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Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Leipzig 28644 Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der AmtShauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil. Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 237. Mittwoch den 13. Oktober 192V. 79. Jahrgang. Amtlicher Teil. Wohnungsnotstandsgemeinden. 1. Das Ministerium des Innern, Landeswohnungsamt hat mit Verordnung vom 4. Oktober 19201.. Vf. IV 1624 und I.. XV. Z.. IV 1625 für die Gemeinden Dittmanns dorf und Krögis die Bestimmungen in M 5 und 6 der Bekanntmachung zum Schutze der Mieter und in 2—5 der Bekanntmachung über Maßnahmen gegen Wohnungs mangel, beide vom 23. September 1918, in der Fassung vom 22. Juni 1919 mit der Maßgabe in Kraft gesetzt, daß die Gemsindevorstände zu Dittmannsdorf und Krögis verpflichtet sind, Anordnungen nach Z 5 der Mieterschutzbekannimachung zu treffen. 2. Die Gemeinden Dittmannsdorf und Krögis sind nunmehr Wohnungsnotstands- gemeinden der Liste I. Meißen, am 11. Oktober 1920. Nr. 614 und 527 II v Die Amtshauptmannschaft. Dsmrrstülj den 14. Gktsber 192Ü NÄmiitsgs 7 Uhr öffentliche Sitzung der Stadtverordneten. Dis Tagesordnung hängt im Verwaltungsgebäude aus. Wilsdruff, am 12. September 1920. I88 Der Stadtverordnetenvorsteher. IlllllllllllillllllillllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllUlNIIIllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllillllllllllllllllllllilllllll ILUMLMN haben im „Wilsdruffer Tage blatt", das einen weitver zweigten u. kaufkräftigen Leser kreis besitzt, große Wirkung. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Der Reichswirtschastsrat bat neue Vorschläge für eine ver mehrte Kohlenförderung gemacht. * Das Reichskabinett hat den Geheimrat Dr. Carl zum Reichsfinanzkommissar ernannt. * In Weimar wurde die Gattin des aus der Skagerrak« Schlacht bekannten Admirals v. Scheer ermordet. * In Kassel ist der diesjährige sozialdemokratische Parteitag zusammengetreten. * Nach einer Meldung aus Lpndon erwägt man dort, die Wiedergutmachungsronfereuz statt in Genf in Köln abzuhalten. * Die Volksabstimmung hat einen vollen Sieg des Deutsch tums zugunsten Österreichs ergeben. * Der Parteivorstand der sozialistischen Partei der Schweiz hat einen Antrag angenommen, der fick gegen die 2t Mos kauer Bedingungen ausspricht. Oer Finanz-Maior. Spötter werden sagen: Na ja, da haben wir's! Die Sparsamkeit, die nun endlich in der ganzen Reichsver- waltung durchgeführt werden soll, fängt natürlich damit an, daß eine neue Reichsbehörde eingesetzt wird, offenbar, weil wir deren noch immer nicht genug haben. Der Herr Reichs finanzminister allein ist nicht dazu imstande, sein eigenes Programm zu verwirklichen, man muß ihm erst noch einen besonderen Reichskommissar zur Seite setzen, der sich aber mals mit einem Stabe von eigenen Beamten umgebe, also zunächst wieder einmal einen hübschen Batzen Geld kosten wird, ehe er überhaupt dazu kommen kann, den Sparsam- keitsdesen ordentlich anzusetzen. Was soll man zu einer Reform sagen, die sich so vielversprechend einführt? Die Spötter mögen recht haben — sie haben leider schon viel zu oft in den letzten Jahren recht behalten. Aber schließlich kommt es doch wohl auf den Mann an, der mit einer neuen Aufgabe betraut wwd-n ist, »nd da heißt es schon ein klein wenig abwarten, bis der UnanzdMator, der bisherige Präsident des Landesfinanzamtes Unterweser, Herr Dr. Carl, zeigen kann, ob er seine Sache versteht, für die ec bestellt worden ist. In der Notwendigkeit dieser Sache sind sich ausnahmsweise einmal alle Deutschen einig. Sparen müssen wir, wir müssen sparen! Wie ost ist dieser Vorsatz nicht schon gefaßt und öffentlich verkündet worden, und wie entsetzlich ist nicht trotzdem die Verwirtschaftung unserer öffentlichen Gelder fortgesetzt ins Kraut geschossen. Was soll man z. B., um nur an die allerneueste Gegenwart zu er- umern, dazu sagen, daß der Papicrgeldumlauf des Reiches m der ersten Oktoberwoche abermals um 3 Milliarden Mark vermehrt wurde und damit von 72 auf 75 Milliarden gestiegen ist? Diese eine Tatsache aber spricht Bände. Bisher aber hat noch niemand gewußt, wie der immer höher anschwellenden Flut Einhalt zu gebieten sei. Die Notenpressen müssen sttllgelegt werben, auch darin ist man sich, nicht nur innerhalb Deutschlands, vollständig einig; auch in Brüssel gab es über dielen Punkt wenigstens gar keine Meinungsverschieden heiten. Aber noch hat sich leider Gottes kein Praktiker ge funden, der diese ebenso tiefe wie einfache Wahrheit in die Tat umzusetzen vermochte. Unserem Reichsrat ist allerdings die Angst nachgerade bis zum Halse gestiegen, und so hat er. als ibm kürzlich sogar schon ein Neichsdefizit von 67V- Mil liarden auf den Tisch des Hauses nieüergelegt wurde, einen Beschluß gefaßt, der Hörner und Zähne hat. Es muß unter allen Umständen gespart werden, an allen Kanten und Enden. Und die Reichsfinanzverwaltung mutz mit ausgedehnten Vollmachten, mit besonderen Befugnissen ausgestattet worden, damit gegen ihren Einspruch auch nicht ein Pfennig aus gegeben werden kann. Dieser Beschluß bildet lediglich eine Bestätigung der Absichten, mit denen das Reichskabinett sich trug, seitdem der Reichsfinanzminister seinen RiMritt für den Fall der Fortdauer der jetzigen bestnnungslMn Aus gabenwirtschaft angedroht hat. Und daß auch der Reichstag gegen die Errichtung einer Finanzdiktatur nichts einzuwenden haben wird, läßt sich wohl ohne weiteres annehmen. Im Prinzip sind sich also alle beteiligten Instanzen darüber einig, daß etwas geschehen muß. Fragt sich nur, ob die Praxis seiner Durchführung diele Einigkeit nicht früher oder später gefährden oder gar zerstören wird. Denn so viel ist klar, wo der neue Reichülbmmißar zu- fafsen wird, da wird es ein schmerzhaftes Aufschreien geben. Denn man hat sich nachgerade daran gewöhnt, seine Forde rungen an Reich und Staat mit vollendeter Rücksichtslosig keit durchzusetzen, gleichviel was vom Standpunkte der Finanzen dazu gesagt werden mußte. Man weiß z. B., daß noch mancherlei sehr erhebliche Besoldungswünsche dieser oder jener Beamtengruppen schweben. Schon hier wird es sich zeigen müssen, ob Herr Dr. Carl bei der Volks vertretung die nötige Unterstützung findet. E-.n- anderes Beispiel bietet die Ernährungsfrage. Wir werden wobt lehr bald hier zu entscheiden haben, ob neue Verteuerungen wichtiger Lebensmittel von den Verbrauchern zu tragen oder wieder der Reichskasse aufzueriegen sind. Dce Reichs tasfe aber kann schon lange nicht mehr leisten, was von ihr verlangt wird. Man weiß, daß der Steuereingang noch gar nicht recht in Fluß gekommen ist. Wohl hat sich die Regierung Steuern über Steuern bewilligen lassen. Mit ihrer Einziehung kommt aber der Verwaltungsapparat nicht zu Rande, weil Herr Erz berger darauf bestanden hatte, zu gleicher Zeit die Steuer ämter von den Einzelstaaten auf das Reich zu übertragen. Das machte eine Riesenarbeit notwendig, während deren von irgendwelcher Steuererhebung überhaupt nicht die Rede lein konnte. So ist es gekommen, daß erst jetzt im dritten Steuerguartal die ersten Einkommensteuer-Raten für das laufende Finanzjahr einzulaufen beginnen, und das nicht erwa auf Grund einer Einschätzung der gegenwärtigen Ein kommensverhältnisse, sondern lediglich auf der Grundlage der vorjährigen Veranlagung. Bis zu einer neuen Einschätzung hat es offenbar noch gute Wege. Und das Reichsnotopfer? Rian erinnert sich noch, wie eilig es die frühere Regierung damit hatte, und nun mutzte sie die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen bis Ende September ver längern, so daß eben erst die allerersten Arbeiten für die Veranlagung im Gange sein können. Mittlerweile aber haben sich die gesamten Finanzoerhältnisse des Reichs so sehr ver schoben, datz auch dieser gehörige Aderlaß des Besitzes kaum einen fühlbaren Einfluß auf unsere Gesamtlage ausüden wird. Nein, auck wenn alle diese Steuereingänge noch so lehr beschleunigt würden, was, wie gesagt, nicht Sache der Steuerzahler, sondern der Steueroerwaltung ist, die Aufgaoe des Finanzdiktators bleibt genau so dringlich wie sie heute erscheint: Die Ausgaben müssen mit aller Macht einge dämmt werden, sonst ist uns bald gar nicht mehr zu helfen. Was wir auch an Steuern und sonstigen Einnahmen dem Reiche zuführen mögen, nicht einmal die schon vorhandenen Löcher können damit auch nur im entferntesten zugefiopft werden. Unsere Ausgaben müssen auf den Stand herumer- gedrückt werden, den wir jetzt im Rahmen der Völker ein nehmen, und unsere Arbeit muß mit allen Mitteln gesteigert werden, welche die heutige Wirtschaft noch ihr eigen nennt. Sonst können wir unsere sieben Sachen zusammenpacken und Schluß machen. Ein neuer Mann tritt in den Vordergrund unseres öffentlichen Lebens. Ob es ein Fachmann ist, eine Kraff- natur, wie sie auf diesen Posten gehört, wenn dabei mehr herauskommen soll als eine abermalige Komplizierung der ohnehin nicht gerade einfachen Verwaltung? Es ist ein letzter Versuch. Darüber gibt es keinen Zweifel, denn er wird und kann nur gelingen, wenn auch der gute Wille des gesamten Volkes für ihn einsetzt. Die Leitsätze der Negierung. Das Programm mit dem Zweck der Verringerung der Ausgaben des Reichs wurde dem Kabinett vom Reichs finanzminister Dr. Wirth vorgelegt und gibt dem Reichs finanzminister die der schweren Finanzlage des Reiches ent sprechende ausschlaggebende Stellung in der gesamten Aus gabewirtschaft des Reiches. Die gleichzeitig mit der Er nennung des Präsidenten des Landesfhranzamts Unterweser Dr. Carl zum Reichskommissar für Vereinfachung und Ver einheitlichung der Reichsverwaltnng unter Verantwortung des Reichsstnanzministers veröffentlichten Leitsätze sollen im allgemeinen bestimmt sein, die Stellung des Reichsministers der Finanzen in formeller Weise zu stärken. In sachlicher Hinsicht soll sich die gesamte Finanzgebarung und Wirt schaftsführung des Reichs streng nach den Leitsätzen richten. Sie lauten: 1. Der Aufgabenkreis des Reichs ist innerhalb der Grenzen der Berfafsnng so eng wie irgend möglich zu halten. Neue Aufgaben dürfen nur ausgenommen und von Ländern, Gemeinden oder sonstigen öffentlichen oder privaten Organisationen auf das Reich übernommen werden, wenn ihre Inangriffnahme ohne jede persönlichen oder sachlichen Kosten für die Reichskaffe möglich ist, oder es sich um un bedingt lebenswichtige Interessen des Reichs handelt und die Übertragung der Aufgaben auf andere Schullern ausgeschlossen ist. Bereits in Angriff genommene Aufgaben müssen einge stellt, eingeschränkt oder überwälzt werden, wenn sie diesen Anforderungen nicht entsprechen. Scharfe Abgrenzung zwischen Reich, Ländern, Gemeinden usw. ist notwendig. 2. Neue Vcrwaltungseinrichtnngcn dürfen nicht ge schaffen, bestehende nicht vergrößert werden. Insbesondere dürfen grundsätzlich neue Stellen nicht geschaffen, vor handene Ausgabeposten anderer Art nicht erhöht werden. Ausnahmen von diesem Leitsatz sind nur zulässig, sofern es sich um unbedingte Lebensnotwendigkeiten für das Reich handelt. Demgemäß hat auch jede Maßnahme zu unter bleiben, welche die Schaffung neuer oder die Vergrößerung bestehender Einrichtungen entgegen diesem Grundsatz nach sich zu ziehen geeignet ist. Insbesondere dürfen in keinem Falle ohne vorherige Zustimmung des Reichsfinanzministeriums von Reichsbeamten, Reichsbehörden oder Reichsstellen irgend welche Zusicherungen persönlicher oder sachlicher Art ab gegeben werden, welche die Einrichtung neuer Stellen oder die Übernahme sonstiger Mehrausgaben auf das Reich zum Ziele haben. S. Die bestehenden Verwaltnngseinrichtungen und Stellen vorübergehender oder dauernder Natur sind soweit als irgend möglich einzuschränkcn und abznbaucn und die Kosten der Verwaltung in jeder Weise zu vermindern. Demgemäß sind die Verwaltungseinrichtungsn und Stellen in ihrem gesamten Umfange nach rein verwaltungstechnischen Gesichtspunkten auf ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit nachzuprüfen und im Falle des Bedürfnisses nach einem festen Vlan abzudauen oder nach einheitlichen Grundsätzen und unter Vermeidung feder Mehrausgabe zu ändern. Im Laufe des Etatsjahres 1820 bei den Zentralbehörden freiwerdsnde Stellen dürfen nur mit Zustimmung des Reichsfinanzministers wieder besetzt werden. Der beschleunigte Abbau der Kriegsorgani sationen, insbesondere der Kriegsgesellschaften und Kriegs stellen, ferner der Kriegsfonds und der Einrichtungen der alten Wehrmacht ist mit größtem Nachdruck zu betreiben. 4. Bei Leistung sonstiger Ausgaben ist sowohl auf per sönlichem wie auf sachlichem Gebiete die allergrößte Spar samkeit zu üben und mit allen Mitteln darauf hinznwirke», daß die Ausgaben tunlichst niedergehalteu und Ersparnisse gegenüber den Voranschlägen erzielt werden. Demgemäß haben alle nicht zu den Lebensnotwendigkeiten unmittelbar gehörenden Ausgaben vollständig zu unterbleiben oder sind auf das Mindestmaß einzuschränken. Alle Anträge auf Bewilligung von Reichsmitteln sind auf jede mögliche Kürzung scharf nachzuprüfen und zwar nach r»in sachlichen, nicht nach persönlichen oder politischen Gesichtspunkten. Köln statt Genf? Starke englisch-französische Gegensätze. Der Londoner Korrespondent des „Temps" berichtet, datz der „Daily Chronicle* aus offenbar olfizieller Quelle Aufklärungen über oie Verhandlungen zwilchen der franzö- silchen und englischen Regierung veröffentlicht. Am letzten Tage der Konferenz von Spa sei unter dem Einfluß Ltoyd Georges ein Abkommen über die deutschen Kohtenlieserungen nicht ohne Schwierigkeiten erzielt worden. Andererseits habe man beschlössen. Ansang August in Genf eine gemischte Kommission, in der auch Deutschland und die andern Mächte durch zwei Delegierte vertreten sein sollten, zu sammenzuberufen. Diese Kommission habe die Frage studieren und einen Bericht erstatten sollen, sie hätte aber keine Ent scheidung treffen sollen über die Fragen der Gesamtsumme und der Flüssigmachung der von Deutschland zu zahlenden Entschädigungen. Ministerpräsident Millerand have dieses Abkommen angenommen. Reichskanzler Fehrenbach und Reichsminister Simons hätten in Berlin erklärt, wenn auch die Bedingungen über die Kohlenlieferungen hart seien, so hätte man wenigstens als Konzession die kontradiktorische