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— 434 — Maria starrte ihn an; diesen Vorschlag annehmen, hi^e doch, sich von den Kmdern trennen, ihnen entsagen. „Nein, nein!" schrie sie da auf und nahm Erich jn ihre Arme, als wollte man ihn ihr jetzt schon entleihen, „die Kinder bleiben bei mir. „Do — so —. Das also ist Ihre Mutterliebe, oie für die Kinder alles zu tun bereit ist? Hier haben Sie nun di« erste.Gelegenheit, diese so stark betonte Liebe zu betätigen, und da weigern Sie "sich!" x Höhnisch lachte der alte Herr auf: „Jetzt erkenne ich 'Sie, Madame! Nur Ihre eigenen ehrgeizigen Pläne wollen Sie verfolgen." > Maria richtete sich hoch auf, und durchdringend ruhten ihre Augen auf dem alten, höhnischen Gesicht vor ihr. „Sie wuhten ganz genau, dah meine Antwort so aus fallen würde, Herr Graf," entgegnete sie furchtlos, „und des- halb nur haben Sie mir jenen Vorschlag gemacht. Um be rechtigt zu sein, mir neue Vorwürfe zu machen! Es sit nicht — vornehin von Ihnen gedacht, Herr Gras! Keine gute Mutter trennt sich von ihren Kindern." „Ottokar, ich frage dich nochmals," wandte sie sich an ihren Gatten, „willst du mir diese Genugtuung geben, um die ich dich vorhin bgt? Ich schwöre dir: noch in derselben Stunde, in der wir zusammen vor dem Altar standen, werd« ich dich verlassen. Du wirst me wieder etwas von mir hören." ' „Das ist unmöglich! Zu einem Gaukelspiel benutze ich di« Kirche nicht! — lleberdies bin ich mit dem Vorschlag meiner Vaters einverstanden. Erich und Lore werden mit der gröhten . Sorgfalt und standesgemäh erzogen werden; sefbstvecständ- ! lich wirst du auch in Fühlung mit ihnen bleiben. Dies ist ' mem letztes Wort in dieser Angelegenheit!" Ottokar hatte mit einer Entschiedenheit gesprochen, Li« man sonst nicht an ihm gewöhnt war. An diese Lösung, die s doch die einzig richtige war, hatte er nicht gedacht. Er war seinem Vater dankbar, daß der darauf gekommen. So behielt > er seine Kinder, die ihm ans Herz gewachsen waren. Auf s Erich, diesen bildschönen Knaben, muhte jeder Vater stolz sein! „Aber ich will nicht hier bleiben!" rief da Erich, „von dir, Vater, nehme ich nichts! Ich will kein Allwörden sein, wenn ich auch so denken soll, wie alle hier denken! - — ! Weine nicht, Mutter, wir bleiben bei dir. .Er streichelt« ! ihre Hände und sah in kindlicher Liebe in das traurige Gesicht der Mutter. „Komm, wir wollen heim!" „Ja, komm mein Sohn! Wir haben hier nichts mehr ' zu suchen. Und möge deinem Vater nie die Reue kommen, ! Latz er uns kalt und hartherzig verlassen hat. Er selbst hat ; das Band, das ihn mit euch verknüpfte, zerrissen. Von heut« s an hat er ktzine Kinder mehr." Sie nahm ihn an die Hand, und in königlicher Haltung ! schritt sie hinaus. ! Rüdiger hatte «inen Befehl hinüber nach dem Wrrr- schaftshof gegeben. Als rr in die grohe Halle trat, sah er, wie Frau Maria, von einer Schwächeanwandlung übermannt, an dem großen Marmorkamin lehnte, die Augen geschlossen, das edle Gesicht totenblaß. Schnell ging er zurück, und kam i dann gleich wieder, ihr ein Glas Rotwein hinhaltend. Sie schreckte auf, nahm ihre ganze Kraft zusammen und ! tat einige Schritte vorwärts, ohne ihn zu beachten^ Er trat j -hr in den Weg. Fortsetzung folgt. gemacht, ihr Denken. > „Ich kann nicht, Maria!" sagte er leise. .Groß und schreckhaft weiteten sich ihre Augen. Darum also — darum! — Allmächtiger Gott! Sie wankte und > griff unwillkürlich nach einem Halt. Doch nur einen Mvment währte diese Schwächeanwand- ; lung — er war nicht wert, zu sihen, daß sie um ihn litt" — er, der nur einer anderen wegen sie und die Kinder verriet! - „Du -kannst nicht, Ottokar? Das heißt, du willst nicht! ! Jetzt «kenne ich auch den wahren Grund deines Handelns — nicht, weil dein Bruder sich , weigert, an deiner Stelle die Pflichten des ältesten Sohnes zu übernehmen " Rüdiger horchte auf/— was sagte sie da? Hatte Otto- ! kar sich etwa hinter ihn verschanzt, seine eigenen, selbst süchtigen Wünsche zu verbergen? Er trat einige Schritte zu ihm hin, Zornröte im Gesicht, und fixierte ihn mft scharfem Blick. Doch der sah vor sich nieder, und seine Finger spielten nervös an den Knöpfen seiner Samtjoppe. Stolz und wir selbstverständlich stand Lella neben ihm. Nicht darum verleugnest du uns," sprach Maria wei- ! 1er, „nein, weil du uns um eine "andere vergessen hast — um diese da." Mit ausgestreckter Hand deutete sie auf Lella, die trotzig ihren anklagenden Blick erwiderte. Sie warf den Kops zurück. „Und wenn es jo wäre?" - „Für Sie gebe ich Ottokar nicht frei — niemals!" Höhnisch lächelte Lella. „Sie können froh sein, daß man Sie hier überhaupi noch duldet, daß man Ihnen nicht die Tür weist, wie es Ihresgleichen zukommt!" rief sie mit schriller Stimme. Bleich stand Maria da, jeder Blutstropfen war aus ihrem Gesicht gewichen. Stoßweise, keuchend ging ihr Atem. ' Ern Laut wie Schluckten rang sich aus ihrer Kehle, und ihre Augen irrten umher. Kam ihr denn niemand zu Hilfe? Mußte sie eine so unerhörte Beleidigung hinttehmen? Er, der dazu verpflichtet war, ihr beizustehen, stand weit weg oon ihr, als ob die Gemeinschaft mit ihr ihn herabziehe. — Nur Rüdiger ging aus Lella zu und sagte ihr leise einige scharfe Worte, die das junge Mädchen mit einem hoch mütigen „was geht das Sie an?" beantwortete, woraus sie ihm brüsk den Rücken kehrte. x ,Ottokar — du — du " Marias Stimme brach in Schmerz; sie legte die Hänoe vor das Gesicht. „Arme Mama! Laß uns gehen!" sagte da Erich, „du sollst nicht ein zweites Mal so beleidigt werden. Das gebe ich nicht zu! Oh daß ich kein Mann bin " Helle, trotzige Tränen standen in seinen Augen und er ballte die Fäuste, „ich schäme mich für den Vater." „Der Knabe ist sehr vorlaut," tadelte der alte Graf, „die Fragen der Erwachsenen gehen ihn nichts an." „Aber meine Mutter lasse ich nicht beleidigen," wioer- sprach Erich, „wenn mein Vater das zugibt! Komm, Mama, komm fort!" „Nein, mein Erich, warte noch einen Augenblick! Wenn wir jetzt gehen, bekenne ich mich besiegt — und dir bleibt der Makel!" Frau'Maria wandte sich jetzt an ihren Gatten, ihre Augen hefteten sich groß auf sehr Gesicht — .^Ottokar, was ich jetzt erfahren, läßt mich freiwillig auf die Gemeinschaft mit dir verzichten," — sie sah sein Aufleuchten bei diesen Worten — „eins aber verlange ich noch: daß du durch eine gesetzmäßige Eheschließung mit mrr deinen Kindern den Namen gibst, der ihnen zukommt." . Allgemeine Entrüstung. Nur Rüdiger enthielt sich jedes Wortes. Maria stand stolz und unbeirrt^ sie ließ den An sturm Aber sich ergehen. Mit erhobener Stimme sprach sie dann weiter: „Danach können wir uns wieder gerichtlich trennen lasjen, und du bP gänzlich frei von uns. Dann willige ich in alles gehörte ihr! Sie flog auf ihn zu und legte ihre Hand aus seinen Arm. ,Ottokar," rief sie drängend, zärtlich, ,Ottokar " .Kella," kam es da vorwurfsvoll mahnend aus dem Munde der Gräfin, di« neben ihrem Gatten saß und bis dahin geschwiegen hatte. Wie Schuppen fiel es von Marias Augen. Sie sah den Blick, den Ottokar mit dem Mädchen tauschte, und eiskalt griff es ihr ans Herz. Als ob ein Blitzschlag vor ihr in die Erde gefahren sei, so lähmte diese Entdeckung, die sie soeben ein und entsag« feierlich sämtlichen Ansprüchen an dich." „Nimmermehr wird das geschehen!" .entrüstete sich die i Gräfin, „Ihr Wunsch bedeutet, das heilige Sakrament der Ehe zu einer Farce zu erniedrigen." . „Neni, Frau Gräfin. Jeder ehrlich denkende Mensch ' noird auf meiner Seite sein. Wie soll ich sonst meinen Kindern gerecht werden?" » Lauernd sah der alte Graf auf Maria — ein Gedanke stieg in ihm auf. - ' „Sie sprechen für die Kinder, Madame, dre Sie liebe», für die Sie atl«s tun werden?" „Ja, meine Kinder sollen ihr Recht bekommen, nach mir frage ich nicht." „Nun denn, Madame, darin will ich Ihnen entgegen kommen. Die Kinder werden von uns erzogen. Ich adop tiere sie. Ich denke, daß dies die beste und einfachste Lösung der Dinge ist."