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Orrmikedlez - * Berllin a<n Abend macht jetzt einen recht stillen Ern- druck. Tas Bild.einer mittleren Provin^tadt, so etwa kenn- ztichnet sich die Verkehrsbewegung der ersten Tage der Woche. Die sanfte Einladung der V» Hörde, des Abends hübsch zu Hause zu bleiben, hat gewirkt, obwohl sie nicht in die Form eines strengen Befehls gekl.idet ist. Tie Straßenbahn zeigt bereits um 8 Ahr abends eine schwache Besetzung. Die Brennpunkte des Berliner Verkehr-, wie Aleranderplatz, Lin- benkreuzung, Friedrichstraße, Potsdamer Platz, haben eine ganz erheblich niedrigere Besuchsziffer als sonst. ' Die Insel Helgoland, deren Besetzung sich die Entente für den Fall vorbehalten hat, daß die rm Waffenstillstand bedingte Auslieferung deutscher Kriegsschiffe sich verzögert, »ft seit dem Herbst 1890 deutscher Besitz, der uns von Eng land damals gegen Aufgabe unserer Ansprüche aus Sansibar und Witu in Ostafrika abgetreten wurde.. Damals hat Eng land nicht an Feindseligkeiten gedacht. Die letztere ist auch nicht- s bei uns aufgetaucht, sondern in London. Die Bevölkerung der Insel ist im Kriege nach dem Festland überführt. Von : 1815—1890 war die Insel englisch, früher dänisch. Teutsch s wird sie auch fortan bleiben. ' Ein Steinzeitfund rn Masuren. Als im Frühjahr 1915 die Russen in Ostpreußen einfielen, wurde bei Befestigung-- l bauten in Masuren ein wichtiger archäologischer Fund gemacht, s wie A. Bezzenberger in der Zeitschrift Maunus berichtet, s Am 17. März wurde das Prussia-Museum vom Stellvertr. Generalkommando Allenstein benachrichtigt, im Johannes- ' kurzer Forst, unweit der Haltestation Puppen, ser man auf «inen vorgeschichtlichen Fund gestoßen, dessen sofortige Be- sichtigung durch Sachverständige wünsäMswert erscheine. Bez- ! zenberger machte sich sogleich in Begleitung eines Fachgenossen auf und wurde an eine Stelle im Dienstlande der Försterei Waldersee, nahe dem Zusammenfluss« des Uplick- und des Sdrusno-Sees, geführt. Die Fundstelle war bei der Ent ¬ deckung bereits beschädigt worden. Man übergab den beiden Archäologen ein der Erd« entnommenes Stcinwerkzeug, einen stattlichen, gut geglätteten Hammer aus Diabas mit Zylinder bohrung. Dieser Hammer war neben einem Skelett gefunden worden. Soweit Bezzenberger in der zur Verfügung stehen den Zeit die Grabstätte- beurteilen konnte, müß es sich nach - der Lage der Lkeletteil« um einen liegenden Hocker gehandelt haben, der, auf der rechten Seite ruhend, den Blick nach.Süden gerichtet, beizesetzt worden war. Bezzenberger kommt aus seiner Untersuchung zu dem- Schluss«, daß das Grab der jüngeren Steinzeit angehört. Es handelt sich demnach um einen Fund, der für Ostpreußen als sehr selten zu bezeichnen ist. * Die Reise des Kaisers lns Holland war aufregend. Am Abend des 9. November — so berichtet der Korrespondent eines Berliner Blattes — verließ der Kaiser mit 50 Per sonen das Hauptquartier in zwei Hofzügen, die später auf freiem Felde hielten. Er wurde von Autos erwartet, mit denen er die Reise bi--zur Landesgrsnze fyrtsetzte, um dann in Holland wieder die vorher verlassenen Züge zu erreichen. Die Autos wurden auf der Fahrt zur Grenze einmal von Truppen angehalten, aber ohne Feststellung der Insassen wcitergelassen. Je mehr man sich der Grenze iläherte, desto zweifelhafter wurde das Gelingen des Unternehmens; aber es kam nicht mehr zu irgendwelchen Zwischenfällen. Man glaubt dem Kaiser die Energie anzumerlen, mit der er sejne Haltung zu behaupten sucht; denn diese Katastrophe ist Wil helm II. überraschender gekommen als den allermeisten Sterb lichen, die dem Gang der Dinge im letzten Monat gefolgt sind. Die Umgebung de- Kaisers hat völlig versagt, ebenso wie die Abhängigkeit de- Kaisers von dieser Umgebung deutlich in Erscheinung getreten ist. Erst in den allerletzten' Tagen des Oktobers fand eine.Beratung im Großen Hauptquartier statt, die dem Kaiser die Lage zum ersten Male zeigte, wie sie war. Hindenburg, der Kronprinz und die Herren des engsten Gefolges, also auch General v. Plessen und Herr v. Hintze, wohnten die'er Besprechung bei. Sie ließen irgend welche Hoffnungen nicht mehr zu. Der Kaiser erörterte nun vor allen Dingen die soldatischen Möglichkeiten, dl« ihm noch blieben, aber Hindenburg wollte, aus welchen Gründen und bei welcher Gelegenheit es auch sei, keinen Menschen mehr opfern. Das Gefolge bestürmte den Kaiser in gleichem Sinne und mit tausend Gründen. Herr v. Hintze, unterstützt von General v. Plessen, bestand auf seinem Plan, auf neu trales Gebiet überzutreten. Dafür kam tatsächlich'allein noch Holland in Betracht. Alle anderen Möglichkeiten waren schon nicht mehr durchführbar. Dem Kaiser muß durch die Art, wie ihm Klarheit geworden war, die deutlich« Erkennt nis gekommen sein, daß er in den Geschicken seines Landes eine tatsächliche Rolle überhaupt nicht mehr spiele. * Erluiser Wi Helms Aufenthalt. Ter Aufenthalt, den Ler ehemalige Kaiser jetzt bezieht, ist, dem ,,B.' T." zufolge, sehr idyllisch. Es ist ein eigentümlicher Zufall, daß der Archi tekt, der das Maritshuis im Haag und das Gebäude der deutschen Gesandtschaft am Vyperberg erbaut hat, auch die Pläne für das „Huis ts Amerongen" des Grafen Bentinck entworfen hat. Es ist ein mit Wasser umgebene- Gebäude, halb Haus, halb Kastell, mit großen, nur durch die breiten Fenstereinschnitte belebten Flächen und hohem Dach, äußerlich schwer und einfach und innen sehr schön im barocknen Stil um die Wende de- siebzehnten Jahrhunderts dekoriert, in der Anlage ganz ähnlich wie eben das.Maritshuis. Im ersten Stockwerk der großen Halle hängen wundervoll erhaltene f Gobelins an den Wänden. Die Bewcgungsfreih.it Hes Ksi- ' sers und der Herren seines Gefolges, deren engster Krers im Dorfe Amerongen wohnt, ist selbstverständlich stark be- f schränkt. Das Schloß Amerongen hat ein« wundervolle park- f artige Umgebung. Zum nähten Sonntag hat der Kaiser > sich einen Geistlichen zur Abhaltung des Gottesdienstes rns - .Schloß erbeten. ' Elm 30SV Fahr« altes Schwert. Ein Schwert, dessen f Alter man auf etwa 3000 Jahre schätzt, ist kürzlich an das Museum in Göteborg geschenkt worden. Die Klinge ist sehr ! gut erhalten und beide Schneiden sind scharf. Der Griff ist halb abgebrochen. Das Schwert wurde unter eigentümlichen j Umstünden gesunden. Es hat nicht in einem Grab gelegen und ! ist auch nicht als Schatz oder Opfer verborgen worden. Als ! man e- fand, lag es vierzig Meter voiz, einem Flußufer, zwei Meter tief in der Erde. Wahrscheinlich ist es dereinst ! in xinem See verloren gegangen, der dann später von dem ! Schlamm ausgefüllt wurde, den die Bäche mit sich führten. Als Frau Berger mit ihren Kindern wieder daheim war, fragte sie den Sohnr „Erich, was hattest du nur wieder mit dem Leutnant? Schon einmal war's, im November, erinnerst du dich?" Beschwichtigend legte «r seine Hand auf dir ihre. „Gar nichts, Mütterchen, gar nichts, was dir Grund zur Beunruhigung geben könnte." „Ich glaube, ihm war es nicht recht, daß wir da waren «md daß Fräulein Jutta so freundlich zu uns war." „Wir waren Gäste, Mütterchen, und es wäre unhöflich gewesen, wenn Fräulein von Eggert uns anders als Ritter gutsbesitzer Hellwigs behandelt hätte." Er sprach sehr ruhig und gleichmütig — war es, weil er d«n forschenden Blick der Schwester fühlte? Niemand durste sa ahnen, was ihm Jutta war. „Du, Erich," sagte jetzt Frau Berger, „ich glaube, daß Oberförsters und Hellwigs es gern sehen würden, wenn aus der Tochter und dem Sohne ein Paar würden." Erich sprang hastig aus. „Mütterchen, das glaube ich schon lange." Seine Stimme Lang aber unfrei, und er litt Oualsn, während seine Mutter diesen Gedanken ausspann. Man habe jetzt Weihnachten schon di: Verlobung der beiden erwartet. Oberförsters feien nicht besonders vermögend, Hellwigs da gegen desto mehr. Für den Leutnant hofft^man. aus Protek tion; dir Brüder de- Oberförsters seien alle hohe Militärs, ebenso auch die Verwandten der Frau von Eggert. Mit müdem Lächeln meinte da Erich, der im Halb dunkel he- Zimmers stand, so daß sein Gesicht nur undeut lich zu festen war: „Wird mein Muttchen jetzt auf ihre alten Tage so neu gierig? Man wird es ja noch erwarten können. Ihr Frauen müßt aber immer etwas zu kombinieren und zu erzählen haben, sonst seid ihr nicht glücklich!"' Er gähnte hinter der oorgestaltenen Hand. „Ich bin müde und möchte schlafen gehen! Für mich beginnt der Tag morgen zeitig! Wenn ihr noch-ausbleiöen wollt? Gute Nacht!" Mit großen, sinnenden Augen sah Lore ihm nach. Es war etwas Fremde- an dem Bruder gewesen, etwas, das sie störte. Von draußen hörte sie ihn pfeifen: Santa Lucia . . . (Fortsetzung folgt.)