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; es lag ihr .anderer zu- L L Schl:: am frühen Morgen verließ er sein Lager. Nach dem Frühstück arbeitete er; doch er kam nicht recht von der / Stelle; die Sammlung fehlte. So gab er den Auftrag, stauen . ' „Radames" zu satteln.. De Luft mar trübe, regenschwer; wenn auch für den Augenblick der Regen aufgehört hatte, so sah es doch aus, als ob er bald von neuem mit verdoppelter Gewalt losbrechen müsse. Schwer troff, die-Nässe von den Bäumen und Sträu- cherr. 'Küh! war es geworden wie im Herbst., Der Ritt durch die frische Morgenluft tat ihm gut, be ruhigte rhn etwas.* Langsam trabte der Gaul aus der rufge- weichten Landstraße dahin — an abgemähten Kornfeldern vorder, "Lur denen seit Tagen schon das Getreide in Gamben ' gebunden sranv. Es wurde hohL Zeit, daß das Wetter wechselte; das Korn drohte sonst auf dem Halm auszuwach'en. Doch heute hatte er kernen Sinn, kein Auge für das, was den Landmann mittlrerer Sorge erfüllte; fAne Gedanken wuien mit anderen DmHen beschäftigt. Er sollte Lella Flotmann heiraten! Dieser Wunsch sei ner Mutter war "ihm sehr überraschend — und unbequem, weil er die Zäh keil kannte, mit der sie einen emma? g>-- faßten Plan per.rlgte und an ihm sesthielt! S-.nLwm^.« konnte er es deshäiv als ein Glück betrachten, daß L.ula iure Steigung den ä-tmer. Bruder zugewandt — wenngl'.'ch es ihn empörte, - aß Ottokar mir ihr schon einig war, flonsem er sich nuh gor nicht mit Maria Wirlberger auseinan. . .'gesetzt hotte; das uob darein Trennungsoersuch einen fataum Bei geschmack! . Inzwischen hatte es wieder angefangen, zu regnen', so daß Rüdiger sich' bald zum Heimritt gezwungen sah — aus ° Rücksicht auf seinen Gaul; „Radames" wurde im Regen leicht nervös und bockte dann. ihm die Vorteil« Lieser Verbindung auseinander so viel daran. Sonst würde ihm schließlich ein vorkommen. ' ' Als er noch einige hundert Schritt vom Schlosse entfernt war, das in seiner weißen, vornehmen Pracht über eine niedrige Mauer aus dem dichten Grün des Parkes zu ihm herübergrüßte, sahen feine scharfen Augen an dem kunstvoll geschmiedeten Tor eine hohe Frauengestalt stehen, neben ihr einen ziemlich großen, schlanken Buben, der sich bemühte, die Tür neben dem Tor zu öffnen. ' Eine Ahnung überfiel ihn, wer das sein könnte — beklemmend stieg es in ihm empor; er versetzte dem Gaul einen leichten Schlag und war in wenigen Sekunden neben den Einlaßsuchenden. Und seine Ahnung hatte ihn nicht getäuscht; es war Maria Wirlberger, die gerade eben mit ihrem Sohne den breiten, langen Kiesweg betreten chatte, der in schnurgerader Linie zum Schlosse führte und zu beiden Seiten mit prächtigen, alten Linden bestanden war. Sie hatte ihn gesehen; sicher auch erkannt, Trotzdem setzte sie, ohne ihn zu beachten, ihren Weg fort. Seine Augenbrauen zogen sich zusckmmen; er fühlte das Unausgesprochene, das in diesem Benehmen tag. „Gnädige Frau!" rief er mit scharfer, verhaltener Stimme, und dann, als sie auf seinen Ruf nicht hörte, noch einmal und so kurz und befehlend, daß sie doch, wenn auch nur zögernd, stehen blieb und ihn fragend ansah. „Bitte, hören Sie mich einen Augenblick an —" _s„— und wenn, Mama! Erstens verspüre ich mit meinen dreilmdzwanzig Jahren noch gar keine Lust zum Heiraten, und zweitens ist mir Lella direkt unsympathisch." „Das eben betzreife ich nicht!" bemerkte sie, unmutig über fernen Widerspruch, „dieses süße, unschuldige Kind —" „Mutter, ich nehme an, ich wäre mit deinem Plan «in- oerstanden -i- weht du denn so genau, ob sie es ist — ob sie mich heiraten will? Mir scheint es gar nicht so —" , .,Natürlich! Daran zweifle ich nicht. Ihr kurzer, schnip pischer , Ton gegen dich, den ich wohl bemerkt habe, der ist mir gerade ein Beweis, daß sie hir verfallen ist, daß sie sich innerlich nur gegen dich sträubt, — ihr jungfräuliches Emp finden läßt sie so herb gegen dich sein." Er mußte ein Lächeln unterdrücken. , " „Arme, verblendete, kurzsichtige Mutter!" dachte er, „wie wirft du diese Enttäuschung ausnehmen?" Dann sagte er langsam: 7- „und ich glaube doch, daß sie viel für Otto kar übrig hat — sie schrieen so vertraut miteinander." , „Ich sagte dir ja schon, sie hängt an ihm wie an einem - Rapphengst älteren Bruder. Und sie ist stolz, daß er sie gemalt hat, diese mädchenhafte Eitelkeit ist doch leicht begreiflich, nicht wahr? — Lerne du Lella erst näher kennen; dann wirft du sie anders beurteilen! — — Oder läßt dein Widerspruch gar daraus schließen, daß du dich schon gebunden fühlst-" fragte sie in plötzlich erwachtem Mißtrauen. „Nein, Mama, deswegen kannst du ruhig schlafen!" er lächelte ihr beruhigend zu, „oder fürchtest du etwa «ine zweite Aufings von Ottokars abenteuerlicher Ehr? S«-' ohne Sorge! Solche Sachen liegen mir nicht! Für mich wäre es schlechterdings unmöglich, ein Mädchen unter meinem Stande Viertes Kapitel Rüdiger hatte in der Nacht wenig geschlafen; seine Ge .danken hielten ihn wach. Er glaubte den Bruder beinahe zu hassen, der ein falsches Spiel mit ihm getrieben, .der seinen — Rüdigers — Familienstolz nur schlau benutzt, um dadurch der Erreichung seiner heimlichen Wünsche nur näher zu kommen. Man hatte ihn einfach überlistet; denn niemals hätte Rü diger den Gang zu Maria Wirlberger getan, bei seinem starken ausgeprägten Gerechtigkeitsgefühl, wenn er mcht da von überzeugt gewesen wäre, daß dies nur im Interesse der Famiae geschah zu Heiraten!" Trotz dieser Versicherung war seine Mutter verstimmt. Mit verdoppeltem Eifer arbeitete sie jetzt an dem Strickzeug weiter, das während der lebhaften Unterhaltung mit dem Sohne in ihrem Schoß geruht. — Steif saß sie da, die Augen geradeaus gerichtet, die .schmalen Lippen fest zu- stlmmengepreßt. Ihm tat es ja leid, der geliebten Mutter Anlaß zu einem Verdruß gegeben zu haben. Doch er konnte nicht an ders, und über kurz oder lang würde sie schließlich auch Lellas Charakter erkennen. Das junge Mädchen schien sich mit Ottokar sehr gur auf der Terrasse zu unterhalten Ihr lautes Lachen klang zu den beiden herüber; Scherzworte flogen hin und her. Rüdiger begriff den Bruder nicht. Hatte er denn alles aus seinem Gedächtnis ausgeschaltet, flog denn gar kein Gedanke zu der blässen traurigen Frau hin, der er das Schwerste zugefügt, was ein Mann seinem Weibe antun kann? Da stand er draußen in läppischem Getändel wie ein verliebter Primaner, ließ sich von Lella feinen triefenden Regenschirm wegnehmen, den sie zumachte und dann gegen ihn richtete und schnell öffnete, so daß ihm die Tropfen ins Gesicht sprühten. Lachend wehrte er ab und flüchtete zurück ins Speisezimmer, verfolgt von ihr, dir drohend den Schirin schwang. ^Jetzt aber genug de» grausamen Spiels, Lella! Seien Sie barmherzig!" rief er und schüttelte die Tropfen von sich ab. ! Lella bemerkte das ernste, strenge Gesicht der Gräfin. Bezog sie deren vorwurfsvollen Blick auf sich? Sie durch flog das Eßzimmer, eilte auf ihre mütterliche Freundin zu, kniet neben ihr nieder, bog den Kopf zurück, daß die roten Locken aus dem Capuchon herausquollen und sah bittend zu ihr empor. . „Nicht böse fein, Tantchen, liebes," flehte sie in sind- lichen Tönen, „ich war wohl zu wild — bitte, bitte —" , Gleich besänftigt streichelte die Gräfin über das Haar des ; jungen Mädchens, und ihr Blick flog zu Rüdiger hin, — ist ' sie nicht reizend, unwiderstehlich? schien er zu fragen. Doch i Rüdiger war ungerührt. Er bemerkte, wie Ottokars Augen in trunkener Selbftvergessenhsit an Lellas Gesicht hafteten, - Wenn dw Mutter davon wüßte, sie wäre außer sich ge- und wie sie feinen Blick lächelnd erwiderte und ihm ver wesen. Sie »ar trotz ihrer Klugheit manchmal von einer stöhlen einen Kußfinger zuwärf — — wie keck unter ,den fast narven Ahnungslosigkeit, die ^e das wahre Weien ihrer Augen der allen Dame! - Sch^efohlenen mcht erkennen -ließ. Em plötzlicher Widerwille faßte ihngegen diese Komödie. Die Gräfin nahm Rüdigers Schweigen jur Besinnen,; Er sprang auf, durchquert« das Speisezimmer und stellte sich Zkachgeben. Sie redete ihm in seltener Lebhaftigkeit zu, setzte draußen auf die Terrasse. Der kühle Regen tat ihm wohl. -- Weitz Gott, er war doch sonst kein Splitterrichter — aber das h«r, das war etwas, das ihm förmlich «inen bitteren Ge schmack auf die'Zunge legte. Und wieder trat das Bild der schönen traurigen Frau mit dem reizenden Kinde vor seine Augen —und Meder nagten Vorwürfe in ihm, daß er sich um etwas gekümmert, was ihn eigentlich nichts anging.