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503 keusch« ^Mädchenseele sich ihm zunrigte, hatte er .schon in Lengefeld gefühlt — ihm, dem erfahrenen Mann, würde es ein Leichtes fein, dieses Gefühl Lorch zu verstärken, wenn er gewissenlos wär« . . . Der Legationsrat Graf Allwörden war eine begehrens werte und bemerkenswerte Persönlichkeit in der Gesellschaft und er war sich auch seines Wertes bewußt. Die junge und hübsche Gräfin Adelaide Herberstein be vorzugte ihn vor gllen, ihre Eltern waren von der denkbar größten Liebenswürdigkeit; er wußte, daß man aufs lebhafteste seine Verbnidung mit Adelaide wünschte ... Ls paßte alles so gut — die Herbersteins waren sehr reich und alter Adel. Warum sprach er das Wort nicht aus, das in der ganzen Gesellschaft erwartet wurde und das seinem bisher so korrekt verlaufenen Leben den einzig passenden Abschluß geben würde? Ja, warum? Trugen da «in paar braun« Mädchenaugen die Schuld? Und sollt« er seine Karriere, alle seine glänzenden Zukunfts möglichkeiten wegen eines hübschen Gesichts aufgHen? Er war doch! kein Jüngling mehr! Gab es überhaupt ein Weib, das dieses Opfers wert war? Wenn er an die Ehe seines Bruders dachte, überlief es ihn kalt. Er, dem unter seiner kühlen Außenseite ein heiß und tief fühlendes Herz schlug, sah in der Ehe, in der Gemeinsamkeit von Mann und Weib, das Höchste — Deshalb hatte er auch noch nicht die gefunden, die er sich als Ergänzung seines Wesens dachte; seine Anforderungen wa ren zu hoch — bis.jetzt. Bis die eine in sein Leben getreten war. And Irieden auf Erden (Nachdruck verboten.) Wieder klingen die wenigen vom Kriegsdienst befreiten Glocken über das Land und läuten Weihnacht ein. Wieder ist Weihnachten, das Fest der Liebe, das Fest des „Friedens auf Erden" herangekommen. Aber wenn auch draußen auf den blutgetränkten Fluren die Waffen ruhen, wie wir alle es ja so lange schon ersehnt haben, so will doch keine recht« Weihnachtsfreude in uns auskommen. Wohl ruhen die Waf fen vorm Feinde, doch im Innern unseres deutschen Vater landes stehen wir noch völlig ungeklärten Verhältnissen ge genüber. Manches ist zwischen dem letzten und diesem Weih nachten in "Trümmer gegangen, was den meisten unter uns hoch und teuer war. Wir sahen es in den Staub sinken und haben uns auch damit abgefunden, wie mit so manchem anderen. Mehr als das Vergangene aber beunruhigt wohl alle die Zukunft. Was wird sie uns dringen? Werden die Lebensbedingungen des deutschen Volkes auch in Zukunft so geachtet werden, daß sein« kulturell« Weiterentwicklung nicht g«hemmt wird? Solche Fragen bewegen wohl uns all« beim Nahen des lieben Weihnachtsfestes, denn von ihrer Lösung ! hängt unser aller Wohl und Wehe ab. Unser einziger Wunsch ! . wird daher jetzt fein, daß auch unter der republikanischen ! Staatsform alles geschieht, um aus der Vergangenheit das , zu retten und wieder aufzubauen, was bisher Deutschlands ! Größe ausgemacht hat: sein reiches Kulturleben und -bestreben, seine ausgedehnt« kommerziell« und industrielle Tätigkeit und Entfaltung. , Das Fest der Liebe, des „Friedens auf Erden", ist - herangekommen. Möcht« dieses auch unsern Feinden ein« Richtschnur sein für ihr weiteres Verhalten gegen Deutsch- t land. Möchten sie eingedenk sein der Tatsachen, daß es ein Rechtsfrieden werden soll, den wi?mit ihnen abzuschlisßen ,m f Begriffe stehen, eingedenk sein .auch dessen, daß auch wir Deutschen, wie jedes einzelne der gegnerischen Völker einen ruhigen Platz an der Sonn« haben möchten, frei von der i Knechtschaft -und Willkürherrschaft, die sie uns aufzwingen k möchten, damit wir uns >m 'friedlichen Wettstreit in Handel e und Industrie weiterentwickeln können ohne gegenseitigen i Krieg und Befehdung. Möchten auch sie Verständnis zeigen für das Weihnachtswort: „Friede auf Erden!" Und wenn wir nach den schweren, schweren Kriegs- und z Schicksalsjahren jetzt wieder Weihnacht begehen, so werden sich unser« Blicke und Gedanken hinaufrichten zum Höchsten, r . Wir wollen nicht fragen: „Herr, warum legtest du deinem Volke so Schweres auf", sondern wir wollen denken: „Herr, dein Will« geschehe! Du wirst alles zum Guten führen und > wirst dein deutsches Volk nicht verlassen, wenn du es auch schwere, dornenvolle Pfade führst." Und dann werden wir - auch den inneren Frieden finden, der uns im Werhnachts- evangelium offenbart wird in seinen erlösenden, aufrichtenden Worten: „Und Friede auf Erde«!" A, R-g. stnecdt stuprecbt Ein Achihnachtsbrirf an die Kleinen Liebe Kinder! Vor einigen Jahren habe ich euch schon einmal geschrieben, daß ich immer 3 Tage vor dem ersten Schnee den alten guten Knecht Ruprecht im Lützeltale getroffen habe, um mit ihm allerhand wegen des Weihnachtsfestes zu besprechen. Nun' habe ich in diesem Jahre ganz vergessen, darauf zu achten, an welchem Tage der erste Schnee fällt. Deshalb war ich auch gar nicht 3 Tage zuvor im Lützeltal«. Da ich jetzt nicht m«hr in Frankenberg wohne, hätte ich im Eisenbahnzug einig« Stunden fahren müssen. Das hätte ich. gern getan. Ich habe mich sehr geärgert, daß ich das Zusammentreffen außer oller Acht gelassen habe und glaubte, der Weihnachtsmann würde mir deshalb sehr böse sein. Gern hätte ich mich beim Ruprecht entschuldigt. Da er aber — wie ich wußte — bereits mit seinen Geschenken unterwegs zu den Frontsoldaten war, hätte ihn mein Brief nicht erreicht- Da kam nun kürzlich zu meiner größten Freude ein langer Brief vom Ruprecht bei mir an. Er schreibt, daß er leider infolge mancherlei Ab haltungen nicht habe ins Lützeltal kommen können, er würde erst am Weihnachts-Hei.igenabend in Frankenberg und Umge bung «intrefsen. Er klagt mir gar bitteres Leid. Er schreibt, es ginge ihm gar nicht so recht gut- Das viele Herumreisen während des Krieges hätte ihn s«hr ermüdet. Dann hab« er auch di« garstige Grippe gehabt. „Frau Holle"' habe ihm aber ein recht warmes Federbett geschickt, in dem er längere Zeil gelegen habe. Seine Heinzelmännchen hätten,im Walde heilbringende Blumen und Blätter gesucht und Tee gekocht und «ine große Menge Bienen hätten ihm viel Honig gebracht. Da sei er wieder gesund geworden. Im übrig«» "hätte er aber an seinem Amt als Weihnachtsmann gar keine recht« Freud« mehr. Er hätte doch immer gern die Wünsche der artigen und brav«n Mädels und Jungens erfüllt, aber.m- folge Les Krieges seien, die meisten schönen Sachen nicht mÄhr vorhanden. Vor allen Dingen gebe «s keinen Stollen, Pfef ferkuchen, Schokolade uild 'Nüsse mehr. Zum Schluß schreibt er, sein Herz erfülle aber trotz alledem eine große Freude, weil kein Krieg mehr sei und viele gut« Väter nun daheim bei den lieben Kindern seien. Das wäre ja ein herrliches und schönes Weihnachtsgeschenk. Wenn die Ge schenke, die er verteilen könne, diesmal wieder knapp aus- sielen, so sollten doch die Kinder, die ihren Vater zpieder.aus dem Kriege zurückhaben, für dieses Jahr mit diesem Weih nachtsgeschenk vollauf zufrieden sein. Er hofft, daß nach den schreck.ichen Kri-gssahren doch einmal bessere Zeiten kommen werden und da will er dann Luch reichlich Geschenke, 'die das Kinderherz erfreuten, bringen. Er wünscht allen braven, ssolg- >am«n und fleißigen Kindern unter herzlichen Grüßen „Frohe Weihnachten" Und diesen Wünschen schließe ich mich an. * Onkel Fritz, vemiscbt« ' Hohr Arkitslosenziffern in Berkn. Die Berliner Ar- beitslosenzifsern steigen weier. Bei dem städtischen Arbeits nachweis in der Gormannstraßr find jetzt rund 31 900 Per- sonen angemeldet. Der Derbandsnachweis der Metallarbeiter hat rund 7000 Arbeitslose, der der Holzarbeiter etwa 5000. Da auch die sämtlichen kleineren Gewerkschaften sehr Hoh« Arbeitslosenziffern haben und da die Ziffern täglich steigen, muß dir gegenwärtige'Zahl der Arbeitslosen in Berlin mit 60—70 000 veranschlagt werden. ' Rechtliches Famikuüyil. Man schreibt der „Tägl. Rundsch.": Folgende niedl^e Geschichte hat sich neulich in einem Orte Nm Bezirk Hal.« zugetragen. Adolf Hoffmann dürfte yn ihr sein« leider nicht ganz ungetrübt« Freude haben! Ort der Hand.ung: Volksschule. Nach Schluß einer Schuk- pause kommt «in etwa zwölfjähriges Mädel nicht in die Klasse, wo eben Religionsstunde beginnen soll. A^s die