wenn sie stärker aus dem Wahlkampf Hervor gehe. Es geschähe deshalb zu Nutzen der gesamten Be völkerung, wenn überall der Ruf Beherzigung finde: Wählt demokratisch! — Herr Fabrikant Heinickel als Leiter der Versammlung übermittelte dem Vortragenden den Dank der Hörer fürdievon großerSachlichkeitzeugenden Ausführungen. In der sich anschließenden Aussprache forderte Herr Schrift steller Pöschl-Dresden als Vertreter der Deutschnationalen Volkspartei mehr deutschnationales Bewußtsein. Er ging auf mehrere von dem Referenten gestreifte Punkte näher ein und stellte die deutschnationalen Ansichten den demokratischen gegenüber. Nach seiner Ansicht kann, wer deutsch fühlt und Charakterfestigkeit liebt,seine Stimmenur einer der beiden Rechtsparteien geben. ja weh!" herrschte Ella Mary an. Diese wurde dunkelrot, sagte aber nichts, während Wolf sich gepeinigt wegwandte , „Sv, bitte/ sagte Mary, Gabriele einen Handspiegel reichend, die sich mit dessen Hilfe in dem großen Spiegel auimerksam betrachtete. „Nun?" fragte sie ihren Verlobren erwartungsvoll. „Du stehst sehr gut darin aus/ war dessen aufrichtige Antwort, „nimm ihn, dann bist Du Deiner Sorge ledig." „Du hast gut reden. Liebster, weil Du es nicht ver stehst. Ich bin mir noch gar nicht schlüssig —' „Der Hut kleidet Sie ausgezeichnet, gnädiges Fräulein, ich würde Ihnen raten, ihn zu nehmen! Die Blumen würden wir durch andere ersetzen, da würde schon Rat ge schafft werden!' „Haben Sie denn nun weiter nichts? Sie verstehen — Sie wollen mich wohl gar nicht verstehen, Fräulein? — Ist denn Frau Gündel noch nicht zurück?' „Wenn Sie gestatten, werde ich nachsehen/ „Aber selbstverständlich — eilen Sie — wir haben nicht viel Zeit.' Das Brautpaar war einen Augenblick allein. „Wie findest Du nun diese arrogante Person?' fragte Ella. „Ich finde sie bescheiden und höflich! Du scheinst aber sehr schwer zu befriedigen zu sein. Ich finde, daß Dir der Hut ausgezeichnet steht.' Gabriele lachte gereizt auf. „Wirklich, weil das dumme Ding es sagt, sprichst Du es nach! Von einem hübschen Gesicht laßt Ihr Euch gar gern bestechen, wenn auch kein Funken Moral dahin er ist — und wir Damen müssen uns von solchen Personen bedienen lassen. Dieses Mädchen z. B. weiß ich genau, hat ein Verhältnis mit ernem jungen Offizier gehabt, der ihrer überdrüssig ge worden — jetzt hat sie längst schon Trost in den Armen eines anderen gefunden. Ich habe einen Widerwillen vor der Berührung mit solchen Geschöpfen, und doch ist man darauf angewiesen." Dabei sah sie ihren Verlobten un verwandt an, während ein boshaftes Lächeln ihre Lippen schürzte. Wolf hielt eine verächtliche, zornige Antwort zu rück, er zuckie nur di« Achseln und sagte: „Für mich Härte es an Deiner Stelle zu wenig Inter esse, so etwas nachzusagen — wer weiß, ob es wahr ist! Solch armes, auf sich selbst angewiesenes Mädchen hat ebenfalls seine Ehre!" „Du b st ja ein warmer Fürsprecher für die armen Mädchen,' sagte sie hohnvoll, „zufällig weiß ich es besser — Neues Fsrnsprechverzeichnis. Der Neudruck deS Fernsprechoerzeichnisses für das hiesige Fernsprechamt befindet sich in Vorbereitung. Etwaige Wünsche hierfür bitten wir bis spätestens Donnerstag vormittag in unserer Geschäftsstelle anzubringen. — Der Militarvereiu Wilsdruff und Umgegend hielt am Sonntag im Gasthofe zum Adler sein sehr gut besuchtes 57. Stiftungsfest ab. Der Festabend wurde durch ein Musikstück und eine längere mit Beifall aufgenommene Ansprache des Vereinsehrenvorstehers eingelciret. Im weite ren Verfolg des Abends wurden dis Kameraden Otto Gietzelt, Josef Adler-Wilsdruff und Hermann Pötzsch-Tanneberg zu ihrer 40jährigen VereinSmitgliedschaft aufs herzlichste be glückwünscht und von den anwesenden Kameraden durch Erheben von den Plätzen geehrt. Beschlossen wird infolge zu hoher Herstellungskosten des alten Vereinszeichens, für dieZukunft das allgemeine Bundesoereinszeichen zu tragen, weiter soll für 40jährige Mitgliedschaft das vom Bunde herausgegebene Zeichen getragen werden. Zur Aufführung kam Kneisels 4 akflger Schwank: „Ter große Unbekannte'. Alle Mitspielenden entledigten sich ihrer nichtleichten Auf gabe mit anerkennenswertem Geschick, so daß reicher Beifall die Aufführenden lohnte. Der Vorsteher sprach den Herr schaften für ihre ausgezeichnete Leistung den wohlverdienten Dank des Vereins aus, insbesondere auch den Herren Kameraden Schröter und Wehner jun. Herrn Korbwaren händler Breuer wurde für Ueberlassung der Korbmöbel besonderer Dank gezollt. Trotz vorgeschrittener Zeit kamen infolge der unermüdlichen, ausgezeichneten Musik die einem Tänzchen huldigenden Damen und Herren noch voll auf ihre Rechnung. Das Vereinsvergnügen verlief in harmonischer Weise. Von einem erfreulichen Zuwachs der Mitglieder zahl wurde gern Kenntnis genommen. — I« den Reichsdienst Lbergetreten. Der Bürger meister Max Jäger aus Tanna (Reuß), der von 1S01—1907 Natsregistrator in Wilsdruff war, ist am 1. Oktober in den Reichsfinanzdienst — Finanzamt Riesa a. Elbe — übergetreten. — Fechtschullotterie. Die in der gestrigen Nummer unseres Blattes veröffentlichte Gewinnliste ist dahin zu berichtigen, daß nicht Nr. 2430, sondern 2429 mit Gewinn gezogen worden ist. — In den Lindenschlößchen-Lichtspielrn kommt morgen ein ganz hervorragendes Programm zur Vor führung. Henny Porten spielt in „Das MaSkenfest des Lebens." — Gewerbeverein. Heute Dienstag abends'/z 8 Uhr findet die diesjährige Hauptversammlung im „Löwen" statt. — Die Sachseustimme (Wahlsonderausgabe Nr. 1), Organ der deutschen Volkspartei in Sachsen, liegt der heutigen Gesamtauflage unserer Zeitung bei. Tabaksteuer. Nachdem die Schwierigkeiten bei der Herstellung und Verteilung der Steuerzeichen nunmehr be hoben sind, ist vom Reichsminister der Finanzen bestimmt worden, daß vom 1. Dezember d. I. ab, Händler tabak- steuerpflichtige Waren, die nicht mit den erforderlichen Steuerzeichen versehen sind, nicht mehr im Besitz oder Ge wahrsam haben dürfen, wenn sie sich nicht den vielen Folgen des H 59 Ziffer 9 des Tabaksteuergesetzes aussetzen wollen. Die Aushändigung der noch fehlenden Steuer zeichen, die nicht von vornherein geliefert werden konnten, hat in der Weise zu erfolgen, daß die Händler oder Her steller, die die Steuer entrichtet haben, die ihnen nachträg lich zu liefernden Steuerzeichen den Abnehmern ihrer Waren übersenden. — Warnung vor Schwindlern mit Steinkohle«. Seit einiger Zeit treiben sich in der hiesigen Umgebung 2 junge Leute umher, die bei Landwirten markenfreie gute Nußkohle den Zentner von 23—25 Mk. anbieten. Sie bestellen die Besitzer in der Dunkelheit in den frühen — meine Friseuse kennt diese Person und ihren LebenS- I wandel ganz genau, da sie im selben Hause wohnt —' sie hielt inne, da Mary mit Frau Gündel zurückkam. Letzter« begrüßte Gabriele mit einem Wortschwall und der Ver sicherung tadelloser Ausführung. Gabriele entgegnete kurz: „Das will ich hoffen; leider will mich Ihre Direktrice gar nicht verstehen. Auch mein Verlobter ist darüber un gehalten.' Wolf öffnete den Mund zu einer Erwiderung — er sagte aber doch nichts; was hätte es auch für Zweck gehabt! „Aber Fräulein Mary — ich sollte doch meinen, daß Ihnen der Geschmack des gnädigen Fräuleins genügend be kannt sein dürfte," sagte Frau Gündel tadelnd zu dem jungen Mädchen. „Bringen Sie doch mal die vorn auf geschlagenen Hutformen, sowie das fertige Modell davon her. Warum haben Sie dem gnädigen Fräulein den roten Hut nicht gezeigt? Das wäre so etwas!" „Ich meinte doch nicht! Fräulein Ulrich würde ihn nicht tragen. Ec ist zu auffallend.' „Sie haben gar nichts zu denken! Eilen Siel' — Mary gehorchte, dann sagte sie: „Frau Hauptmann von der Mülbe ist soeben gekommen; gestatten Sie, daß ich einige Augenblicke nach dem Laden gehe?' „Ist Fräulein Hannel nicht da? — Ja? — Nun, dann ist Ihre Anwesenheit nicht nötig! Sie sind übrigens Direktrice und keine Verkäuferin mehr. Also bleiben Sie; nötigenfalls werde ich selbst gehen.' Frau Gündel ließ wohlweislich Mary nicht gehen, da sie die einzige war, die bisher Gabriele zu deren vollster Befriedigung bedient hatte; in den verflossenen Jahren hatte die verwöhnte Bankiers tochter stets auszusetzen gehabt an ihren Hüten — bis eS Mary verstanden hatte, deren Geschmack Rechnung zu tragen. Sie war ihr überhaupt unentbehrlich; Mary war bei all den vornehmen Damen, dis sie zu ihren Kunden zählte, wegen ihres bescheidenen feinen Wesens und wegen ihres ausgezeichneten Geschmacks sehr beliebt, und alle wollten nur von ihr bedient sein, trotzdem sie eigentlich als Putzmacherin und nicht als Verkäuferin verpflichtet war. Frau Gündel wußte genau, welche große Hilfe und Unterstützung ihr in dem jungen Mädchen zur Seite stand; deshalb war sie auch sehr ungehalten, daß Mary ihr zum 15. August ge kündigt hatte und trotz aller lockenden Versprechungen durchaus nicht bleiben wollte. (Fortsetzung folgt.)