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Wilsdruffer Tageblatt : 08.10.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192010081
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19201008
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19201008
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-10
- Tag 1920-10-08
-
Monat
1920-10
-
Jahr
1920
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 08.10.1920
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Die verlassen das Schiff. Sowjetrußland vor Lem Fall. Die Bolschewisienherrschaft in Rußland scheint nun tat« «Schlich ihrem Ende entgegenzugehen. Jedenfalls mehren sich Anzeichen dafür täglich. Das Schiff droht zu sinken und dw Ratten verlassen das Wrack. Nach den letzten Meldungen ans Moskau nimmt in Lreiicn der Sowjets die Beunruhigung täglich zu. Die rote» Truppen, die an der südrussischcn Front den Rückzug lmgetreten haben, sind durch Hunger und andere Ent- vchrmmen völlig demoralisiert und laufen scharenweise zu dem Gegner über. Die Bemühungen Trotzkis, in den sibirischen und östlichen Provinzen neue Truppen anszn- H-Len, sind gescheitert, überall erheben sich die Bauern, und selbst die 'Arbeiter weigern sich entschieden, mili tärischen Dienst zu tun. Die Arbeiterschaft in Moskau und Petersburg drohen mit dem Streik und plündern die F-Sriken, in denen sie zur Arbeit gezwungen werden. Die bolschewistische Presse bringt täglich alarmierende Berichte über die Lage au der Front. polMsche KLmtzsOarZ. Deutsches Reich. 4» Wiederzusammentritt des Reichstags. Wie es Heft:, wird der Reichstagspräsident Löbe den Reichstag zum Dienstag, 19. d. Mts., einberufen. Über die kommenden Arbeiten wird Ler Ältestenrat einen Beschluß herbeiführen, nachdem die Regierung dem Reichstage eine Zusammen stellung der ihm zugedachten Arbeiten für den Winter unter breitet hat. In erster Linie wird es sich um die Lösung der neuen Steuerträger: handeln, über die das Reichsfinanzmini sterium eine Denkschrift vorbereitet. 4- Autonomie für Oberschlesien nach der Abstimmung. In einer Unterredung mit einem Pressevertreter erklärte der preußische Innenminister Severing: „Um besonderen Wünschen oberschlesischer Kreise Rechnung zu tragen, hat sich die Reichs regierung im Einvernehmen mit der preußischen Regierung zu der Erklärung verstanden, daß, wenn die Abstimmung in Oberschlesien das Verbleiben bei Deutschland ergibt, die bundesstaatliche Autonomie gewährt wird, sobald dieser Wunsch in einem Volksbegehren zum Ausdruck gebracht werden sollte. Diese Haltung wird zweifellos von den politischen Parteien des Reichstags und der Lanüesversamm- iung unterstützt werden." » Das Verfahre» gegen General v. Lettow-Vorbeck wegen Beteiligung an dem Kapp-Putsch ist nunmehr auf Antrag des Rechtsanwalts Dr. Alsberg durch Beschluß des ersten Strafsenats des Reichsgerichts eingestellt worden. Das Reichsgericht ist den Ausführungen des Verteidigers darin beigetreten, daß, weil General v. Lettow-Vorbeck nur an der Leitung eines provinziellen Unternehmens beteiligt sein sollte, der Amnestieerlaß auf ihn Anwendung finden müsse, da das Gesetz vom 4. August, das die Leiter des Unternehmens von der Amnestie ausgeschlossen wissen will, offenbar nur die Leiter des gesamten Unternehmens im Auge gehabt habe. 4- Kein neues Steuerprogramm im Reich. Die Nach richt, daß der Reichsfinanzminister eine neue große Steuer reform plane, die eine Mehreinnahme von 15 Milliarden bringen solle, ist unrichtig. Der Reichsfinanzminister plant vielmehr einstweilen nur. eine beschleunigte Eintreibung des Reichsnotopfers und der Vermögenszuwachssteuer durchzu führen und durch äußerste Sparsamkeit die Ausgaben des Reiches zu verringern. 4- Koalitionskrise in Bayern. Zu der von dem Vor sitzenden der bayerischen Volkspartei gegebenen Interpreta tion des Bamberger Programms erklärten die Fraktions führer der übrigen Koalitionsparteien auf Befragen, daß diese authentische Interpretation weder bei den vereinigten Rechtsparteien noch bei der deutschen demokratischen Partei, noch beim bayerischen Bauernbund die gewünschte Klärung herdeigeführt habe. Alle diese Parteien seien über die Inter pretierung unzufrieden. Dänemark. u In Ser Thronrede des Königs von Dänemark heißt es u. a.: „Wenn ich das Bestreben gehabt habe, diese erste Session des Reichstages nach der Wiedervereinigung mit Schleswig persönlich zu eröffnen, so ist das besonders darum " kin prUWngslrsum. Eine Erzählung aus dem Leben von Fr. Lehns. (Nachdruck verboten.) „Sie gehen, Herr Leutnant ?" „Ja, Herr Ulrich, denn meine Selbstachtung verbietet mir, noch länger eine solche Erniedrigung mit meiner Person mit anzuhören. Ich lasse mich nicht kaufen! — Morgen werde ich den Wechsel zur bestimmten Zeit einlösen." „Wie Sie wollen," lautete des Bankiers kühle Ant wort: „ich gebe Ihnen aber zu bedenken, daß ich keine Luft habe, mich zum Mitschuldigen eines offenbaren Be truges zu machen, zu dem Ihr Name benutzt worden ist!" Dabei wandle er sich ab und sah anscheinend gleichgültig zum Fenster hinaus. Wolf trat wieder einige Schritte zu ihm hin und entgegnete mit mühsam behaupteter Fassung: „Ich habe den Wechsel ausgestellt —" „Das ist nicht wahr, Herr von Wolfsburg, Sie sprechen die Unwahrheit! Sie sind es nicht gewesen; Ihre anfäng liche Entrüstung war echt und recht — Sie waren es nicht, sondern, wenn Sie es durchaus hören wollen —" „Nein, nein," schrie da Wolf auf, „nein! — Aber was haben Sie denn für Schaden? Ich zahle Ihnen morgen die Summe, ich kann sie bekommen — dann ist Sachs erledigt." „Meinen Sie? Für mich nicht! — Ein Kaufmann, Herr von Wolfsburg," entgegnete Ulrich scharf, „hat den selben Begriff von Ehrs, wie die Herren Offiziere, die manchmal einen ganz falschen und übertriebenen Kultus damit treiben! Nochmals, ich gebe mich nicht dazu her —" „So gönnen Sie mir doch wenigstens Zeit zur Ueber- legung!" „Ueberlegung, wo andere mit tausend Freuden zu greifen würden," sagre der Bankier in bitterem Tone, während doch etwas wie Mitleid beim Anblick von Wolfs bleichem Gesicht in ihm aufstieg. „Herr Ulrich — ist das aber ehrenhaft, mich zu etwas zwingen zu wollen, wovon —" „Kein Wort, Herr Leutnant, wenn Sie nicht wollen, daß morgen schon der Name Wolfsburg mit Schmach be deckt ist! — ich habe Mitleid mit Ihnen, weil ich Sie stets als einen Mann von Ehre und Charakter erkannt habe, deshalb schlug ich Ihnen diesen Ausgleich vor — denn geschehen, Lle Vertreter der schleswigschen Bevölkerung herz lich willkommen zu heißen, um ihnen für ihre große Treue zu danken. Wir werden nicht die Sorge um Lie Be wahrung Ler dänischen Sprache und der dänischen Kultur bei Len Landsleuten vergessen, die südlich der neuen Grenze wohnen. Unsere Beziehungen zu den fremüen Ländern sind gut. Mit besonderer Befriedigung erwähne ich das Fort bestehen Ler Zusammenarbeit mit unseren nordrschen Nach barn." D'msEs. " Deutsche KousuLn aus der Haft entlassen. Die vormaligen deutschen Konsuln in San Francisco Leaven worth, v. Bopp und v. Schack, Lie 1918 wegen angeblicher Verletzung der Neutralität zu fünf Jahren Gefängnis ver urteilt worden sind, sind aus der Haft entlassen worden. Sie werden wahrscheinlich die Rückreise nach Deutschland antreten. Dis kommens ArheiLslofenVArsichemng. Aus dem Inhalt des Gesetzentwurfes. Die gesetzgebenden Körperschaften werden sich in abseh barer Zeit mit dem fertiggestellten Gesetzentwurf zu be- fchästigen haben. Der Entwurf hebt zwei Aufgaben hervor: Unterstützung bei Arbeitslosigkeit und Verhütung von Arbeits losigkeit. .In die gesetzliche Regelung sollen einbezogen werden: 1. Arbeiter, Gehilfen, Gesellen: 2. sämtliche Angestellte ohne Rücksicht auf ihre Vorbildung: 3. Äpothekergehilsen: 4. sämt liche Bühnen- und Orchestermitglieder; 5. Seeleute und Schiffer. Unter die Versicherung fallen staatliche und ge meindliche Beamte und Angestellte, Lehrer an öffentlichen Schulen u. a. m. Arbeitslosenunterstützung erhält, wer 1. die Warte zeit erfüllt hat (der Versicherte muß in den 24 Monaten nor dem Eintritt der Arbeitslosigkeit während 28 Wochen Beträge geleistet haben), 2. wer arbeitsfähig ist, aber nach Bescheinigung durch den Arbeitsnachweis eine passende Arbeit (d. i. jede Be schäftigung, die dem Versicherten unter billiger Berücksichtigung seiner Ausbildung, seines mehrjährigen Berufs und seines Familienstandes zugemutet werden kann), innerhalb drei Tagen feit Verlassen seiner letzten Stelle nicht gefunden hat, 3. wer seinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung nicht erschöpft hat. Eine Beschäftigung in einem Betrieb, in welchem Stellen infolge eines Ausstandes oder einer Aussperrung srei sind, braucht der Versicherte nicht anzunehmen. Die Arbeitslosenunterstützung wird nur in beschränktem Umfange gewährt, und zwar binnen zwölf Monaten nur für insgefamt 13 Wochen. Arbeitslosenunterstützung wird nicht gewährt, wenn der Versicherte 1. seine Stelle freiwillig, ohne triftigen Grund aufgegeben hat, 2. wegen schuldhaften Ver- baltens entlassen worden ist, 3. wenn der Versicherte eine ihm nachgewiesene passende Arbeit ohne triftigen Grund nicht an genommen hat. 4. wenn die Arbeitslosigkeit durch Ausstand oder Aussperrung verursacht worden ist. Im letzteren Falle wird nach der vierten Woche seit Beendigung des Ausstandes oder der Aussperrung die Unterstützung für die weitere Tauer der Arbeitslosigkeit gewährt. Der Arbeitslose erhält vom dritten Tage ab Unterstützung in Höhe des Ortslohnes. In gewissen Fällen (bei Bezug von Krankengeld usw.) ruht die Arbeitslosenunterstützung. Träger der Arbeitslosenversicherung ist die von dem Kasfenverband, den die Krankenkassen des Bezirks bilden, er richtete Arbeitslosenkasse. Die Mittel für die Arbeits losenversicherung werden aufgebracht durch Wochenbeiträge der Arbeitgeber und der Versicherten zu gleichen Teilen und durch Beiträge des Reichs und des für den Kaffenbezirk zu ständigen Gemeindeoerbandes zu je einem Viertel der ein gegangenen Beiträge der Arbeitgeber und Versicherten. Die Mittel zur Verhütung von Arbeitslosigkeit werden aus der gemeinsamen, vom Arbeitsminister verwalteten Rück lage entnommen, der jede Arbeitslosenkasfe jährlich ein Zehntel des Iahresbettages der Kaffenbeiträge zuzuführen hat. Sechs Monate nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über Arbeitslosenversicherung tritt die Reichsverordnung über Erwerbslosenfürsorge vom 26. Januar 1920 außer Kraft. Deren Mittel werden der gemeinsamen Rücklage überwiesen. * Für langfristig Erwerbslose. Die Reichsregierung hat infolge der Wirtschaftskrise und der starken Zunahme der Arbeitslosigkeit die Fürsorge für langfristig Erwerbslose erheblich erweitert. Nach den neuen Bestimmungen darf diese besondere Fürsorge jetzt ohne weiteres an solchen Erwerbslosen gewährt werden, die in weniger als 20, mindestens aber 8 Wochen der Lem Stichtage vorher gehenden 6 Monate Erwerbslosenunterstützung bezogen und wenigstens einenAngehörigen zu erhalten haben. Darüber hinaus dürfen Bewilligungen der langfristigen Erwerbslosenunter stützung von den Landesregierungen allgemein erteilt werden, wenn Lies zur Beseitigung von Gärten erforderlich ist. Zur Gewährung der Unterstützungen hat das Reich den Landes regierungen aus Reichsmitteln weitere 15 Millionen Mark zu den bereits bewilligten 35 Millionen zur Verfügung gestellt. Preußen hat zu diesen Reichsmitteln einen weiteren Zuschuß in Höhe von vier Sechsteln Ler vom Reich bewilligten Summe gewährt. LlmgesiMung des gesamten Polizei. Auflösung der Sicherherheitspolizei. Der Minister des Innern, Severing, hat nunmehr den Erlaß nebst Ausführungsbestimmungen betr. Auflösung der Sicherheitspolizei und Umbildung der Polizei in Preußen herausgegeben. Darnach wird mit sofortiger Wirkung die Sicherheitspolizei einschließlich der Stäbe aufgelöst. Die der Aufrechterhaltung der Ruhe» Sicherheit und Ordnung dienende Polizei ist eine rein örtliche. Ihre Zuständigkeit be schränkt sich auf den Ortspolizeibezirk. Sie untersteht mit sämtlichen Beamten in Orten mit staat licher Polizeioerwaltung dem Polizeipräsidenten be ziehungsweise Polizeidirektor, an allen anderen Stellen den kommunalen Ortspolizeibehörden. Eine Verwendung von Polizeikräften anfierhalb ihres Bezirks kann nur auf besondere Anordnung der Landespolizeibehörde statt finden; diese hat dann gleichzeitig die Befehlsoerhältnifse zu regeln. Eine Anordnung über die Dienstkleidung der . Polizei erfolgt demnächst. Bis dahin wird Ne bisherige Dienstkleidung weitergetragen. An Bewaffnung stehen der Polizei zu: für jeden Beamten blanke Waffe, Pistole. Hand granate. für je drei Beamte ein Gewehr oder Karabiner, für je 20 Beamte eine Maschinenpistole, für je 1000 Beamte ein Panzerwagen mit 2 schweren Maschinengewehren. Weit- und Dottswirffchaft. Der Stand der Mark. Die nachstehende Tabelle besagt, wieviel Mark für 100 Gulden, 100 dänische, schwedische, norwegische, öster reichische, ungarische oder tschechische Kronen, 100 schweizerische, belgische und französische Frank 100 italienische Lire, sowie für 1 Dollar und 1 Pfund Sterling gezahlt wurden. („Brief" — angeöoten; „Geld" ---- gesucht.) H Gegen den Kaffeefchmuggel Kaffeegrvtzhänöler schreibt: Die Regierung wiro dringend gebeten, einen Vertreter zur deutsch-holländischen Grenze zu entsenden, damit die Richtigkeit der Angaben der Sachver ständigen, daß täglich einige Tausend Zentner Kaffee nach Staub 1. 8.14 170 AL 112 . 112 . 112 . 72 . 4,40. 20,20 . 80 . 80 . 80 . 85 . 85 . 85 „ Der Verein Deutscher Börsenplätze 6. 10. 3. 1U. Geld > Brief Geld Brief Holland . . Gulden 1983 — 1987,— 1953,— 1957,— Dänemark . . Kronen 891,60 893,40 889,10 890,90 Schweden . . Kronen 1271,26 1273,80 1251,14 1253,75 Norwegen . . Kronen 889,10 890,90 886,10 888,40 Schweiz . . Frank — (011,95 1014,65 Amerika . . Dollar — — 63,68 63,82 England . . Pfund 222,75 223,25 219,25 218,75 Frankreich . . Frank — — 425,55 426,45 Belgien . . Frank — — 452,— 453,— Italien . . . Lire 250,70 251,30 259,70 280,80 Dt.-Osterreich. Kronen 22,84 V- 22,90 V- 22,97 23,03 Ungarn . . . Kronen 17,85 V- 17,89 V- 17,48 17,52 Tschechien . . Kronen 82,65 82,85 82.02V-I82.22V- Deutschland verbracht werden, amtlicherseits geprüft und festgestellt wird. Eben weil Ler Fachhandel in erster Linie die Interessen der deutschen Volkswirtschaft wahren will, fordert er auf Grund seiner Sachkenntnis die Aufhebung der Einfuhrkontingentierung. Er kann nicht länger ansehen, wie durch Schmuggel- und Schleichhandel unsere kostbaren Valuten für minderwertigste Ware an das Ausland ver schleudert und Lem Reiche Zolleinnahmen entzogen werden. H Internationale Freihandelskonferenz. In London ist unter dem Protektorat des Cobden-Klubs eine inter national: Freihandelskonferenz zusammengetreten. 200 Delegierte sind anwesend. Folgende Staaten sind ver treten: England, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Österreich, Belgien, Ungarn, Holland, Rußlaud, Finnland, Schweden, Polen, die Schweiz und die Tschechoslowakei. seinem Schwiegersohn tul man schon zuliebe, was sinsm Fremden gegenüber doch zu gewagt wäre! Zum Beispiel könnten Sie von dieser Sache nicht doch einmal Gebrauch machen? Dann wäre mein Ansehen als ehrlicher Geschäfts mann hin! Zu solchen unsaubersn Geschichten gebe ich mich nicht her." Scharf und bestimmt klang alles, was er sagte, und seine Augen ruhten forschend auf Wolf, der mit gesenktem Kopfe dastand, die Mühe nervös in den Händen drehend. „Also, wie Sie wollen, Herr Leutnant," fuhr der Bankier kühl fort, „ich dränge Ihnen meine Tochter nicht auf; dazu ist mir mein Kind zu lieb. Glauben Sie denn, daß ich da kem Opfer bringe?" „Herr Ulrich," rang es sich mühsam von Wolfs Lippen, „Herr Ulrich, ich bin ja bcrei.'s gebunden! Ein Mädchen—" „Weiß ich, lieber Wolfsburg, weiß ich alles! Sie werden doch aber nicht im Ernst daran gedacht haben, jene kleine Putzmacherin zu heiraten?" Etwas wie Mitleid über solche Unvernunft klang da aus seiner Stimme. „Im Ernst? Das glaube ich nicht! Liebs macht blind! Begreife ich, wenn das Mädel so hübsch ist, wie meine — wie allgemein gesagt wird. — Na, über so etwas sehe ich hinweg. Nach der Verlobung aber muß natürlich reiner Tisch gemacht werden! Am besten, wir geben der Person eine Abfindungssumme —" „Halten Sis ein, Herr Ulrich," stieß Wolf halb er stickt hervor, „halten Sie ein, das ist meine Sache. Eine Frage noch: weiß Ihr Fräulein Tochter darum?" Er wollte klar sehen; sie mußte es wissen, bestimmt; denn sonst hätten ihre Andeutungen nicht gar so bezüglich geklungen. Der Bankier hatte in seinen Papieren zu suchen, als er diese Frage beantwortete; es war fast, als scheue er sich, Wolf in die Augen zu sehen. „Meine Tochter? Nein! Wie sollte sie —? Aber mir wurde an meinem Stammtisch von Ihrer Schwärmerei erzählt. Sie wissen, der Stadtklatsch beschäftigt sich gern mit den internen Angelegenheiten höherer Stände — da sickert so manches in die Oeffentlichkeit —" „Wie du lügen kannst," dachte Wolf voller Ingrimm, „Deine Quells kenne ich!" und laut fragte er: „Und die andere Angelegenheit, was sagt Fräulein Tochter dazu?" „Herr von Wolfsburg," wandte sich Ulrich ihm da zu. „Sie scheinen zu denken, daß ich meiner Gabriele Einblick in meine gsschäftlichen Sache gestatte! Da find Sie sehr im Irrtum; es fehlt ihr übrigens jedes Interesse daran. Nein, nein, sie ist ganz unbeteiligt." „Ah, dann ist mir ein großer Stein vom Herzen! — Es müßte auch für Fräulein Gabriele ein wenig angenehmes Gefühl sein, wenn in dieser Weise über ihre Person ver fügt wird. Dann kann ich ihr morgen auch — unbefangener entgegentretsn! Jetzt gestatten Sie mir wohl, daß ich mich entferne — ich muß mich doch erst etwas zurechlfinden!" Er verneigte sich; Ulrich gab ihm bis zur Tür das Geleit, schüttelte ihm zum Abschied freundschaftlich die Hand mit einem „Auf Wiedersehen" und ging dann wieder in sein Privatkontor zurück. „Esscheintihmdoch sehrschwerzu fallen, meineinzigesKind mit seinem Vermögen zu lieben! Die Sache mit der kleinen Putzmacherin muß also wohl wahr sein und tiefer sitzen, als ich dachte! Lächerftch — er wird schon anderen Sinnes werden, wenn ich ihm sage, was meine Tochter bekommt. So unempfindlich ist keiner gegen den Wert und die Macht des Geldes. Jetzt ist es vielleicht Trotz von ihm — später wird er es nur noch danken! Es wäre töricht gewesen, jetzt auf meine Macht über ihn zu verzichten, wo ich weiß, wie heiß ihn Gabriele begehrt, und er ist mir auch als Schwiegersohn« der willkommenste vou allen! Schön, aus altem Geschlechte — wer weiß denn weiter von dem Flecken auf dessen Schild —" so sinnend saß er an dem Schreibtisch. Gabriele war sein einziges, von ihm abgöttisch geliebtes Kind. Jeder Wunsch wurde ihr erfüllt; was ec ihr an den Augen adsehen konnte, tat er. Maßlos verwöhn; und ein Entsagen nichr kennend, erfüllte cs sie saft mit Zorn, daß Wolfsburg sich so kühl ablehnend gegen sie verhielt und gar keine Miene macht, mit den vielen Bewerbern um ihre Hand in Wettbewerb zu treten. Und sie hatte ihn doch so gern, den schlanken, vornehmen Offizier mit dem schönen dunklen Gesicht! Ihr Vater war sehr zufrieden, daß sie noch bei ihm war; aber trotzdem wunderte er sich, daß sie so gar keine Neigung zum Heiraten zeigte — die Sache muß tiefer liegen — und da, auf sein Drängen hatte sie ihm denn gestanden, daß sie sich aus keinem ihrer Verehrer etwas mache, daß ihr alle, alle gleichgültig wären — bis auf einen — und der bemühte sich nicht um sie! Leutnant Wolfsburg! (Fortsetzung folgt.)
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