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— 506 — dem »er stempel „Rom" "trug. Nach einigem Nebensächlichem, Einleitenden hieß es da ZSL Wt die o mdelbäume der Anlagen, und er Hürde au? und Brausen der hochgehenden, WüdLtzd mit anderen Dingen beschäftigt. Er nahm wieder Platz in einem der großen, dunkelblauen s Kkubftssel und las noch «nmal das umfangreiche Schreiben, ! ddr ihm sein Bruder Otto?« gesandt und das den Rost- > ob es Dich sehr überraschen oder erregen wird, was ich Dir nun mitzuteilen habe, lieber Rüdiger'? Lella und ich lassen uns scheiden. Bald nach Ossis Tode find wir kn oller Kühe ühereingekommen, uns zu trennen. Du wirst das nach beinah« se^ehnjähriger Lhe vielleicht geschmacklos finden, unseres Ramens nicht würdig — um so mehr, da dadurch möglicherweise alte, längst vergessene Geschichten , wieder aufgerührt werden. Dir wird dies sehr peinlich sein, Rüdiger, ich weiß es! Doch Tann ich Dir diese Unbequem- ! lichkrit nicht ersparen, so leid es mir tut. Lellas und peine Weg« führen weit von einander. Und ich fühl« «s — ich W zu alt für mein« Frau. Die letzten Schicksalsschläge, der - Berstst ineiner beiden Kinder, haben mich vor der Zeit al- - lern lassen; ich bin «in müder, gebrochener Mann. Ich wollt« de» meiner Anwesenheit in München im Januar nicht dar- ; Lder sprechen -- Du solltest vor die vollendet« Tatsache geeilt werden! j Lella hat sich ganz entschieden geweigert, je wieder auf Lengefeld mit nur zu leben — sie würde wahnsinnig dM; , sie will dauernd im Süden bleiben. Und mich macht Italien nervös mit seiner LMfülle; «s blendet mich — Ich habe jetzt schon Sehnsucht nach unseren ernsten Tannenwäldern! s Lella erwartet mit ihren sechsunddreißig Jahren noch st vielerlei vom Leben — und sie ist auch dazu berechtigt, i Ihr G«ist ist frisch und elastisch; sie ist noch jung und schön ! — sie, wird vergessen und überwinden lernen! Sollte sich > ihr «in neues Glück Hirten — ich will ihr picht hinderlich > sein. Neidlos gönne ich ihr das, was sie unter „Glück" ! versteht, was ich ihr nie habe geben können, ,wie sie mir stgt — ich, der träumerische, schwache Mensch voller Halb- ! heiten und Widersprüche, der ich immer gewesen bin. Also kurz, finde Dich mit dem Gedanken ab, daß Lella bald nicht mehr deine Schwägerin sein wird! Es ist ja ' kein Skandal, keme Sensation bei unserer Trennung, üur ' dst Einsicht, daß wir nicht mehr zusammen passen, ist ent- ' scheidend gewesen. . ! Jetzt bin »ch ganz ruhig, obwohl mir Lellas Wunsch da mals st Lrrz nach dem Tode meines LieblNUS schmerzlich überraschend wär. Ich legte ihr nichts in den Weg. Deshalb »ar sie immer auf Reisen. Ich hqb« sie sehr geliebt — so geliebt, daß ich einst alles um sie vergaß! Dein« Worte von damals stehen so deutlich m meiner Erinnerung: ,/abrr vergiß nicht, daß Du em Edelmann bist!" Und das hatte ich vergessen, Rüdiger! G» quält mich sehr! In vier brs sechs Wochen werde ich nach Langefeld zurück- sthven und werde Sissi aus Bonn holen; sie soll wieder bei mir bleiben. Ich hoffe sehr, daß ich Nora Berger wieder als Erzieherin gewinnen werde. Sprich du ihr schon davon — ich bitte Dich — Du wirst sicher Gelegenheit haben, sie M sthen. Oder sitzen die Träum« von künftigem Ruhm schon zu stft in ihr? Bi«te ihr eine Entschädigung, fo hoch Du willst! Wie eine Tochter würde ich sie halten — um meiner SW willen. Das Kind soll Lieb« nicht mehr entbehren, bei Nord B«rg«r ist sie am besten ausgehoben. Du verstehst meine tiebÄedürstige, kleine Sissi! Und dann, wenn ich mem Kind geborgen und wohl behütet wkiß, will ich eine Aufgabe erfüllen. Vielleicht runzelst Du die Stirni — dock rede mir nicht dagegen, Rüdiger — diesmal bleib« ich fest! Ich hab« noch «ine akte Schuld p» bezahlen — die Schuld geg«n Maria Wrrlberger und ihre Kinder! Leonore wirdergeben wrrdi Dann bin ich kein einsamer Mann mehr: Der Gedanke an Maria hat nur in den letzten Jahren kein« Ruh« mehr gelassen, und unaussprechlich tief beklage ich meine Schuld gegen sie. Kurz und trügerisch war das dafür ««»getauschte Glück — nach Flittergold griff ich, achtlos das echte Gold beiseite werfend. Bei ihr wär« ich ein glücklicherer Mann geblieben, als ich jetzt bin, wo ich di« Summe meines Lebens zieh« und seh«, daß mir nur «in großes Defizit geworden ist: Was ist aller äußerer Glanz, alle Stellung «pr Leben, wenn di« innere Zufriedenheit und das Glück sthlen! Gern würd' ich alles hingeben; was ich bin und habe, könnt« ich mir das Glücksgefühl zuruckkaustn, das ich früher besessen bei allen äußeren Schwierigkeiten. Und wenn ich Marm wiederfinde — sie wird «mir ver zeihen — sie ist großmütig und gut. — Nicht wahr, Rü diger, du gönnst es mir? — Ein« Spur will ich zuerst ver folgen, und ich bitte dich — doch nein, schreiben kann ich es dir nicht, du würdest vielleicht an meinem Berstande zweifeln. Einen Rat möchte ich dir zum Schluß geben, Rüdgier — vielleicht ist er bei dir unnötig, der du ja in jeder Beziehung so korrekt bist und handelst. Trotzdem: Begegnet dir «in Mädchen, das du lieben kannst, und das deiner Liebe auch wert ist, dann frage n»cht viel nach dem Stande, nach ihrer Familie — sieh ihren Wert als Mensch an und führe sie in dein Haus. Und du wirst «in Glück genießen, das wohl weitab liegt von dem, was so viele „GIülL' nennen, das aber innerlicher, dauernder und wertvoller sst! Nimm dir rin Beispiel an mir; denke an Lella und mich Lasse mich memen Weg gehen, Rüdiger — ich fühl«, «r ist d«r richtig« " Der Legationsrat schüttelte d«n Kopf, sprang wieder aus und begann sein« Wanderup durch das Ztmmer von neuem. Erfreulich war es gerade nicht, was der Bruder plante; er mußte gpf schwer« Enttäuschungen gefaßt fein. Doch die verhehlt« er sich ja selbst nicht. Wer weiß aber, w» man vielleicht die Schwäche Ottokars ausnützen würde. Doch nein, «r durfte nicht ungerecht denken! Das würde Maria .Wrrlberger nicht tun! So deutlich war ihm das Bild der traurigen, blassen Frau in Erinnerung, und ihres trotzigen, stolzen Knaben, wie der hochaufgerichtet dastand: „Bom Daler nehm« ich nichts an!" Und sie halten Wort gehalten. Niemals hatten sie von sich hören lass«« oder auf ihnen zukommende Rechte gepocht! Er besann sich weiter. Da war noch das bildschöne Töchterchen mit den großen, dunklen Augen — ein präch tiges Mädchen mußt« es geworden sein! Wie mochte dessen Leben sich gestaltet haben? Rüdiger hatte jetzt doch anders denken gelernt als da- mals vor sechzehn Jahren, nicht so schroff und abweisend wie in jenem jugendlichen Ungestüm. Deshalb wollt« «r h«m Bruder auch nicht hmderlich sein, wollte ihm sogar mit Rat und Tot besstehen, wenn es erforderlich sein sollte — Won weil er sich selbst von der ihn zuweilen quälenden Erinnerung freimachen Mchem ' loll« Wi» «ZSs Mech Nicht MH« M, vielleicht von , . iffft, so letzen doch sicher noch die beü»en Kinder, Erich und Leonor«. Da Maria all« Unterstützung ! zurückgewiesen hat, muß ick mich allerdings darauf gefaßt M»ch«n, M Kinder llr WNrshgevrdneteN Stellungen, vielleicht in dürfttgen Verhältnissen, zu finden. Meine Feigheit hat mich jä MS Mindert, nach ihnen zu forschen, und außerdem, fd kaLtze LÄKl Noch meine Frau war, konnte ich das nicht — um d«s Friedens willen! Wie dem auch fei: tapfer sehe ich allen Möglichkeiten und Enttäuschungen entgegen. And dennoch sage ich mir: Ambe?, die «m« solche Mult«, wie Maria Wirlberger gehabt haben, können kein« minderwertigen Menschen geworden sein. Darauf baue ich Und fällte ich sie finden, dann will ich um die Liebe meiner Kinder werben — ich will den Rest mernes Lebens ihnen widmen, n6ll ihnen den Platz, die Stellung geb«n, dir ihnen gebührt! Gott hat muh schwer gestraft, indem er mir Thekla und Ossi nahm, er hat mich atm gemacht, aber jetzt hoffe ich zuversichtlich, daß «r Gnad« üben und mir dafür Erich und Zw«iundzwan,rgst«s Kapitel. , Ich will nach Ihnen forschen und will versuchen, noch «n^if^in seinem Arbeitszimmer auf gut^zu. machen, was uh ernst Mehlt. Sonst kant» ich nicht n Mit «r Moch den Brief, der ihn in ein« k Auflegung gemacht. Ab Md zu blieb er En dem einzigen, großen Fenster des Raumeq stehen und blickt« hinaus. Aber fein Auge bemerkte nichts von der. Kit da draußen, sah rM hMblaütn ange