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Sonntag de« 27. Oktober 1918 nehme ich aber nichts an und wenn ich am Wege Kegen — Komm, Erich!" nden schritten weiter in dem strömenden Regen, bleiben sollte Und die Rüdiger sah den grünlichen Schimmer auf,ihren Wangen, die tiefen Schatten unter den Augen, das Zeichen kefster Erschöpfung — sie war am Ende ihrer Kräfte. Er schob ihr einen Sessel hin, die verstreut in der großen Halle standen. „Ruhen Sie einen Augenblick!" Wie sie um den Mann litt! Merkwürdig, welches Glück dieser weichliche, weibische Mensch bei den Frauen hatte; diese weinte, daß sie ihn verloren, und die andere lacht« in tollem .Glück, weil er, sich jetzt zu ihr bekannt! Frau Maria verschmähte auch diese Aufmerksamkeit. Mit wankenden Knien schritt sie^ dem Ausgang zu. Als sre die breiten Stufen der Terrasse hinunterging, fuhr «n geschloffener Wagen vor. „Erich, sagte Rüdiger zu dem Knaben, „bitten Sic Ihr« Mutter, daß sie den Wagen benützt. Der Weg nach der Station ist zu weit — eine Stunde in diesem Regen, es ist unmöglich." , ' Zögernd stand der Knab« da; er kämpfte mit sich Sein Stolz verbot ihm, irgendeine Gefälligkeit von Leute» anzu- mehmen, von denen die geliebte Mutter so schwer gekränkt worden war. Und da war doch die Liebe zu ihr und d« Besorgnis; er sah ja selbst mit heimlicher Angst, daß sie sich nur noch mit größter Anstrengung aufrecht hielt. „Erich, seien Sie doch vernünftig." Der Onkel Rüdiger befahl es ihm beinahe. Doch der Knabe wurde seiner Sorge bald überhoben; mit schneidender Stimme, fest und bestimmt, lehnte Fttru Maria auch das ab. - ' „Ich danke für Ihre Bemühungen! Von den Allwördens Tik Allwördens Roman von Fr. Lehn« 7 — RachdwS vrrbote« „Sie find erschöpft, gnädige Frau, bitte, trinken Sie und stärken Sie sich" Ein haßerfüllter Blick traf ihn, „Ich danke, Graf Allwörden, doch meinetwegen brauchten iSie sich nicht zu bemühen." „Ich bitte Sie!" " ' ! Aar «iN Oer seins? Was heilig dir am Herzen lag! Will Brand und Mord in uns're Heimat tragen, Besudeln uns mit Schänd' und Schmach! Des Deutschen Ehre ist sein Heiligtum, Des Deutschen Treue ist sein Ruhm! Was will der Feind? Die Friedenshand, die unser edler Kaiser bot, Mit Lug und Trug in Nebel hüllen; Ausschlachten seines Volkes Not, Und sich die eignen Säckel füllen —! Wer Zwietracht sät, der übt Verrat, Wild wächst empor die blut'ge Slmt! O, Siegfried stolz, p, Siegfried stark, Gebadet in des Drachen Blut — ' Des Feindes Speer sucht Herz und Mark, Und seine Eier dein heilig Gut! Was nützt dem Held der hörnern Leib, So ihn verrät sein eigen Weib? > Der Feind ist klug, und gar geschickt 7 Har er sein teuflisch Spiel getrieben — die breite Allee hinunter. Plötzlich blieb Erich stehen; er wollte anscheinend umkehren. Doch seine Mutter schüttelte den Kopf, und sie setzten ihren Weg fort. Rüdiger wußte sofort, was es war, das den Knaben- zum Stehen zwang; er schickte den Diener mit den Regen schirmen nach, die Frau Maria an der Auflegung vergessen hatte. Dann kehrte er in den Empfangssaal zurück. Dort fand er all« noch vor; es sah beinahe aus, als hab« man auf ihn gewartet. Die alten Herrschaften saßen. Ottokar ging unruhig auf und ab, und Lella hockte auf der Fensterbank, die Allee" hinunterspähend, ein spöttisches Lächeln um die vollen Lippen. „Ihre Menschenfreundlichkeit in . Ehren, lieber Rüdiger. Doch sie mar durchaus nicht angebracht," höhnte sie, „stolz wie «in Spanier hat man Sie verschmäht —kund der Kutscher ist umsonst bemüht worden." „Seit wann denkt Lella Flotmann daran, daß man Dienstpersonal auch „bemühen" kann?" fragte er sarkastisch. „Es kommt immer darauf an, für wen die Leute in Anspruch genommen werden, mein Bester!" entgegnet« se hochfahrend und sprang von der Fensterbank herunter. „So, nun ist nichts mehr von dem Regenmantel und dem Loden hut zu sehen," sie schüttelte sich ein wenig, „ich wundere mich -nur, Rüdiger, daß Sie den vergessenen Regenschirm nicht selbst nachgetragen haben: es wäre em würdiger Schlußeffett gewesen zu der Komödie der Menschenliebe, die Sie auf- geführt haben. Es macht fast den Eindruck, als hätten Sie sich in diese Frau verliebt." „Es wäre für Sie, Lella, wirklich würdiger, Sie schwiegen, als daß Sie sich in einer so frivolen Art üb« Dinge äußern, die Sie im Grukde gar nichts angehen!" sagte er erregt. „Mich nichts angehen?" „Nein, «s ist lediglich Ottokars Sache. Allerdings hat er schmählich versagt." „Inwiefern?'' fuhr dieser heftig auf, und ein fahles Frankenberger Erzähler ««terhglttmgbbeUage ,m» Frankenberger Tageblatt Da Siegfried „ungehörnt" geblieben! Uneinigkeitd O, welche Schmach, , Wenn daran uns're Kraft zerbrach! Glaubst du dem Feind, du deutsches Volk? Vertraust ihm mehr als deinen GottH? So trifft er dich bis in das Mark, Wirst du der ganzen Wett zum Spott«! Die Kind« werden hungernd schrein, Ein Opfer deiner Schwäche sein! ' ! Ein Volk von Sklaven und in Ketten, Gefesselt wohl für hundert Jahre! Verachtungsvoll steht einst der Enkel Geknechtet an des Ahnen Bahre! Noch ist es Zeit! Das Auge Gottes Im Feuerscheine flammend glüht: „Bist du auch würdig meiner Hilfe, Die dich aus Blut und Schande zieht?" > Ms HüLr seiner höchsten Güter Hat dich das Vaterherz erkürt, Hat in dem grausen Völkerringen . Durch lausend Wund« dich geführt! , Ein Schrei zu Gott und ein Erkennen, Ein Tr«u«schwur zu seinem Thron! O, deutsches Volk, das ist die Rettung Aus höchster Not! Der Treue Lohn! El. Sell-Gräfe.