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hinaus. Lora Berger hatte im Park «inen Arm voll weihen und lila Flieder abgeschnitten und ging Meder dem Haus« zu. Da, hörte sie hinter sich Schritt«; unwillkürlich wandt« sie sich um, wer das wohl zu so früher Nachmittagsstunde sein mochte. Es war Baron Vultach, der, das Sacket in der Hand, zum Tennisspielen kam. Er hatte den rückwärtigen Eingang an der Parkmauer benutzt, der ihm von seinem Sitz aus bequemer zugänglich war. In seinen Augen leuchtete es aus, als er so unvermutet das reizende Mädchen allein traf, das in letzter Zeit aus schließlich seine Gedanken beschäftigte. Ohne weiteres schloß er sich ihr an. Mit einem schnellen Blick überflog er die Front des Gebäudes. All« Läden waren geschlossen; er sah niemand. Da erfaßte er Lores Hand, indem er hastig auf sie einsprach. Sfe verstand ihn nicht und sah ihn verwun dert an. Er legt« seinen Arm um ihre Taille und flüsterte: Liebste, Schönste, können Sie nicht morgen abend gegen 9 Uhr an der kleinen Pforte hier an der Parkmauer sär? Ich habe Ihnen fo viel zu sagen." Entrüstet sucht« sie sich aus seinem Arm sreizumachen. .^Lassen Sie mich los, Herr Baron." Ein leises Rot lag auf den Wangen des LegationsOtt«s, a5s er va- hastig sagt«. Da klayg das Rauschen von Frauenkleidern. Gräfin Lella stand auf der Schwell« des Ateliers. „Hier findet man die Herren? Es wird Zeit zum Abend essen. Die Kinder warten aus"Dnkel Rüdiger." „Wir kommen!" sagte Ottokar schnell und ging seiner Frau entgegen, um zu verh'mdern, daß sie das Bild be merk«, das «r vor ihr aus einem ihm selbst unerklärlichen Gefühl bisher verheimlicht hatte. Doch sie schritt an ihm vorbei. - l ' „Nun, Rüdiger, was sagst du zu dem Fleiß« deines Bruders? Einfach fabelhaft, was er leistet!" spöttelte sie, indem sie ihre Blicke umherschwrifen ließ. Und was Ottokar nicht gewünscht hatte, geschah doch: das Bild auf der Staf felei fe's« te ihre Aufmerksamkeit. Sie trat darauf zu. „Ah, was ist das! Das hab' ich ja noch nicht gesehen' Das sollte wohl «ine Urberraschung für mich sein?" Sie lachte unangenehm auf. „Wie reizend!" „Ich kann deinem Urteil nur verpflichten; auch mir gefällt es ausgezeichnet. Ich habe Ottokar schon dazu be glückwünscht!" meinte Rüdiger. „Ist das dein Ernst? — Und fällt dir gar nichts an dem Bilde auf? Gar nichts? — Oder findest du es korrekt, wenn Ottokar ohne Vorwissen seiner Frau dis Erzieherin seiner Minder malt?" „Za, das finde iS! Warum auch nicht?" „Ah, auch du bist vernarrt in dieses Madonnengesicht, genau wie Ottokar." Sie lachte schrill auf. ' „Lella, deine Anschuldigung ist ja wahnsinnig!" rief der Graf unmutig, „ganz lächer ich." „Ah, glaubst du, mein Freund, ich-hgbe die schmachtenden Blicke nicht bemerkt, mit denen du diese — diese Person verschlingst?" ' - „Lella, aus künstlerischem Interesse an ihrer Schönheit — nichts weiter! — Dieses Mädchen, das meine Tochter fein' könnte — zu ungereimt, was du dir einbildest." „Bei euch Männern ist alles möglich. 'Aber das sage ich dir.' Dieses Bild wird nicht ausgestellt. Nun hast du endlich mal etwas geschaffen, und nun ist es wieder miß lungen. Du sollst dich, und damit auch mich, nicht mit solchem Klitsch blamieren!" „Nach meiner Ansicht würde das nicht der Fall sein!" widersprach der Legationsrat, „ich habe Ottokar dazu ge- laten." „Unsinn! Das Bild bleibt hier! Ich will den Namen, den ich trage, nicht der Lächerlichkeit preisgegeben wissen." Rüdiger merkte bald, daß Neid und Eifersucht auf eine TZüngere und Schöner« aus Lella sprachen — nichts weiter Ws das war es ... . Und wieder ließ Ottokar alles geduldig über sich ergehen, schwieg aus'ihre sinnlosen Anklagen und Vorwürfe. Wie eine kleine Furie stand Lella vor ihm, die Hände geballt, das Ge sicht verzerrl^'bar feder Würde und Vornehmheit. Da ging Rüdiger, angewidert von ihrem Gebühren, „Ich habe sie noch nicht gesunden, die «ine, di« mir als Ideal vorschwebt," erwiderte «r mit einem beredten Blick auf Lella. Jetzt kam Graf Allwörden herbei und beLrüßt« ihn. Ein« oberflächliche Unterhaltung entspann sich. Dem Grafen sagt« der junge, blasiert« Vultach wenig zu, und es war ihm gar nicht angenehm, daß seine Frau einen regen nachbarlichen Verkehr mit ihm pflegen wollte, um so weniger, da er nicht verh.tratet war. Doch als er diese Gedanken Lella gegenüber geäußert, war sie heftig geworden und hatte ihm erklärt, daß sie nach ihrem Wi.len handeln würde. Er, Ottokar, gönne rhr nur dies« Abwechslung nicht. Sie sei froh, zum Tennisspielen endlich «inen Partner gefunden zu haben, denn-Ottokar sei allerdings dafür zu alt, er müsse bedenken, daß sie achtzehn Jahre jünger als er wär« — und da war sie wieder bei dem beliebten Thema angekommen. Wieder fügte er sich und duldete einen ihm unsympathischen Mann an seinem Tisch, nur um des häuslichen Friedens und der Ruhe willen. Lella war vergnügungssüchtig, sie verlangt täglich' nach Abwechslung, nach Bewunderung und Huldigung ihrer Schön heit. Des Gatten war sie längst überdrüssig geworden. Der f alternde Mann flößte ihr nur Ungeduld ern und Mißmut. ! — Wenn er sich wenigstens nicht so gehen lassen wollt«! ! Die Haltung seiner sonst so vornehmen. Gestalt entbehrte jetzt ! ganz der Straffheit. Wie saß er müde und in sich zusammen- gesunlen, mit vorgeneigten Schultern da! — — Leo Vultach war von tadellos«! El«ganz, vom peinlich gezogenen Scheitel durch das spärliche Blondhaar bi^zu den lila seidenen Strümpfen in den weißen Tennisschuhen. Der lila seidene Gürtel, die gleichfarbige Krawatte, das seidene Taschentuch, alles paßte zusammen. Lella liebte diese sorg fältige Eleganz an den Männern — ihr Gatte erschien ihr in dem Samtjackett, das er meistns trug, veraltet und lächerlich. Die Einladung der Gräfin, zum Abendbrot zu bleiben, lehnte Baron Vultach für, dieses Mal dankend ab; er ver sprach dagegen, schon morgen wieder zum Tennisspiel zu kommen. Man wollt« das schöne Wetter ausnützen. Am Sonnabend kam der Legationsrat, jubelnd von den Kindern begrüßt, die es sich nicht hatten nahmen lassen, ihn von der Bahn abzuholen. Erst zum Tee sah er Lore und begrüßte sie in seiner ge haltenen Weis«. Er gewahrte den Funken der Freude, der unbewußt in ihren Augen aufsprang, als er zur Begrüßung ihre Hand in der seinen hielt — ein warmes, weiches Gefühl quoll in ihm auf, wie immer, wenn er dieses junge, schöne Geschöpf vor sich sah. Sie hatte ihm gefehlt — er fühlte es ganz deutlich — er hätte sie immer um sich haben mögen! " Den Kindern hatte er allerlei mitgebracht, und Schwä gerin Lella war sehr erfreut über die ausgesucht feine Bon bonniere und den neuen Roman, die er ihr überreichte. Später sah er im Atelier Ottokars neuestes Bild. Lange stand er davor. Wie^gut der Bruder Nora Berger getroffen, wie liebevoll er all dir Schönheiten ihrer Erschei nung herausgebracht hatte! Man sah ganz deutlich, mit welchem Interesse seine Hand den Pensel geführt hatte. Rein« Poesie skahlt« das Bild aus. Wie leicht und duftig wirkte di« Lust. Die Obstbäume in ihrem Blütenschnee standen wirkungsvoll gegen den blauen Himmel, saftig war der grün« Rasen, auf dem die Kinder faßen, aufmerksam auf das junge, -lichtgekleidete Mädchen blickend, das in anmutiger Haltung nAh d«m Zweige eines Apfelbaumes griff und ihn zu sich herunterbog. Schön wie ein« FrühlmgsgöMn stand sie da, und die Sonne hatte schimmernd« Reflexe über ihr Haar gezaubert, daß es auf- leuchtete^ als sei es <ms dunklem Gold gesponnen. „Nun?" fragte Graf Ottokar, den Bruder erwartungs voll ansehend; «r gewahrte wohl dessen Bewunderung, di« ihn mit tiefer Befriedigung erfüllte. „Seit Jahren sah ich von deiner Hand kein so gutes Bild mehr! — Wirst du es ausstellen?" „Ich weiß es noch nicht." „Tue es! Das Bild ist wert, gesehen zu werden." „Ich möchte es wohl — aber wiederum: ich kann mich schwer davon nennen!" „Stell« es a»L Ottokar; und dann — gib es mir." D«r Künstler sah seinen Bruder erstaunt an. „Dieses Bild?" „Es ist «in Stück Heimat! Der liebe Obstgarten er- innert mich an so viele frohe Jugendtag« — und dein« Kinder, meine Lieblinge,^» lebenswahr gezeichnet."