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8 i — 466 — kalt. LZL gewesen, war das für die Oberförsterin, die sich nie so ganz wohl kN der Stille und Abgeschlossenheit fühlte, die ihres Mannes Beruf mit sich brachte. Deshalb war sie auch ost »md lange mit der Tochter verreist. Diese hatte aber jetzt merkwürdigerweise noch nicht wieder den Wunsch nach einer Reise ausgesprochen ... Iran Berger war der Oberförsterin nicht unsympathisch; sie sagte ihr sogar mehr zu, als dir beiden Eutsbesitzers- frouen, mit denen sie zu verkehren ab und zu doch gezwun gen war. Der Frau haftete. etwas Vornehmes, Ruhiges und Er gebenes an, so, als sei sie durch rin schweres Leid gegangen. Seine .Spuren waren in dem noch immer- schönen Gesicht «nverwischbar gezogen. erwiesen, Herr von Hellwig," entgegnete er kurz und Wie zwei Klingen kreuzten sich beider Blicke. „Sie scheinen darauf ja sehr eingebildet zu sein, Herr Förster Berger," näselte der junge Hellwig sehr von oben herab. „Nicht eingebildet, Herr Leutnant von Hellwig, nur stolz, wie es jeder ist und fein muh, der fernes Königs Rock gern und in Ehren getragen! Ob als Offizier, als Einjähriger oder als Gemeiner — das tut nichts zur Sache." Lore war durch diese kurze, scharfe Rede und Gegenrede ängstlich geworden; sie kannte den Bruder — wenn er so blaß aussah, wenn die Lippen zuckten und in seinen Augen ein dunkles Licht brannte, dann war er tief im Innersten erregt — nur noch ein unvorsichtiges Wort Les Gegners, und Erich hatte die Grenzen der Selbstbeherrschung verloren! Jutta dagegen fühlte sich angenehm unterhalten; halb neugierig, halb belustigt beobachtete sie die beiden — sie sah -den Funken 'unler der Asche glimmen. Am liebsten hätte sie ihn weiter angefacht, aber instinktiv hielt sie sich doch zurück, durch ein nachlässig hingeworfenes Wort, das ihr eigentlich auf dem kecken Zünglein brannte, die Gegner noch mehr zu reizen. Auch dis andern waren aufmerksam geworden; die Un terhaltung drüben am Tische verstummt«, und indigniert blickte Frau von Hellwrg aüf den jungen Förster. „Bitte, Herr Berger spielen Sie das Lied noch einmal! Ich möchte dazu singen — leider kann ich es nur deutsch!" rief Jutta lebhaft, um dir entstandene, Spannung zu lösen. -„Hell glänzt des Mondes Licht am Himmelsbogen," sie stellte sich dabei auf die Fußspitzen, hob graziös die Arme Und fang, von Erich diskret begleitet, halblaut die schmach tende Weise. „Reizend, ganz reizend, Ziebes Kind!" Mit süßsaurem Lächeln applaudierte Frau von Hellwig, di: wohl sah, daß sich ihr Sohn durch etwas gekränkt fühlte. Der Leutnant hatte sich jetzt auch ostentativ von Lore abge- wandt, und blätterte in einer Zeitschrift. Bergers verabschiedeten sich bald nach dem Abendbrot. Der Oberförster nahm noch Gelegenheit, Erich zu fragen, was er mit Herrn von Hellwig gehabt. Offen sah ihn der Angeredete an. „Ich bitte um Entschuldigung, Herr Oberförster, daß ich in Ihrem Hause etwas inkorrekt gehandelt' habe! Doch Herr von Hellwig sucht mich bei jeder Gelegenheit zu ver letzen." Und kurz erzählte er das Vorgefallene. „So — fo," machte Herr von Eggert, äußerte sich aber weiter nicht darüber. „Unangenehmer Mensch, Ihr Revierförster!" sagte Mar von Hellwig später, als er mkt seinem Vater und Herrn vom ' Eggert Skat spielte. „Wie meinen Sir das? Ich habe ihn bisher nur von'der besten Seite kennen gelernt; er ist ein tüchtiger, gewissenhafter Beamter und mir persönlich außerdem sehr sympathisch," ent- gegnete der Oberförster mit Nachdruck. „Seine Eigenschaften im Dienst kann ich nicht beurteilen; doch finde ich, daß halbgebildete Leute leicht die Güte und Liebenswürdrgkeit mißbrauchen, die man ihnen entgegen bringt." „Bis jetzt hat sich niemand über zu große Liebenswürdig keit von ^mir zu beklagen gehabt!" lachte der Oberförster geräuschvoll, und ass Hellwig nochmals das Gespräch aus de» Förster lenkte, ging er nicht darauf «in, sondern sagt« sein Spi«l an. „Nur einige Lieder, deren Inhalt ich aber kaum ver stehe. Ich habe sie gehört, als ich im Frühjahr in Neapel war." - Z „Ah, und da haben Sie auch das Eitarrespislen ge lernt?" „O nein, das konnte ich schon. Beim Militär hat es mir ein Freund 'beigebracht." „Beim Mi.itär pflegt man sonst eigentlich mit anderen Dingen, äls gerade mit — Gitarrrspielen 'beschäftigt zu wer den," bemertte Mar von Hellwig höhnisch, „meine Leut« würden mir schön damit kommen." Erich Berger richtete sich straff auf und sah den Leut nant scharf an. „Ich war bei den Karserjägern, und der Herr Oberst „Nänu?" Herr von Eggert stand auf, um nachzu'ehrn. „Das sind Hellwigs! Ich kenne das Geläut!" rief Jutta, über deren reizendes Gesicht ein verdrießlicher Zug glitt — heute paßte ihr dieser Besuch gar nicht. Die ewig neugierige Frau Rittergutsbesitzer von Hell wig war gat nicht ihr Fall — für, die sich jetzt schon als ihre Schwiegermutter aufspielte und den Sohn in allen Tonarten pries, als sei er der vollkommenste, schönste, intelligenteste Mensch unter Ler Sonne! Ja, wenn er wie der andere ge- wesen wär«, zu dem ihre Blicke jetzt heimlich flogen — in dessen Augen es immer so heiß und glücklich aufleuchtete, wenn er sie sah Und sie bemerkte auch den Schalten auf Erich Bergers Gesicht, als jetzt wirklich die Hellwigs ins Zimmer traten. „Meine liebe Frau Oberförster, wir wollten Ihnen nur auf ein Minütchen „Guten Tag" sagen! — — Nein, nein, wir wollen nicht stören, Sie haben Besuch," sagte Frau von Hellwig. Ihre Begrüßung der Familie Berger, die sie ja bis auf Lori kannte, siel ziemlich von oben herab aus. Aber das Ende vom Liede war doch — trotz anfänglicher Abwehr — sie blreben da, legten ab und ließen sich häuslich nieder. Mit der Gemütlichkeit war es vorbei, wie Jutta bedauernd bei fich feststellte. Hochmütig begrüßte der Sohn, der Leutnant, den Revier- , förster — mußte der Kerl denn überall dabei sein? Aber Lessen Schwester — Doimsrwetier, das war ein Weib! Bor Erstaunen fiel ihm beinahe das unvermeidliche Monokle aus d«m Auge — die übertrumpfte ja noch dre reizende Krabbe, die Jutta! Bescheiden wollten Bergers sich vor dem Abendbrot ent fernen, 'doch davon wollte der Oberförster durchaus nichts wissen. Jutta wünschte den Weihnachtsbaum anzuzünden, »md Erich war ihr dabei behilflich. Der Leutnant unterhielt sich eifrig mit Lore und versuchte, ihr nach allen Regeln der Kunst den Hof zu machen; um Jutta zu ärgern, wie er fich sagte, die nach seiner Ansicht sich viel zu viel mit dem Revierförfter beschäftigte. Jutta zeigte Lore ihre Weihnachtsgeschenke. ,^lnd hier — meines heißen Wunsches Erfüllung," lachend hob sie eine mit einem rosa Band verzierte Gitarre in dre Höhe. „Spielen kann ich allerdings noch nicht, ich hab' keinen L«hrer. .— Können Sie es, Herr Leutnant?" Der Leutnant zupfte an den Saiten herum; Jutta hielt sich die Ohren zu. „Das ist ja, um Tiere wild und Menschen rasend zu machen; so kann ich es auch." Und kurzerhand nahm sie ihm das Instrument wieder weg, um es Lor« zu reichen. . „Ich kann es auch nicht, aber mein Bruder spielt ganz »ett. So für den Hausbedarf." „Ah, das ist famos! Also spielen Sie, Herr Förster." „Was befehlen gnädiges Fräulein?" „Am liebsten etwas italienisches, recht schmachtend." Di« jungen^Levt« bildeten neben dem Christbaum ein« Gruppe für sich; Erich saß halb auf 'der Fensterbank, die Gitarre im Arm haltend, und begann. Mit einem weichen, Hübschen Bariton sang er „Santa Lucia"; die wohllautenden Italienischen Worte gaben dem Dorttag einen besonderen Schmelz. Jutta klatschte in die Hände und summte di« Melodie mit. „Herrlich! Bitte noch einmal, wir wollen auch mit- Pngen — Sie können.italirnisck?" Noch während sie beim Kaffee saßen, erklang das lustige meines Regiments hat mir stets ein besonderes Wohlwollen Schellengeläut eines Schlittens, der in den Hof der Ober- försterei Linfuhr.