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Frankenberger Erzähler NrrterhattrmgSbettaae zum Frankenberger Tageblatt M. 117 Mittworü de« 2Ü. Wovemker 1918 Nsvemberlsnne Der Novembersonne kühle Klarheit Lächelt wie ein Leid, das sich besann. Karg und unerbittlich blickt die Wahrheit Uns aus grauen Tagesaugen an. Rotes Laub beÄÄW die Gartenpforte Und verdeckt der Mauer liefen Sprung. Blätter fallen wie verirrte Worte Bunter, leuchtender Erinnerung. Margot Boger. Lie Mllwöedeus Roman von Fr. Lehne 13 Nachdruck verboten Frau Maria bat, Platz zu nehmen und rückte den Tisch etwas vom Sofa ab, dabei „Männe" einen kleinen Klaps gebend, der darüber ungehalten knurrte, aber doch liegen blieb. .^Lassen Sie ihn nur, Frau Verger! Es ist gewiß sein Stammplatz, und er hat das größte Recht hier!" lächelte Jutta und streichelte den Hund, der seinen Platz zwischen ihr und Lore behauptete,. Bon der Seite betrachtete Jutta Erichs Schwester. Wie war die schön! Vergleichend ging ihr.Blick zwischen dem jungen Mädchen und dem Förster hin und her. Achnlich war Lire ihm eigentlich nicht — nur hoch und schlank waren sie beide. Erich fing einen dieser Blicke auf und wurde rot, wäh- rend-sie sich verlegen zu dem Hunde neigte und ihn scherend an den langen Ohren zog. Der Oberförster hatte seinen Pelz geöffnet und saß breit auf seinem Stuhl. „Uff," machte er, „haben Sie's hier warm." „Wollen Ler Herr Oberförster und das gnädige Fräulein nicht ablegen?" Erich war beiden behilflich; mit beinahe liebevoller Sorg falt trug er Juttas Nerzjacke nach dem Vorraum. Lore bot ihrem Besuch die Bonbonniere an, aus der Jutta ohne Ziererei aß. „Nanu? Was ist denn das?" Der Oberförster hielt den Lebkuchen mit der Sennerin weit von sich. „Ein Mün chener Künstlerlebkuchen? Verrücktes Zeug!" Er lachte. „Ich habe es meinem Bruder mitgebracht: das Bild seiner Zukünftigen," scherzte Lore. War es Zufall, daß da Juttas und Erichs Blicke sich trafen und dann scheu mieden? Er stand jetzt in der Nähe des Christbaums, und die Kerzen warfen bnruhig zuckende Lichter über sein ernstes, schmales Gesicht. „Sehen Sie nur, Herr Oberförster, was unser Lorchen meinem Sohn und mir alles mitgebracht hat." Mit Rührung sah der jovial« Mann auf das freude verklärte Gesicht Frau Bergers und bettachtete dann ein gehend di« Geschenke. Jutta durchblätterte mit vielem Interesse das Album von München, da sie die Stadt kannte. Sie tauschte mit Lore ihre Erinnerungen aus; reizvoll war es zu sehen, wie der blonde und der braune Mädchenkopf sich über das Buch neigten. Nach einer Weil« sagte der Oberförster: „Komm, Jutta, rott müssen fort, sonst ängstigt sich di« Mutter." And Bergers mußten ihm fest versprechen, am Sonntag nachmittag nach der Ob«rförsterer ^kommen. Herz lich verabschiedete sich Jutta von Lore, dre ihr sehr gefiel. Erich begleitete seine Gäste hinaus zu dem Schlitten, der in erner Entfernung von vielleicht zweihundert Schritten auf der breiten - Fahrstraße hielt. „He, Franz!" rief Herr von Eggert schon von wertem dem Kutscher zu, „wach auf, mein Sohn! Du scheinst wohl ! eingeduselt zu sein? Allons, marsch " Der junge Förster half ihnen in den Schlitten. Sorg lich legte er dir warme Decke über Jutta und steckte ihre Füße in den Fußsack. Als er die kleine, feste Mädchenhand mit fast zärtlichem Druck in der seinen hielt, zitterte.er. Sie lächelt« ihn an; er sah es wohl in dem. ungewissen Schein k der Laterne. „Auf Wiedersehrn, Sonntag! Grüßen Sre daheim! rief sie ihm zu. Langsam ging er zurück. Ihm war das Herz voll, und unruhig kreiste sein Blut in den Adern. Jutta von Eggert! Was hatte das kapriziöse Mädchen ans ihm gemacht! Ab sichtlich kreuzte sie seinen Weg, das fühlte er wohl. Wie oft begegnete er ihr in seinem Revier, zu Fuß, zu Rad, häufig auch im Dorfe; sie wußte geckau, wann er seine Postsachen holte. Und sprach sie mit ihm, war sie heute freundlich, morgen dagegen beachtete sie ihn kaum, war hochmütig, herablassend,- daß er vor Empörung und Zorn die Hände ballte. Und doch hatte das schlanke, feingliedrige Geschöpf von seinen Gedanken so Besitz genommen, daß er die Tage zu den verlorenen zählte, an denen er sie nicht gesehm . . . Wie es gekommen, wußte er selbst nicht. Manche Frauen hatten des schönen Försters Weg ge kreuzt, ihn ermutigend ange.acht — keine war darunter ge wesen, die ihm ein tieferes Interesse einflößen konnte. Nur diese eine! Mit tausend Schmerzen erfüllte ihn dieses Gefühl — sie stand ja fo weit, so unerreichbar über ihm. Nimmer würde Jutta von Eggert, das hochmütige Oberförsterstöchtev- lein, zu einem Unterbeamten ihres Vaters herabsteigen, und , nimmer würde der Oberförster, trotz seiner Vorurteilslosigkeit, k in eine solche Verbindung mit seiner Einzigen willigen! Er, k der einer der ältesten Familien des Herzogtums entstammt«, ! dessen Gattin auch eine geborene Freiin von Herrenkirch war, ! — nein, darauf konnte er nie hoffen! Da hieß es eben, fein - Herz in beide Hände nehmen und versuchen, dieser unseligen Leidenschaft Herr zu werden . . . Und wenn er nun sagte, wer sein Vater war? Das würd« in diesem Fall keinen Lweck haben; er war kein anerkannter .Sohn des Grafen Allwörden! So war es bester, er behielt das Geheimnis seiner Abkunft für sich. Dreizehntes Kapitel. Frau Oberförster von Eggert empfing am Sonntag ihre Gäste sehr freundlich. Schon in der geräumigen Diele, die mit vielen Geweihen und Jagdttophäen geschmückt und im Stile einer oberbay rischen Bauernstube gehalten war, kam ihnen Jutta ent gegen. „Ich freue mich, daß Sie Wort gehalten haben. Nun wollen wir.heute mal vergnügt sein! Der Kaffee wartet schon, und Vater hat Durst," lachte sie. Lore küßte Frau Eggert die Hand. Die Oberförsterin war sichtlich überrascht von der Schönheit und Anmut der jungen Lehrerin. Dazu ihr angenehmes Benehmen. Man sah, daß sie in d«m vornehmen Hause, in dem.sie in Stel lung war, manches gelernt hatte. Frau Berger mutzte auf dem Sofa Platz nehmen; die jungen Mädchen setzten sich zusammen, während Erich vom Oberförster in Beschlag genommen wurde. Der rauchte be haglich seine Pfeife und. plauderte. Lore müßte manches aus München erzählen, auch von der Familie, bei der sie weilte. Wie ein Grutz aus der Wett, in der sie früher heimisch