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Zrankenberger Tageblatt 286 Bezirks Anzeiger Sonntag den 8. Dezember IVL8 Amtsblatt str die Amtshaichtmamschast Mha und die Behörden in Frankenberg Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roß'berg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Verlag von T. G. Roßberg in Frankenberg t. Sa. 77. Jahrgang Laut Mitteilung de« Betbande« Sächsischer Industrieller haben sich sämtliche industriellen Unternehmer in Sachsen verpflichtet, jeden ihrer vormaligen Arbeiter und Angestellten, die au» ! dem Heeresdienst zurücklehren, wieder aufzunehmen. E« wird jedem zur Entlassung kommenden Leeresangehörigen Häher empfohlen, sich sofort seinem früheren Arbeitgeber wieder zur Verfügung zu stellen. Harnisonkommando und Arbeiter- und Soldateurat Arankeuverg. Gesundheitliche Maßregel». Millionen deutscher Heeresangehöriger kehren jetzt und in den kommenden Wochen in die Heimat zurück. Vie Gefahr, dah damit verheerende Seuchen (Typhus, Flecktyphus, Pocken, Cholera, Tub«kulole, Geschlechtskrankheiten usw.) im Lande verbreitet werden, liegt ungemein Uiche. E« ist deshalb unbedingte Pflicht jedes einzelnen Soldaten, bei der Entlassung den ! dasür bestehenden gesundheitlichen Borschristen genauestens nachzukommen, aber auch darnach in der Heimatgemeinde alle» zur Vermeidung eine« Seuchenausbruch» Erforderliche zu tun. Notwendig ist vor allem peinliche Reinlichkeit an Körper und an Bek eidung (sofortige gründliche Säuberung de» ganzen Körper» mit Seife und Bürste, am besten ein Bollbad; un v«zügkiche» durchgreifende« Auskochen der gesamten Leibwäsche). Beachtung de» Auftretens von Krankheitserscheinungen, von Ungeziefer (Läufen). Umgehende Befragung des Arztes tei Krankheitsverdacht (im Reseroelazarett hier, ebenda Entlausung und Desinfektion). Aber auch die vorhandene Bevölkerung hat sich der größten Reinlichkeit und der Be obachtung ihres Gesundheitszustandes zu befleißigen. Au»» Mvnn t»I»n «n»»»»» Aluknung nsvkgstUonimun Kun«» uu»»»»« se»ue von »vkvvonon «Ilgomoiooi» UnsnUkoll dowskvl divibvn. Frankenberg, den 4. Dezember 1918. Der Stadtrat. Der Arbeiter- und Soldateurat. Lohnfuhre«. DieZ« ersten Halbjehr 1S1V kür die Stadtgemeinde «forderlich werdenden Lohnfuhren sollen an den Mtndestfordemden vergeben werden, und zwar. !. Tagesiubren, zweispännia, mit Wechselwagen, für den Tag; ») bei einer Arbeitszeit bi« zu 8 Stunden; d) bei ein« Arbeitszeit üb« 8 Stunden. 2. Gtnzelsuhren, für die Stunde — zu 1 und 2, soweit nicht die Ansätze unt« 3 bi» 10 in Frage kommen —. j 3. Frachtfuhren von: i ») gewöhnlichen Stückgütern) ... d) spnrigen Stückgütern / Bahnhof. 4. Abfuhr all« an die Stadtgemeinde eingehenden Wagenladungen ab Bahnhof mit Aus- und Äbladen für 10000 Kilogramm — soweit nicht die Aniätze unter 5 und 8 in Frage kommen —. 5. Kohlensuhren ab Bahnhof mit Auf- und Abladen nach: ») dem Gaswerk; d) dem Elektrizität«- und Wasserwerk; o) sonstigen städtischen Anstalten und Gebäuden (ausschl. Friedhof) für 10800 Kilogramm. 6. Abfuhr all« für den Friedhof eingehenden Wagenladungen ab Bahnhof mit Auf- und Abladen für 10000 Kilogramm. 7. Abfuhr von Te« und Ammoniakwasser im Kesselwagen von annähernd 2000 Kilogramm Inhalt ab Gaswerk nach der Bahn und Entleeren tn die Baslinmaaen von 1S000 bi« 15508 Kilogramm Fassungsraum (je 8 Fuhren). Preis für je 1b 000 Kilogramm. (Jährlich etwa 20 Wagen vonje 15000 Kilogramm.) 8. Koksfuhren ab Gaswerk mit Abladen nach städtischen Gebäuden, für einen Wagen etwa 35 Hektoliter fassend. 9. Bespannung du Sprengwagen, zweispännig, für dm Tag. 10. Landspritzenfuhren. Schriftliche ««geböte werden bi» 12. Dezember d». 2». i» Rath««» (S. Oder- geschah, Zimmer Nr. 12) entgegengenommen. Gfavtrat Frankenberg, am 5. Dezember 1918. Straßensperrung. Die Zieselstrab« wird vom 10. d». «1s. ab auf die Dou« d« daselbst vorzunehmenden Notstandsarbeiten für jeglichen Fährverkehr gesperrt. D« Fußweg von d« Retchestrahe üb« die Zieaelstraße nach du Frudbosstroße wird am 9. d». Mts. aufgehoben und d« Fubverlehr auf den Fußweg Talstrabe-Friedrichstraße (Bauvueinshäus«) verwiesen. Frankenberg, am 7. Dezember 1918.Der Stadtrat. 2. Brotkartenbezirkes Rr. 1 bi» 300 auf Lebrnimittelmark« Nr. 187; Montag, den 9. d». Mt»., vormtttag» 9 bl» 1 Uhr an de« 2. Brotkartenbezirkr» Rr. 891 bl» 809 auf Lebensmittelmarke Rr. 187. Die Au«wei»karte ist vorzulegen. Stadtrat Frankenbora, dm 7. Dezember 1918 Verkauf von Kaffee-Ersatz bei sämtlichen Händlern: Montag, dm 9. d». Mts.» auf Lebensmittelmarke Rr. 174 je '/, Pfund zum Preise von 1,12 Mark für da» Pfund. Stadtrat Frankenberg, dm 7. Dezember 1918. — Berkaus von Brotaufstrich bei sämtlichen Händlern: Dienstag, den 19. ds. Mt».,' auf Lebensmittelmarke Rr. 175 je 299 Gram« zum Preise von 92 Pfg. für da» Pfund. Stadtrat Frankenberg, dm 7. Dezember 1918. Die Kirchnerstelle in Frankenberg i. Sa. — vervunde« mit den Geschäften der Kirchenvnch- und Kirchrechnuagsführung — ist baldmöglichst zu besetzen. Gehaltsftaffel außer frei« Wohnung zur Zeit von 1999 bi» 2599 Mark mlt Kriegsteuerungszulagen nach dm staatlichen Beftimmungm. Pensionsberechtigung. Im Expedition»- und Kaflendimft ausgebildete Bewerber von kirchltcher Gesinnung wollen ihre Gesuche mit Lebmslauf und Zeugnissen bi» 17. Dezember and« einreichm. . Der Kircheuvorftavd. Ehmer, Vorsitzender. kvert alr PMaent aer aeiMcbeu Republik? w Berkin, 6. 12. Abends zogen Matrosen und Soldaten mit Gewehren in mehreren Kolonnen vor die Reichskanzlei. Ihr Führer Spiro sagte in einer Ansprache an die Truppen: Deutschland steht vor einer Katastrophe. Wir verlangen, daß die Nationalversammlung auf den 20. De zember einberufen werden soll. Der Vollzugsrat darf die Regierung nicht länger unter Druck setzen. So bringe ich denn das Hoch auf die deutsche Republik aus und auf ihren ersten Präsidenten, den Genossen Fritz Ebert. Darauf nahm Ebert das Wort und sagte u. a.: Ein einheitlicher Wille mutz die Geschicke des ganzen Reiches leiten, die Führung der Geschäfte mutz fest kn den Händen der Reichsleitung liegen. Vergeht nicht, datz Eure heimkehrenden Kameraden mitwählen wollen. Geduldet Euch bis zur Tagung der deutschen Arbeiter- und Soldatenräte am 16. Dezember, dir sich über den frühesten Termin der Nationalversammlung schlüssig werden soll. Heute fordere ich Euch auf, größte Disziplin zu wahren, eine ge schlossene Gruppe unter einheitlicher, klarer Führung zu vilden, die der Grundstock der Macht ist, auf die sich Deutschlands Zukunft und Glück aus dem Abgrunde eines jähen Falles neu aufbauen soll. Ihr sollt die Stützen eines neuen, freien Deutschlands werden, dessen Bestand von keiner Seite ge fährdet werden darf. Die junge soziale Republik Deutschland lebe hoch! (Brausende Hochrufe und Beifall.) Hiernach ergriff «in Student das Wort, welcher der Re gierung im Namen der geistigen Arbeiter volle Unterstützung versprach Dann schwang sich «in Matrose aus Kiel auf die primitive Rednertribüne und sagte, datz die Soldaten nichts weiter wollen als Ruhe, Frieden, Brot und Arbeit. Die Leut«, die das Volk in diesen elementarsten Wünschen schmälern wollten, gehörten hinter Schlotz und Riegel. 'Jetzt hab« ich an den Genossen Ebert die klare Frage zu richten: „Ist Ebert jetzt bereit, dem Rufe zum Präsidenten der dLAtschm Republik zu folgen? Ja aber nein? Mit ti«fer, durchgreifender Stimme antwortete Ebert:-Kameraden und Genossen, den Ruf, der an mich ergangen ist, kann und werde ich nicht «mehmeu, ohne mit meinen Freunden in der Rt- gierung gesprochen zu haben. Es ist ein« hochwichtige, poli tische Frag«, deren Entscheidung allein in den Händen der Reichsregierung liegt. Dann nahm der Führer Spiro wieder das Wort und forderte die Matrosen und Soldaten auf, in ge chlossenem Zug« abzumarschieren. In dem düsteren Grau des November- abend verklangen die schweren Schritte der abmarschierenden Truppen. Wir sind überzeugt, die Matrosen und Soldaten unter Führung Spiros haben dem deutschen Volke aus dem Herzen gesprochen. Straffenkämpfe in Berlin e Berlin, 6. 12. Kurz nach Beginn der Sitzung des Vollzugsrates um 4 Uhr 30 Min. dringt «in Feldwebel mit etwa 30 Mann, meist sehr jungen Leuten, in den Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses ein und erklärt den Vollzugsrat für verhaftet, und zwar im Namen der Rcichs- regierüng. Auf die Frage, wer den Befehl gegeben habe, lehnt er die Antwort ab. Er lätzt die Tür zum Sitzungssaal schließen und stellt Posten davor auf. Ein Osfizierstellver- treter gab seinen Leuten Befehl,' zunächst 6 Mann vom Vollzugsrat und dann weitere Gruppen von je 6 Mann abzuführen. Da die Mitglieder des Vollzugsrates energisch protestierten und die Mannschaften sich unentschlossen zeigten, zog sich die Ausführung des Befehles hin. Inzwischen er schien der Volksbeauftragte Barth und erteilte im Namen des Rates der Volksbeauftragten dem Feldwebel den Befehl, mit den Mannschaften sofort den Saal zu räumen. Nach an fänglichem Sträuben führte dieser schließlich den wiederholten Befehl aus. Inzwischen hatte sich das Abgeordnetenhaus mit einigen hundert Verhaftungstruppen gefüllt. Gleichzeitig waren aber auch mehrere tausend Mann Matrosen zum Schutze des Vollzugsrates erschienen, ferner größere Mengen Arbeiter. Kurz darauf erschien auch der Stadtkommandant Wels. D«r Vollzugsrat ordnete die Verhaftung des Feld webels, des Osfizierstellvertreters und einer Reihe weiterer Personen wegen dringenden Verdachtes wegen revolutionärer Umtriebe an. Es wurde festgestellt, datz den Mannschaften 5 Mark pro Mann versprochen worden waren, wenn sie sich an dem Umzug beteiligten. Namens des Rates der Volksbeauftragten gelangte ferner folgende Erklärung von Haase zur Verlesung: Die Behauptung, der Rat der Volks beauftragten habe den Auftrag erteilt, irgend ein Mitglied vom Arbeiter- und Soldatenrat zu verhaften, ist unwahr. Die Soldaten wurden lediglich zu kontrerevolutionären Zwecken mißbraucht, wenn sie zur Durchführung eines angeb lichen Haftbefehls verwendet wurden. Der Vollzugsrat setzte alsdann sein« Beratung fort, welche mit dem Beschluß en digte, sofort eine gemeinschaftliche Sitzung mit der Reichs- regierung abzuhalten. e Berlin, 7. 12. Zu d«ielben Zeit, wo in der Wilhelm- straße Eoeu ote PiäsidentswZt du deu scheu R publik antreten und im Abgeordnetenhaus die Mitglied« des Vollzugsrates festgenommen weidm sollten, kam e« in der Schloßstraße an der Ecke Jnvalidenstraße zu blutigen Zusammenstößen mit den „Maikäfern", die dort den verstärkten Sicherheitsdienst vusahen und Anhängern der Spartakergruppe, de sich zu einem Demonstration«-»« zusammenzuschließen verluchten. Au« einer großen Gruppe von Spartakusanbängernwuid nauf die Soldaten de» Sicherheitsdienste« Revolverschüsse abgegeben. Die Soldaten antworteten darauf mit Maschinengewehr- und Gewehrs«»«. « Berlin, 6. 12. In der Chaussee- und Jnvalidenstraße, sowie am Stettiner Bahnhof kam es gestern abend zu be dauerlichen Vorgängen. Eine Arbeitslosenoersammlung in den Germania-Prachtsälen hat sich nach Schluß derselben zu einem Umzug auf die Straße begeben. Als die Teilnehmer M der Kreuzung der Chaussee- und Jnvalidenstraße näherten, wurde plötzlich aus den Häusern niit Maschinengewehren auf sie geschossen, wodurch leider 11 Personen getötet und eine Anzahl andere verletzt worden sind. Die Schießerei setzte sich' bis zum Stettiner Bahnhof fort, wo neben mehreren Verwundeten auch 2 Tote zu beklagen sind. Ferner hatte sich am Molken markt «ine große Menschenmenge versammelt, die sich aber später, ohne daß es zu Ausschreitungen gekommen war, wieder zerstreute. Von welcher Seite diese verbrecherischen Handlungen ausgegangen sind, konnte bisher nicht festgestellt werden. e Berlin, 6. 12. Nach weiteren Meldungen sind ber dem Zusammenstoß an der Ecke der Chaussee- und Jnoaliden- strahe bisher 16 Tot« und 15 Verwundete, darunter 12 Schwerverwundete, festgestellt worden. Der ganze Vorgang ist auf einen Befehl des Generalkommandos der Gardetruppen zurückzusühren. Das Generalkommando hatte an die Füsilier- kaserne den Befehl gegeben: Mannschaften alarmbereit auf die Straße gehen und Demonstranten von Germania- und Sophieusälen zerstreuen. Ueber die Vorgänge bei den Unruhen im Norden gibt der Abend" folgende Darstellung: In Ver sammlungen der Frontsoldaten, Urlauber und Deserteur«, die protestierten, daß keine Vertreter in den Soldatenrat ausge nommen seien, erschienen Soldaten und teilten mit, datz der Vollzugsrat um 5 Uhr verhaftet worden sei. Der daraufhin veranstaltete Demonstrationszug wurde am Oranienburger Tor von Soldaten mit Maschinengewehren empfangen und auseinander getrieben- e Berlin, 7. 12. Die Vorkommnisse^ welche sich in den gestrigen Nachmittags- und Abendstunden tn Berlin abspielten, sind, wie der „Vorwärts" schreibt, nicht nur auf das tiefste zu beklagen, sondern auch aufs schärfste zu verurteilen. Es ist notwendig, sie restlos aufzuklären und dre Schuldigen rück sichtslos zur Verantwortung zu ziehen. Der Straßenkampf erklärt sich aus dem gewissenlosen Treiben der Spartakus leute und der ungeheuren Erbitterung von neun Zehntel der Berliner Soldaten gegenüber diesem Treiben. Wenn d« Sparlakusleute mit der Beschuldigung kommen werden, di« Regierung lasse auf das Volk schießen, so ist darauf zu «r- wiüern, datz in der Lhausseestratze Volk auf Volk geschossen hat, denn die Soldaten sind doch schlietzlich auch Volk. Auf leinen Fall sind sie blinde Werkzeuge einer höheren Macht, sondern sie sind freie Bürger der Republik wie wir. Niemand zwingt sie, niemand erlaubt ihnen, unschuldiges Blut zu ver- gietzen. Die Verkausslokale in Frankenberg werden in der Mehrzahl auch am 2. Advents-Sonntag nachmittags 2 Uhr geschlossen, dagegen am A. und 4. Advents-Sonntag von mittags 11 Uhr Ns abends 7 Uhr geöffnet bleiben.