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MM x- Kaffeehäusern sitzen, aus deren weitoffenen Fenstern Eeigen- i Eleganz in den Schaufenstern mehr oder weniger zufrieden mit der eigenen vergleichen. In den Juwelierläden Bril- i lauten, und davor die behaglich schauenden Leute, denen das vei» S»IS« unä äi« Maer Unter den Linden in Berlin, an einem dieser kühl sonnigen Herbsttag«. Biels Leute, dir sich der schönen Luft und des lebhaften Treibens freuen. Noch immer viel Ele ganz bei Damen und Herren, ssoch immer viel« funge, frische Männer, viel unbekümmerte Heiterkeit, namentlich bei den jungen Damen, die di: neueste seidene Modenschöpfung unter dem neuesten Herbstmantel zur Schau tragen und die klänge locken. Mit dÄ langsam vorübergehenden Schar der Spaziergänger und hinter den Eiligen, die ihr Berufsweg die Linden entlang führt, kommt ein Soldat daher. Er hat zwefl Kinder an der Halid, ein kleines Mädchen und ein noch kleineres Bübchen. Er geht auffallend langsam, wie einer, dem das Gehen schwer wird. Wenn man genauer hmsieht, merkt man, .das; nicht er die Kinder führt, sondern das; die beiden kleinen Geschöpfe ihn führen, ganz vorsichtig,. ihr Getrippel seinem schweren, langsamen, zögernden Gang anpassend. Der Soldat ist blind. Wir haben viele Blinde gesehen, ernste, aber auch heitere, die das Furchtbar« über wunden und sich wieder zurechtgefunden hatten. Dieser hat es noch nicht überwunden. Ec hj» noch nicht einmal sicher gehen gelernt in dem Dunkel, das ihn umgibt. Darum führen ihn die beiden Kleinen so- sorgsam. Darum schlepp! er sich so langsam, tastend, dir Straße der sorglosen, heiteren, Spaziergänger entlang. Man hat viel schweres Kriegs schicksal sich so einherschleppen sehen, aber diesem ernsten Träger eines furchtbaren Loses sehen alle mit ernstem Blick nach, dre jungen Damen, dis heiteren jungen Männer, di« zufrie denen Günstlinge des Kriegsglücks. Ist es der tiefe Ernst auf dem blassen Gesicht des Mannes, ist es der mühsame, schleppende Gang, ist es der Gegensatz zwischen diesem zer brochenen Menschen, der sich mühsam wieder ins Lebe» hmemarbeitet, und den beiden winzigen Geschöpfchen, d» ihn so sorgsam führen? Es ist, als hätten wir nie zuvor so den ungeheueren Ernst dieser Zeit, die zermalmende Ge walt des Schicksals, dos so viele getroffen hat, vor uns ge sehen. Es ist etwas Erschütterndes in dem Anblick des blin den, von den beiden Kindern geführten Soldaten. So must geopfert werde,i, so mutz gelitten werden! So mutz die Gegenwart das Unersetzliche, das Kostbarste hsrgeben, damit die Zukunft blühe. So müssen Männer leiden, damit die Kinder «inst nicht zu leiden haben. Der blinde Soldat mit den beiden Kindern, der sich im ewigen Dunkel über die sonnenbeschienenr Stratze schleppt — lehrt er nicht die Sehen- den, die vom Unglück Verschonten, die Heiteren und Wohl habenden eindringlicher als di« wortgewaltigst« Mahnung: so vle, habe ich gegeben — was gebt ihr dem Vaterland? Vermischte« ' DI« Wahrh it siegt. Auf einem Bahnhof bei Osna brück kommt ein Herr mit einer Reisetasche an, in der sich ein kleiner Schinken und eine kleine Seite Speck befindet. Beim Anblick des das Reisegepäck prüfenden Wachtmeisters puckert das Herz des Herrn etwas stark. Aber, denkt er, das Lügen kann doch nichts helfen, 'sag' nur die Wahrheit, Als er den Bahnsteig betreten will, fragt ihn der Revisor: „Was haben Sie denn in Ihrer Tasche?" „Einen Schinken uund eine Seit« Speck!" war die kühne Antwort. „Na, sagt der Gendarm, das binden Sie nur einem anderen auf, aber nicht mir!" und lätzr ihn ruhig ziehen. scheidenheit ihr Teil von hem glorreichen Heldentum, das in diesem Kriege als'ein leuchtender Stern über Deutschland steht. Leutnant Sidow, Presseoffizier. Berkehr, der täglich von und zur Front flutet, all das macht Mühen. Und so Tag für Tag in endloser Kette, alle erfüllt die Mege schlecht und-unbrauchbar. Tiefe Löcher werden in ! von treuer Pflichterfüllung. die Straßen gerissen, die sich von. Stunde zu Stund« ver- j größern. Beulen entstehen in der glatten Fahrbahn: Steine > werden vom Grund losgelöst und hindern die Fahrt. Der i Schlamin klebt, als wolle er nicht mehr loslassen, was er " einmal grfatzt hat. Aber die vom Straßenbau sind aus ihrem Posten. Tät lich werden die Straßen zerfahren und schlecht von den vielen Nädern, die über sie gehen. Täglich werden sie wieder oer- I bessert und geglättet von den braven Schippern. Sie wissen, ! ohne güt« Straßen kommt keine Munition und Verpflegung ! nach vorn. Ohne ihre Arbeit haben di» Kameraden vorn ! nichts zu essen und zu schießen. Und das ist ihnen Ansporn. ! Ja, die vom Straßenbau! Wer die deutsche Offensive über den Chemin des Dames mitgemacht hat, der weiß, was man ihnen zu verdanken hat. Was haben sie doch da alles geleistet! Und wie sah das Gelände aus, durch das sie rm Verein mit den Pionieren für die Artillerie und dre Kolonnen di: Nachschubstratzrn zu bauen hatten? Hier schnitt ein Graben durchs Gelände. Dort wirrte ein Drahtverhau. Da sperrten riesige Trichter wie kleine Krater ihre gierigen Mäuler auf. Line Tankfalle gähnte als großes, tiefes Loch. Waren hier jemals Straßen gewesen? Und durch dieses quirlige Durch einander sollte in wenigen Stunden eine Straße gebaut werden? Ader die vom Straßenbau fragten gar nicht erst lange. Munter gingen sie an die Arbeit. Warfen Löcher und Trichter zu. Räumten umgestürzte Baumstämme und Vep-> - haue fort. Schleppten Reisigbündel, Steine, Erde, Faschinen,. Schon kamen aber auch die ersten Batterien und' Kolonnen. Wo eiw«,Fahrzeug oder ein Geschütz stecken blieb, halsen dre Schipper weiter. Ohne zu zögern, griffen sie in die Räder, bis es wieder ging. Am Winterberg gähnte ein besonders großer Trichter, den die neue Straße umgehen mußte. Schon war am Rande ein Weg gebaut, auf dem aber die Fahrzeug« in steter Erfahr waren, a'bzurutschrn. So mußte ein neuer Umgehungsweg gebaut werden. Ganz allein machte sich der Gefreit: Hinz mann an die Arbeit. Und er schaffte es. Schaffte es ganz allein! Ja, er ist eben auch nicht umsonst Bauunternehmer in Hamburg! , Gan; schwierig wurde es erst, als dir Lastautos kamen. In der weichen Erde der neuen Wege sanken sie ein, blieben stecken, und regten und rüttelten sich nicht mehr. Auto stand hinter Auto. Alles ltockte. Was tun? Ein General kam herangesprengt: „Kinder, dir Schlacht geht verloren, w«nn Ihr nicht die Autos über den Berg bringt!" — Die vom Straßenbau gaben ihr Letztes her. Holzbohlen, Baumstämme, Faschinen, Hier igbündel, Eisenbahnschwellen, alles, was nur eben zu erreichen war, wurde hrrangeschleppt, um den Unter grund zu festigen. Und was unmöglich schien, wurde Ereignis. Die neue Straße wurde zur rechten Zeit fertig und trug die Lastautos, trug Verpflegung und Munition stber den Berg der stürmenden Infanterie nach. Die stillen Helden der Stratzenbaukompanien hatten eine seltene Ruhmestat voll bracht. Dafür erlebten sie am andern Morgen auch die Freud«, daß der Kaiser und Hindenburg ihre Straßen fuhren! Das war der Elanztag derer vom Straßenbau^. Danach kamen wieder ander: Tage, die voll waren von Arbeit und Sie wollen nicht mit ihr«n Kameraden in der Froitt wetteifern, die vom Straßenbau. Sie wissen, auch sie sind von Gott und Hindenburg an einrn Platz gestellt, oer ganze Männer fordert. Und so tragen sie in aller Stille und Be fischen den fahrenden Kolonnen laufen sie, durch gl! den Wirrwarr einer Frontstratze schlängeln sie sich und er ledigen ihre Arbeit. Löcher werden mit-Steinen und Schot ter verstopft. Pfützen ausgefüllt. Der Schlamm wird von der Straße geschaufelt, und überall wird die Fahrbahn ge glättet, Knarrende Wagen, schwerbeladen, führen Material, wie Kies, Steine, Sand, Schotter heran uNd laden es zu beiden Seiten der Straße ab. Wie ein schwerfälliger Koloß »suchtet dir Straßenwalze über all die Arbeit und ebnet d«n wu^rer ow --rragsnwmze uoer alt vir 'Lrdeit und ebnet den Kriegsglück so viel gab, daß sie kaufen können was ihr Fahrdamm noch vollends em. Und so geht es Tag für Tag ; Herz begehrt. Dor Kanzler sitzen die Gäste, wie sie in allen «n gleichen Trott hm. Bis einmal Großkampf, eine Offensive, ihre Pflicht und ihre-Verantwortung wachsen läßt. Da werden dach» noch ganz andere Anforderungen an sie gestellt. Und diese Braven, die doch fast alte irgendein Gebrest haben (denn nicht umsonst - sind sie nur „G. v."- igid „A. v."-Soldaten), erfüllen die verdoppelten Pflichten, ohne zu murren. Sie sind sich alle bewußt, wie wichtig ihre Arbeit ist, wenn sie auch nur kargen Dank finden. «aantwortltch-r Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i-S. — Druck und Verlag von E. G. Roßberg in Frnnkmberg i.S