Volltext Seite (XML)
496 — r, »Michie R»aVe«; «rnst «otzbrr, in Frmckenb«, t.«. — Druck und B«rlag von «. S. Roßbrr, in Ar-nk-nd«« i.«. d L sr« an * Erretteter Eeldschatz. Landsturmleute des Landst.-Jns.- Ball. Kaiserslautern trafen dieser Tage in Sagan mit einem Eeldschatz «rn, den sie aus Wien gerettet hatten. Er enthielt «mernhalb Millionen Mark deutsches Geld, 118 224 Mk. Ob«r- Ostgeld, 36 000 Ar., 3000 Ler rumäWches, 197 Pfund tür kisches, 6000 Mk. polnisches Geld, Zeinen Beutel mit 105 000 Kronen, sowie für viel« tausend Mark Wertpapiere. Das Geld hatte aus Kiew an die Darlebnskasse in Kowno ab- Mrefert werden sollen. Als der Umsturz in Polen begann, waren die Landsturmleute schon auf der Reise. Um nicht ver haftet and des Schatzes nicht beraubt zu werden, legten die Leute die Waffen ab und bezeichneten den Inhalt als Reise gepäck. So kamen sie glücklich bis Skownro, fanden aber auch dort noch lerne Gelegenheit, sich des Schatzes zu ent- letngen, da die A.-- und S.-Räte deutsch-polnisch-waren. Erst auf dem Saganer Bahnhof konnten sie die wertvollen Kisten an den A.- und S.-Rat abgeben, der sie sofort der Reichsbank überwies. Der grötzte Teil des Geldes ist nach Glogau überführt worden. Den braven Landsturmleuten ist «me hohe Belohnung zugefichert worden. * E« kommt, wie es komme« mutzte. Die Untergrabung der Disziplin beim Militär hat dahin geführt, datz heute käst kein Soldat mehr auf einen Befehl hört und den An- forderungen des Dienstes nachkommt. In einer Sitzung des Soldatenrates kn Halle wurde mitgeteilt, datz von 160 Mann der M.-E.-K., die am Sonntag zum Wachtdienst an'treten sollten, nicht die Hälfte der Leute zur Stelle war^ hie an- Wren waren ohne weiteres in Sonntagsurlaub gefahren. Besonders hapere es mit dem Wacktdienst auch bei der Le bensmittelbewachung. Die Leute mützten zum Dienst g«- zwungen werden, uitd wenn 'sie im Dienst wären, Lehen sie dre Dinge laufen, wie ste wollten. Besondere Schwierigketten bereiteten die Jahraäng« 1896—1899. Der Vorsitzende warf dre Frage auf, ob^ich der S.-Rat von diesen Jungens, die nichts vom Krieg gesehen hätten, an der Nase herumführen lassen sollte. Auch bei der Bahnhofswache herrsche ,Me mächtige Schweinerei". Di« Bahnhofswache nehme ihren Dienst sehr leicht und habe im Dienste Damengefellschaft. Die Disziplinarstrafen griffen nicht mehr durch, die Gefäng nisse seien schon längst voll. * ' Dte Verwendung der kMtzl. Schlösser in Potsdam beschäftigte in einer Sitzung den Große«M»t des Arbeiter und Soldatenrats zu Potsdam und uWD^rn dem Sinne entschieden, bah alle bisherigen Sehenswürdigkeiten in Pots-., dam aufrechterhalten glnd demnach auch Lie der Besichtigung jetzt zugänglichen Schlotzgemächer weiter Erhalten 'werden sollen, um den Fremdenverkehr Potsdams m keiner Weise zu vermindern. Dagegen werden die bisherigen Wohnräume der Schlösser und die zu ihnen gehörigen Wirtschaftsgebäude zu öffentlichen Zwecken und für die Wohnnugsfürsorge in Anspruch genommen. Das Potsdamer Stadtschloß insbeson dere soll bA der Unzulänglichkeit der RathausrSume .der städtischen Verwaltung einen Ersatz bieten, und seine Ueber- lassung an die Stadt soll beantragt werden. * Die Kokarde. Dre Kokarde, die jetzt wieder zur Geltung kommt, hat zum erstenmal« in der französischen Revolutions zeit eine große Bedeutung erlangt. Ursprünglich galt die Kokarde in Gestalt eriner Rosette auf dem Hut als Erken-' nungszeichen politischer Parteien und später als National- zeichen. In der Revolutionszeit mutzte jeder, der nicht als verdächtig gelten wollt«, die rote Kokarde tragen. Sogar Reisende, die gar nicht revolutionär gesinnt waren, und nach Frankreich oder den Niederlanden reisten, mutzten eine Kokarde aufstecken, um unterwegs nicht behelligt zu werden. Seit dem Befreiungskrieg von 1813 führte man auch in Deutschland die Nätionalkokarden ein, die nach den Landesfarben zu sammengesetzt wurden. Damals trug man sie allgemein, um seine Landeszugehörigkeit und feinen Patriotismus zu be kunden. D«r Gebrauch nahm aber dann allmählich ab, und schließlich wurden die Kokarden nur noch vom Militär und' von uniformierten Beamten getragen. Nach der Reichsver fassung hat in jedem Bundesstaat der Konttngentherr die Landeskokarde zu bestimmen. Die deutsche schwarz-weitz-rote Kokarde wird von der deutschen Marine seit ihrer Begründung geführt, vom Landheer dagegen erst seit 1897 neben der Landesko lard«. . Professor Ernst Abbe, dj^ von ihm auch schriftstellerisch propagierte Id«« der Gewinnbeteiligung der Arbeiter und Angestellten mit vorbildlicher Selbstverleugnung in die Tai umgesetzt hat. * Die Vergessenen. Noch vor wenigen Monaten, als unsere Truppen von Sieg zu Sieg marschierten und ein end loser Regen von. Orden und Ehrenzeichen aus Militär- und Zivilpersonen herniederströnM, war es ein Sport vornehm«: Damen, die Krankensäle der Lazarett« zu stürmen und ihre reichen Gaben — Blumen,'Schokolade, Unterhaltungsspiek, Früchte, Zigarren und Zigaretten — über die Verwundeten und Kranken äuszuschütten. Schauspieler und Sänger, ja sogar Männer- und Frauenchöre der Gesangvereine, besuchten die Krankensäle, um dir Kranken und Verwundeten - zu er muntern, sie durch di« Teilnahme an ihrem Schicksal« zu trösten. Das ist jetzt überwunden L»e die Mode von gestern — man spricht nicht mehr davon. „Jetzt kommt niemand mehr", klagen die Krankenschwestern, und während man den heimkehrenden Truppen Triumphpsorten baut, denkt niemand der Unglücklichen in den Lazaretten. Brauchen denn di« Ver wundeten, di« Kranken der letzten Kriegsjahre weniger Zu spruch und Ermunterung wie dre ersten? Diese armen Jungen sind doch ebenso durstig'nach einer erquickenden Frucht, einem freundlichen Wort. Smd sie unseres Dankes nicht minder. würdig, wie jenes-die. mit Blumen geschmückt und mit gefunden Gliedern hennkehrten? Wie viele haben im Kriege geschwelgt, ohne der.Brüder zu de,,keck, dir sich da drautzen in Not und j Kampf für das Vaterland opferten! Wie vrel« haben 100 Mark für «ine Eans, 300 Mark und mehr für einen Schinken - b^ahlt und alles behaglich selbst verzehrt, während dre end- lofrn Lazarettzüg« Tausende und wieder - Jausende m die Krankensäle beförderten. Mit lauter Stimm« hat die Re- i volution den Schlemmern und Prassern das Wort .^Brüder- ! lichk«it" zugerufen, sie daran gemahnt, wie unsicher das Leben, j wie schnell vergänglich jeder Besitz ist. Veilleicht erinnern fich die Wohlhabenden nun daran,, datz die Pflege der Kranken und Verwundeten nicht nur eine' reizende Mode gewesen ist, sondern auch jetzt noch eine ernste Pflicht ist. * .Mel Notstandsarbetten — wenig Arbeiter. Di« meisten Grotz-Berliner Gemeinden haben Notstandsarbeiten entweder beschlossen oder mit der. Durchführung schon be- > gönnen. Da es an den meisten Rohstoffen fehlt, kommen zunächst fast ausschließlich Erd- und Tieshauarbeiten in Frage. Da stellt sich jedoch die Tatsache her«, datz zwar Not standsarbeiten :n Hülle und Fülle, aber — .kein« Arbeiter Mr Durchführung vorhanden sind. Auf die Anwerbung zur Ausführung einer größeren Tiefbruunternehmung in einer -- Gemeinde des EroKDerftner Ostens, für di« Hunderte von Arbitern erforderlich waren, meldeten sich 12 Arbeiter, und von diesen 12 kamen am nächsten Tag nur 5 wreder. ' Wikhelm ll. letzte Besprechung mit Hindenburg. Aus dem Großen Hauptquartier in Spa weitz ein Mitarbeiter der „Dajly Erpreß" über die der überstürzten Abreise des Kaisers unmittelbar vorangegangenen Vorgänge folgendes zu berichten: Als der deutsche Kurier mit den Waffenstill standsbedingungen ankam, las der Kaiser sie durch und ließ Hindenburg holen. Dieser war für Annahme der Bedin gungen, aber der Kaiser ries: „Niemals!" Es entspann sich ein längeres Gespräch zwischen den beiden, bei dem der Kaiser Hindenburg oorwars, datz er ihm nicht früher die wirkliche Lag« mttgeteitt hatte. Er fügte hinzu, er per sönlich werde einen solchen Waffenstillstand niemals untev- schreiben. Der Kaffer erwog daraus den Plan, nach Holland zu flüchten, wo er vielleicht interniert werden würde. Sein Entschluß wurde durch die Meldung beschleunigt, daß sich die Soldaten in Spa der Revolution angeschlossen und aus mehreren Gebäuden des Hauptquartiers die rote Flagge gehißt hätten.. Di« Flucht nach Hol-and wurde in der größ ten Hast angeordnet. Sie wurde vom General v. Falkenhayn geleitet. Es soll in Deutschland, so sagt der Mann vom „Daily Erpreß", große Verwunderung erweckt haben, datz der Kaiser keinen Abdankungsaufruf erlassen uckd nicht offt- ' ziell von Heer und Volk Abschwd genommen hat, und man hegt den Verdacht, daß er nur in Erwartung besserer Zeiten nach Holland gegangen fei. Die holländischen Behörden teilen Mit, datz jeder Versuch einer Gegenrevolution durch den Kaiser und seine Umgebung seine sofortige Ausweisung oder Eefangenfltzung herbeiführen werde. Der Kaiser ist in dieser Beziehung interniert worden, und er hat erklärt, er und fein Stab würden sich ruhig verhalten.