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— Sly — k „Nun gehörst du für immer zu uns — zu mir!" sagte er. „Nun muh es vorbei fern mit den ehrgeizigen Träumen von Künststrruhm — meine Frau, gehört mir, und nicht der OeffentlÄhkeit." , Lon «schreckte beinahe unter seinen Worten; sie blickte ihn an, als erwache sie aus einem tiefen Traum, als finde sie sich in der Wirklichkeit nicht zurecht. „Ist das Wahrheit, was ich eben erlebte?" fragte sic leise, „ich kann das Loch nicht glauben." Er lächelte sie an. „Hier.fühl« meine Hand — fühle auch meinen Mund," er kühle sie mit heihen Lippen, Latz sie erschauerte, „es ist Wahrheit, du darfst glauben, Nora, Latz ich dich liebe." Und da schwieg sie von dem, was ihr Herz bedrückte; es konnte ja nicht sein, dah er sie küßte, wenn er eine andere liebte und heiraten wollte. Da nahm sie seine Hand uid legte ihre Lippen darauf. Unbeschreiblich rührte und ergriff ihn diese Gebärde der demütigen Hingebung. „Du Süße — Süßeste!" flüsterte er und drückte seinen Mund in ihr duftendes Haar. Er war wie in einem Rausch; seit er sie im Arme hielt, seit er sie geküßt, wußte er erst ganz, wie lieb er sie hatte! Alles andere versank in nichts vor dem Glück, daß Lora jetzt sein Eigen war. Dreiundzwanzigstes Kapitel. „Erwartet morgen nachmittag Eure überglückliche Lori," Kopfschüttelnd las Frau Maria Berger dieses Telegramm d« Tochter; sie wurde -nicht klug daraus. Der letzte Brief Loris, den sie erst vor wenigen Tagen empfangen, hatte nichts besonderes ahnen lasten; Lori hatte lehr befriedigt von den Fortschritten ihrer Gesangsstudien geschrieben und hatte für Pfingsten ihr wahrscheinliches Kommen in Aussicht gestellt. Weiter nichts! „Erich, was "sagst du?" . Der zuckte die Achseln. „Keine Ahnung"! — Melleicht hat sich Lorr 'plötzlich verlobt!" warf er hin, weniger, wLil er es selbst glaubte, als um Ler Mutter einen Anhaltspunkt zu geben. Und sie griff ihn wirklich auf. - „Ja, Erich, da hast du recht — nichts anderes, als das ist es -x- sonst hätte sie nicht „überglückliche Lori" ge schrieben. Wer mag es doch fein?" „Warten wir es ab, Mutterle!" sagte er müde. Er war bläh und hager geworden; der Winter war doch schwer für ihn gewesen — schwerer, als er gedacht. Wie oft hatte er Jutta gesehen, hatte in Gegenwart ihres Daters unbefangen mit ihr sprechen müssen; es war käst, als habe sie möglichst ost Gelegenheit Lazu gesucht —"um ihn zu quälen. Denn er Hatte diese unselige Liebe nicht über winden können; zu tief saß sie in seinem Herzen — er litt schwer darunter. . Erich sah, daß auch Jutta eine andere geworden war — mit grimmiger Genugtuung fühlte er, dah auch sie litt. Seine Verachtung straff sie schwer; in ihrem jungen» wei- ckien Gesicht waren Linien, die nicht dahinein patzten, Lie es älter, gereister machten. Nun — in drei Wochen hatte alle Qual ein Ende — dann war sie Mar von H-llwrgs Weib, und er brauchte sie niemals mehr zu sehen. Ob ihn der Gedanke beruhigte? Seine einzige Zuflucht war der Wald. Das Rauschen der Bäume, Lie Stimmen'der Vögel, das ganze, geheimnis volle Leben und Webdn des Waldes — Las gab ihm wenig stens etwas Trost und inneren Frieden, wenn er es "daheim nicht auszuhalten vermeinte, wenn die Sehnsucht nach dem schönen, treulosen Mädchen zu übermächtig wurde — er war nicht umsonst jung und heiß strömte sein Blut Lurch die Adern. - Die Mutter erwartete mit fast fieberhafter Ungeduld die Stund« der Ankunft Loris. Ruhelos durchlief sie Las Haus unL spähte von dem kleinen Giebelstübchen nach Ler Fahrstraße — aber noch kein Wagen war in-Sicht! Ein klarblauer Maienhimmel, von Sonnenglanz durch leuchtet, wölbte.sich über Lem frischgrünen Walde. Ueber Li« Fahrstraße rollte fast lautlos der Wagen, Ler Aber dann siel ihr etwas schwer aufs Herz. — 'Wenn er Lie andere freite, wenn Lie Gräfin Herberstein erst sein Weib war — würde « dann noch so gütrg gegen sie sern? Aber Lleichviel — fie fühlte sich mit den Mwördens ver bunden. Das gemeinsam erlebte Leid kittete sie zusammen. Und Sissi, das arme, mutterlose Kind, bedurfte ihrer! Des halb sagte sie, ohne sich weiter zu besinnen: „Schreiben Sie bitte dem Herrn Grasen, daß ich bereit dm, Sissis Ausbildung zu leiten. Dem Kind« wieder Frieden und Freude geben zu können, entschädigt mich für alles, was ich aufgebe!" Ein Ausdruck selbstloser-Güte lag ber diesen Worte» auf ihrem Gesicht. Aus seinem Gesicht brach ein heißer Strahl. Und er hielt d« beiden schlanken, schönen Mädchenhände fest in den seinen. ;,Rora — Nora —!" stammelte er Hingerissen. Er hatte ja diese Antwort erwartet — nun er sie gehört, über wältigte es ihn doch. VerleLen wollte sie ihre Hände aus Len seinen ziehen, aber er hielt sie fest. Da traf ihn in scheuer Bitte ihre Augen; Tränen fun kelten darin. Was wollte er von ihr — er, Ler Loch einer anderen gehörte? „Weshalb Tränen^ Nora? Wird es Ihnen gar so schwer? Dann wollen wir lieber verzichten. Sie haben uns schon Opfer genug gebracht." „Es ist kein Opfer, nein!" stieß sie hervor. „Was ist es denn, Nora, liebes Mädchen?" Sie wandte den Kopf weg — wie seine Güte sie pei nigte! Wie er lächeln würde, wenn er je ähnte, daß sie anders für ihn fühlt«, als freundschaftlich, dankbar — - sie schämte sich vor sich selbst. Er hielt ihre Hände noch immer, und an ihren Händen zog er sie zu sich heran, bis ihr' Gesicht ganz nahe an dem seinen war. „Sehen Sie mich doch an, Nora." Tränen perlten über ihre Wangen; er faßte sie an Las Kinn und zwang sie dadurch, ihn anzublicken. Und da las er in ihren Augen ihre hingebende, demütige Lieb« — — Und die Sehnsucht, diesen blühenden Mädchemnund zu küs sen, wurde übermächtig in ihm. Er legte seine Hände um ihren Kopf und drückte seine Lippen auf die ihren. Sie wurde blaß und zitterte; da hielt er sie fest mit seinen Ar men, "so' fest, Laß sie sich nicht rühren konnte. Ein heißes, starsts Gefühl durchflutete ihn, als die bebende Mädchen- s gestalt an stimm Herzen ruht«, und des Bruders Worte ' flogeit ihm durch den Sinn, die er ihm jetzt geschrieben: .^Begegnet Dir «in Mädchen, das Du lieben kannst, und Las Deiner Lieb« auch wert ist, dann frage nicht viel nach ihrem Stande — siehe ihren Wert als Mensch an — — —" . und hier war das Mädchen, nach dem er mit Herz und Seele verlangte, das Unruh« über ihn und in seine festgefügten Grundsätze gebracht. Das stärker als alles war — — —. § „Nora, liebes, geliebtes Mädchen!" Und er küßte sie wieder — erst leise, fast zaghaft, dann mit der ganzen Glut seiner reifen Mannesliebe, bis Rosen auf ihrem blas- stn, 'süßen Gesicht erblühten. Fester umschloß er sie, als ob «r sie schützen wolle vor sich selbst — vor Ler Flut feiner , Gedanken, die ihn höhnten: Was du früher bei einem un reifen, jugendlichen Menschen so hart verurteilt hast, ist dir Mn selbst geschehen, dir, dem reifen, kühlen, überlegenden Manne -'H j Aber er fihlte keine Reue, nur ein großes Glück. Von - der Straße tönst Las Geräusch vorüberfahrender Wagen zu " ihnen herauf, dir durchdringenden Signale , der Autos, — sie hörten es nrcht. ! Lori rührte sich -nicht in stimm Arm; wie von «mein " seligen Traum war sie umfangen, aus dem zu erwachen sie Nein^ Fräulein Nora! Ich zeige Ihnen nur das Für fürchtet«. Sie dachte nichts; sie fühlt« nichts — nur ihn! und Wider. Sie-sollen sich nicht durch Ihr Mitgefühl mit Gab es denn so viel Glück, wie sie jetzt erlebte? Sie hätte Sissi beeiiHlussen lasst». Es gilt ihre aussichtsoolle Zu- sterben mögen — was konnte ihr das Leben nach diesem tunst!". noch gehen? Sein Gesicht blieb undurchdringlich. Doch stin Herz ----- klopfte'stürmisch wie noch nie in stimm Leben. . Wenn sie sich jetzt nach stimm Sinne entschied, wollte er es als glückliche Vorbedeutung für etwas aiksthen, was ihm selbst noch nicht ganz klar war. >> Sie schwieg und dacht« an ihn. Sie würde ihn dann wieder öfter sehen, vertraulich mit ihm an einem Tische fitzen, durch Sissi ihm nahe sein — — Lafür hätte sie be dingungslos alles hingeben können — denn sein Anblick, seine Gegenwart waren ihr höchstes Glück.