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480 — Srrantwörtlich« Kiedakteur: -»»- Xotzberq in FrmckvEerg t-v. — Druck und Vertag von LS. Roßberg in Frankenberg i.S ' Ein »etter St»dttommaxdant. Der durch die Revolu tion emporgekommene Stadtkommandant Arnold m München, der Proklamationen in sehr schlrchtemDeutsch an die Münchner Bevölkerung richtete und nach zwei Tagen seiner "Selbst herrlichkeit von der rreuen Regierung wieder enthoben wurde, hat während dieser Zeit von zwei Münchner Banken 44 000 Mark herauszuschwindeln versucht. Er ist verhaftet worden, ebenso «in Kanonier namens Teichmann, der sich als Ober leutnant v. Berg und Sicherheitsvorsitzender ausgab und sofort 20 Waggons Lebensmittel zu verschieben trachtete. Ber ihm wurde auch eine Anzahl Wechsel gefunden, die er versilbern wollte. Die Polizei glaubt, daß sie in ihm «inen schweren Jungen gefangen hat, der noch ganz andere Sachen aus dem Kerbholz haben müsse. — Wir glauben, daß solche Arnolds und Teichmanns noch mehr austauchen werden. * Ein amerikanischer Journalist in Berlin. Am Sonntag kst mit Flugzeug der erste amerikanische Kriegskorrespondent m Berlin eingetroffen. Es ist der ^Vertreter der „Chicago Tribune", Frederic E. Smith, der bis zum Waffenstillstand dem amerikanischen Hauptquartier an der Westfront ange schlossen war. Er ist dann mit den die Grenze überschreiten den französischen Truppen nach Metz gekommen und hat sich s von dort mit Einwilligung des deutschen Arbeiter- und Sol- > datenrats nach Trier, Koblenz und Frankfurt begeben, wo er i dann von einem Flieger der Richthofen-Staffel nc^ch Berlin gebracht wurde. Wie er einem Vertreter des ,^Lok.-Anz." ' mitteilte, ist der Gedanke, nach Berlin zu gehen, seiner eigenen Initiative entsprungen. Er stellt sich die Aufgabe, die ameri- - kanische Öffentlichkeit über die Lebensmittelnot in Deutschland zu unterrichten und dazu beizutragen, daß das deutsche Volk m seiner Ernährungskrise von Amerika schnelle Hilse erhält. ' 70V Gewehre gestohlen. Aus dem Vundesschützenhaus m Kaulsdorf wurden die dort aufbewahrten Sport-Scheiben büchsen gewaltsam entwendet. Ueber 700 sehr wertvolle Büchsen nebst Zubehör wurden, nachdem die Gewehrspindr aufgebrochen worden waren, mitgenommen. Abgesehen da von, daß den Besitzern ein großer Verlust dadurch entstanden ist, ist man sich nicht recht klar, was mit dieser "Maß nahme" beabsichtigt war. * Flüchtige Kriegsgewinnler. Don dem Arbeiter- und Soldätenrat rn Dortmund sind Maßnahmen in die Wege ge leitet, Um die Flucht von Kriegsgewinnlern über die hol ländische Grenze, di« in den letzten Tagen einen außergewöhn- ' lichen Umfang angenommen hakte, zu verhindern. * Die geheimnisvolle Einmauerung. Bei dem Soldaten- rat in Schleswig wurde vor einigen Tagen Anzeige erstattet, daß im herzoglichen Schlüsse Zu Louisenland eine Einmauerung stattgefunden habe, u. a. sollten 50 Anzüge, 70 Paar Stiefel s usw. des Prinzen Friedrich von Schleswig-Holstein, der zwei s Jahre Frontdienst in Mandern getan hat, vermauert worden > sem. Mit Hilfe des zuständigen Gendarmen wurde die Stell« " nir "Keller des Schlosses entdeckt und aufgebrochen. Di« Aw nähme, daß die SHIoßkellergruft allerlei Eeheimniss« bergen würde, bestätigt« sich nicht. Gefunden wurden vier Woll decken, ein Badetuch, acht Jacketts, ein B«ttuch, acht Hosen, zwei Reithosen, sechs Paar Stiefel, ein Mantel und 25 Stück Seife. Graf Rantzau, Hofchef des Herzogs Friedrich von Schleswig-Holstein, erhob in einer Mit Soldatenräten ab- gehaltenen Versammlung Protest gegen die Beschlagnahme. Ern Vertreter d«s Soldatenrats erklärte, er habe in einer Verhandlung mit dem Herzog diesem sowohl wie dem Prinzen weitestes Entgegenkommen bewiesen und müsse sein Befremden darüber ausdrücken, daß der Prinz diese Sachen vermauert hab«; wäre dies^dicht geschehen, dann würden sie nicht be schlagnahmt worden sein. Ein anderer Vertreter versuchte, die Berechtigung der Beschlagnahme nachzuweisen. * Benzol kein Spielzeug. Aus dem Wiesendaler Hof ber Kaiserslautern hatten sich drei Kinder im Alter von 9, 7 und 3Vs Jahren Benzol zu verschaffen gewußt, das sie im Hause ihrer Eltern in deren Abwesenheit zur Entzündung brachten. Hierbei erlitten die^Kinder derart schwere Brand wunden, daß sie alle drei verstorben. ' Dier Persons» b:im Plündern erschossen. Als in Posen ein Trupp Soldaten mit Zivilisten das Bekleidungsamt zu stürmen und zu plündern versuchte, wurde vom Arbeiter- und Soldatenrat ein Maschinengewehr dorthin gesandt, das sofort Feuer gab, wobei drei Soldaten und ein Zivilist erschossen wurden. Und so geht es weiter in allen öffentlichen Dingen -ueserer engen und engsten Heimat, dem Staate und der Stadt, m denen wir beide zu Hause find. Beide treiben sie ebenfalls Steuerpolitik, nur daß es sich bei ihnen vorwiegend - um Abgaben direkter Natur handelt, die auf Grund von Ein schätzungen aus Einnahmen, Vermögen, Gewerbe, Haus- und Grundbesitz zu zahlen sind. Sehr wichtig geworden ist di« Bau- und Wohnungspolitik. Dann kommen Schulfragen, Beleuchtung, Wasserleitung, Schlachthaus. Kurzum, unser gan zes Dasein bewegt sich innerhalb des großen Rahmens, den wrr 'Politik nennen, und der nur die durch Gesetze geregelten und festgelegten öffentlichen Angelegenheiten darstellt. In allen diesen Dingen, zunächst im Reiche, soll di« Wählerin mitsprechen. Dabei werden ihr die verschiedenen Parteien, "die auch in der neuen deutschen Republik nicht ver schwunden sind, mithelfen wollen. Und die Parteien sind es, die die Politik mrt ihrem Programm kompliziert gemacht haben. Sie sagen all«, wir wollen in der Behandlung der öffentlichen Angelegenheiten das Best« des Volkes, das ist ihr politisches Ziel, aber der Weg zu diesem Ziel ist ver- schieden. Die Wählerin sucht sich den richtigen aus. Das ist aas ganze Geheimnis der richtigen Politik, von deren Einzel heiten später zu reden ist. s Oemilcdier ' Dir Vorräte der früheren Kronprinzessin. Die frühere Kronprinzessin Cecilie hat aus den Vorräten hes „Cecilien- ! Hofes" in Potsdam mehrere Zentner Weizenmehl und mehrere ! hundert Elas Honig dem Arbeiter- und Soldatenrat zur Ver fügung gestellt. Dieser läßt nun "dafür für die Potsdamer Kriegskinder Honigkuchen zum Weihnachtsfeste backen. ' Der Erreger der Grippe gesunden. In der Militär- ärztlichen Akademie München ist bei Versuchen, die auf An regung des Generalarztes Dr. Dieudonne angestellt wurden, Dr. von Angerer, Assistent am hygienischen Institut Er langen, auf einen filtrierbaren Erreger gestoßen. Seine Wer lerzüchtung ist in einigen Fällen gelungen, auch seine Färbung bis ins allerkleinst«, lichtbrechende, in lebhafter Molekular^ bewegung befindliche Teilchen, die bei allen grippekranken Versuchstieren nachgewiesen werden konnten. Es handelt sich hrer um «inen der wenigen Fälle künstlicher Züchtung eines - filtrierbaren Erregers. Aber weiter besteht die Möglichkeit, daß damit der eigentliche Erreger der Grippe gefunden ist. Die von Dr. von Angerer in der neuesten Nummer der Mün- chener Medizinischen Wochenschrift beschriebenen Organismen scheinen dem Erreger des Schnupfens nahezustehen. Doch bestehen wesentliche Unterschiede in den Kulturbedingungen, s so daß es sich nicht um die gleichen Erreger handeln kann. - Einerseits haben die so zahlreichen bakteriologischen "Unter- s suchungen mittels der gebräuchlichen Methoden kein e'inheit- s liches Resultat ergeben, andererseits ist der siltrierbare Er- ' reger im menschlichen Blut nachgewiesen worden. .So besteht «:mge Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Gebilde die Erreger der Grippe sind. * Eine aufsehenerregende Enthüllung.bringt das Wiener Blatt „Der Abend" mir der Mitteilung, daß Kaiser Karl sich für das Oberkommando über seine Armee nicht weniger als 1Vr Millionen Kronen jährlich habe bezahlen lassen. Eine der Geheimakten des Kriegsminijtsriums aus der Abteilung 156 vom Jahre 1918, die die Nummer 3350 trägt, gibt darüber Auskunft. Die Akte habe folgenden Wortlaut: „Das Zahl amt des Kriegsmimsteriums hat an das k. und k. Hofzahlamt die Gebühr Seiner k. und k. apostolischen Majestät in dessen Eigenschaft als Armeeoberkommandant den Betrag von jähr lich 1Vs Millionen Kronen unter Rückwirkung vom Regie rungsantritt an auf die Dauer des Krieges zu überweisen. Für die Zeit vom Dezember 1916 bis einschließlich Mai 1918 rst diese Gebühr bis zu 2250 000 Kronen sofort, und für die folgenden Monate am 1. jedes Monats 125 000 Kroneg zu überweisen." Dieses Schriftstück mußte vocher von fünf Stellen genehmigt werden, darunter auch vom ungarischen und vom österreichischen Ministerpräsidenten und vom Chef des Eeneralstabes. Hervorgehoben wird noch besonders, daß der Kaiser auch noch für den Monat Dezember die ganze Rat« ausgezahlt erhielt, obwohl er bereits am 2. November "das Oberkommando niedergelegt hatte.